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2 Ermittelung der verschiedenen Arbeitsstadien Zerreissen der Fasern bewirkt. Da wir auf diese Art und Weise die kaum 50 mm lange Baumwollfaser nicht aus dem Fadenkerne herausbekommen können, weil sie in folge der Reibung mit den Nachbarfasern dem Herausziehen widersteht, so müssen wir versuchen, sie von den Nachbarfasern und deren Druck zu befreien. Wir können dieses, indem wir den Faden in beide Hände zwischen Daumen und Zeigefinger nehmen und die Finger so gegeneinander bewegen, dass der dazwischen liegende Faden, der dabei gerollt wird, lose und loser wird, sein regelmässiges Aussehen verliert und zuletzt die den Faden bildenden Einzelfasern deutlich erkennen lässt. Diese Einzel fasern liegen bald ganz offen, und nun ist das Herausnehmen einer Einzelfaser sehr leicht und ohne Ueberwindung eines grossen Widerstandes auszuführen. Zur Erzeugung dieses Widerstandes war es mithin nötig, dass die ursprüng lich offen und ziemlich parallel liegenden Fasern nach bestimmten Gesetzen umeinander geschlungen wurden; dass sie also gezwungen werden, aus ihrer natürlichen Lage herauszutreten, um, einem Zwange folgend, nun wieder einen Zwang auszuüben. Dieser Zwang, den die Fasern gegeneinander ausüben, besteht darin, dass die Fasern beständig versuchen, in ihre ursprüngliche Lage zurückzukommen. Da die Fasern umeinander geschlungen wurden, so ist es natürlich immer die freiliegende Faserspitze, welche zuerst dem Zwange zu entgehen sucht und dabei den Faden wollig erscheinen lässt. Indem sich die Faserspitze Uber die Tangente zur Faserrichtung zurückbiegt, übt sie einen Druck aus, der natürlich eine Pressung der übrigen Fasern geo-en- einander zur Folge hat. Das Zurückbiegen der Faserspitze hat so lange statt, als die Faser an der Oberfläche des Fadens freiliegt. Geht aber eine andere Faser quer über die erste hinweg, so wird diese die erste gewissermassen an den Kern ver schnüren. Ein weiteres Zurückbiegen der ersten ist nun vollständig ausgeschlossen; es müsste denn sein, dass die zweite Faser so nahe an der Faserspitze der ersten Faser kreuzt, dass das Bestreben des dahinterliegenden Teiles der ersten Faser gross genug wäre, ein Herauslösen aus der zweiten Faser bewirken zu können. Dieses tritt jedoch selten ein. Ziehen wir nun an der Faserspitze zum Herausnehmen der Faser, so wird die Faser durch diesen Zug einen Normaldruck zur Fadenaxe aus üben, der die Fasern immer fester zusammenzieht. Infolge des immer zunehmenden Druckes wird eine immer grösser werdende Reihung, die entgegengesetzt zur Zug richtung statthat, erzeugt. Es ist diese Reibung, welche dem Zuge widersteht, und die zuletzt so gross wird, dass die Faser auf absolute Zugfestigkeit beansprucht wird und zerreisst. Je grösser also diese Reibung wird, um so schwieriger wird es sein, den Faden in seine Einzelfasern zu zerlegen, ohne die Fasern auf absolute Zerreissfestigkeit zu beanspruchen. Diese Reibung wird aber um so grösser, je öfter die Faser um den inneren Fadenkern geschlungen ist; denn jede Umschlingung ver ursacht beim Zuge gewissermassen einen Einschnitt in den Kern und so eine Ver- grösserung des Druckes nach der Axenrichtung. Damit also ein Faden aus einer Anzahl elementarer Fasern gebildet werden könne, ist es nötig, diese Fasern zuerst ziemlich parallel und gleichgerichtet in regelmässiger Folge anzuordnen und sie als dann derart umeinander zu schlingen, dass möglichst viele Windungen entstehen. Es ist nun natürlich, dass die Drehungen der Fasern um die Fadenaxe die Festig keit des Fadens direkt beeinflussen. Je mehr gedreht, desto stärker ist der Faden, aber nur so lange, als das Bestreben der Fasern noch vorhanden ist, in ihre natür liche, geradgestreckte Lage zurückzukehren. Hat man die Fasern überdreht, d. h. ihnen