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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.01.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080123025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908012302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908012302
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-01
- Tag 1908-01-23
-
Monat
1908-01
-
Jahr
1908
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Ärntsölatt -es Nates «nd -es Nalizeiamtes -er Lta-t Leipzig. iilr Iaierai» «u« i!«u>z>a und UiNgcbung dm-nelvaltea, Peru»»«!« L Pi . nnan,i«II« Slnzrige» llü Pi.. Sieklainen l M.; von anlwürt« LV PI., «eklameo l.L> M . oomAullandMPI., iioani. Anzeigen <LP! Skuklnmeu lU>0 M. Inserat« ». Bchddrdea >m amUichea Der! «v P i veilage,ebüdr b M. ». Lauiena «;kl. Pali- gebühr. Aelchüstsanzeigen an beooriugtei Stelle ,m Pweise erdüht. Siabalt »ach Dari' gefterleil» illuitrüg« llnnea nicht zurück" -«zogen warben, zur da« Urlchkincn an beßiLinten Ligen und PILgen w,r» k«iN< ivaranti» übernommen. Anzeigen.jbinahmei tlugusludplatz 8. bei iamtlichen Filialen u. allen Annoncen- ltgzeditkonen des In» und SlnSIanort. Haudt-Filiale verli»! Lari D»»ik«r, Herzogi. Paar. Hoibuch- Handlung, Lüdowltr-ze IV. ^telephoa Vp, Nr. SüiLl). Nr. 22. Donnerstag 23. Januar 1908. 1V2. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. " Die englische Arbeiterpartei Hal den Anschluß an die Sozialdemokratie beschlossen. Ausl.) Der Jahrestag der Petersburger Revolution ist ruhig verlausen. lS. Ausl.) * Durch Urteil des russischen Kassalionsdcpartements des Senats ist der Gehilfe des Ministers des Innern Gurko vom Dienste entfernt worden. * Die Baak von England Hal den Diskont weiter um 1 Proz. aus 4 Proz. ermäßigt. lS. Handelsztg.) Stratzenkrin-gebrrngeir. Vielleicht wird man es auch dermaleinst in Deutschland cinführen: Las Slraßenargument. , In dem ruhigen England kennt man es, und wer in London je einen großen Umgang geordneter Volksmassen ge sehen hat, dem wird er vielleicht als etwas Imponierendes in der Er innerung bleiben. Imponierend, wie eine große Parade, wie alles, was Anschauung ist, und nicht Papier. Daß die Menschen nur in geschlossene Räume gehören, war eine Ansicht, der ein verzärteltes städtisches Bür gertum seinerzeit fast nahe kam. Das Erwachen des natürlichen Sinnes, oer allgemeine Waffendienst und der Sport haben uns die frische freie Lust wieder schätzen gelehrt. Warum soll schließlich nicht auch einmal in der freien Gottesluft, statt im qualmigen Saale, eine politische Frage besprochen werden? Und daß man gerne eine Bewegung hinzufügl, daß man ein Schauspiel schafft, in dem jeder Teilnehmer zugleich Mit- handelnder ist, entspricht den Regeln der Seelenkunde. „Mitgegangen" ist, man im Fackel- oder Leichenzuge, im Fronleichnamszuge, in der Wallfahrt — das prägt sich ein und, wenn man sonst nichts gewonnen, so hat man wenigstens einen Gang in frischer Luft genossen. Und selbst als Argument wollen wir cs gelten lassen. Denke man sich eine wunderbar geordnete Heersäule von Arbeitern. Bataillon an Bataillon, Regiment an Regiment; jeder einzelne einfach, aber sauber, in geschlossener Haltung, Manneszucht verratend, mit Len sehnsüchtigen Augen, wie sie wunderbar ergreifend auf Bildern aus Rußland zu be merken find, oder mit intelligenten Zügen, mit gutmütigen Gesichtern, mit den äußeren Rasseneigentumlichkciten — blonden Haaren und Hellen Au^en —, die uns sagen: „Das ist Fleisch von unserem Fleisch"; und diese Masse in Bewegung gesetzt für einen Wunsch; man wird dann ver gleichen und fragen: „Kann man diesen Leuten den Wunsch erfüllen, verdienen sie es, sind sie reis dazu?" Ist das, was man sieht, erfreu» lich, weckl cs Vertrauen, so kann es ein Argument werden. ' Dergleichen ist aus Berlin nicht zu berichten. Ein Argument konnten die Kundgebungen nicht werden, weil sie von der Polizei nicht zugelassen wurden und sich daher nicht entfalten konnten. Vielleicht kommt einmal die Zeit, wo die preußischen Blaujacken selbst die Auf- rechterhaltung der Ordnung bei Ttraßenaufzügcn in die .Hand nehmen — heute ist diele Zeit jedenfalls nicht da. Weder in Berlin, noch in Dresden, Leipzig, Hamburg dürste die Zulassung von Wahlrechtsdemon strationen im großen denkbar sein. Und die anderen Parteien benutzen dies Mittel nicht für ihre Zwecke; die Sozialdemokratie hätte sich da bescheiden können und auch verzichten. Genug: Daß die Polizei Aus züge nicht dulden würde, hatte der Berliner Polizeipräsident kundgetan, in der „Nordd. Allg. Ztg." war es bekräftigt worden. War das falsch — was wir nicht glauben — so mag es kritisiert werden. Es gibt keine Polizei, über deren Verbesserung und Reformierung nicht irgend ein bürgerlicher Bertrctungskörper, ein Landes, oder Stadrparlament, seine Ansicht lagen könnte. Dazu macht die Presse wirklich reichlich aus Mängel aufmerksam. Durch öffentliche Erörterung wird genügend da für gesorgt, daß Vorbildung und Erziehung der Wachmannschaft nicht auf falsche Bahnen gerät. Dies alles ist und soll sein. Aber es Hilst Feuilleton. Nichts ist wahrer als die Behauptung, daß alle mensch lichen Tugenden im Bunde mit dec Freiheit stehen. For. t-t- Rrtsftfche Frauen. Von Dr. Horstkamp-Sydow Petersburg, 17. Januar. Die russische Frau, soweit sic Dame ist, geht in der Originalität allen Frauen der Welt voran. Ein ungewöhnlich starkes Wesen, dessen ernstes Bestreben es ist, sich aus der Schar hcrauszuhebcn und die In- dividualität der äußern und der innern Form bis zu den äußerlten Grenzen durchzubilden. Sic studiert sich. Sie begnügt sich nicht damit, der Spekulation kluger Genossinnen ihres Geschlechtes zu folgen: nein, sie will vorbildlich wirken, selbst erfinden und schaffen, neue Wege suchen für ihre Seele und ihren Geist. Allen ist darum zu tun, sich nach besten Kräften von den Leiden» schäften zu emanzipieren, die dos Zielbewußtsein in Fesseln schlagen. Nirgend in der Welt genießt die Liebe deshalb io wenig Respekt wie unter den Frauen Rußlands. Was un, so lcinerkenswertcr^st, als die Russin ein Weib ist, in dem die unhciligen Flammen der Sinnlichkeit häuscrhoch schlagen. Aber das ist ein Feuer, LaS nur leuchtet und nicht wärmt. Es schlagt im Augenblick empor, und ehe man sich's versieht, ist cs erloschen Die russische Frau kennt darum olle Passionen, die von der Liebe ihr Licht borgen: die Liebelei, das Kokettieren, die Eifersucht, aber sie mißachtet im Grunde ihrer Seele die Liebe. Mag kein, daß sie sie fürchtet. Dieses weise Wägen und Prineu, dieses Ncberlegcn, das sic selbst der einfachsten Handlung vorausschickt, hat den Verstand der russischen Frau unendlich geschärft. Verachtet sie die Liebe wegen ihres interi mistischen Wesens, so ist sie anderseits eine ehrliche Bewunderin dec Freundschaft. Sie schließt sic nicht von heute auf morgen. Beobachtet man daneben den Russen, der ein Sklave jener Gutmütigkeit ist, die in der Denkfaulheit ihre Wurzeln geschlagen hat, wie er das du und du aus der Zunge trägt und beim ersten gemeinsamen Trunk Freundschaft gibt und nimmt, so kann ein Vergleich zwischen ihm und seiner Lands männin sicher nicht zu seinen Gunsten ausfallen. Tie Russin versteht es wie keine zweite, ihr Freundschaftsgefühl von jeder psychologischen Un- klarbcit irtzizuhalten. Richt eine Spur sexuellen Empfindens liegt darin. Darum macht sie auch keine Nuance zwischen den Frcundschar->- Hungen, die sie an eine andere Frau und denen, die sie an den Ma ir blndcn. Eine köstliche Naivität, eine ungekünstelte Frische ruht aut nichts: In dem Moment, wo es zum Klappen kommt, gibt's nun ein mal nichts anderes, als daß die Exekutive Las Wort hat. Maa Diens tag am Berliner Schiffbauerdamm der Fehler begangen worden sein, daß von zwei Seiten aus die Menge eingedrängt wurde, so daß sie keinen Abzug hatte, schließlich muß denn doch der Ezekutivbeamte in diesen Dingen handeln, wie der Soldat in militärischen, der Politiker in politischen, der Künstler in künstlerischen Dingen, kurz, wie der Fach mann in seinem Fache. Daß nichts ganz Schlimmes am Dienstag in Berlin geschehen, hat man erst nachher gewußt. Vorher weiß man eben so etwas nicht. Und um dem Unbekannten, dem möglicherweise Verderblichen zu begegnen, ist nun einmal die am rechten Platze angewandte scharfe Maßregel die reine Wohltat. Wer die Geschichte kennt, weiß, daß scharfe Maßregeln am Anfänge einer Bewegung weniger blutig als an ihrem Höhepunkte auszuschlagen pflegen. So wollen wir denn in einem Lande, wo Studenten einander frei willig schlimmere Verletzungen beidringen, als am Dienstag von den bedrängten Berliner Schutzleuten ausgeteilt worden sind, die Vorgänge vom Dienstag noch nicht tragisch nehmen. Etwas anders wäre es, wenn der Droht eines Abends uns die Nachricht brächte: so und soviel Tote! Oder sei es auch nur einer! Möge ein gütiges Geschick uns vor dieser düsteren Kunde bewahren. Aber auch hier bleibt die Logik schlechthin unanfechtbar und unerbittlich: lieber ein Toter als hundert! Das ist der Gesichtspunkt, unter dem Zusammenstöße zwischen der Polizei und einer erregten Volksmenge zu beurteilen sind — wenn man denn durch aus urteilen will, wo doch die menschliche Schwäche aus feiten des Urteilenden kaum geringer ist. als aus feiten der zur Aufrechterhal tung der Ordnung berufenen Beamten. Deutsches Reich. Leipzig, 23. Januar. * Ter Vatikan und die deutsche Politik. Aus Rom wird vom 23. d. M. telegraphiert: Der der vatikanischen Staatskanzlei nahe stehende „Corriere della Sera" veröffentlicht eine Meldung, daß man in deutschen Kirchenkrelsen Roms an eine Wiederversöhnung der deutschen Reichs regierung mit dem Zentrum glaube. Der Vatikan werde eine solch« Versöhnung natürlich mit lebhafter Freude begrüßen. * Zur Kasseler Taauua schreibt die „Natlib. Korresp.": Die Kasseler Tagung des Flottenvereins hat nicht den Ausgang genommen, auf den man in weiten Kreisen gerechnet hatte. Das Präsidium bat nicht die Resignation zu üben gewußt, die, wie die Dinge sich allmählich gestaltet hatten, allein noch einen leidlichen Ausgleich herbeizuführen vermocht hätte. Vielleicht sind inmitten des aufgeregten Wirrwarrs dieser ungewöhnlich turbulenten Versammlung ihrem Leiter auch die Zügel entglitten: kurz, statt mit einem melancholischen Kompromiß hat Vie Versammlung in Disharmonie und Zwiespalt geendet. Das wird man lebhaft bedauern müssen. Im Interest« des Vaterlandes sowohl wie der guten Sache der ja die einen wie die anderen in gleicher Weise zu dienen wünschen. Wenn irgendwo, war hier Entsagung am Platz. Für einen Bund wie den Flottenverein darf es, soll er wirten und werben, keine territorialen Grenzen geben, und darum muß aus dem Wege ge räumt werden, woran der eine oder andere Stamm, der oder jener Ein- zclstaat Anstoß nimmt, lind es ist ferner schlechterdings unmöglich, die- em Verein, der einen nicht unwesentlichen Teil seiner Kraft doch aus >er Gunst seiner hohen Protektion, aus der Verbindung mit Regierungs tellen und offizieller Welt gezogen hat, nun plötzlich das härene Oppo- itionsgewand anzuziehen und ihm, weils für den Augenblick so besser passen könnte, das Motto geben: in i>rannc>r. Oder auch nur: in prin- cipes. Das mußte im Auge behalten werden und also waren Opfer zu bringen. Die Mochten sehr schmerzlich sein und konnten in dem einen oder andern Fall wie ein Stück Trcubruch erscheinen, wie Unbill und Un dankbarkeit gegen einen wohlverdienten Mann. Und doch waren sie zu bringen, wenn die Sache Köber gelten sollte als die Person. Die heilige Sache: das Verständnis für Deutschlands Seegcltung, für die bitterernste Notwendigkeit, unserer Seewehr kort und fort und mehr und mehr aus- zubilden, in immer weitere Kreise zu tragen. Zu solchem Verständnis ihnen. Kameradschaft zwischen Mann und Weib, wie sic in Rußland zu Hause ist, ist ein sichtbares Zeichen der hohen moralischen Kraft, die in der russischen Frau wohnt. Sie versteht es, auch im männlichen Partner ein Echo ihrer Gefühlsäußerungen wachzurufen. Und wo es ihr der Mühe wert scheint, läutert sic. Selten ohne Erfolg. Denn die Russin Hal neben der Gabe des scharfen Blickes einen — ick», vsnis. vanbo! — Instinkt, der sie vor Fehlgriffen bewahrt. Ihrer Anschauung ein- spricht cs, daß sie vom Kuß nicht viel bäli und den Händedruck bevorzugt. Das Frauenhafte muß hinter dem Schwesterlichen zurückrreten. Eine zarte barmherzige Frauenband, die Leid und Schmerzen zu stillen weiß. Es ist gewiß kein Zufall, daß die Russinnen so gute Krankenschwestern sind. Sie verstehen es, gemeinsam zu tragen, was das Schicksal bringt. Mit ebensoviel Grazie wie Geduld. Die souveräne Geringschätzung, mit der die Russin der Liebe de» geguet, ist Veranlassung dazu, daß sie die Mutterschaft sozusagen nur als unvermeidliches Nebel betrachtet. Tas große Wunder des Mensch- werdens bedeutet ihr nur einen phtzsischen Vorgang. Die Natur hat sich den ironischen Spaß geleistet, die Dutzcndproduktion gerade in der Wochenstube der Russin Brauch werden zu lassen. Accoucheur und weise Frau sind in Rußland Berufe, die sich bezahlt machen. Das „verklärte Auge der Mutter", von dem die Dichter zu singen wissen wird dagegen hier zu den Seltenheiten gehören. So kommt es, daß die Kinder weit mehr dem Manne gehören als der Frau. Der Russe ist — ganz dos Gegenteil von der Russin — ein rechter, gute: Kindernarr. Ein Ideal vater. Kein Fremder der Kinderstube, sondern vertrauter Freund in den Tagen der ersten Kindheit und tpäler, wenn die Jugendstürme daher brausen. Die Frau neidet dem Gatten nichr dies grotze Glück. Wahr scheinlich, daß sie seine Größe gar nicht ermessen kann, daß sie an den heiligen Offenbarungen der .Kinderseele mit verbundenen Augen vorüber, geht Sie steht in der Familie allei^. Trotzig und stolz und überklug. Es ist gewiß kein Zuiall, daß das russische Erbrecht die Gattin als Fremde betrachtet und das Erbe in die Hand der Kinder ^egt. Das bar der Gesetzgeber der Natur abgelauscht. Der russischen Frau gibt das keinen Grund zur Klage. Sie empfindet es eben nicht als Unrecht. Sie will es nichr anders. Denn sie ist durch ihren eigenen Entschluß Eremitin im Kreise ihrer Familie. Sie spottet der Frauen, die anders sind. Trotzig und stolz und — überklug. Zu diesem Alleinstehen wird die Russin durch die geistige Unab- hängigkeit vorbereitet. Sie zu erkämpfen ist das heiße Bestreben ihrer Mädchcntage. Was für eine energische zielbewußte Arbeiterin ist dieses Weib! Wieviel Fleiß, wieviel Entbehrung setzt sic an das Gelingen! Lange, lange, bevor Amerika, daS Frauendorado, und England und Deutschland an die bernsliche Emanzipation deS Weibes dachten, war sie Ruskin auf dem Plane Freundscha't und Wissenschaft 'ind die einzigen Begleiterinnen, die üe aus ihrem Lebenswege duldet. Wieviel unver dienten Spott Kar ihr die .Bloustrumv''trickerei" eingetragen' Heute noch Hot man die törichte Anstcht, daß die rukst'che Studentin im unve:- alle heranzuziehen, die auf reichKdeutschem Boden siedeln, Evangelische wie Katholiken; Konservative, Liberale, Zentrnmsanhänger; Wenns mög- ich wäre iwas es heute nicht ist): auch Sozialdemokraten. In Kassel ist olcher Werbearbeit der Boden leider nicht geebnet worden. Es ist er- weltlich, zu hören, daß der Exodus der Bayern noch nicht den Austritt aus dem Flottenverein bedeuten soll: daß der Landestagung in München und später dem Tage von Danzig das letzte Wort Vorbehalten bleiben wird. Aber dann wird, soll das Ende noch gut werden, man doch erheb lich anders operieren müssen als jetzt in Kassel und in der Preßogitation, die der Zusammenkunft vom Sonntag voravkaing. Sich abnnden, lagt Gerhart Hauptmanns Michael Kramer, ist Menichenlos. Ohne Uebuna in Lieser schmerzlichsten der Tugenden, ohne Verzicht und Entsagen wird auch die Angelegenheit des deuticben Flottenvereins nicht wieder auf das rechte Gleis geschoben werden können. * Ter Zwiespalt t« Klottenvercin. Ueber die Vorgeschichte des FlottenvereinSstreites teilt OberlandesgerichtSpräsident a. D. Exzellenz Hamm-Bonn in der „Kölnischen Zeitlina" mir, daß General Keim aus der Kölner FlottenvereinStagung in nichtöffentlicher Sitzung des Geiamt vorstandes selbst zugegeben habe, in der Agitation zu weit gegangen zu sein. Als dann in der Zeil persönlicher Differenzen -wischen dem Fürsten zu Salm und dem Freiherrn von Spieß Keims Wahl in Aussicht ge nommen worden sei, und Freiherr von Spieß für diesen Fall den Rück tritt des Prinzen Ruprecht von Bayern vom Protektorat angekündigt habe, habe General Keim erklärt, er lehne das Amt ab. Als Freiherr von Spieß später wahrgenommen habe, daß General Keim dennoch gewählt worden lei und diese Wahl armehmen wolle, sei die offizielle Mitteilung vom Rücktritt des Prinzen Ruprecht in bestimmter Form wiederholt worden. * Die Unruhen iu Braunschweig haben den ganzen Nachmittag an gedauert. Erst nach 10 Uhr abeodS war in der Stadt die Ruhe wicder- hergestellt. Vorher kam es noch am Bodlweg zu einem Zusammenstoß zwischen Demonstranten und der Polizei, bei dem mehrere Personen verletzt wurden. Die Schutzleute wurden mit Flaschen und Steinen beworfen; mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. ES beißt, daß die örtliche Leitung der sozialdemokratischen Partei die Demonstration auf Anordnung des Berliner Zentralvorstandes ins Werk gesetzt habe. Der Herzog verließ gegen Ubr das Hoftheaier und begab sich inS Schloß, da beabsichtig! war, nach Schluß des Theaters eine Kundgebung gegen den Herzog zu veranstalten. * HarveuL Revision. Das Erkenntnis im Prozeß Moltke-Harden, daS etwa 50 Folioseilen umfaßt, ist nunmehr dem Verurteilten zugestellt worden. Gegen daS Urteil legte Harden Revision ein, deren Begründung neben Justizrat Bernstein Dr. Werthauer übernommen hat. Die Revision rügt mehrere formelle Fehler uud rechtliche Mängel. Graf Molrkc hat keine Revision eingelegt. * Mn außerordentlicher Kovgretz der Freien Bereinigung der deutschen iSewerkschasten begann gestern in Berlin. Namens der Ge- schästSkommissioa eröffnete der Vorsitzende Fritz Kater die Sitzung. Er könne den Kongreß nicht besser und würdiger eröffnen als mit einem „Protest gegen die Säbelherrschaft". „Ob Sozialdemokraten, ov Anarchisten, wir stehen durchgängig auf dem Standpunkte, daß das Volk mit allen ihm nützlich erscheinenden Mitteln versuchen muß, die beulte Klaffenherrschast zu stürzen und daS Proletariat zu befreien." Eine m diesem Geiste gehaltene Resolution gelangte einstimmig zur Annahme. Emen breiten Raum nahm die Erörterung des Verhallens zu dem Anarcho-Sozialisten Dr. Fricdeberg ein. Um eine Vertiefung des Gc- werkschaftsgedankens und eine Erweiterung der Organisation herbeizu führen, habe Dr. Friedeberg mehrfach Agitationsreisen unternommen. Später habe sich ein gewisser Zwiespalt zwischen F. und der Geschäft-» konimission eingeschlichen, der schließlich zum vollen Bruche führte. " Kleine Nachrichten. AuS Bremen wird vom 22. gemeldet: Tie Bürgerschaft genebmigte in ihrer heutigen Sitzung die von der FinanzLepulation vorgeschtagene 4prozentige Anleihe von 15 Millionen Mark. — Das iLrtsstalur der Stadt Göttingen zur Einführung Ler Wertzuwachssteuer ist von der Regierung genehmigt. ständigen Spielen mit Politikasterei und Pseudo-Emanzipation aufgeh». Daß ihr die Wissenschaft nur Nebensache sei, im besten Falle, daß sic nur als Kuliise diene zu dem Theaterstück, in dem sic irgend eine Puraderollc zu spielen wünsche. Es ist richtig, daß es russische Studentinnen gibt, die sich in politische Kvnspiralionen verstricken, zum heiligen Browning schwören und reaktionäre Gouverneure totschietzen. Und gewiß verfolgt die Mehrzahl der weiblichen studierenden Jugend Rußlands die politische Entwicklung ihrer Helmat mit fliegenden Pulsen. Aber das stellt, meine ich, ihrer Intelligenz und Vaterlandsliebe nur ein gutes Zeugnis aus. Man muß sie kennen, diese ernsten Mädchen mit den Augen, in denen eine heilige Willenskraft leuchtet; man muß sic reden hören von ihren Zielen und dem engen Leben, das sie führen, um dahinter zu kommen. Mein Gott, daß manche unter ihnen kurze Haare trogen, ist ja bedauerlich. Tas heißt für Friseure und frisierte Geisler' Es hat^sie übrigens nie besonders geniert, wenn sie sich verkannt saben. Es scheint mir überaus charakteristisch zu sein, daß die Russin gerade den Arztberuf vor andern bevorzugt. Ist die Russin eine gute Gattin? Selten. Nur da, wo Freund schaft sie in die Arme des Gatten führte. Nicht Konvention oder gar Zwang Russische Eltern lieben es, Vorsehung zu spielen. Man hat sie einst zusammengegcbeu; dreißig Jahre Hai man schlecht und reckt neben einander gelebt und ein Kalbes Dutzend Kinder der künftigen Generation geschenkt. Kann man nichr vom Leben erwarten? Darum sollen es die Kinder ebenso — gut haben. lind sluqs wird ein Ebenes» zusammen- gezimmert. Ihr sollt glücklich sein! Mit verzogenen Lippcn wird das Jawort gesprochen. Viel Mißachtung liegt darin, eine stumme Drohung und ein gerüttelt Maß von Hoffnungslosigkeit. Die Trvhungen vor- wirklichen die Russinnen nicht zu oft: sie machen kick nichrS aus ihrem Gatten, aber auch nicht viel aus ihren Galans. Ti« ekelicke Treue ist ihnen ein Tkcaterabvnnement. In der Loge sitzen der Gatte und andere: sie selbst aber ist nicht immer darin zu finden. Es mehren sich die Ein- siedlerinnen, die es vorziehen, dem Eheabonnemcnt überhaupt aus dem Wege zu gehen. Aber diese Damen werden nur selten^alte Jungfern. Denn üe eignen sich so gar nicht zum Eintrocknen und Strümviestricken für Möpse. Sic psrvp'en ihre Stuben nicht mit geschmacklosem Klitsch voll, sondern zicken hinaus in die Welt, reisen, sind überall zu Hause und geben aus, was sie ersparen. Sie freuen sick ihres Lebens aus ganzer Seele und de: Freiheit ihrer Ueherzeugiinv. Daran lassen sic 'ich nicht rütteln. Es ist wahr: nicht alle russischen Frauen sind revolutionär; aber ohn' Frauen hatte Rußland niemals eine Revolution gebobt! Tie Russin vcraöttcrt ihre Heimat, dos weite Rußland. Aber ihr Haus ist ihr gleichgültig Sie freut ich an Rotzen und Hunden, aber sie verliebt sich nickt in üe. Acndert sie ihren Wohnsitz, so verkauft üe ihre Sachen, ohne daß chr das Herz blutet. AuS all dem Krimskram des Alltagslebens sucht üe ück nur diese oder lene Bagatelle heraus, die ue der Aufbewahrung kür iviirdia kält Gewöhnlich etwas ganz Wcct- lci'es. Nur die Erinnerung, die ach daran knüpit, macht ihr den Gegen-
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