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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.01.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080122024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908012202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908012202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-01
- Tag 1908-01-22
-
Monat
1908-01
-
Jahr
1908
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Vezug-'Preit Abend-Ausgabe 8. Lu-eigen-Prei- L l« «orarx») x«l»lj«hrUch » «i.. «»»«Lq 1«., lutaad, I lm»rae»s »« »deudy »tertrl. Ijhrlich <S0 «d„ «»Millich l.Sü w. Durch »t« O»S ,» de,ledrn: <2 «al täglich) innerhalb Deutschland« und der »«ursch«» Kalont«» vterttlithrkch S.2L Dl., «anatlich l,7L Dl. aolschl. Post, »«strllgel». lür veverreich g L «6 j», Ungar» 8 L «rrtalstlirlich Kerner »n vel. >>cu, Dtnemarl. den Donaukaaleo, Frank, reich, glLlte», Lugrsdura, «iederlande, «rorwege», Nuhlano, Schwede», Schwel« und Süanie». In all«» ädrige» Staaken nur direkt dnrch dl, Sgvad. » Bl. erhältlich. Lboaaeruenr^lnaahaw, kngukulpIaH 8, bei -ul«ren Dräger». FUtal«n, Svedtteurr» »ad Annahmrlt^en^^ wwt, Postämtern und Dl» «ücheln» Dummer kastel Ist ipfg. kstedaktto» «i» Erve bitt»» > Iohannitgast« 8. Delevbo» «r. t«», Dr. I4Süch «r. t«SS«. eip.Mr.TUM alt Handelszeitung. Ämtsötalt -es Rates und -es Rolizeiamtes -er Stadt Leipzig. sstr Inlrroi» «u« 8erd,ia an« Umgebung dm Saespaltra» Petit«eile L PI., ftnanpel!« «lnzeigea SÜ PI.. Reklamen l M.; »oa auswän« SV PI., Reklamen l.M M.; vomUurlandSUPI., staan«. «neigen7SW.. Reklame» Ichü M. Inserat« v. vehdrde» im amtliche» Teil «0 PI. veilagegebsthr SM.». Daulend ex kl Post- gebühr. Slelchältsanieigen an deoorzugler Stelle im Prelle erhöht. Rabatt nach Laris. Felterteilt« klulträg« können nichi zurück, gezogen werbe». Für da» itrichelnen an bestimmt«» Lagen und Plätzen wirb lein» Earann» übernommen. Rntzeigeu-Lnaahmei Pugustuävlatz 8, bei sämtlichen Filiale» u. allen Lnncneew lkrpeditione» de» Ja- und Nutlande«. Pauvk-dtltale stSerlla: 2«rl Duncker, Herzogi. Bahr. Hosbnch. Handlung, Lützowstraße U). (Delephon VI. Rr. «MS). Nr 21. Mittwoch 22. Januar 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tage. * Aus Tanger wird gemeldet, daß die Franzosen bei Settat eine Niederlage erlitten und den strategisch wichtigen Ort wieder geräumt haben. (S. Ausl.) * In einer Konferenz der ungarischen Parteiführer wurde die Reform der Hausordnung in arg verstümmel ter Gestalt genehmigt. lS. Ausl.f * Die japanische Regierung will die Auswanderung nach Amerika und den amerikanischen Kolonien verbieten. (S. AuSl.) Tagesschau. Die Berliner Krawalle. Die gestrigen Depeschen über die Ausschreitungen in Berlin werden heute durch ausführlichere Schilderungen der Vorgänge ergänzt^ aus denen wir einiges wicdcrgcben: Von Moabit her zog eine große Schar von arbeitslosen Burschest, die meist im jugendlichen Alter von 17 bis 20 Jahren standen, über die Alscnbrückc, um nach dem Reichstag zu gelangen. Tie Maste, die sich unter ohrenbetäubendem Lärmen ein- herocwegte, wurde jedoch hier von einem starken Schutzmannsposten zurückgedrängt, und nun zogen sic nach dem Schiftbauerdamm. Es hatten sich inzwischen etwa 1500 bis 2000 Personen angesammelt, die gegenüber dem Reichstagsgebäude Aufstellung nahmen. Da die Lage bedenklich zu werden schien, wurden die letzten Reserven, die noch am Reichstag postiert waren, requiriert: diese rückten über die Kronprinzen, und Marschallbrücke heran, um die Menge am Schiffbaueidamm zu zer- streuen. Die Polizeioffizicre forderten die Masse auf, ruhig aus- cinanderzugehen: als Antwort erfolgte der erste Stein- wurf, der einen berittenen Beamten am Fuße traf. Das war das allgemeine Signal für die übrigen Burschen. Die bemächtigten sich eines vollbeladencn Steinwagens, der vor dem Neubau des Operettentheaters hielt, und nun erfolgte ein allgemeines Bombardement auf die Beamten. Bis letzt war noch kein Säbel gezogen worden, nun aber erfolgte die Order: Blankziehen! Die Folge war, daß eine große Anzahl von Burschen, die stch der Polizei in den Weg stellten, durch flache Säbelhiebe teils schwer, teils leicht verletzt wurden. Mitten in dem furchtbaren Gewirr krachte plötzlich ein Schuß. Einer der verwegensten Burschen hatte einen Äch'-Milltmeter-Nevoloer abgefeuer». Die Äugel drang in den Hals kragen eines berittenen Schutzmanns: wunder- barerwcise blieb sie dort st ecken. Ware die Waffe um eini.ge Grade mehr noch oben gerichtet worden, so hätte der Schuß unzweifelhaft dem Beamten das Leben gekostet. Von den übrigen Polizisten wurden sechs durch Stein Wurfe verletzt, jedoch keiner erheblich. Di« schwerste Ver. letzung erlitt ein Beamter zu Fuß, dessen rechtes Handgelenk gebrochen wurde; er begab sich in private Behandlung. Drei Schutz- lcute erlitten Hautabschürfungen und Quetschwunden im Gesicht, zwei wurden an den Armen verletzt. Mehrere andere Beamte wurden von Arbeitern des Baues am Operettentheater, die sich einmischten und für die Demonstranten Partei ergriffen, durch Stöße mit Spaten und Schaufeln an den Beinen verletzt. Sistierungen erfolgten nur in geringer Zahl, weil sich die Polizei von ihren letzten Mannschaften nicht entblößen konnte. Gegen 5 Ubr war der Schiffbauerdamm geräumt ind die Menge nach verschiedenen Richtungen hin zerstreut worden. Ein weiterer Zusammenstoß ist Ecke Koniggräker und Großbeeren- Straße vorgckommen. Dort hakten sich etwa 500 Demonstranten eingc» funden, die den Aufforderungen dcS überwachenden Polizeileutnants, auseinandcrzugehen, keine Folge leisteten. Ein 22 Jahre alter Metall dreher wurde dabei festgenommen und zur Wache gebracht. Erst als ein weiteres Schutzmannsaufgebot nahte, konnte die Menge auseinander- getrieben werden. Einer der Festgenommenen hatte die Polizisten „Bluthunde!" geschimpft. — Nach einer anderen Darstellung sind 16 Tumultuanten verwundet. Tarisgemeinschaft und christliche Gewerkschaften. Man schreibt uns: Z 4 des Organisationsvertrages im Buchdruck- gewerbe enthielt, wie man sich erinnern wird, die bedenkliche Bestim- mung, daß die Mitglieder des Buchdruckervereins (Unternehmers nur solche Gehilfen einstellen durften, die dem Verbände der deutschen Buch drucker angehörcn, und daß die Mitglieder des Verbandes der deutschen Buchdrucker nur bei Mitgliedern des deutschen Buchdruckcrvereins tätig werden durften. Bekanntlich ist diese Bestimmung jüngst abgeändert worden: nunmehr sind die Mitglieder des Buchdruckervereins bloß ver- pflichtet, nur tariftreue Gehilfen zu beschäftigen, während der Verband der deutschen Buchdrucker verpflichtet ist, nur tariftreue Gehilfen, die nur in tariftreuen Buchdruckereien arbeiten dürfen, als Mitglieder auszunehmen. Das Zentralblatt der christlichen Gewerkschaften leitet aus der eben erwähnten Aenderung bemerkenswerte Schlußfolgerungen ab. Es führt nämlich u. a. aus: „Der unbestreitbare Gewinst besteht bis heute nun schon darin, daß der Erwürgungsparagraph des Gutenbergbundes im Organisations vertrag gefallen ist, und damit für andere sozialdemokratische Verbände, die über kurz oder lang den Experimenten im Buchdruckgewerbe ge folgt wären, ein abschreckendes Beispiel statuiert wurde. Und wir können heute schon aus das bestimmteste versichern, daß über kurz oder lang für den Gutenbergbund ein weiterer Gewinst herauskommen wird. . . Ter Gutenbergbund . . muß ganz energisch bestrebt sein, nun- mehr auch zur praktischen Mitwirkung in die Tarisgemeinschaft ein bezogen zu werden. Die christlichen Gewerkschasten haben den Guten- bergbund in diesem Bestreben energisch zu unterstützen und werden es tun." Wenn das Zentralblatt der christlichen Gewerkschaften noch hinzu fügt, daß der jetzt entschiedene Kamps um 8 4 des Organisationsvertrages im Buchdruckgewerbe bedeutsames Material zur gesetzlichen Regelung des Tarifrechtes geliefert habe, so entspricht diese Auffassung voll- kommen den Tatsachen. Parlamentarischer Austakt. (Von unserem Londoner L-Korrespondenten.) Londou, 18. Januar. Am 29. Januar tritt das britische Parlament «usamme». Heute hat der erste Ministerrat stattgefunden. Er war der Erörterung der innerpolitischen Lage gewidmet. Der Premierminister ist von seiner Riviergreise zuiückgekHrt und hat sich nur in Paris inkognito über MarEo noch einen Augenblick verplaudert. Er hat sich von seinem sommerlichen Schwächeanfall ziemlich gut erholt. Immerhin bildet der Gesundheitszustand Campbell-Bannermans den. Brennpunkt der Situa- tion. Das Kabinett ist aus recht heterogenen Elementen zusammen gesetzt. Bisher ist es durch die besonderen persönlichen Gaben Campbell- Bannermans zusammengehalten geblieben, der grobe Energie, prak tischen Verstand und biodermännische Liebenswürdigkeit in einer sehr nützlichen Mischung vereinigt. Solche Talente ihres Führers sind gerade bei einer liberalen Partei ein unschätzbares Aktivum. Nur ein solcher Mann kann den Eifer der radikalen Homeruler und Sektierer zügeln, die Begehrlichkeit der Iren in Schranken halten und mit den turbulenten Führern der Arbeiterpartei auf „sympathischer Grundlage" auskommen. Alle diese Aufgaben werden in der lausenden Session be sondere Ansprüche an die körperliche und geistige Frische des Unter hausführers stellen. Bannerman hätte Wohl schon im Winter den ehrenvollen Rückzug in das Oberhaus angetreten: aber er, der Vater des Kampfes mit den Lords, muß Wohl erst die Reform der goldenen Kammer durchführen, ehe er eine Peerage annehmen kann. Freilich ist Campbell-Bannerman ein wenig Zyniker! Im Kabinett überwiegt augenblicklich noch der gesättigte Liberalismus der stcif-bürgerlichen Färbung. In der Partei aber hat der Radikalismus in demselben Maße zugenommen, wie die Befriedigung der von Gladstone ererbten Herzenswünsche in die Ferne gerückt ist. Die Mehrheit des Liberalis mus sieht heute in einer Radikalisierung des Kabinetts den Weg zum Siege. Unterbleibt diese Wandlung, so hat das Kabinett möglicherweise mehr von seinen Freunden, als von seinen Gegnern zu befürchten. Es ist genau 14 Jahre her, daß Gladstone, ebenfalls von Biarritz kommend, seinen Abschied einreichte. Bannerman wird freilich zäher an seinem Posten sesthalten. Aber Sir Edward Grey Hot den Ausbau der Marine ohne Rücksicht auf die Kosten angekündigt, der Schatzkanzler Asguitb hat bereits zu verstehen gegeben, daß die Teetotaller keine Ermäßigung des Teezolls zu erwarten haben, sondern neue Steuerguellen gesunden werden müssen, wenn die für 1908 versprochene Altersversicherung auch nur in wesentlich eingeschränkter Form und mit der von den Sozialisten verpönten Beitragspslicht der Arbeiter in Angriff genommen werden soll. Das Schulgesetz, das Steckenpferd der Radikalen, hat keinen Schal- ten mehr Aussicht als im Vorjahre. Ebenso ungünstig sieht es um das Schicksal der 1907 gescheiterten schottischen Landbill aus. Birrell, der Bekämpfer des Konfessionalismus im Schulwesen, muß als irischer Staatssekretär eine irische Univerfitätsbill von einseitig katholischer Färbung einbringen, die von den Iren bereits, ehe sie erschienen ist, als undemokratisch verschrien wird. Positive liberale Erfolge sind dieser Politik des „überfließenden Bechers" auch in ihrem dritten Jahre vor- ausfichtlich wenige beschieden. Und ob die Mißerfolge ohne eine radi- kalere Dramatisierung als Wahlschrei gegen das Oberhaus ausnutzbar sind, ist in den letzten Monaten den liberalen Vertrauensmännern im Lande recht zweifelhaft geworden. Deutsches Reich. Leipzig. 22. Januar. * Unter der Spitzmarke „eine Indiskretion- bringt die „Natlib. Korresp." folgende Erklärung: „Die „National-Zeitung" bringt in ihrer gestrigen Abendausgabe einen Be richt über die Sitzung des ZentralvorsrandeS der NationaUiberalen Partei, der Interna der Verhandlungen wenn auch im einzelnen ungenau und tendenziös zugespitzt, wiedergibt. Gegenüber der Tatsache, daß der Vorsitzende die Verband lungen als streng vertraulich bezeichnete und nur die Berössenllichung des partei amtlichen Berichts in der Presse als zulässig erklärte, sehe ich mich ge- nötigt, die der „National - Zeitung" übermittelte Mitteilung als einen Ber- trauenSbruch zu kennzeichnen. Ich glaube diese Erklärung auch der national liberalen Presse schuldig zu ieiu, die der Aufforderung des Vorsitzenden, die Verhandlungen alS vertrauliche zu betrachten, soweit ich sehe, ausnahmslos nachgekommen ist. Dr. Friedberg, Vorsitzender des Geschäft-führenden Ausschusses." Erst wenn mau sich erinnert, daß vor einigen Monaten von der „Nat.-Ztg." heftige Angriffe gegen die „Natlib. Korresp." und da« Zentralbur^au gerichtet worden sind, wird diese Erklärung in ihrer schroffen Form verständlich. Nebenbei bemerkt ist e« nicht ganz klar, ob außer der „Nat.-Ztg." noch eine Mittelsperson getroffen werden soll. Der Verleger der ,Nat.-Ztg.", Kommerzienrat Bartling in Wiesbaden, zugleich Mitglied deS Zentralvorstandes der Partei, ist zweifellos der jenige Nationalliberale, dem die Partei finanziell den meisten Dank schuldet. * Aus der BorftandSfUzuug des Wahlvereins der Liberalen (Frei sinnige Bereinigung), die am Sonntag in Berlin stattiand, teilt die parteroffisiose „Liberale Korresp." jetzt den Wortlaut folgender Reso lution mit: „Der erweiterte Vorstand des Wahlvereins der Liberalen (Freisinnige Ber- tiuiguugi ist der Meinung: daß nach der vom Ministerpräsidenten am 10. Januar im preußischen Abgeoidnetenhause gegen den freisinnigen Wahlrechtsontrag ab gegebenen Regierungserklärung, die ein Bekenntnis zu den reaktionär»-!, An schauungen darstellt, eine deutliche Mißtrauenskundgebung seitens der Freisinnigen Vereinigung, wenn tunlich seüenS der Araklionsgemeinschaft, gegen den Fürsten Bülow im Gegensatz zu der Bertcauenskuavgebung vom 5. Dezember 1907 im Reichstage unerläßlich ist. Der geichästsführenkc Ausschuß wird Feuilleton. Selig sind die, welche Geschmack haben, wenn es auch ein schlechter Geschmack ist. Nietzsche. D- Merkwürdige „Läuber"-Zettel. Bon W. Widmann. Der merkwürdigste aller „Räuber"-Zettel ist natürlich derjenige der Mannheimer Uraufführung am 13. Januar 1782 mit der bekannten Ansprache des Verfassers „an das Publikum", die mit ihrer pathetischen Ueberschwenglichkeit charakteristisch ist für den Schiller jener stürmischen Jugendepoche. Das einzige noch vorhandene Exemplar dieses kostbaren Dokuments zur deutschen Theatergeschichte befindet Och im Besitze des Schriftstellers und Literaturprosessors Rudolf Gcnee in Bersin. Ze^el der zweiten und dritten Ausführung werden in Mannheim aufbewahrt. Abbildungen des Premierenzettels sind in verschiedenen Schillerbiographien und in der Zeitschrift für Bücher freunde erschienen. Schillers Erläuterung, die mit dem Appell schließt: „der Jüngling sehe mit Schrecken dem Ende der zügellosen Ausschweifun gen nach, und der Mann gehe nicht ohne den Unterricht von dem Schau- ipiel, daß die unsichtbare Hand der Vorsicht auch den Bösewicht zu Werkzeugen ihrer Absichten und Gerichte brauchen und den verworren- stcn Knoten des Geschicks zum Erstaunen auflösen könne", wurde ander- wärts nicht nachgedruckt, wohl aber fügten verschiedene Theaterdirek toren eigene Bemerkungen dem Zettel bei. So trug bei den ersten Auf- führungen in Hamburg (Karl Moor: Zuccarini, Franz: Un- zelmann, alter Moor: Fleck, Amalia Madame Borchers', am 23., 25. und 27. September und 18. Oktober 1782 der Zettel die An merkung: „Die mannigfachen Schönheiten und die damit verbundene mora lische Absicht dieses Schauspiels sind die Veranlassung gewesen, dem hiesigen Publico dies von der deutschen Bühne bereits mit ausge- zeichnete« Beifall aufgenommene Stück nicht vorzuenthalten, so son derbar der Gegenstand desselben zu sein scheint." Direktor Böhm, der den Mainzern, Frankfurtern und Koblenzern die Bekanntschaft der „Räuber" zuerst vermittelte, kündigte die Premiere in Frankfurt an: „Dienstag, den 19. November 1782: Die Schauspieler-Gesellschaft unter der Direktion des Herrn Böhm wird heute auszusühren die Ehre haben, ein großes neues,'noch aus keiner anderen als der Mannheimer National-Schaubühne und in Mavnz gesehenes, von Herrn Friedrich Schiller verfertigtes Original-Trauerspiel in fünf Auszügen, genannt: Die Räuber." Direktor Böhm flunkerte, als er den Frankfurtern versicherte, daß das Stück außer in Mannheim und Mainz noch nirgends gegeben worden sei, denn Leipzig hatte „Die Räuber" am 20. September, Ham burg am 23. September und Dresden am 14. November desselben Jahres aufgeführt. Den Münchnern führte die Vinzenzische Gesellschaft im Faberbräu-Theater in der Sendlingergasse: „Die Räuber". Ein großes Schauspiel in fünf Auszügen, versaßt von Herrn Schiller" am „Mondtag, den 26. Jänner 1784" zum ersten Male vor. Ein weiterer Münchner „Räuber"-Zettel, den ebenfalls Dr. Karl Trautmann vor wenigen Jahren im Archive des Historischen Ver- ereins von Oberbayern entdeckte, kündigt an: „Mit allerhöchster Erlaubnis wird heute Mittwochs, den 16. April 1788 der churpfälzische psalzbayrijche privilegierte Lchauspielunter- nehmer Karl von Morocz die Ehre haben aufzuführen: Das große Meisterstück Herren Syillers von Plümike fürs Theater eingekeilt aus einer wahren Geschichte genommen. Unter dem Titel: Die Räuber, oder: der Fall des Hochgräflich Maori schen Hauses. Trauerspiel in sieben Handlungen auf zweh Tage nacheinander eingeteilt. . . Den ersten Tag werden 4, den andern 3 Handlungen gegeben, damit die Geduld, oder Aufmerksamkeit des Zuschauers nicht ermüdet werde. In Berlin wurden die Räuber 14 Tage unausgesetzt nacheinander gegeben." Die Berliner Premiere hatte schon am 1. Januar 1788 unter Döb- belin mit Scholz als Karl, Czechtitzky als Franz, Brückner als alter Moor und Mademoiselle Döbbelin als Amalia stattgefun» den. Der Berliner Premiercnzettel scheint nicht mehr vorhanden zu sein, dagegen ist noch ein Zettel aufbewahrt, der Jsflands crstmali- ges Austreten als Franz Moor auf dem Berliner „Königlichen Nativ- naltheater" am 21. November 1796 verkündigt. Der Zettel ist noch da durch bemerkenswert, daß man die „Magistratspcrson" der Mann heimer Bearbeitung wieder zum „Pater" gemacht hatte. Die Rolle des Karl war an Fl eck übergegangen, die der Amalia an Mad. Unzelmann In Kassel brachte Direktor Großmann die „Räuber" am 7. Juni 1785 erstmals zur Aufführung Die damalige einzige Zeitung Kassels erschien in französischer Sprache unter dem Titel: „Pctites Affichcs de Eassel". Diese Zeitung kündigte das neue Stück an: „Des Oomäckivrm »Ilslnancks ckonnsrsnt: Llarcki, 7 lluin 1785. OIL R^LOOLK, PragSckiv eri sing actes, par Io oonssiUsr Lesiillsr." In Paris verkündigten die Zettel des kleinen Th^ätre du Marais (Rue Culturc Tt. Catherine) am 10. März 1792 zum ersten Male: „II abort, Obsk ckos Orip-ancks, Drama on eines acstes, en prass, irnitö cks I'.VIIsmanck, par Is Oito.vk.cn Da Ilartssiicra." La Martelliere, ein Elsässer, der einige Zeit in Stuttgart gelebt und Schiller persönlich gekannt haben soll, hatte in dieser Bearbeitung der „Räuber" den Grasen von Moor in einen Grafen de Moldar, Karl und Franz in Robert und Maurice, Amalia in e ne Sophie de Northal, Schufterle in „Forban" (Strolch), Kostnskn in Rosinsky verwandelt. War Schillers Name auf dem Zettel auch nicht genannt, so war doch vielen Parisern der deutsche Urheber genügend bekannt, denn die Pa- riser Blätter hatten anläßlich deutscher Ausführungen des öfteren über Schillers erfolgreiches Stück berichtet, auch war schon 1785 in der Sammlung: „Xouvsau PHSätrs allemauck ou recusil ckes piecss cptt out pa.ru Ävso sucocs sur les IlMtres ckos Oapitslss cks 1'^.Uemaßms" eine Uebersetzung unter dem Titel „Oes Volsurs" erschienen. Das Thöütre du Marais verdankte dem Räuberstück und der vortrefflichen Leistung des Schauspielers Baptiste als Robert (Karl) etliche volle Häuser. Baptiste, der 1793 an das größere Thsatre de la Republique überging, brachte auch dort Martellieres Räuberbearbeitung mit Glück auf die Szene. Der Erfolg der verballhornten Räuber in Paris war freilich mehr ein politischer als ein dichterischer. Der älteste, noch vorhandene Zettel einer „Räuber"-Aufführung in Wien trägt das Datum „3. Jänner 1792" und stammt vom Theater beim „Fasan" am Neustift, das damals Direktor Morclli leitete. Wenige Jahre später ging dieses kleine Theater, ursprünglich ein Tanz saal, ein und wurde zu Wohnräumen umgebaut. Der Zettel, aus dem Besitze von Franz Gaul 1892 auf der Wiener Theaterausstellung zur Schau gestellt, giht einfach an: „ . . Die Räuber, Trauerspiel in fünf Acten, von Friedrich Schiller . . " Tie erste Aufführung der Räuber in Wien ist schon in den 1780er Jahren auf einer Vorsladtbühnc er- folgt. Selbstverständlich hatte Schillers Dichtung bei jenen Wiener Aufführungen sich arge Verstümmelungen durch die Zensur gefallen lassen müßen Im Jahre 1808 erschienen die Räuber erstmals auf dem Theater der Wien; ins Burgtheater durften sie erst 1850 unter Laube cinziehen. Bemerkenswert ist ein noch vorhandener Zettel des Theaters in der Josephstadt vom 21. Dezember 1816, auf welchem Ferdinand Raimund, der Verfasser des „Verschwender" und beliebte Charakter komiker als Darsteller des — Franz Moor verzeichnet steht. Im Schillcrjahr 1859 wurden von einer Wandertruppe ä I» Stricse „Tie Räuber" in Bopfingen (Oberamt Neresheim, Württemberg) aufgeführt. Der Zettel (vom 21. April) enthält folgende klassische An- prci'ung: „Kennt Ihr Die Räuber von Schiller? Gewiß, dem Namen nach. Wer sie sedoch nicht kennen sollte, dem will ich einige Worte darüber sagen. Schiller schrieb dies Stück vor 80 Jahren in Karlsruhe. ES war damals eine Zeit, gerade wie jetzt. Man laS in den Zeitungen von lauter Raub und Mord, Reisende wurden aus ihren Equipagen gerissen und beraubt, arme Wandrer geplündert, Schlösser und Klöster angezündet, der ewige Landfrieden war gebrochen, Deutschland wie jetzt in tausend Schwulitäten. Dies war dem unvergeßlichen Schiller zu arg, er wollte ein warnendes Schauspiel von der Bühne herab geben, und schrieb Die Räuber. ?lber die Censur sprach: Der Dichter gehe zu west, sein Stück wurde verboten und er bei Wasser und Brod auf dem hohen Asperg eingesperrt. Der badische Gesandte befreite ihn nach Jahr und Tag und die Räuber durften sogar in Stuttgart gegeben werden, wo Schiller noch heutzutage als Karl Moor abgehildet ist.
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