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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.02.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080207020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908020702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908020702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-02
- Tag 1908-02-07
-
Monat
1908-02
-
Jahr
1908
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Rr. 37. 102. Jahr«. Leipziger r«ge»l«tt. Frettog, 7. Arkraar 1008. schiedene Gemeinden steht die behördlich« Anorimnug eine« früheren Schlusses in nächster Zeit zu erwarten, in zahlreichen Otte» hat die Be wegung kür den 8-Unr-Ladenfchiuß neuerdings eingesetzt. Auch die Reichshauptstadt Berlin dürfte mit ihren Bemühungen diesmal Erfolg Kaden, da die erstnderl'che Mehrheit erreicht ist, so erscheint die Ein- ührung gesichert. — In Hamburg ist die Zweidrittelmehrheit ebenfalls erreicht, ebenso in Bremen. * Sturm im Berliner Stadtparlament. An der Berliner Stadt- verordneNnoeriammluna kam es gestern bei der Beratung der MagistratSvorlage über die Bewilligung von 20 000 .< für Februar und Mürz zur Speisung bedürftiger Binder zu so stürmischen Szenen, daß oie Verkandlung eine Viertelstunde vertagt werden mutzte. Den Anlar iu den stürmischen Szenen bot der Umstand, datz Zweifel darüber ent stand, ob die Verkunduiung des Resultats der Abstimmung den Tatsachen entsprach. Die Versammlung genehmigte die Magistratsvorlage über t-ie Speisung hungernder Schulkinder, lehnte aber die Walderholungs- stätle iür Kinder in Buch ab. Dasselbe Schicksal erfuhr der sozialdemo kratische Antrag anr Schaltung einer sozialen Zentralstelle. Ausland. " Die Lage in Marokko sollte gestern im französischen Senat von Kem Konservativen Gaudin de Billaine angeschnitten werden. Elemenccau lehnte aber di« Anfrage mangels vorheriger Benachrichtigung ab. In der Kammer verzichtete Jaures vorläufig auf eine Inter pellation. * Die Debatte über die Kaprrfrage brachte im Unterhause, wie wir bereits erwähnt haben, bemerkenswerte Erklärungen des englischen AuslandsministersSir Edward Grey. Der Staatssekretär sagte u. a.: Geweht, die Haager Kvnftrenz käme zu einem Beschluß, nnd die Mächte unterzeichneten diesen Be'chlutz. wollte dann das Haus die Garantie über nehmen, daß jede Macht den Beschluß achten würde? Würde das Haus sich wirklich sicher kühlen, wenn es zu einem Kriege käme, und England hätte keine Mittel, jcine Handelsmarine zu schützen? Englands Mittel, einen Krieg zu Ende zu führen, beruhten ganz auf seiner Seemacht, und wenn das Privateigentum unantastbar wäre, so wüßte er nicht, wie irmals ein Krieg beendet werden könnte. Das Ergebnis der Unantast- barkeitserklärung des Privateigentums würde sein, daß andere Länder zu der Annahme verleitet würden, daß die Flotte Großbritanniens nur eine Tefensivwaffe sei. Wenn England sich der Mittel beraube, auf andere Nationen durch deren eigene Handelsmarinen einen Druck auszu üben, so könnten einige Großmächte mit äußerst geringer Gesabr für sie selbst einen Krieg mit England beginnen. Gegenwärtig ser die ganze Welt England wohlgesinnt: er glaube nicht, daß es «ine einzige Macht gäbe, die gegen England feindliche Absichten beg». Tie ganze Erörterung trage einen akademischen Charakter. Nach längerer Debatte wurde das Tbema verlassen und die Adresse angenommen. * Die persische Frage gelangte dagegen im Oberhause zur Er- örterung. Lord Fiymaurice hob die Vorteile der Beendigung des Kampfes mit Rußland in Persien hervor und sagte, die Einflußiphäre, die England erlangt habe, sei strategisch wichtiger als kom merziell. Der Ausschluß des Persischen Golfes aus der Verein- barung stärke Englands Stellung. Die Regierung beabsichtige, Eng- lands große Interessen daselbst zu behaupten. Der Lord verteidigte als dann die Abmachungen über Afghanistan und Tibet. Was das letztere Land berrefse, so iei die Regierung dafür, sich etwas aus dem politischen Abenteuer, das beabsichtigt gewesen sein möchte, zurückzuziehen. Schließlich erklärte Fitzmaurice, es bestände keine weitere Gesabr der Verschlimmerung der persischen inneren Wirren und der Schwierigkeiten an der türkisch-persischen Grenze, setzt, wo Englrnd nnd Rußland eine gemeinsame Politik verfolgten. * Nachrichten aus Portugal. Die Corteswahlen, welche von Franco au» den 5. April anberaumt waren, sollen nunmehr bereits am 15. März stattfinden, also gerade an einem seit Julius Cäsars Zeiten übelberüchtigten Tage. Die republikanische Partei soll bereits eine sehr rührige Agitation begonnen haben. Im übrigen sind keine Nachrichten iber Gewaltsamkeiten eingelausen. Die Ernennung eines Militärs, des Hauptmanns Coutinho, zum Zioilgouverneur von Lissabon, wird, ob wohl seit 18 Jahren der erste Fall, hoffentlich nicht als ein Rückfall in diktatorische Gepflogenheiten aufgesaßt werden. — Mit Vorsicht dürste 'olaende Lissaboner Depesche vom 7. d. M. aufzunehmen sein: „Nach Ansicht von Kennern Ser portucsiesffchen Politik ist die Zusammensetzung des neuen .Kabinetts ein Fehlschlag, der nur zur Militärdiktatur oder zur Revolution führen kann." — Dieselbe Depesche, deren Ursprung — ob franguistanisch, ob republikanisch — nicht mit Sicherheit zu erkennen ist, dementiert nicht bloß das Märchen von der (sihriemhieldszene in Ser Totenkammer, sondern verwirft überhaupt die Auffassung, saß die 'önigliche Familie nch in Feindschaft von Franco getrennt habe: „Es >ei unrichtig, daß der ehemalige Kabinettschef Franco bei dem jungen König und der Königin-Mutter in Ungnade gefallen fei. Die Köni- gin Amalie bave vielmehr in der Mschisdsaudienz Franco im Namcn der Verstorbenen von aller Schuld an der Katastrophe entlastet und ibn der Dankbarkeit des jetzigen Königs versichert. Franco fei es auch gewesen, der am Tage vor der Katastrophe die Ueberrnmpelung der Poli-ei verhindert habe und sein Verdienst sei es, daß das Militär nicht »iir die Pläne der Verschwörer zu gewinnen war. ' Heber die bevorstehenden Veifletzungsfeierlichkeiten wirb aus Lissa- bon mitacteilt: Die Leichen des Königs und Kronprinzen werden nicht, wie beabsichtigt, ausgestellt werden, sondern wegen Platzmangels am Tage vor der Beisetzung den dazu Geladenen gezeigt werden. Die öffent liche Aufbahrung wird zwei Tage vor dem Begräbnis in der St. Vincenzkirche criolgen Das nngehenere Schiff der Kirche ist schwarz und goldig ausgeschlagen. Im Mittelpunkt der Kirche werden die beiden Katafalke errichtet, davor stehen auf rotem Teppich zwei goldene Sessel für den König und die Königin-Mutter. Rechts und links werden Tribünen für die Diplomaten und die Mitglieder der Cortes errichtet. Die zur Beisetzung erschienenen Fürstlichkeiten und Gesandten werden neben den Sesseln deS Königs und der Königin-Mutter um den Hoch- attar Ausstellung nehmen. Die Leichenfeier findet am 8., die Beisetzung in der Gruft am 10. d. M. statt. * Russische Parteikämpse. Aus Petersburg wird vom 7. Februar gemeldet: Die Adelskorporation von KurSk bat die Mitglieder der ersten Duma, Fürst Dolgorncki und Frhrn. v. Nutzer, sowie v. Jackuschkin wegen der Naterzeichnung des Wibvrger Manifestes aus t^r Adels- korporation gestrichen. * Die Folgen der Ausstandsuuruhen. Aus Mailand wird vom 6. Februar telegraphiert: Die Ratskammer des hiesigen Gerichtshofes beschloß nach mehrmonatiger Untersuchung, alle jene Karabiniers und Schutzmänner, die anläßlich des Gasarbeiterstreiks auf Arbeiter ge schossen hatten, sreizusprechen, weil sie in der Notwehr gehandelt hatten, dagegen gegen die Arbeiter, die mit Steinen geworfen hatten, Anklage wegen öffentlicher Gewalttätigkeit zu erheben. * Kleine Nachrichten. König Alfonso ist nach Madrid zurückgekehrt und hat sofort einer Seelenmesse für den König und den Kronprinzen von Portugal beigewohnt. — Tie Londoner „Tribüne", welche der heu tigen Nepicrung nahestand, hat ihr Erscheinen eingestellt. leipziger und sächsische Angelegenheiten. rvetterber»a?t -er ASnigl. Sachs, kanver-wetterwarte zu Drerveu. Voraussage tür den 8. Februar 1V08. Veränderlich, mehrfach Schneefälle, mäßige westliche Winde, Temperatur nicht erheblich geändert. v. Universität-Nachricht. Im Antikenmuseum unserer Uni- versität findet am Sonntag, den 9. Februar, pünktlich um litt, Uhr der zweite Vortrag über die Geschichte des antiken Porträts statt. Nach dem Beginn des Vortrages wird der Vortragssaal ge schlossen. Der Zugang erfolgt von der Univerfitätsstraße aus. * Ordensverleihung. Der König von Schweden hat dem Kaiserlichen Oberpostdirektor Domizlaff das Kommandeurkrouz 3. Klasse des Wasaordens verliehen. * Auszeichnung. Vom Königl. Ministerium des Innern ist dem Feldwebel der Leipziger Berussfeuerwehr, Ernst Friedrich Wilhelm Großmann in Leipzig-Gohlis. das durch Verordnung vom 11. Mai 1885 gestiftete Ehrenzeichen verliehen worden. Die Auszeichnung wurde ihm gestern in Gegenwart des Branddirektors Bandau durch den Dezer nenten des städtischen Feuerlöschwesens, Stadtrat Dr. Schanz, au RatS- stelle ausgebändigt. * Jubiläum. Der Ausschneider Gottfried Heinrich Ludwig in Leipzig begeht morgen das seltene Jubiläum 50jähriger ununterbrochener Tätigkeit in der chromographischen Anstatt von Meißner L Buch in Leipzig, Sidonienstraße 18. — Leipzig im Blumenschmuck. Auch in diesem Jahre wird der V e r- kehrsverein Leipzig wieder einen Wettbewerb veranstalten. Die hierfür gebildete Abteilung hielt gestern ihre erste Sitzung unter Vorsitz des Gartendirektors Hampel ab. .Hervorgehoben wurde, daß vor allem daraus Bedacht genommen werden müsse, unsere Bevölkerungs kreise für eine einfache Blumendekoration zu gewinnen, vielleicht für die Anbringung eines Blumenschmucks, wie er beispielsweise von den Handelsgärtnern geliefert wird. Wo künstlerische Bestrebungen in dieser Richtung vorhanden sind, können sie sich, unbeschadet solcher Fingerzeige, von selbst entfalten, nur müssen sie verständnisvoll den Be dingungen der Architektur angepaßt werden. Vor allem aber gelte es, die Eintönigkeit unserer Straßen durch Blumenschmuck zu mildern und die Architekturen durch ein freundliches Element zu schmücken. Der im verflossenen Jahre gemachte Versuch, auch die Vorgärten zum Blumen schmuck heranzuziehen, habe leider e»n negatives Resultat erkennen lassen, so daß in diesem Jahre davon abgesehen werden soll, solche Anlagen in oaS Bereich der Prämiierung heranzuziehen. Die Prämiierung selbst wird wiederum durch Verleihung künstlerischer Plaketten, Ueberweffung von blühenden und anderen Pflanzen, Hyazinthen usw. und durch Zu weisung von Diplomen geschehen. Ihre finanzielle Position hat die Ab teilung im verflossenen Jahre durch eine Einnahme von 1110 gegen eine Ausgabe von 957,04 .L erwiesen. Der Vorstand wird nach dem einstimmigen Beschlüsse der Ansschußmitglieder gebildet durch den Gar- tenoirektor C. Hampel, Direktor Winkler, Garteninspektor Berthold, Architekt Bischof nnd Kaufmann Hirschfelb. — Der Verein selbständiger Leipziger Kaufleute und Fabrikanten zur Wahrung berechtigter Interessen beschäftigte sich in seiner unter Vorsitz von Rich. Heinze abgehaltenen Monatsversammlung zunächst mit der beabsichtigten Äendcrunz im Fernsprechverkehr, die die Abschaffung der Pauschgebühr und die Einführung einer Grund gebühr unter Berechnung des Einzelgesprächs bezweckt. Sie wurde als eine neue ungerechte Belastung des Kaufmannsstandes und eine Be schwerung des Geschäftsverkehrs bezeichnet. Die Versammlung be auftragte daher den Vorstand, Protest dagegen zu erheben, für eine Ermäßigung der Gebühren einzntreten nnd anzuregen, daß derjenige Teilnehmer, der über 10 000 Gespräche führe, einen zweiten Apparat zu bezahlen habe Die Versammlung nabm hierauf zur Frage der Ab schaffung des FortbildungSsch ul unterricht? an den Sonntagen Stellung und entschied sich nn Einklang mit den Aus führungen des Referenten Rus dahin, daß die Beibehaltuna des jetzigen Zustandes nur zu wünschen sei; denn durch die beabsichtigte Neuerung würden den Arbeitgebern weitere Beschwerungen auf gebürdet, während di« jungen Leute ohnedies nicht Ursache hätten, über außergewöhnliche Anstrengungen zu klagen. Was den weiteren auf der Tagesordnung stehenden Gegenstand, Erweiterung der Sonn tagsruhe, anbetraf, so wurde vom Vorsitzenden aus ein an die Ge werbekammer gerichtetes Schreiben verwiesen, dessen Inhalt in aus- ührlicher Begründung darin gipsest .daß eine Beschneidung der be lebenden Rechte außerordentlich schädlich wirken könne. Endlich be- chloh die Versammlung, zu dem Mittel st andstage in Dresden >rei Delegierte zu entsenden. — Das Festland am Südpol. In ein unbekanntes Stück unserer Erdoberfläche führte in der jüngsten Sitzung des „Vereins für Erdkunde" ein ausgezeichneter norwegischer Forscher, Carsten E. B o r ch g r e v i n g k, seine Hörerschaft, als er über die von ihm ge leitete Antarktische Expedition des „Soutern Croß" in den Jahren 1899 bis 1900 in einem von zahlreichen Lichtbildern begleiteten Vor trage sprach. Am 30. Dezember 1898 stieß der „Southern Croß" zum erstenmal auf die Vorboten des antarktischen Packeises, und wenige Wochen später tauchte vor ihm ein schneebedecktes Hochland, die Balleny- Jnsel, auf. Und auf Wochen wieder war dann das Schiss in Eis und Schnee vergraben, bis es endlich nach einem harten Kampfe mit dem Packeis unter 70 Grad südlicher Breite und 170 Grad östlicher Länge das offene Meer erreichte. Am 17. Februar fuhr der „Southern Croß" in die Robertson-Bai ein. Kühn und klar erhoben sich die dunklen Massen der Felsenküste des Kap Adare aus der Bai empor, als zum erstenmal an der Küste der ,,Terra incognita" der Anker fiel. Da jeder Tag ein Zusrieren der Bai befürchten ließ, wurde sofort mit dem Landen der Vorräte, der Instrumente, der Hunde und des notwendigen Materials zu längerem Aufenthalt begonnen, der Bau eines Observa toriums vorgenommen und, während der „Southern Croß" die Bai ver- ließ, die Vorbereitung für die Schlittenexpeditionen getroffen. Am 15. März war es, wo das wunderbare Phänomen der Aurora amstrslik; in seinem weißen und grÜWelben Licht erschien, dann begannen wochen lang andauernde heftige Schneestürme, die den Versuch des Forschers aus dem Eise in das Innere der Robertson-Bai einzudringen, erst am 22. April gelingen ließ. Borchgrevinak übersäte das Scholleneis und schlug dann sein Lager auf einem schmalen Bvrgestade am Fuße der senkrecht abfallenden Felsenmauer des Viktoria-Landes auf. Von hier aus wurde ein Aufstieg zu dem 5000 Fuß hoben Grat des Viktoria- Landes unternommen, auf einer Schlittenexpedition eine neue Insel, die Duke os Bork-Insel, aufgefunden und an deren nördlichem Gestade eine Bai, die man mit dem Namen Crescent-Bai bezeichnete, erreicht. Zur weiteren Erforschung der Robertson-Bai wurden in den Monaten August und September mehrere Expeditionen auf die Mitglieder ver teilt, der Forscher selbst besuchte das Land im Südwesten von Admiralty Range und belegte es mit dem Namen Gnickie-Land. Es erwies sich gleich der von breiten und tiefen Quarzrissen durchzogenen Duke os Bork-Insel reich an geologischer Ausbeute. Als Ende Oktober das Packeis zu weichen begann und die Strömung täglich sichtlich an Stärke gewann, wurde noch eine letzte Schlittenfahrt in das Innere der Nobertson-Bai unternommen, wobei eine höchst interessante Entdeckung insofern gemacht wurde, als man im Moos der Mmiralty Ranze mehrere Insekten von drei verschiedenen Typen fand. Am 5. Januar 1900 war endlich offenes Meer zu sehen, und am 28. Januar erschien auch schon Kapitän Jensen mit dem „Southern Croß". Nach Süden ging der Kurs bis zur Possession-Jnsel, an der Goulman-Jnsel vorbei, bis aus trüber Atmosphäre die Franklin-Insel auftauchte und am 10. Februar die von Nebelwolken umgebenen Vulkane Erebus und Terror erschien. Von diesen zwei in Eis und Schnee gepanzerten Kegeln sandte Erebus eine mächtige Rauchsäule empor und ergoß sich eine rote Glut von Lavaströmen in seinen Eismantel. Immer mehr in südlicher Richtung vordringend, fuhr der „Southern Croß" langsam den gigantischen Eisgürtel entlang, bis eine Lücke in der Eiswand und östlich davon eine niedrige Eisformatron sichtbar wurde. Hier landete der kühne Forscher und begab sich am 17. Februar, begleitet von dem Leutnant Colbeck und dem Finnen Savio, auf die Reise nach dem Süden, wo er bei 78° 50' den südlichsten Punkt erreichte, der je zuvor von Menschen gewonnen worden ist. Am 19. Februar trat er die Rückreise an und gelangte am 30. März nach Neu-Seeland. Mit den Schilde- rungen seiner Reise verknüpfte Borchgrevirmk fesselnde Mitteilungen über die Fauna der Antarktis. Als ob die Natur dieser starren Oede auch einen sympathischen Zug habe beigesellen wollen, so bevölkert sie Klippen, Eisfelder und Eisberge mit Tausenden von Pinguinen. Aus dem Packeis liegen die mächtigen Robben und flinken Seehunde, und eifrig fischen im Wasser die Roßmöwen, während der graue Albatros um das Schiff seine Kreise zieht. Und im antarktischen Meere selbst findet sich ein überwältigender Reichtum an tierischen Formen, an See- sternen, Ouallen und Algen. * Krüppelheimlofe sind auch bei der F i l i a l e derSächsischen Bank hierselbst, sowie bei der Firma Aug. Polich zu hoben. * Entdeckte Einbrecher. Festgenommen wurden von der Kriminal- Polizei ein 30 Jahre alter Markthelfer aus Gohlis und ein 24 Jahre alter Arbeiter aus Türmitz i. B., die vor einiger Zeit in einem Fabrikkontor in der Elisen st raße einen Einbruchsdiebstabl verübt und dabei etwa 800 gestohlen hatten. Von dem Gelbe konnten noch 356 .il gerettet werden, welche die Diebe in einem Keller bez. in einem Bett verborgen hatten. * 150 Mark Belohnung. Wie bereits berichtet, wurde kürzlich ein größerer Nachschlüsseldiebstahl in einer Wohnung in der Harden bergstraße verübt, wobei die Diebe etwa 200 bar und Schmuck sachen, sowie andere Gegenstände, im Werte von über 2000 ^l, erlangten. Auf die Ermittelung der Diebe und Wiederherbeischaffung der ge stohlenen Gegenstände ist eine Belohnung von 150 .E ausgesetzt. v. Bei der Arbeit gestört. Als in der vergangenen Nacht ein Ange stellter der Wach- und Schließgesellscbaft die Geschäftsräume der Kolonialwarenhandlung Gebr. Kießel, Roßplatz 4, revidieren wollte, Feuilleton. Es steht viel in unseren philosophischen Kompendien, wovon Im Himmel und auf Erden sich nichts findet. Lichtenberg. O * Tie „Jeanne ü Arc* * von Auatole France, da» lange mit lebhafter Spannung erwartete „große Buch" des geistvollsten unter den französischen Schriftstellern der Gegenwart, ist soeben erschienen. Man darf eS wohl das Werk eines Lebens nennen; denn 20 Jahre hat Anatole France daran gearbeitet. Länger als zwei Fabre ist es bereits her, seit er den Text des Buche- vollendet bat; diese ganze Zeit bat er dazu verwandt, eine letzte wissenschaftliche Kontrolle einer Buche- durchznsührrn. Alle Anführungen wurden verglichen, alle Tat- lacben genau nachgeprnkt, schließlich der Text selbst noch einmal umgeschrieben. Bruchstücke aus dem Buche, die in der Form von Essays in der ..Revue de Baris" erschienen, haben durch ibre literarische Feinheit das Interesse für die „Ieannr d'Arc* noch weiter gesteigert. und nun liegt also da- Buch selbst vor — und eS kennzeichnet sich auf den ersten Blick als das Werk eines Dichter-. All« Gelehrten, dir di« Ärschicht« des Mädchens von Orleans be- bandelt baben, waren bestrebt, die Ergebnisse der modernen Forschung, die kritische Methode modernen Denkens auf diese Gestalt nnd 'ihre Geschichte an- -uwenden. Ganz anders verfährt Anatole France. Er bemüht sich, alle Er oberungen der modernen Wissenschaft zu vergessen. Er will im 1b. Jahrhundert leben und Johannas Geschichte so schildern, wie sie sie selbst erlebte — nicht, wie wir sie sehen, Geistvoll, wenn auch etwas paradox, bemerkt er: „WaS dem Historiker fehlt, ist nicht da» Wissen, sondern die Unwissenheit über den modernen strieg, d'e moderne Politik, dir moderne Religion." Unverkennbar bekommt daS Buch dadurch etwas gewollt Primitives, aber auch einen eigenen Reiz. ES klingt ein Ton durch, wie der einer alten Ebronik: eS ist als ob ein Märchen er- ählt würde, das doch wahr ist; und unbestreitbar bringt diese Art der Erzählung da, Frankreich Karl? Vll. und seine Menschen nn« zu lebhafter Anschauung. Das Raffinement des Buches liegt nun darin, daß mit diesem Archaismus des Buches sich selbstverständlich hochmoderne Bestandteile aus« innigste verbinden. Dazu gehört, wie Andrä Maurel in einem Aussätze des „GauloiS" treffend vervorhebt, vor allem auch die Eigentümlichkeit, Lay Anatole Franc« nach der bekannten Milieuthrorie die Gegenden aussncht und zu veranschaulichen strebt, wo die Jungfrau lebte nnd wirkte. Sowie Brahm bei seinem Schillerbuche von der Schilderung von Marbach anSging, so gebt aach Anatole France überall von ter Schilderung der Landschaften dr- Mädchens von Lrlban- auS. Bon Cbinon bis OrlsanS, von Orleans bis Patav, von Bata» bis Reims und von da wirrer nach Campagne und noch Rouen bat er all« Stätten durchstreift, die mit dem Nameu der Jeanne d'Arc verknüpft find; und dir höchst stimmungs vollen LandschastSschi'.rerungeu, dir die Frücht« dieser Wanderungen bilden, gehören zu den unmittelbarsten nnd schönsten Teilen de- Buches. * lieber Vie kaufmännische Architektur Berlins und ihre Entwickelung m Jahre 1!L>7 sprechen sich die Aeltcsien der Kausmannschait von Berlin in ihrem „Berliner Jahrbuch für Handel und Industrie" (Berlin, Verlag von Georg Reimer) folgendermaßen au«: „In der GrichäftSarchitektar macht« sich im Be richtsjahr« fortgesetzt da- Bestreben geltend, daS Straßenbild durch künst lerisch ans- und dnrchgeführte Fassaden zu heben und somit an einer Umwandlung de- Stadtbildes mitruarbeiten. Borbildlich Warrn im Sinne des neu ausgebildeten Geschästsbaustiles im Berichtsjahre, nachdem schon in den Vorjahren der künstlerisch anSgrsührte Neubau «Ines d«r schönsten Berliner Warenhauses eröffnet war, di« Neubauten eine- Waren hauses In der Tauenzienstraße, sowie eine« WeinpolasleS in der Bellrvuestraße, von denen jrdn: für feinen Zweck die Symptome eine« besser werdenden Ge- schmackeS zeigten. DaS architektonische Gewand beider Häuser ist charakteristisch und neuartig. Bei dem Warenhaus verdienten vor allem hinsichtlich seiner äußeren Gestalt Aufmerksamkeit seine dnrchkomvonierten Straßenfronten, die maßvoll gehaltenen Portale und das schmucklos gedeckte Mansardendach. Im Innern hat man mit Glück versucht, intimer« Wirkungen dadurch Hervor zurufen, daß man die Verkaufsräume nicht hallen- und saalartig, sondern mehr salonartig schuf. Ebenfalls zeigten zwei Hotelneubanten, die im Berichts jahre eröffnet wurden, einen erfreulichen Fortschritt in der architektonischen Aus gestaltung der Fassaden; besonders bei dem eiiun Neubau Unter den Linden konnte man erkennen, daß ein geschickter Baumeister sehr wohl in der Lage ist, der zweckmäßigen Bestimmung deS Baues Rechnung zu tragen nnd doch die äußere Architektur der Umgebung würdig anzuvassen. — Auch bet drn neueren Wohnhäusern macht man sich jetzt daran, die Ausstattung und daS äußere Aussehen der Läden, in denen meistens Spezialgeschäfte eingerichtet werden geschmackvoller zn gestalten. Hi«r geht namentlich der neuere Westen Berlins bahnbrechend vor." * Tie erste VlinVVarmotzeration. Die Frage, wann die erste Blind darmoperation gemacht worden ist. wird ein Gegenstand von großem Interesse für die Geschichte der Medizin. Der „Lancrt" bemerkt ans eine Anfrage auS seinem Leserkreis, daß die Beantwortung davon abhängt, ob man auch die Eröffnung eines durch AppendicittS bervorgerusenen Abszesses unter die Blind- darmoperatlonen rechnen wolle. Derartig« Eingriffe sind bereits in sehr früber Zeit unternommen worden. Schon etwa 50 Jahre vor Christi Geburt berichtet AretaeuS von der Oeffnung eine- eiternden Geschwürs in der Näh« d«r Leber, da- man nach der Beschreibung für einen Blinvdarmabszeß halten könnte. Aebnliche Beispiele finde» sich vereinzelt in der Literatur der folgenden Jahr hunderte. Aber erst im Jabre 1759 operierte Mestivier einen Fall, der mit Sicherheit sestzustrllen ist. Er verlief tödlich und der Sektionsbefund ergab Ent zündung des Wurmfortsatzes. Im Jahre 1848 wurde durch Hancock «in solcher Abszeß geöffnet und 1867 beschrieb Parker fünf derartige Fälle. Der erste Ge danke, den Wurmfortsatz selbst zu entfernen, stammt anscheinend von Fenwick au» dem Jahre 1884 und wurde im gleichen Jahr« von kröalein ausgesübrt. Er öffnete die Bauchhöhle eine- I7iährig«n Knaben, der an Bauchfell entzündung erkrankt war, und entfernte den bereit» durchfrrssenen Wurmfortsatz. Nach vorübergehender Besserung verlies dieser Fall jedoch nach drei Tagen mit tödlichem Ausgang. Die erste erfolgreiche Operation bei AppendicittS wurde im Jahre 1887 von Morton auSgesübrt, und seitdem ist diese Operation zu einer sehr häufigen geworden. Es ist somit eigentlich garnicht so leicht, die Frage nach der ersten Blinddarmoperation zu entscheiden. * Sir David <§ill über die Marsfrage. In einer Reihe von populären Borträgen hat sich der berühmte englische Astronom David Gill auch über das Problem des Lebens aus dem MarS geäußert. Er ist bei weitem weniger optimistisch al» der eifrigste Verfechter der Existenz intrlligeuter Wesen auf dem Mar», Lowell, der zum Zweck LeS Studium» der Marskanäle eia« eigeoe E^redition nach den Anden ausgerüstet hat. Gill meint, daß diese Kanäle, die erst bet einem Durchmesser von 30 km mittels der dort verwandten Instrumente sichtbar sein konnten, für künstliche Werke doch zu gewaltige Dimensionen hätten Die von Lowell und Schiaparellt beobachtete Verdopplung führt Gill auf eine optisch« Täuschung infolge angestrengten Suchens eine» nicht sichtbaren Dinges zurück. Er meint aber, daß, leibst wenn Lowrll alle- gesehen hätte, waS er zu sehen glaubte, damit noch in keiner Weise riu Beweis für die Existenz intelli genter Marsbewohner geliefert sei. Allerdings gibt Gill die Möglichkeit zu, daß auf dem MarS irgendwie beschaffene Lebewesen vorhanden sein könnten. * Aus Zeitschriften. Das erste Februarheft (Nr. 7) der „Neuen Revue" (herausgegeben von I. A. Bonbv und Fr. Wolff, Berlin) enthält u. a. folgende Beiträge: Wtlbelm Cremer spricht über den Feminismus der Amerikaner. Iustizrat Bamberger befürwortet die Beschränkung deS Erbrechts in seinem Beitrag: Ein sozialpolitischer Vorschlag zur Befestigung d«r Reichs finanzen. S. v. H. kritisiert die Haltung der Oberstaatsanwalts Dr. Jsenbiel Im Harden-Prozrß in einem Aufsatz: Urbrr die Grenzen der Staatsanwaltschaft. Emil Kolben, ver frühere Mitarbeiter und Chefingenieur Edison- teilt sein« Erinnerungen an» TkomaS Alva Edison- Werkstatt mit. (Mit Reproduktionen nach Zeichnungen und Autogrammen deS großen Erfinder-.) Heinrich Mann: Der Tyrann. Josef Adolf Bondy: Kaiser Karl- Geisel. Fritz Wolff: Schlesien. Di« Fortsetzung deS bekannten Romans „Jettcheu Gebert" von Georg Hermann: „Henriette Jacoby". Pluto: Finanzrundschau. — Da» erste Februaryeft de» „März" (Herausgeber: Ludwig Tboma, Hermann Hesse, Albert Langen, Kurt Aram) ist reich an Interessanten Beiträgen. Unter dem Titel: „Antipreußische Wursihaftigkett" behandelt Conrad Haußmann eine der Folgen von Bülow« WablrechtSrrklärung im preußischen Landtag. Ludwig Thoma kommt in einem Aussatz „Da» Memeler Denkmal" auf daS Urteil im König-brrger Schandsäulenprozeß zurück. GothuS nimmt in seinem Artikel „Stärkung der Krone?" Anlaß, den letzten konservativen Parteitag zu glossieren. „Für Maximilian Harden" tritt Björniijerne Björnson in die Schranken und verteidigt ihn gegen dir heftigen Angriffe, die jetzt gegen ihn gerichtet werden, ohn« sich dabei blind für ibn zu begeistern nnd seine Schwächen zu ver kennen. Weiter bringt die Nummer einen Effav von Adolf Paul über Strind- bergS neuesten Roman, einen solchen von B>örn Björnson über „Sizilianische Schauspieler", ferner unter dem Titel: „AnS der großen Welt" einen AuScug au» den Erinnerungen des Kapitän Gronow, der al« Augenzeuge die Stadt Patt» beim Einzug ver Alliierten im Jahre 1815 schildert, und von Dr. Gustav Eichhorn eine allgemein verständliche Erläuterung über „Drahtlose Telegraphie und Teirphonie" mit zehn Abbildungen. Schließlich wird in dieser Nummer die Erzählung „Die silberne Nacht" zu Ende geführt und der Roman „Zwölf aus der Steiermark" von Rudolf Hans Bartsch fortgesetzt. — Die Nummer 6 der „Schaubühne" (Verlag Oesterbeld in Berlin) bringt: DaS Hebbrltheater von Georg Hermann, Maria Magdalena und Ella Rentheim von Siegfried Jacob- sohn, Hebbel von Julins Bab, Norwegische Theaterkunst von R. Mens, Die Witwe von Alfred Polgar n. a. * Kleine Chronik. In Kopenhagen starb am 3. d. M. der Akademie direktor Architekt Meldahl. Er war von Kaiser Wilhelm ost um Rat gefragt ward«»
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