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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020930022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902093002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902093002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-09
- Tag 1902-09-30
-
Monat
1902-09
-
Jahr
1902
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BeilW MÄiMrÄlleblatt M AzeWr K.Ä!i, AMU R Zelmer IM. sthelli!-A!ltzllde.j Königreich Sachsen. * Leipzig, 30. September. Der Rath genehmigte die Gewährung von 40 000 zu Bauzwecken an die Matthätkirchengemeinde aus den Mitteln des Verbandes evangelisch-lutherischer Kirchengemeinden in der Stadt Leipzig. — Die Stadtverordneten hatten dem Nachtrage zu dem Ortsgesetz über die Bebauung des Areals im Süden der Stadt, betreffend die Anlegung von Vor gärten in der Kaiser Wilhelm-Straße, mit einer Aenderung zugestimmt. Der Rath ist dem Abände rungsantrage beigetreten. * Leipzig-Plagwitz, 30. September. Früher als ur sprünglich beabsichtigt, konnte nrit der Montage des eiser nen Oberbaues der Antonten st raße über die Bahn begonnen werden. Zur Zeit ist schon ein Thetl der riesigen eisernen Träger ausgestellt und ebenso ein Thetl der eifer- nen Brückenbahn bez. der eisernen Unterlage gelegt wor den. Die Arbeiten schreiten verhältnitzmäßig sehr schnell fort: sic werden von der Königin Marien-Hiitte in Cains dorf ausgcführt. * Leipzig, 80. September. Morgen begeht die Firma C. F. Steinacker, Commissionsbuchhandlung in Leip zig, Roßplatz 16, die Feier ihres hundertjährigen Bestehens. Gegenwärtige Inhaber der Firma sind die Herren Wilhelm Richard Leopold Einhorn und Hermann Bruno Iägerin Leipzig. Den Ftrmeninhabern wird es morgen an Beweisen freundlicher und ehrender Antheilnahmc nicht mangeln; erfreut sich doch die Firma C. F. Steinackcr nicht nur im deutschen Buchgewerbe, sondern auch in der hiesigen Geschäftswelt eines hohen Ansehens und eines ausgezeichneten RufeS. Die Ge- schäftsinhabcr haben an dem Leipziger Geschäfts- und Ge meinwesen stets regen Antheil genommen; der Name der Familie Einhorn, in deren Händen sich seit vielen ^Vahren die Firma befindet, hat unter den Leipziger Bürgerfamilien einen guten Klang. — Die über Sachsens Grenzen hinaus bekannte Con ditorei „Cafs Hennersdorf", Gewandgäßchen Nr. 5, wurde im Jahre 1851/62 in allerbescheidenstem Um fange gegründet. Bon dem gegenwärtigen Besitzer, Herrn Martin Walther, wurde sie vor nunmehr 25 Jahren, am 1. October 1877, käuflich von seiner jetzt noch lebenden Schwiegermutter übernommen. Nach Ankauf und Neubau des Ncbengrundstückes hat Herr Walther die Geschäfts räume bedeutend erweitert und zu einem der Neuzeit ent sprechenden Etablissement ersten Ranges gestaltet. Mit diesem 50- und 25jährigcn Geschäftsfubiläum feiert Herr Martin Walther und dessen Ehefrau, geborene Henners dorf, aber auch am 3. October d. I. das Fest der silbernen Hochzeit. Die freudigste Antheilnahmc aller persönlichen und geschäftlichen Freunde ist dem Walther'schen Ehepaare an diesen Jubeltagen sicher. — Der Ingenieur Herr Otto Bernhard Roßberg, Bevollmächtigter der Firma Emil Kelling, Fabrik für Heizungs- und LüstungSanlagen in Leipzig, begeht morgen sein 25 jähriges Dienstjubiläum bei dieser Firma. — Morgen sind 40 Jahre vollendet, seitdem der Contordiener Herr August Franz Bernhard Toepfer in L.-Gohliö in der Buchhandlung von F. Volckmar, Leipzig, HoSpital- straßr 10, beschäftigt ist. — Der Magazingehilfe Herr Wilhelm Carl Franz in L.-GohliS feiert morgen sein 25jäbrigeS ArbeitSjubiläum bei der Firma Adolf Bleichert L Co., Fabrik von Drahtseilbahnen in L.-GohliS, Kaiser Friedrich-Straße 34. t Leipzig, 30. September. (Arbeiterbewegung.) Gestern tagte im „Coburger Hofe" eine von etwa 70 Per sonen besuchte Versammlung der Schuhmache r- ge Hilfen, in der Herr Noak einen Vortrag hielt über das Thema: „Welche Maßnahmen haben die Schuhmacher Leipzigs zu treffen, um den 1898er Lohntarif zur Geltung zu bringen?" Der Redner bemerkte, dieser Lohntarif sel in Folge der mangelhaften Organisation der hiesigen Schuhmacher bis jetzt noch nicht zur richtigen Durch führung gekommen, und es bedürfe daher der Stärkung der Organisation, wenn die Schuhmacher an die Besserung ihrer wirthschaftlichen Lage denken wollten. Wie mitgc- theilt wurde, sind von den 1100 in Leipzig beschäftigten Schuhmachern ldarunter 000 Schooßarbeiter, die bet einer Lohnbewegung zunächst in Frage kommen) nur circa 800 gewerkschaftlich organisirt. Die Versammelten beauf tragten das Agitationscomits, eine Lohnbewegung für nächstes Frühjahr vorzubereiten, dazu noch eine besondere Versammlung einzuberufen und Erhebungen über die Lohn- und Arbeitsvcrhältnisse der hiesigen Schuhmacher zu veranstalten, deren Ergebnis als Grundlage für die auf zustellenden Forderungen dienen soll. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Schuhwaarenlager an der mißlichen Lage der Schuhmacher mit schuld seien, und daher wurde es auch verurtheilt, daß Arbetterblätter Inserate von diesen Geschäften aufnähmen. -ff- Leipzig, 30. September. Von einem plötzlichen Tode ereilt wurde vergangene Nacht in der ersten Stunde an der Promenade ein 45 Jahre alter Laternenwärter aus der Braustraße hier. Währen- der Mann seinem Berufe nach ging, wurde er plötzlich vom Schlage betroffen, welchem er in der Polizeiwache, wohin man ihn gebracht hatte, erlegen ist. Die Leiche wurde nach dem Pathologi schen Institute übergeführt. —* In der Bayrischen Straße kam gestern Abend ein Dienstmädchen beim Abspringen von einem im Gange befindlichen Motorwagen zu Falle und zog sich dabet anscheinend innere Verletzungen zu. I Leipzig, 30. September. Eine Gasexplosion fand gestern Nachmittag in einer Wohnung der Robert Schumann-Straße statt, durch die eine Anzahl Fenster scheiben zertrümmert, auch ein in -er Wohnung beschäf- tigter Schlosser leicht verletzt wurde. —* Bon einem Schutzmann wurde in der Nacht zu gestern ein Mann in Eutritzsch dabei erwischt, als cr stehlenshalber über das Etacket eines Vorgartens stieg. Als er von dem Beamten gestellt wurde, kam ein Complice dazu, und nun fielen Beide über den Schutz mann h e r, der in arge Bedrängniß gcrieth. Mit Hilfe einiger Straßenbahnschaffner wurden schließlich die Beiden überwältigt und konnten zur Haft gebracht werden. Sie entpuppten sich als ein 36 Jahre alter Arbeiter aus Niederhermsdorf und ein 34 Jahre alter Eisendreher aus Connewitz. —* Gestohlen wurden auS Wohnungen -er Kleinen Fleischergasse und der Arndtstraße ein goldener Damenring in Schlangenform mit einem Brillant und einem Smaragd im Werthe von 100 und 12 Stück sil berne Eßlöffel, sowie 6 Stück silberne Kaffeelöffel. — Drei Billardbälle, zwei weiße und ein rother, sind durch Diebstahl abhanden gekommen. Als Dieb kommt ein unbekannter Mann im Alter von 30—40 Jahren in Frage. — Ferner wurde gestohlen von einem Roll- wagen in der ReichSstraße ein Ballen, enthaltend Wollwaaren. — Durch Unterschlagung ist in Verlust aerathen eine Kiste, gezeichnet H. L., welche 60 Paar Filzschuhe und 26 Paar gelbleberne Kinderschuhe enthielt. — Von einem unbekannten Thäter wurden in einem Gar- ten in der Ottvstraßc in Linbenau von einer Anzahl Rosen stücke die Kronen abgeschnttten und auf die Straße geworfen. — AuSgemittelt und verhaftet wurden fünf Personen, die von verschiedenen Behörden steckbrieflichverfolgt werben. — Zur Rechenschast gezogen wurde eine GchlosserSehesrau. die ihren LogiS- nachvar in der Oeserktraße zu Schleußig, nachdem sie ihn durch ein« fingirte Bestellung aus der Wobnung gelockt hatte, «meinen VeldSetragvestahl. —s. Zöbigker, 29. September. Gestern Nach.^i.tag ist -er hiesige Gemeindevorstand, Herr Borkmann, im Alter von 66 Jahren nach kurzem Krankenlager ge storben. In ihm ist ein Mann von ehrlichem, biederem Sinn aus -er Gemeinde geschieden, welcher länger als 25 Jahre an -er Spitze der Gemeinde stand und dem das Wohl und Wehe des Einzelnen sowohl, als auch -er Ge- sammthcit sehr am Herzen lag. — Wurzcu, 29. September. Zu dem Bericht über die vergangenen Sonnabend in unserer Stadt abgehaltene Versammlung -er Bürgermeister der Mittelstädte Sachsens haben wir ergänzend zu bemerken, daß nicht 20, sondern 30 Herren erschienen waren. Nach Besichtigung des Obstbaulchrgartens und anderer Sehenswürdigkeiten fanden von Vormittags bis Nachmittags unter Vorsitz des Herrn Bürgermeisters vr. jur. Sectzen die Berathungcn statt, wobei eine An zahl Fragen verwaltungSrcchtlicher, namentlich auch poli zeilicher Natur erledigt wurden. — Wenn auch am gestrigen Sonntage der Vergügungsplatz unseres Jahr. Marktes, -er Badergraben, durch das regnerische Wetter ungünstig beeinflußt wurde, so herrschte doch da- selbst bis zum späten Abend unter den zahlreich auf gestellten Schaubuden ein reges, lustiges Leben und Treiben. Heute zum wirklichen Jahrmarktötage gestaltete sich die Witterung günstiger. In Folge dessen strömten von auswärts, zu Fuß und zu Wagen, sowie mit den ersten Nachmittagszttgen -cr Eisenbahn zahlreiche Be sucher -er Stadt zu, um, was namentlich die Jugend an- langt, an -en Jahrmarktsfreuden theilzunehmen. * Döbel«, 29. September. Im Dienstetödtlich verunglückt ist am vorigen Sonnabend auf Bahn hof Döbeln -er in Großbauchlitz wohnhafte Wagen revisor Peltz. Er gcrieth zwischen die Puffer zweier abgestoßener Wagen und verschied auf der Stelle. — Bad Elster, 29. September. Seitens des Staats- fiscus besteht die Absicht, das hiesige Elektricitäts- werk anzukauscn. Es sind auch Unterhandlungen wegen Ankaufs -es Besitzes des Spediteurs und Posthaltcrs Schädlich im Gange. Das Schädlich'sche Anwesen kostet 107 000 Es handelt sich um Erbauung eines neuen Postgebäudes, welches 1900 bezogen werden soll, da die derzeitigen Räume im königlichen Curhaus anderweit gebraucht werden. Mit dieser Angelegenheit wird auch die Anwesenheit des Nkinisterialdirectors Geh. Raths I)r. Apelt und Oberbanrathcs Reh aus Dresden in Verbindung gebracht. — Tharandt, 29. September. Während -cr letzten Tage hielten sich hier höhere For st beamte aus Finland und Bayern auf, um die Einrichtungen der Forst akademie und deren Lehrforstreviere kennen zu lernen. —ok. Dresden, 29. Septeinbcr. Von einem tödtlich verlaufenen Unglücksfalle wurde am gestrigen Sonntag ein hiesiger Bürger, Herr Wcinhändler Schöncrt, der in der Nuhlander Gegend ein Jagd revier erpachtet hat, betroffen. Der Genannte bestieg auf Station Schwarzbach den Zug, und zwar das Dicnstcoupö, da er seinen Hund nrit in das Coup« nehmen wollte. Er hatte seine Doppeljagdflinte, die sich in der Lcderumhülluug befand, umhangcn. Kaum hatte Schöncrt das Coupe be treten, als ein Schuß krachte und er blutüberströmt zu- sammcnsank. Das Geschoß war zur Kinnlade hinein gedrungen, hatte diese zerschmettert, war an der oberen Gesichtshälfte wieder herauSgekommcn und hart am Kopfe des mitfahrenden Schaffners vorbei eingeschlagcu. Grausig genug mag für den Schaffner die Fahrt bis Ruhland mit dem ohnmächtig in einer großen Blutlache Liegenden, in der bei näherem Zusehen auch ein Stück Kinnlade mit Zähnen gefunden wurde, gewesen sein. In Ruhland wurde der Schwerverletzte in das Stations gebäude gebracht, wo auch bald Herr Or. Moldau aus Ruhland cintraf. Doch gab es für ihn nichts mehr zu thun; er konnte nur noch den eingetretcnen Tod con- statiren. Auf welche Weise sich das Gewehr entladen hat, kann auch der mit zugegen gewesene Schaffner nicht an geben. — Aus der Sächsischen Schweiz 29. September. Den zahlreichen Touristen, die ihre Besuche im Elbgebirge nicht nur auf den Sommer beschränken, wird eS willkommen sein, zu hören, daß die Restauration auf dem Winterberge auch in diesem Winter, wie in den Vorjahren, geöffnet bleiben wird. Der Plan, die Bewirthschaitung im Winter einzustcllen, ist also aufge- geben. Trotz des unzuverlässigen Wetters brachte der gestrige Sonntag einen leidlichen Verkehr. Die Schan- dauer Elektrische dürfte bei Besserung der Witterung noch bis zum 5. October inclusive fahren. 21. sächsische Turnlehrerversammlung. L. Annaberg, 28. September. Weit über 100 sächsische Turnlehrer sind hier zur 21. Versammlung des sächsischen TurnlehrerveretnS versammelt. Unter den Gästen befinden sich Turnlehrer der Volksschulen und höheren Schulen jeder Art, auch der Director der Turnlehrer-Bildungsanstalt und Schuldirektoren sind hier zu eingetroffcn. Gestern Mittag fand aus Anlaß dessen auf dem Turnplätze des neuen Seminars ein Schau turnen der hiesigen Volks- und höheren Schulen starr. Nachmittags besichtigte man unsere altehrwürdige St. Annenkirchc, unternahm hierauf einen Ausstieg aus den Pöhlberg, dem Abends ein BcgrüßungS- commers im „Bellevue" folgte. Für den letzteren hatte ein besonderer Ortsausschuß unter Vorsitz des Herrn Seminar-Oberlehrer Koch ein umfängliches Programm ausgestellt, das überaus genußreiche Stunden bot. Der heutige Sonntag rief die sächsische Turnlehrerschaft schon in früher Morgenstunde zu ernster Arbeit zusammen. Man versammelte sich in der Turnhalle des königlichen Real gymnasiums, daselbst im Austrage des Rectors durch Herrn Realgymnasiallehrcr Lindner aufs Herzlichste begrüßt. Herr Seminar-Oberlehrer Frohbcr g-Dresdcn ließ zu- nächstOrduuugsübungen mitGehen und Lausen vornehmen. Die darauffolgenden Stabübungen für das Mädchenturnen leitete Herr Seminar - Oberlehrer Leonhardt- Nvflen. Herr Direktor Bier-Dresden führte mit den Tyeilnehmern des Turnlehrercursus eine Schule des Rcckturnens vor. Das Turnen wurde sodann in der Halle des neuen Seminars fort gesetzt. Unter Herrn Seminar-Oberlehrer Fickenwtrt- Dresden turnte eine Abtheilung des Turnlehrervereins zu Dresden Barren-Uebungen mit Musik nach dem Muster der bei der oberrheinischen Turnlehrerversammlung in MannhetmgezetgtenBorführungcn. Hierauf übernahm Herr Seminardirector Schulrath Schwerdtncr- Annaberg die Führung der Gäste durch den vielgerühmten Seminar- bau, der namentlich durch seinen in diesem Blatte bereits beschriebenen und aus Mitteln des sächsischen Kunstsvnds geschafften Schmuck der Aula berechtigte Bewunderung bervorrief. Ein Gang über den Friedhof, bei dem Denk- mal der Erfinderin der Spitzenklöppelkunst, Barbara Utt- mann, und der historischen Linde vorbei, und durch die Stadt brachte die Turnlehrer zu Vahl'S Restaurant, wo kurz vor 11 Uhr der sächsische Turnlehrertag begann. Herr Oberturnlehrer Zettler-Lhemnitz, der Vorsitzende des sächsischen TurnlehrerveretnS, eröffnete denselben mit einer Begrüßung der Anwesenden, insonderheit der Herren Be- zirkSschultnspector Schulrath Schreyer, Seminar- birector Schulrath Schwerbtner und Stadtrath Ktrbach - Annaberg, alS Gäste. Der Letztere entbot der Versammlung den Willkommen der Stabt. In seiner Ent. Segnung drückte Herr Oberturnlehrer Zeltler- Lhcm- nt- sein« Freude darüber auS, -atz eS dem Turnlehrer verein gestattet sei, in der Stadt zu tagen, welche als eine der ersten Städte Sachsens im Jahre 1846 2500 Thaler für einen Turnhallenbau aufgewendet hat, der im Jahre 1847 geweiht worden ist. Er gab sodann einen Bericht über den Verlauf der vor zwei Jahren in Dresden stattgefnndencn 20. Turnlehreiversammlung, in Verbindung mit -cm fünf- undzwauzigjährigen Jubiläum der sächsischen Turnlchrer- btldungsanstalt. Hieraus folgten die Vorträge der Jahres berichte. Die Turnlehrervereinigung besteht gegenwärtig aus 207 Mitgliedern, die sich über ganz Sachsen verthcilen. 104 Städte und sehr viele Dörfer sind noch nicht Mitglie des Tnrnlehrcrvereins. Von den Schulen sind die Semi- nare und Realgymnasien am stärksten in demselben ver treten. Die noch Fernstehenden sollen zum Anschluß an den Verein aufgefordert werden. Beschlossen wurde auch, in Zukunft Turnlehrerinnen als Mitglieder anszunchmen und das Grundgesetz darauf bezüglich zu ändern. Ferner nahm die Versammlung einen Antrag an, für ein Denk- mal Gutsmuth's, eines verdienten Turnpüdagogen, in Quedlinburg, und kür eine Gedenktafel des um das Turnwesen verdienten Direktors des sächsischen Schul turnens in Leipzig, Justus Karl Lion, je einen Beitrag aus Bereinsmitteln zu leisten. Weiter wurde beschlossen, zwischen den aller zwei Jahre stattfindcnden Hauptver sammlungen Theilversammlungen in den einzelnen Krcishauptmannschaften abzuhalten. Dem Ausschuß wurde zur Borberathung ein Antrag auf Ausdehnung der Haft pflicht bei Verunglückungen auf das Kindertnrnen über wiesen, für den -er Dresdner Turnlehrcrverein einige grundlegende Sätze zur Verhütung von Unglücksfällen auf- gestellt hat. Die Vereinssteucr wurde mrf 1 pro Jahr festgesetzt. Herr Oberlehrer Eckardt-DreSdcn hielt einen überaus belehrenden Vortrag über den Sport. Er sprach über den Sport im allgemeinen, im engeren un- engsten Sinne, und führte unter Anderem auS: der Schule stehe das Recht zu, ihren Schülern die Bcthcilignng am Sporte zu untersagen, so bald dieselbe die Unterrichts- und Erziehungserfolge der Schule, also auch des Turnunter richtes, ungünstig beeinfluße. Das Turnen zeichne sich durch allseitige Bcthätigung der Leibeskräfte vor den neuesten Sportarten aus, aber auch diese seien für die Erholung von Körper und Geist nicht zu unterschätzen. Das tadclnswerthc Gebühren, das sich bedauerlicher Weise häufig mit dem Sportbetriebc verbindet, ist eine Begleit erscheinung, nicht eine Wcscnsäußerung des Sportes. Der berechtigte Kampf dagegen darf nicht zu einem Kampfe gegen den Sport überhaupt werden. Die Herren Ficken- wirt-Plauen bei Dresden nnd Zettler-Chcmnitz sprachen über ihre Beobachtungen über das Turnen in Karlsruhe und Mannheim bei Gelegenheit der neunten oberrhei nischen Tnrnlchrerversammlung. Der Vortrag des Herrn Lindner in Annaberg über „Der schöne Mensch in Natur und Kunst" wurde auf den nächsten Turnlehrertag ver schoben. Nach Beendigung der Versammlung folgte ein gemeinsames Mittagsmahl. Die geplanten Ausflüge in die Umgebung wurden durch Ncgenwetter stark beein trächtigt. Vermischtes. ----- Wie», 29. September. Eine von der Länderbank veröffentlichte Mittheilunz giebt eine eingehende Darstellung der Unterschlagungen Iellinek'S, insbesondere seiner Machenschaften im internen Cbeckverkehr sowie im Cbeckoerkrhr der Länderbank mit der Oesterreichisch-Ungarischeu Bank und dem Glro-Cassenverein. Es ist Iellinek, der im Jahre 189l in die Dienste der Länderbank getreten war unv vorerst nur zu untergeordneten Arbeiten in der Caffe verwendet wurde, gelungen, sich allmählich derartig das Vertrauen seiner Vorgesetzten zu erschleichen, daß sich sein ThätigkeitSfeld immer mehr erweiterte. Er konnte schließlich sogar den der Cassendirection und der Hauptcaffe allein zustehenden Verkehr mit den vorgenannten beiden Giroinstituten gänz lich an sich reißen. Es wurden instructionSwidrig nur die Baarbeträge der Cassen allabendlich revidirt, ohne die Cbecks in die Revisionen einzubeziehen. Die Unterschla gungen reichen bis in das Iabr 1895 zurück und erreichen Ende >900 die Höbe von 1 987 796 Kronen, im Juli 1902 3 994 38l und am Tage der Entdeckung, am 18. d. MtS., den enormen Betrag von 4 626 771 Kroneo. Die Mittbcilung sagt zum Schluß, die vorgekommeneu schweren Pflichtver letzungen an den Tag zu bringen, wird Sache der un Auge befindlichen Untersuchung sein, um den Grad der Schuld jedes einzelnen der betreffenden Beamten festzustellen, unv es werden unveriüglich die hieraus sich ergebenden Maß nahmen getroffen werden. — Die Nachricht von dem Selbst mord und der Auffindung der Leiche Iellinek'S ver breitete sich noch gestern Abend in der ganzen Stadt und erregte großes Aufsehen, weil bereits allgemein geglaubt Worten war, Iellinek habe den Selbstmord durch Weglegung seines Rockes, des HuteS und seiner Tasche am Donau ufer bei KremS nur singirt. Daß die Uhr auf r/,12 stehen geblieben ist, stimmt mit den Aussagen zweier Arbeiter, die am 19. September gegen 11 Uhr Vormittags Iellinek auf dem Dvnaudamm bei KremS aufgeregt hin- und bergeben sahen, überein. Man sand iu den Kleidern der Leiche ein Portefeuille mit 580 Kronen iu Bank noten. Offenbar getraute er sich nicht, mit einer so geringen Summe die Flucht ins Ausland zu versuchen. Dies beweist, daß er nicht, wie allgemein angenommen wurde, stets eine größere Summe für die Fluckt bereit gehalten hat. Ferner wurde eine Brillantnadel in einer Cravatte, ein Brillantring an der linken Hand, Manschettenknöpfe und eine Börse mit Kleingeld gesunden. In dem Portefeuille befand sich die Mitgliedskarte des Wiener Schachclubs, die Iellinek am l7. September, dem Tage vor der Entdeckung der Defrau dation, erneuern ließ, und das Couvert eines an ihn gerich teten Briefes zweier Arbeiter aus Alienwörth. Die Finder der Leiche erhalten einen Preis von lvOOKronen, den die Länderbank ausgeschrieben hatte. Der Gemeindevorsteher von Altenwörtb erkannte die Leiche sofort an einerNarbe an der Stirn. Die Affäre ist mit der Auffindung der Leiche Iellinek'S nicht abgeschlossen, sondern eS wird die Untersuchung gegen die Mitschuldigen eifrig fortgesetzt. Daß Iellinek gar nicht für eine stete Bereitschaft zur Flucht gesorgt bat und offenbar durch die Entdeckung überrascht war, wird als Beweis dafür betrachtet, daß er sich durch Mitschuldige vollkommen gesichert und gedeckt glaubte. Die Manscheltenknöpfe, die bei der Leiche gefunden worben sind, hatte Iellinek am Morgen deS l9. September mit anderen Gegenständen in KremS gekauft, offenbar hatte er seine goldenen Manschettenknöpfe bei der Flucht auS der Bank in seinem Bureau zurückgelassen. Der Kauf beweist, daß er damals noch nicht einen Selbstmordentschluß gefaßt, sondern vielleicht auf einen anderen Ausweg gehofft hatte. — Pest, 30. September. (Telegramm.) Bei einem in der Nacht auf dem Hol,platz auSgebrochenen Brand wurden auS einem nahegelegenen Wohnhause, das ebenfalls von den Flammen ergriffen wurde, 40 Personen mit Mühe gerettet. — Pest, 29. September. Eine große Feuersbrunst suchte die Ortschaft Mihalysaza (Comitat Veszprim) beim. 74 Wohnhäuser, die evangelische Kirche unv die Ernte sind vernichtet. — Netzer tzea Totz Emile Zola'» liegen folgend« De peschen vor: * Paris, 29. September. Die Untersuchung über den Tod Zola's beseitigt bisher jede Annahme »ine« Selbstmorde» und «r- giebt» obwohl sie noch nicht völlig abgeschlossen ist, datz der Tod einem unglücklichen Zufall juzoschreiben ist, Madam« Zola, dl« noch immer nicht vernehmungsfilhig ist, wird i» »la Kranken haus gebracht werden. Die Diener bestätigen, daß Herr und Frau Zola gestern sehr munter waren, letztere habe sich über den schlechten Zustand LeS Kamins beklagt, der beute ausgebessert werden sollte. Die Aerzte glauben, Zola sei infolge des Sturzes auS dem Bett um so eher dem Erslickungstode erlegen, als am Boden sich mehr Gas angesammelt hatte, als iu einer gewissen Höhe. * Paris, 29. September. Die Untersuchung über die Um stände, welche den Tod Emile Zola's herbeigesührt haben, ist heute Nachmittag fortgesetzt worden. Um 2 Uhr Nachmittags begab sich der Staatsanwalt in Begleitung des Untersuchungsrichters, deS PolizeicommissarS, zweier Aerzte, von denen der eine vr. Brouardel war, zweier Chemiker und zweier Architekten in das HauS Zola's. Die Untersuchung ist noch nicht beendet. Morgen hofft man damit zu Ende zu kommen, denn die Untersuchung des Kamins wird erst morgen vorgeuommen. — Frau Zola konnte bereits der Be hörde angeben, daß sie sich im Laufe der Nacht unwohl suhlte und ihren Manu ersuchte, das Fenster zu öffnen. Dieser erhob sich, stürzte aber gleich zu Boden, während Fran Zola die Besinnung verlor und nicht im Stande war, Lärm zu schlagen. Daß die beiden kleinen Hunde am Leben blieben, erklärt sich daraus, daß einer auf dem Bett, der andere auf einem Stuhl, beide aber so hoch über dem Boden lagen, daß die Gase nicht mehr tödtlich auf sie wirkten. Man spricht von einer Autopsie der Leiche Zola's. Ter Körper ist auf einem Divan in der Mitte des großen Salons aufgebahrt, die Hände sind über der Brust gefaltet. Mund und Augen sind geschloffen wie im Schlafe. Das Gesicht ist wachsbleich. Die Leiche ist mit einem weißen Tuch bedeckt. Frau Zola wurde die Mittheilung von dem Tode ihres Gemahls mit größter Schonung gemacht; sie wollte nicht daran glauben. Es bedurfte der dringendsten Vorstellungen des Arztes und der Freunde, um sie zu bewegen, dos Haus zu verlassen und das Erholungsheim iu Neuilly auszusuchen. In die im Trauerhause aufliegenden Listen trugen sich bereits zahlreiche hervorragende Persönlichkeiten ein. Eine große Menschenmenge drängt sich vor dem Hause. ---- Rom, 29. September. Nach den Meldungen der Blätter sind bisher in Modica 300 Leichname und in Scicli 75 aufgefunden. Starken Schaden richtete der Sturm an in Niposto, Acireale, Belpaffo und Giarie (Provinz Catania); ebenso heute in Neapel und Pozzuoli. --- Uokohama, 29. September. Durch einen Teifun, der über den Diftrict von Odawara, in der Nähe von Yokohama bereinbrach, wurden viele Häuser vernichtet. ES sollen etwa 500 Menschen ertrunken sein. Das Schlacht schiff „Schikeichima* gerieth bei Yokosuka auf Grund. Die Arbeiten zur Wiederflvtlmachung'sind eingeleitet. Das Schiff ist nur leicht beschädigt. Letzte Nachpichten. * Leipzig, 30. September. Der Lande sv errat hs- proceß gegen Becker aus Wolfenbüttel wird am 5. November vor dem vereinigten 2. und 3. Strafsenat des Reichsgerichts verhandelt. * Plaue« i. B., 30. September. (Telegramm.) Wie der „Vogtländische Anzeiger" meldet, ist gestern Abend in Neuberg bei Bad Elster das gräflich Zedwitz- sche Schloß Neuberg oberer Theil mit allein Zubehör niedergebrannt. Der Schaben ist bedeutend. Etwa 20 auswärtige Feuerwehren sind an der Brandstätte er schienen. Es wird Brandstiftung angenommen. * Paris, 80. September. (Telegramm.) Die Liga der Menschenrechte erläßt einen Aufruf zu Geldfannnlungen für ein Zola- D e»kma l. * Bristol, 30. September. (Telegramm.) In seiner gestrigen Rede sagte der Schatzkanzler Hicks- Beach noch: „Waö die auswärtige Politik anbetrifft, so laßt uns die goldene Regel anwenden, Andere so zu be handeln, wie wir von ihnen behandelt zu werden wün schen. Wir dürfen eS nicht immer alS Drohung gegen uns ansehcn, wenn eine fremde Nation unserem Beispiele folgt nnd irgendwo eine für sie günstige Handelsstation gründet oder sogar Gebiet annectirt, das bis dahin Barbaren ge hörte und für die Wohlfahrt der Menschheit keinen Nutzen abwarf. Wie groß auch immer unser Wohlstand und un sere Kraft sein mögen, nur durch diese Politik kann ein größeres Reich erhalten werden." * Petersburg, 30. September. (Telegramm.) „Russky Invalid" veröffentlicht die Ernennung des bis herigen Gouverneurs von Wilna, Generalleut nants Wahl, zum Gehilfen -eS Ministers des Innern un- zum Commandcur des Gendarmen corps an Stelle des Fürsten Swiatopolk- MirSky, der demselben Blatte zufolge zum General gouverneur von Wilna, Kowiw nnd Grvdno er nannt wird. * Lodz, 30. September. (Telegramm.) In Folge unvorsichtigen Umgehens von Kindern mit Feuer brannten im Dorfe Woschnik, unweit der Stadt Sierads, von 129 Häusern 120 nieder, während die Bauern ans dem Felde waren. Zwei Kinder sind in den Flammen umgc kommen. Die Gebäude sind sämmtlich nicht versichert. * Algier, 30. September. (Telegramm.) Dem Herzog der Abruzzen, welcher gestern hier ei ri ll e troffen ist, wurde vom militärischen Club ein glänzeuder Empfang bereitet. Der commandircnde Gene ral, welcher sich zur Zeit im Manöver befindet, gab tele graphisch seinem Bedauern Ausdruck, daß der Herzog den Manöver» nicht beiwohnen könne, wo er ihm die vom Ruhme der sardinischen Truppen zeugenden Fahnen vor geführt hätte. In der Begrüßungsansprache an den Herzog erinnerte der Chef des Cicncralstabeö an den Kampf, den das französische und italienische Heer Seite an Seite ans- gefochten hätten, und weckte die Erinnerung an die Schlacht bei Solferino, welche die Bande, welche die beiden Heere vereinen, nnr enger knüpfen könne. Redner schloß mit einem Hoch auf die italienische Armee und Marine. General Warnier brachte als Vertreter des Generalgouverneurs einen Trinkspruch auf das italienische Königshaus aus. Der Herzog erwiderte, er sei tief gerührt durch die Er innerung an Solferino; denn er stimme von Herzen mit dem GencralstabSchef überein, das Gedächtnis der Tapferen zu feiern, die auf diesem Schlachtfcldc gefallen sind. Der Herzog dankte für den seinen Mannschaften be- reiteten Empfang und trank auf das Wohl -eS Präsidenten Loubet, des Heere», der Marine und des französischen Volke». Verantwortlicher Redakteur vr. Hrrm. Küchltng tn Leipzig kür den musikalischen L-eil Adolf Ruthardt in Leipzig.
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