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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.06.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070620025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907062002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907062002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-06
- Tag 1907-06-20
-
Monat
1907-06
-
Jahr
1907
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Bezuas-PreiS für Leipzig und Bor orte durch uns«« Träger »nd Spediteure ins Haut gebrockt: AuS- gab« <nur morgen») virrteljährlvh 3 M., monatlich 1 M.: Ausgabe V tmorgenS und ibendS) vierteljährlich 4 80 M„ monatlich 1.50 M. Durch die Poft bezogen (1 mal täglich) innerhalb Deulichlands und der deutschen Kolonien vierteljährlich 3 M., monatlich l M. ausschl. Poübestellgeld, für Qeüerreich.llngarn vierteljährlich 8 L 4bk. Abonnement-Annahm«: AnguftnSvlatz 8, bei unseren Trägern, Filialen. Spediteuren und Auuahmestelleu, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet IO Pf^ Redattio« und ExpeSittov: Iodannisgasse 8. Teleph. Nr. 14692, Nr. 14693, Nr. 14694. Abend-Ausgabe 8. MpMrr TaMaü Ha«-elszeitt»«g. Berliner Nedattious-Bureau: Berlin XlV. 7. Prinz Louis Ferdinand« Strafle 1. Telephon i. Nr. 9278. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 169. Donnerstag 20. Juni 1907. M«H»iqe«nPreiS für Inserate aus Leipzig u. Umgebung dia 6gespaltene Peruzeile 28 Pf„ finanzielle An- zeigeu 30 Pf, Reklamen 7LPf.; von auswärts 30 Ps.. Reklamen I M.; vom Ausland 80 Pi., finanz. Anzeigen 78 Pf, Reklamen 1.80 M. Jnlerate v.Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebübr 8 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. Geschästsanzeigeu an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarn. Festertrilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für das Erickeiuen an deftimurteu Tagen und Plätzen wird leiue Garantie nderuommen. Anzeigen - Annahme: AugllftuSPlay 8. bei sämtlichen Filialen u. allen Anuoncen- EM^ltiouen des In- und LuSlaudes. daa-1-Atüale Berlin . T arlD unck« r, Herzgl.Baqr^ofbuchhaudlg, Lützownrak« 10 (Tel- VI, 4603). 101. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. lDie nach Schluß der Redaktion eingegangcnea Depeschen stehe» auf der 3. Seite des Hauptblattes^ Der König auf Reifen. König Friedrich August ist beute früh 8 Uhr von Dresden zum Besuch deS KürsteubofeS nach Detmold gereift. Er berührte aus der Fahrt um 10 Uhr Leipzig und begab sich hier zu Fuß vom Dresdner zum Thüringer Bahnhof. Herbftmanöver nnserer Flotte. Die bisherigen Angaben über die großen Flottenherbst Manöver dieses Jahres stützten sich auf ein noch nicht geneh migtes Borprogramm. Jetzt dagegen steht fest, daß der Kaiser sich zur teilweisen Teilnahme an den Herbstmanövern der Hochseeflotte in der ersten Sepkemderwoche in Wilbelms- baven einschiffen wird. Den Schiußmauövern in der Zeit vom 8. bis etwa 13. September wird der Kaiser dagegen nicht beiwohnen. Die Friedenskonferenz. Nach dem an die Presse gegebenen Communigus hat der Vorsitzende der Friedenkkonsereuz, Nelidow, den Antrag gestellt, die Vermittelung des holländischen Ministers des Auswärtigen uachzusuchen, und bei der Königin die Ge währung eiuer Audienz für die Delegierten zu erwirken. Der Vorsitzende teilte unter Beifallskundgebungen mit, daß die auf der gegenwärtig tagenden Friedenskonferenz vertretenen Staaten, die nicht an der ersten beteiligt gewesen seien, ihren Beitritt zu den Resultaten dieser letzteren erklärten. Um die Dauer der Arbeiten der Konferenz soviel wie möglich abzu kürzen, beantragte der Vorsitzende unter allgemeiner Zu stimmung, die Zeit für jede Rede aus höchsten» zehn Minuten s-stzusetzen. Das Bureau für den Nachrichtendienst an die Presse bat bezüglich der Bestimmung der Geschäftsordnung, nach welcher die Oeffentlichkeit zu den Plenarsitzungen Zu tritt hat, die Einrichtung getroffen, daß nach dem verfüg baren Raume eine entsprechende Zahl von Sitzen für d,e Vertreter der Presse reserviert wird. — Nach dem offiziellen Conununiquä über die heutige Sitzung der Konferenz Verla der Delegierte der Bereinigten «Staaten von Amerika ein Schreiben an den Präsidenten Nelidow, in dem sich der erste Delegierte der Bereinigten Staaten das Recht Vorbehalt, der ersten ooer einer andern Kommission die Frage der ge waltsamen Eintreibung öffentlicher Schulden oder irgend eine andere im Programm nicht erwähnte Frage vorzulegeu. Nelidow gibt diese Möglichkeit zu, bemerkt jedoch, daß nach der Geschäftsordnung jeder neue Antrag zuerst schriftlich dem Präsidenten übermittelt werden müsse, um sodann gedruckt uuler die Kouferenzmitglieder verteilt zu werben. Auch der englische Delegierte behielt sich das Recht vor, späterhin neue Anträge zu formulieren. Ter Streik der Seeleute. ' Während man sich der Hoffnung hingab, der Streik der Seeleute sei so gut wie beendet, zeigt folgendes Telegramm aus Hamburg, daß es noch nicht ganz so weit ist: Eine von etwa 200 streikenden Seeleuten besuchte Versammlung nabm eine Resolution an, in welcher erklärt wird, mit allen gesetz lich erlaubten Mitteln deu Streik weiterzuführen. ES wird in der Resolution weiter erklärt, daß die Streikenden nach wie vor bereit seien, durch eine von ihnen gewählte Kom mission aktiver Seeleute mit den Reedern während des Streiks m Verhandlungen zu treten. Aar Winzerrevolte. Gestern wurde, wie aus Paris weiter gemeldet wird, ein Alteutat gegen eine Eiseubahnbrücke zwilchen Narbonne und Montpellier verübt. Eine halbe Stunde, nachdem der Zug, der die gefangenen Winzersührer transportierte, die Ärücke passiert hatte, flog diese in die Lust. Die Ge- fanaenen sollten die Brücke erst eine halbe Stunde später passieren. Verletzt wurde niemand. Es verlautet, daß in Narbonne das Militär mir der Volkmeuge zu'ammengestoßen sei, doch fehlt noch die Bestätigung. — Auch vor der Prä fektur von Montpellier und in der Rue nationale kam es gestern Abend zu ernsten Unruhen; Kavallerie mußte mit blanker Waffe vorgehen, während sich die Menge mit Stein würfen verteidigte. Obgleich jetzt der größte Teil des Winzerkomitees verhaftet ist, wird die Bewegung doch keineswegs auf hören, im Gegenteil ist die Aufregung aufs Höchste ge stiegen, io baß dre Regierung in 4 Departements eine große Militärmacht aufdieten muß Die Zeitungen im Süden stehen vollständig unter Zensur; sie können nur die offiziellen Depeschen bringen, da ihnen sowohl Telegraph wie Telephon gesperrt worden ist. «rubeunufälle. Ans Dortmund wirb uns telegraphiert: Durch herein brechendes Gestein wurden auf Zeche »Minister Stein" ein Bergmann gelötet, zwei schwer verletzt; auf Zeche „Mont CeuiS* * stürzten zwei Bergleute in eine 70 Meter liefe Oeffuung und waren sofort tot. politisches. Postalische Neuerungen im Weltverkehr. Die auf dem letzten Weltkongreß zu Rom vereinbarten Neuerungen im postalischen Weltverkehr sind jetzt von Bern aus, wo der Weltpostverein seinen Sitz hat, veröffentlicht worden. Die Neuerungen treten vom 1. Oktober an in Kraft. Vom genannten Datum ab beträgt das Weltbriefporto 20 Pfg. für die ersten 20 Gramm und 12^h Pfg- <15 Cts.s für jede weiteren 20 Gramm. Das Gewicht des Normal briefes ist also auf dasselbe Gewicht erhöht worden, wie es schon jetzt in Deutschland und Oesterreich zulässig ist. Alle anderen Briefportoallsätze bleiben unverändert, >o auch der hohe, doppelte Portozmchlag für ungenügend frarki-rte Briese. Dagegen wird einer alten Forderung entsprochen: wie für die Postkarten, so-auch für die Briefe die Rückantwort voraus frankieren zu können. Es werden für die Länder, die pch hierüber verständigen, sogenannte Antwortcoupons eingeführt. Der Höcyfkdetrag der zulässigen Nachnahme aus Bricfsendungen im Verkehr mit den einzelnen Ländern wird von 400 F auf 800 .F erhöht, und die zwischen einzelnen Ländern bereits bestehende Vorschrift, daß der Versender den Betrag der Nachnahme nachträglich streichen oder vermin dern kann, auf alle Länder, die Briesnachnahmcn austauschen, ausgedehnt. Ebenso findet nun die Haftpflicht beim Ver luste eingeschriebener Briefsendungen, die bisber von Argen tinien, Brasilien, Kanada, Kuba, Paraguay, den Vereinigten Staaten von Nordamerika uud ihren Kolonien, ferner von den britischen Kolonien und Schutzgebieten von Äetschuana- land, Kapkolonie, Natal und Rbodcpa nicht anerkannt wurde, allgemeine Anwendung. Für die Postkarten wird ab 1. Ok tober die Verwendung der linken Hälfte der Adreßseite für schriftliche Mitteilungen allgemein gültig erklärt, dafür untersagt aber z. B. Italien die Beschreibung der Rückseite, wenn die Vorderseite schriftliche Mitteilungen enthält. Fer ner dürfen auf diese Hälfte der Vorderseite oder auf der Rückseite Vignetten oder Photographien aus dünllem Papier geklebt werden. Die Aufschrift Postkarte ist für die Karlen der Privatindustric nicht mehr nötig. Die Größe der Post karten, die der Privatindustric inbegriffen, soll künftig höch stens 14:9 Zentimeter und nicht weniger als 10 :7 Zenti meter betragen. Weiter sind die Karten mit der Bezeichnung Postkarte ohne weiteres zur Drucksachcntaxc zulässig, wenn ie im übrigen den Bevingungen für Drucksachen entsprechen, d. h. höchstens künf Worte oder einzelne Buchstaben ent- halten. Postanweisungen können bis auf 800 lauten, nur ur Bolivien, Bulgarien, Kolumbien, Griechenland und die Türkei bleibt die Beschränkung von 100 .E. Die Taxen sind wesentlich ermäßigt, sic betragen 20 Pfg- für je 40 Ebenso erfuhr der Postpaketverkehr erhebliche Ermäßigung im Verkehr mit überiee,scheu Ländern. Dänemark, Griechen land und Kreta beteiligen sich vom 1. Oktober ab auch am Postauftragsverkehr: Argentinien. Kolumbien, Montenegro und die dänischen Kolonien übernehmen den Zeitungsaus- tausch. Der Postpaketübereinkunft treten Bolivien, die ita lienischen Kolonien und Kreta bei. " Japaner in Kiel. Die Herren der japanischen Bot schaft in Berlin sind gestern abend in Kiel eingetroffen und haben in eiuer Jeebadecmstalt Wohnung genommen. Staats sekretär Admiral v. Tirpitz war am Bahnhof zur Begrüßung. * Japaner in Esten. Die japanische Sbudienkommifsion unter Führung des Admirals Yamamoto besichtigte die Kruppschen Werke. * Polizeioberst von Berlin. Polizeimajor Paul Hofft ist vom Kaiser znm Polizeioberst und Kommandeur der Schutz mannschaft von Berlin als Nachfolger des Polizeioberst Krause ernannt. * Berbaudstag der deutschen Post- und Telegraphen- assistenteu. In Mannheim ffür dieses Jahr die klastische Stadt der Kongresse! sand am 15., 16. und 17. Juni d. I. der Gauoerbandstag des Verbandes Deutscher Post- und Telc- graphenassistenten statt. Nachdem der Vorsitzende des Be zirksvereins Karlsruhe die Sitzung eröffnet und die An wesenden lüber 600 an der Zahl, begrüßt hatte, hieß Herr Stadtrat Dr. Alt die Erschienenen im Namen der Stabt willkommen. Am Sonntag, den 16. Juni, begannen die eigentlichen Verhandlungen. Herr Britz-Berlin IPrach über „Wohlsahrtseinrichtungen", der Verbandsvorsitzende, Herr Zollitsch über „Parlamenr und Verband". Der Regierung und Volksvertretung stattete er den Dank ab für die be willigte Teuerungszulage. Den Borwurf der Nebeirreaie- rung und der Disziplinlosigkeit wies der Redner entschieden zurück. Herr Redakteur Hubrich referierte sodann über „Die Besireoungen der mittleren Post- und Telearapücnbeamten". Hierbei forderte er ganz entschieden die Gleichstellung bzw. die Wiedergleichstellung der Reichsboamteu mit den in Frage kommenden Preußischen Beamten. Noch nie habe der Ver band den Standpunkt vertreten, daß man möglichst viel fordern müsse, um etwas zu bekommen. In sehr scharfer Weste ging dieser Redner sodann mit den sogenannten Sonderbündlern ins Gericht, und stellte sic vor die Alterna tive, entweder für oder gegen den Verband! Zur Personal reform übergehend, forderte er dann die Anpassung an die gleichwertigen Beamtenklassen anderer Verwaltungen. Der anwesende Reichstagsabgeordnete Beck-Heidelberg meinte, daß es die vornehmste Pflicht eines Abgeordneten sei, bin zu gehen und zu hören, wie man draußen, im Volke und den Berufskreisen, seine Wünsche vorbringe. Daß die national- liberale Partei stets ganz und voll für die berechtigten Wünsche der mittleren Postbeamten eintrcten werde, könne er versprechen. Das Schlußwort sprach Herr Hamacher. * Abg. Dasbach wurde in Bonn van Professor Garre operiert. Die dreiviertelstündige Operation ist gut verlaufen. * Kölner Oberbiirgermristerei. Zur Besetzung des Kölner Oberbürgermeisterpoftens erfahren wir, daß bis her keine Entscheidung getroffen ist. Man klopfte in Boun, Koblenz, Düsseldorf, Posen und Magdeburg an, fast aus ¬ schließlich indessen mit negativem Erfolge. Daß der bekannte Zentrumspolitiker Trimborn in Frage lamme, wird von der ultramontanen „Köln. Volksttg." energisch bestritten. Ober bürgermeister Becker wird sich alsbald nach seinem Rücktritt dauernd in Berlin niederlasscn. * Graf Pückler verschwunden. Gras Pückler, der zu Gefängnisstrafen von insgesamt 4 Monaten verurteilt war, hatte nach Verbüßung eines kleinen Teils der Strafe Urlaub erhalten zur Bewirtschaftung seines Gutes. Er war dort eine Zeitlang anwesend, ist fetzt aber wieder verschwunden; sein Aufenthaltsort ist unbekannt. * Eine alte Schuld wird in diesen Tagen von Schweden an Lübeck bezahlt werden. 1813 und 1814 wurden von Lübeck an die schwedische Armee Lebensmittel geliefert, für die nach dem Ueberei»kommen vom 3. April 1815 ins gesamt 50 000 Rheinische Gulden bezahlt werden sollten. Beim Abschluß eines Haudels- und Schiffahrtsvertrages zwischen Schweden und Lübeck verpflichtete sich Lübeck aber, jene Schuld so lange nicht einzufordern, als dieser Vertrag Gültigkeit habe. Da jetzt jener Vertrag durch den Abschluß eines Haudels- und Schiffahrts vertrages zwischen Schweden und dem Deutschen Reiche seine Gültigkeit verloren hat, so ist bereits die schwedische Staats kaffe angsviesen worden, die Schuld zu hezahlen. ES han delt sich nach heutigem Geld um rund 35 000 ^<l. * Ausstandsuachrichteu. Wie der „Franks. Ztg." aus Düsseldorf gemeldet wird, sind bei 92 Tainpsschifsahrlsgesell- fchaften auf 350 Dampfbooten 1200 Maschinisten uud Heizer wegen Differenzen über die Arbeitszeit in den Ausstand ge treten. * Zur Eröffnung des Reichsrales. Wie die Wieuer „Neue Freie Presse' meldet^ wird die Thronrede nur durch eine Huldigungsadresse, aber nicht durch eine meri- tvrische Adrette beantwortet werden, da für eine solche eine Majorität nicht zu erlangen ist. Sämtliche deutschen Parteien werden für Deißkirchner als Präsidenten stimmeu, auch die Fortschrittspartei, die sich, mit wenigen Ausnahmen, dem dsutschnationalen Verbände anschließen wird. * Stolvpi«. Aus Petersburg wird uns milgereilt: Nach der Auflösung der Reichsduma ist die Bewachung Stolypins in seinem Palais auf der Jelagin-Jnsel bedeuten verschärft worden, da man Attentate gegen ihn bemrchtet. Die Bedeutung Stolypins bei Hofe ist durch die Auflösung der Duma derart gestiegen, daß er als unumschränkter Dik tator betrachtet werden kann. Eine ganze Reihe Moskauer Zeitungen ist gestern durch Geldstrafen gemaßregelt worden Wie in Negieruagskreisi-r vorstnttet, beabsichtigt Srokypi», auf dem Gebiet der Agrarfrage einige temporäre Bc- stimmungen zu erlassen. * Raub uud Mord in Tiflis. Aus Tiflis wird berichtet, daß Raub und Mord dort fortdauern. Gestern wurden der Direktor einer Fachschule, sowie ein Polizeiaaent auf offener Straße getötet. * Regierung uud Oppositionspartei in Portugal. Au- Li ssabon wird gedrahtet: Wie hier verlautet, soll die Regierung gewillt sein, besondere Maßnahmen gegen die Führer der Oppositionspartei, die die Kundgebungen leiten und die öffentliche Meinung aufzuregen suchen, zu ergreifen. * In der Nachtsitzuug der griechischen Kammer be kämpfte der Ministerpräsident, wie aus Athen gemeldet wird, bei der Generaldebatte über den Etat die Opposition: er zog einen Vergleich zwischen der Stellung Griechenlands und derjenigen der übrigen Balkanstaaten, und legte dar. Griechenland sei nach jeder Richtung bin diesen überlegen, namentlich in bezug auf seine Finanzen, seine Armee un feine Marine. Er wies auch aus die günstige Lage Griechen lands auf Kreta hin, wo das griechische Element offenbar das llebergewicht besitze, sowohl an Zabl, wie an Zivili sation, Kenntnisten und Kultur. Feuilleton. Alle unsere Leiden kommen daher, daß wir nicht allein sein können. La Bruysre. Ganz er selbst sein darf jeder nur. solange er allein ist: we> also nicht die Einsamkeit liebt, der liebt auch nicht die Freiheit, denn nur, wann man allein ist. ist man frei. Schopenhauer. Es ist das große Traurige, daß eine Seele stets allein ist. Jacobsen (Riele Lqhne). Der stärkste llflann der Welt ist derjenige, welcher allein steht. Ibsen. Die Franzssen in Vertin. Ein Kapitel aus den Jahren 1806—07. Von Frida Katt (Berlins. Am 10. Oktober 1ß<)6 hatte der Komiker Unzelmaun als politischer patriotischer Zinngictzcr. angetan mit grünem Schlafrock und dito Nachtmütze, Sturme des Beifalls entfes- ielt, als er kräftig das „Heil dir im Sicgerkranz" im Kreise 'einer Bierbrüdcr anstimmtc, — vier Tage später beschwor die Jenaer Schlacht Preußens Untergang herauf. Der 14. Sktober batte diese, wie cs hieß, unfehlbare, siegreiche Armee, die unter Friedrichs des Einzigen Fobncn glorreiche Lor- Heeren errungen, vernichtet. - Am 17 Oktober 1806 verkünden rote Zettel an den Straßenecken den Berlinern, daß der König eine Bataille verloren habe. — „Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht". Unterzeichnet: Schulcnbnrg. Kein Pferd, kein Esel ist mehr m der preußischen Hauptstadt auszutreiben, alles will fliehen. — „Sie sind gelaufen wie die Hundsfötter", ruft der belieb- teste Arzt in Berlin, der alte Geheimrat Heim, seinen B>- kannten auf der Straße zu — die letzten Truppen verlassen die Hauptstadt — am Ä. Oktober ziehen die ersten Franzosen ein. Rettende Jäger, Husaren, Artilleristen, Genbarmen. das Davoustsche Korps, welches ein Biwak vor dem Höl lischen Tore bezieht, trifft am Nachmittag ein. General Hnlin, wohnhaft Unter den Linden Nr. 7, ist Stadtkomman dant, am 27. Oktober zieht der Gewaltige, das Genie des Jahrhunderts, ein. An der Spitze seiner Garde, die ihm schon vor den Pyramiden, als Konsulargardc, wichtige Dienste geleistet hat, in Italien, bei Austerlitz siegreich kämpfte, rei tet Napoleon durch das Brandenburger Tor, aus weißem Berberroß, in grüner Uniform; die Suite folgt, Marschälle in goldgestickten Röcken, die Mamelucken, Roustan, der jugendliche verlebte Hieronymus, des Kaisers Bruder, der spätere König Lustik von Westfalen. Nun ist Berlin eine okkupierte Stadl, eine französische Garnison, der Hof ist fort, im Hohcnzollernschloß residiert der Korse, die Zeitungen bringen die Tagesbefehle in fron- zösischer und deutscher Sprache, in den Zeitungen wimmelt es von Ankündigungen in den fremden Lauten. Fremde Menschen, buntscheckige, glänzende Uniformen..., die leichtlebigen Berliner suhlen sich bald wieder als Herren der Situation. Im Lustgarten, auf dem Wilhclmsplah fin den militärische Schauspiele vor dem Gewaltigen statt, jeden Abend ist Konzert und Deklamatorinni bei Hofe, Kapellmeister Paer, der Sänger Brizzi, die Damen Unzelmann, Bethmann, die Sängerinnen Schick und Fantozzi wirken mit. Wenn auch die Viktoria vom Brandenburger Tor verschwindet, was tut's, die schneidigen Reiteroffizicrc, die Nansoutyschen Knros siere, diese Wcißmänlel, mit den blitzenden Römcrhelmen, die kecken Elitchusaren in roter, goldvcrschnürtcr, zobclverbräm- ter Jacke, verdrehen dem schönen Geschlecht die Köpfe, auch die Garde mit ihren himmelhohen Bärcnmützcn, die leichten Voltigeurs raspeln gewaltig Süßholz. Freilich, die Aermcren leiden unsäglich. Was helfen die Suppcnknchcn, freies Hol; — wie soll man diese hungrigen, begehrlichen Mäuler stopfen, die Wein und Weißbrot in Hülle und Fülle genießen. Bouillonbäder nehmen und — namentlich die Rheinbündlcr zeichnen sich dadurch aus — in den Betten mir dein Säbel Herumstochern, daß die Federn fliegen Als Napoleon am 25. November nach Polen abreist, Hal man sich bereits an die Lage gewöhnt. Alles französiert sich, inan dejcuniert um 12 Uhr vormittags, dinirt um 6 Uhr nach mittags, die Biirgergarde rasselt in ihren eleganten Unifor men durch die Straßen, wenn auch die Finanzen zerrüttet sind. Leben bringen diese Franzosen in die Bilde, nach und nach fängt inan an auszutauen. „Liebes Brüderchen", schreibt ein witziger Journalist im November 1806 im „Beobachter an der Svree" an seinen Freund Kiekebusch: „Du willst wis sen, wie es mir jetzt hier in Berlin geht, da alles von Fran zosen lebt und webt? — Wer Luft zu arbeiten bat, verdient jetzt nicht viel, wer aber das Herumlungern liebt, wie ich und du, den läßt unser Herrgott auch so nicht verhungern. Mein erster AuSgang ist nach dem Schnapsladen, hier horch' ich, wie die Aktien stehen. Ist die Gesellschaft preußisch gesinnt, so bin ichs natürlich auch, ist man aber französisch, so bin ich ein so kapitaler Franzose, als Gott nur einen hat geboren loerden lassen." Aus dem Alexanderplatz floriert der Pferdehandel. Die Franzosen haben einen Ueberfluß an Tieren. Von ein bis fünf Taler kann man Pferde erstehen, die früher 10«) bis 300 tosteien, den besten, feistesten Ochsen bekommt man für 3—15 Taler. Leinwand, Seidenballcn, Uhren, Silberzeug ist für ein Spottgeld zu haben, Brot, Fleisch und Wein, welche Vorräte diese Gallier von der Stadtverwaltung erhalten, werden ebenfalls billig abgegeben. Die Bankiers verdienen enorm am Wechselgeld — alle Miinzarten kursieren, säch sische. österreichische, Kurant, Speziestaler, Gold; im Gasthof znm goldenen Adler am Dönhoffschen Platz finden förmliche Gcldanktionen statt - 100 Pfund niedersächsische Münze und Kurantsortcn werden da für lOO Friedrichsdor verschachert — cs kommt ja nicht darauf an, in den Taschen der weiten blauen und roten goldbetreßten Pantalans klappert des Geld und jo ein Troupicr hat hier fette Zeit. Die Berliner Straßenjungen betteln die Herren Franzosen an und lachend werfen diese ihnen Kupfer- und Silbermiinzen in die Mütze. Beute, Handgeld — ganz wie die Wallenstcinschen Söldner. Saison 1807! Wenn auch der richtige Karneval nicht stattkindet, die Prunkopern ausgehört haben, besucht man dock fleißig Theater und Konzerte, Ausstellungen, und die Messen in der katholischen Kirche, wo sich das Auge an den prächtigen Uniformen dieser stolzen, zuversichtlichen Sieger ergötzt. Unoäi, Io 2 ksvrier, an ckonoer» pour konitioo «le Llackams 8oluolc pvnr 1» premiore tois: k'noisca, apsr» en trois »ctvs, imitö <lu l.» mosigno ost cks t kerudini Des lullet« paur <1ek loges outiäros ot «iäxes kenne« so venäent oder. Unter den Linden -la. 26, an seconck Tas wurde ein glänzender Abend, man vergißt sogar über -er herrlichen Musik -en Anblick des verhaßten Telegraphen Lange, des im französischen Solde stehenden Berliner Jour- nalisten, der in einer Parterreloge, von einer Korona fran- zvsifckcr Offiziere umgeben, sich breit macht und aus dieser merkwürdigen Periode französischer Gewaltherrschaft seinen Profit zog. Die Konzerte von Bernhard Romberg, -er Madame Fantozzi, des jugendlichen Meyer-Bär neben macktig, ebenso die entzückende Operette des jungen Boieldicu, „Tante Aurora": Nellstabs Theater in der Jägcrstraße wird fleißig besucht, Possen und Schwänke, auch Singspiele fuhrt man daselbst aus, in der Reitbude des Herrn Gautier be wundert man die russische Bärenjagd, vor dem Brandcn- bnrgcr Tor die < 'amera alxc-iira, und findet die Wernersckcn „Säbne d?L Tai- " langweilig, ''chreibt doch Törtchen an «bre Freundin Line im „Beobachter an der Spree" lakonisch: „Jeh rin, Kind, es wird dick gefallen, Beric sind'S wohl nick, aber einer saß bei mir, der sagte, das hieß Jammern." „Fridolin", ein Schauspiel von Holbein, frei nach Schillers „Gang nach dem Eisenhammer" bearbeitet, rührt die Be drücker zu Tränen, die Bethmann als Gräfin ist geradezu vollendet. Eine kleine pikante Schauspielerin, Demoiselle Mebus, wird der Liebling der Franzosen: ein Kolonel Meaudert ist ganz vernarrt in die Kleine mit der Silber- stimme, eigens läßt er für sie nach der Vorstellung „Die Marionetten" aus Paris, eine kunstvoll aus Silber oc- arbeitete Maroncnschale, kommen. Nun erst die Ausstellungen der Konditoren — hier tut man sich gütlich in Kriecherei vor den Franzosen, ll'ui I'koooeur cksnuooeor »u 1'udlie <juv wov exnosikion ckv eetts snnse repröseuters une sce: s intüre^nte cie 1» od»5M>. L 8t Olouck''. also kündigt sich Konditor Lange, Ober- wallstraßc Nr. 6, an; „Tic Parade im Lustgarten" stellt Arnold, Königstraßc Nr. 62, aus. Es heißt darin, daß der Kaiser sehr lebendig dargestelll ist, wie er einen Soldaten ans dem Gliedc hcrvortreten läßt und das Gepäck untersucht, „k'uins ck'Ljsios kusnesis" kundigen Teska und Reichel ihre berühmten Gewiirzkuchcn an, Holzgarrenstraße Nr. 2: „Bonbonnieren in Vermeil mit dem Bilde Seiner Maiestät" gibt es ebenfalls bei Lange, und das Abenteuer in -er Tegeler Heide, wn ein französischer Soldat sich vor -en Wagen eines Holzfällers spannt, „um -cm arm Hund ßu mok ein gut warm Bouillon", wird ebenfalls in Zucker und Papier- mache verarbeitet. Ein Koch stellt in seinem Parterrescnster eine Germanengruppc aus Tragant ans; aui -em Sockel stehen die Verse: .Von tapfern deutschen Helden-ingcn, Turch ihre Väter ausgcubt: Wo Gott noch je uns Kinder gibt, So werden sic von Heldendingen Ter Väter beulen und nicht singen!" Koirdltor Dorn. Beßren, und Fricdrichstraßen-Eckc Nr. 49, stellt ans Spiegelglas die Episode -es Tilsiter Friedens aus, mit Schiffen und Floß und den Fürstlichkeiten im Prunkzelt. Schock, Königs!raße Nr. 60, wartet mit einem „Italienischen Maskenball im Mailänder Schloß" auf, den die Kaiferin Joicnne mit ihrem Hofstaat besucht: alles ist erleuchtet, man siebt in viele Kabinette, eine sanfte Mu''k spielt dazu, die Ouadrillen sind beweglich. — Was will man mehr? Die Entreebilletts -r 1 Groschen gelten als Zahlung kür einen Strcußclkuchcn. Fast in allen diesen Konditoreien frühstückt man Triiffelsandwiche-Z, eingemachte Nieren. Me- lonen onf englische Art, schlürft Srgeaden und genießt Kognak'riicktc, ganz wie in Paris. In ibren Thcaterlegen knabbern die Tamen aus Ebinaseidensäckchen kandierte Pistazien Veilchen, Maronen, Mandelkerne und Rosen- blätter, und eS sind die Sieger, die sie spenden. Di« Sitten werden immer lockerer, trotzdem di« Tabag»«»
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