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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.01.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080131017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908013101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908013101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-01
- Tag 1908-01-31
-
Monat
1908-01
-
Jahr
1908
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>lw ovt »tu , 6. ,<!. Sezugr-Preis L«ivU» »»» N»r»n» »«ch v«§er« lrt««, »nd «do«»>l^ir, m« tza»« gebracht« «atgad« » <»« «araeal, menrlttbrUch !> vt.. manaMch » M, ilutqad« ll <m»kgn>« aad adrnb«) rtrrtrl. tadrlich 4.LV M» moaailich ISO vi. Durch bi» DvN ,, be,i»d»ni (2 mal iLglich, inaerdald Drailchland« and de, deurichra »olonien merieli-drlich !>,L> IN monaliad >.7i M »ollchl Post, beliellgeld, >ÜI LeNerreich V ü 8Ü j», Ungarn n st aierrelitdrlich Ferner in Bel gien. DNnemarl. »en LanauUaalen. Frank reich. Flauen. Lusemdura Niedrrionde, Norw«ge» Nutzland Schweben Schwel« und Svanie» An eilen kdeiaen blaaten aue direkl »nrch dl» itzt»«» b BI «rtztlrltch. Ätonnemenl-Nnnadm«. Bntznftnbplatz 8, bei u Nieren tl»ger» Fllia.en, Lved,teuren und Ännalnnesleäen lowi« PokLmlern und Beienrtgern Die einzeln, Nummer kettel IO Psg. Nebaktla» an» «rvebttlonl Aodannidgatze ». Televd,» Nr. INLta. Str. I46N3, Nr. INWt. Nr. 3«. Morgen-Ausgabe S. Ap)igcrTaMatt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Freitag 31. Januar 1908. Anzeigen-Preis Er Anlerak« au« LelVtzia Ml» Umgeb»,H dl« Sgelnaltea« Peru»«!!» D PI.. llnangiell« Unzeige» SV Pi^ N«Namen I IN.; »»n entwirr» so Pt., Reklame» l.D u,. »em Ausland-UPI.. Unan». Anzelgrn TLM. Reklame» llv vi. gnlrrat« ». vebbrde» Im «mtNchen Lell «v V Sellagegebbdl d Ni. tz. A«»l«nd exkl. Pol!- gedlibr. »rlchtskbaiuel^n a» bevnrdugic- Stell« t» Vrrrle rrd-bl. Rabatt »ach »arii Felker»etil» Aalträg» ktnnen nlchl znrück- aejogen werde». Für da« Srlchelnrn «" »rltimmlen lagen und Blttzeo wtrd keler Garantt» übernommen. «nzetgen-Annabme, Nngntkubplatz 8. del lämrllchen Filialen u. allen lknuoncrn Sipedlkionen de» Ja- and Antlanbr». Hautzk-VlNal» Verklar Carl Luncker, Herzog!. Baar. Hosbuch- bandlnng, Latzowyratz, lw delevtzon VI. Nr «»Fy. 102. Jahrgang. Da» wichtigste vom Tage. * Der Reichstag trat gestern in die zweite Beratung des Marineetats ein. sS. Bericht.) ' Die Kommission des Reichstages für die Vorlage über das Versammlungs- und Vereinsrecht einigte sich dahin, dem Plenum die Annahme cm bl<x: ohne Debatte vorzuschlagen mit Rücksicht auf die eingehende Beratung. * Das preußische Herrenhaus wählte am Donnerstag den bisherigen ersten Vizepräsidenten Freiherr» v. Manteuffel an Ztelle des verstorbenen Fürsten zu Inn und Knypbausen zum Präsi denten, den zweiten Vizepräsidenten Becker zum ersten und Frei herrn v. Landsberg zum zweiten Vizepräsidenten. Zur Debatte stand die Pol en vor läge. (S. Sitzungsbericht.) * In Lissabon sind von neuem Unruhen ansgcbrocbcn. (S. Ausl.) * Die Bank vonSpanien soll beschlossen haben, inTanger eine Filiale zu errichten. * Die Regierung B r i t i s ch - I n d i e n s hat die Räumung des T s ch u m i - T a l e s in Tibet angeordnet, nachdem der Rest der tibetanischen Entschädigungssumme bezahlt ist. Gin Reichsoberverwalturrgsgevieht Daß dem Deutschen Reiche ein StaatsgcrichtShof fehlt, der staatsrecht liche Fragen entscheiden könnte, hat sich insbesondere im lippischen Thronsolgestreite fühlbar gemacht. Zur Zuständigkeit eines solchen Ttaatsgerichlskwses müßten sowohl innerstaatliche Streitigkeiten, wie Thronsolgefragen, Abgrenzung der Befugnisse zwischen Landesherr und Landtag, wie auch zwischenstaatliche Streitigkeiten, z. B. Grenzstrcite, Irrungen aus Grund bestehender Verträge IGerichtsgemeinschaften, Kommunionbergämter usw.) gehören. Daß deutsche Bundesstaaten je Streitigkeiten, die sie untereinander haben, dem internationalen Schicdsgerichtshose im Haag unterbreiten, geht doch nicht an. Ter staatsrechtlichen Streitfragen tauchen ja nicht allzu viele auf; tritt aber eine hervor, so ist sie immer von einer gewissen Bedeutung für die AU- gemeint,eit. Daß in diesen Dingen die Macht'roge irgendwelche Rolle lpiele, widerstreitet dem deutschen Rechtsgefühle aufs heftigste. Wo internationale Streitfragen auf Kongressen oder von Schiedsgerichten behandelt werden, läßt sich die Rücksicht aus Macht und Interesse nicht ausschalten. Das liegt noch immer- im Wesen der völkerrechtlichen Streitigkeit. Ein Bundesstaat stebt aber als reale Instanz über seinen Gliedern, in diesen und zwischen diesen ist eine geordnete Rechtspflege nötig und möglich. Daß das Reichsrecht hier noch eines Ausbaues be darf. dieser Erkenntnis sollte man sich nicht verschließen. Der Staats- aenchtsbos braucht nicht in Permanenz zu sein. Er kann sich einem ständigen obersten Gerichte angliedern, wie der Disziplinarhof und der Ehrengerichtsdof. Eine weitere Rechtsnotwendigkeit ist ein Reichsoberverwaltungs gericht. Tas Reich hat eine Fülle von Verwaltungsrecht geschaffen. Tas Gesetz über den Erwerb und Verlust der Bundes» und Staats- angehorigteit, das Freizügigkeitsgesetz, das Unterstützungswohnsitzgesetz, die Gewerbeordnung, die Nahrungsmittelgesetze, das Fleischbeschaugejetz, die Seuchengcsetzr. sie alle enthalten verwaltungsrechtliche Vorschriften »n Fülle. Tas Bürgerliche Gesetzbuch, die Zivilprozeßordnung ent halten gleichfalls Rechtssätze, die ausschließlich von Verwaltungsbehör den anzuwenden sind. Jetzt wird das ReichsvereinSgesetz hinzu kommen, dessen Handhabung wiederum den Verwaltungsbehörden ob liegt. Trotz dieser Fülle des Reichsrechts, das für die Tätigkeit der Ver waltungsbehörden maßgebend ist, fehlt es an einer Zentralinstanz, die iür die einheitliche Rechtsanwendung sorgt. Für Zivil-, Straf- und Patentrecht schasst das Reichsgericht die einheitliche Rechtsprechung: im Arbeiterversicherungswesen tut das Gleiche das Reichsversicherungsamt. Für beide Behörden ist zwar auch der Unterbau reichsrechtlich geordnet. Doch ist das keine notwendige Voraussetzung für die Schaffung einer Zentralinstanz. Auch das Reichsoberhandelsgericht hat vom 5. August 1870 bis zum 1. Oktober 1879 bestanden, ohne daß es dafür einen reichsgesetzlich geordneten einheit- lichen Unterbau gab. Die Gerichtsverfassung der einzelnen Bundes staaten war vielmehr mannigfaltig. Diese Verschiedenheit im Unterbau und im Verfahren der unteren Instanzen bedingte nur wenige Vor schriften in dem Bundesgesetze vom 12. Juni 1869. Mit den 88 12, 16 dis 20 ist dort alles gesagt. In gleicher Weise läßt sich über den Ver waltungsbehörden der Bundesstaaten ein Reichsoberverwaltungsgericht errichten. Tieiem Reichsoberverwaltungsgerichte könnten auch die zollrccht- lichen Streitfragen zur Entscheidung überwiesen werden. Für die Reichssteuersachen ist der Rechtsweg bei den ordentlichen Gerichten er öffnet: das Reichsgericht kann in diesen Sachen in letzter Instanz an- gerufen werden, selbst wenn es sich um ganze 10 Pfennige handelt. In Zollsachen gibt es nach 8 12 des Vereinszollgesehes vom 1. Juli 1869 nur den Verwaltungsweg. Die Zollbehörden haben nur Reichsrecht anzuwenden, sind aber sonderbarerweise noch immer Landesbehörden. Seit den Zeiten deS Zollvereins sind sie in den einzelnen Bundesstaaten gleichmäßig geordnet lZoll- oder Steuerämter, Hauptzollämter, Direk tionsbehörden, Finanzminister). Die preußischen Finonzministerial- reskrivtc genießen ein großes Ansehen auch außerhalb Preußens. Die Reichsbevollmächtigten und Stationskontrolleure, die nach Art. 36 der Reichsversassung noch immer wie in Zollvereinszeiten aus einem Bundesstaate in den anderen geschickt werden, wirken aus eine gewisse Rechtseinheit hin. Freilich müssen sie wahrgenommene Mängel erst dem Bundesrate berichten, besten Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen über die Anzeige beschließt. Dieser schwerfällige Rechtsvereinheitlichungs- apporat wird mit der Schaffung eines Zollsenates beim Reichsober. Verwaltungsgerichte überflüssig. Daß ein Neichsoberverwaltungsgericht seinen Sitz nicht in Berlin haben dürste, ist selbstverständlich. Hierfür sprechen dieselben Gründe, die zu dem Reichsgeseh vom 11. April 1877 führten, wodurch Leipzig zum Sitze des Reichsgerichts bestimmt wurde. Haben wir ein Reichsoberverwaltungsgericht, so sind wir dem Rechtsstaate wieder um einen Schritt näher. Die Verwaltungsbehörden werden zwar nach wie vor in der Lage sein. Gaben nach politischen Ge sichtspunkten zu verteilen. Bei der Rechtsauslegung und Anwendung wird aber doch eine sehr bedeutsame Schranke gezogen sein. Das Reichs- Vereinsgesetz wird erst seinen wahren Wert gewinnen, wenn bei seiner Handhahung nicht mehr der partilularstaatliche Polizeiminister, iondern ein Reichsoberverwaltungsgericht daS letzte Wort spricht. Deleass-, pichon rind Llenienceau. (Von unserem Pariser T-Korrespondenlen.) Paris, 29. Januar. Die dreitägige, an Zwischenfälle» reiche Marokko-Debatte hat gestern in der Kammer mit einer vo» der überwältigenden Mebrheit des HauieS, 428 gegen 92 Stimmen, votierten und ausnahmsweise klaren Tages ordnung ihr Ende gefunden. Nach den Ovationen, die Delcassö für seine Scharfmacherrede bei eitet wurden, lönnte der Sinn dieser Tages ordnung iibeiraichen, wär; man nicht von der Kammer derartige Wider sprüche seit langem gewöhnt. Für den Hauptteil der Tagesordnung halten sogar 483 Abgeordnete gestimmt: „Entichlossen, die Algecirasakte anzuwenden und die R chtS- und Jnteressenverieidigung Frankreichs in Marokko ohne Ennwschnng in die innere Politik des Sckerifenieichs zu sichern . . ." Wir werden uns nicht beklagen, wenn sich Ckemenceau hinfort an diese Westung der Volksvertretung halten wird. Leiter lag aber immer zwischen den Woiten und Talen in der französiichen Marollv- Polilik eine große Kluft. Janiäs hat indessen den Minister des Aeußern stark scstgelegt, als dieser ihm deutlich antworten mußie: „Wir gehen nicht nach Fe; und nickt nach Marrakesch." Heule hat Herr Picken dem „Matin", kessen Korrespondent Honet sich im Lager Mulcy Hafids be findet, weshalb man um lein Leben bangt, offiziell mitgeieilt, daß der fran ösische Konsul von Caiablanca den Befehl erhielt, Muley Hafiv w ssen zu lassen: „General d'Amade wird nicht die Emgeboreneniruppen angreif n, die keine kriegerischen Absichten gegen uns haben, aber unser Oberstkomniandierender wird sich jedem gegen unsere Truppen gerichteten Angriff w terietzen. Wir sind durchaus gene-gt zu handeln, wenn MuleyHasid unsere Vermittelung zwischen ihm und seinem Bruder wünsckl (?!), beionvers, wenn diele Vermittelung zum Ziel oder Resulkat haben würde, den Frieden oder wieder ein wenig Ord nung in Marok o berzustellen." — DaS bedeutet schon eine gehörige Wendung in Pichons Taltik, da er angefangen harte, öffent- tzch für Abdul-Aziz Parlei zu ergreifen. Da ferner General d'Amade den Befehl erhallen hatte, nach Scttat vorzui licken, wo man wußte, daß eine Maballa Muley Hasivs stand, und da General d'Amade bereits rou Ea'ablanca auS seine Truppen nach Rabat vorgeschoben hatte, nm mit den Truppen des Sultans Fühlung zu nehmen, lauter Maßregeln, die darauf hlndeuteicn, Laß mau einer seits einen An,.riff Muley HafidS auf Rabat und anderseits sem Vor rücken gegen Fez verhindern wollte. Der Sultan hatte sich Herrn Regnault in Rabat sozusagen nm Haut und Haaren ausgeliefert; man verlprach ihm eine Anleibe von 150 Millionen, die Et TorreS nach Paris abzuickti'ßeu kam. IruröS hatte in f-iner gestrigen zweiten Rede . weit größeren Erfolg, alc in der eisten Mi Freitag; >r drängle Herrn Pickon auch in der Anlcibejrage zu einer Erklärung und man lonnte seben, daß Herr P,chon sich sehr durch gemachte Versprechungen geniert fühlte. Er könne doch nicht französische Banken verhindern, dem Sultan persönliche Vorlchüsse zu macken. Als ob fick eine Bank fände, die noch Abrul- Aziz ohne Hinweis und Garantie der Regierung Geld geben würde! Pichons Rede batte auch nur deshalb den großen Beifall gefunden, weil er fick rn einem völligen Umschwenken enischlosseu halte; seine Antwori au Delcassö war uickl nur eine geschickte Strafe für dessen Eitelkeit, sie follie auch ein volles Gegengewicht gegen die chauvinistische Note dieses Exministerü sein; das zog Pichon weitab von der Richtung, in der er sich bis dahin wohl befunden! Nicht die Berdienste eines einzelnen, sondern die ganze republikanische Entwicklung hätten Frankreich zu seiner heutigen Stellung in Europa und zu seinen Freundschaften verhelfen. Darin uuierschntzte der Minister vielleicht die persön lichen Verdienste seines Vorgängers etwas. . . . Delcassö sammelte die Freunde, um sich ihrer gegen das ve, haßte Deutschland zu bedienen. Es war zu bemerken, nm welchem lauten und langen Beifall die Versicherung Pichons ausgenommen wurde, daß die Fortsetzung dieser Politik der Freundichasten nicht den Eindruck erwecken dürfe, als wäre sie gegen jemanden gerichtet, als soll: sie jemanden isolieren. Sie müsse nur dem Frieden dienen. Man habe in die Algeciras-Konferenz ge willigt, weil man sich vor sürchrencwerten Verwicklungen befunden habe; die Diplomatie wäre dazu da, sie zu lösen. In der Kammer hätte sich keine Stimme gegen die Konferenz erhoben, die Frankreichs Ansehen nicht verringert habe. Der von seiner Berliner Kolonialkonferenz bekannte Abg. Hubert konnte darauf im Namen der radikal-sozialistischen Partei lagen, man beglückwünsche sich zum vom Minister angedeuteten progressiven Rückzug Frankreichs von Marokko; er übertrieb damit die Versprechungen der Regierung, deren Irrtümer in Marokko er recht ironisch seststellte. JauröS hat mit der Verlesung von Briesen des in Marrakesch später ermordeicn Dr. Mauchanrp tatsächlich bewiesen, daß Pichon Muley Hafiv Geschenke wie für einen Souverän senden ließ, während er später, wohl weil die VersührungSkünstc nicht gelangen, gegen ibn Partei er griff! — Die fortschrittliche Presse erllärt sich befriedigt vom AuSgang der Verhandlungen. Die Nutzanwendung für Deutschland kann nur ans der französischen Praxis und nicht allein ans den Reden gezogen werden. Mädch-nerziehrrng. ES wird uns geschrieben: Die Zurücknahme des Dekrets wegen des Gesetzentwurfs über die prinzipielle Zulassung von Mädchen zu den höheren Schulen kann zwar nicht als die erste Amtshandlung des neuen Kultusministers in Sachsen bezeichnet werden, denn das Dekret, das so großes und berechtigtes Aufsehen erregt bat, trägt nicht den Namen des Herrn Dr. Beck in der Unterschrift. Es ist aber kaum ein Zweifel darüber möglich, daß die Maßnahme ihren Ursprung in den Ansichten und Wünschen Dr. Becks findet. Die Folge dieses Dekrets ist zunächst die, daß es für die nächsten zwei Jahre bei dem bisherigen Zustand rerbleibt, denn im Lause dieser Session kann man auf kemen Fall erwarten, daß ein so schwi-riger und um fangreicher Gesetzentwur', wie ihn die Reform der gesamten Mädchen erziehung erfordert, vom Kultusministerium und dem neuen Herrn, der sich erst eirnuarbciten hat, vorbereitet und dann von beiden Kammern der Stänvrversainmlung verabschiedet werden könnte. Das liegt ganz außer dem Bereiche der Möglichkeit. Aber auch für die fernere Zukunft sind die Äuesichiea für die Freunde der modernen Frauenbewegung nicht sebr günstig, denn man bat guten Grund an-u- nebmen, daß Herr Dr. Beck der Koedukation oder — um ras deutsche Wort zu gebrauchen — der gemeiv'amen Erziehung der beiden Ge schleckter wenig Vertrauen eutgegrnbringt. Die früheren Aeußcrungen des Heiru Dr. Beck in der Ersten Kammer lassen ibn allerdings nickt etwa als »inen Gegner besserer Mädchcnerziekung erscheinen, nur stickt er die Mikkel hierzu aus ganz ankeren Wegen als sein AmiSvorgäimel, der in diesem Punkte sehr liberale Anschauungen hatte und dessen Rücktritt auch von diesem Standpunkte aus von weiten Kreisen des Landes bedauert wird. Man wird sich nun darauf gefaßt machen müssen, daß in de: nächsttn Sitzungsperiode des Landtags eine Vorlage über die Reform der Mädckenerziedung erscheint, die als einen der wichtigsten Punkte die Errichtung einer Anzahl von Mädchen-Gymnasien in den größten Siädten des Landes vorschlägt. Dieser Gedanke ist von dem jetzigen Kuliusminister in einer DeputationSsltzung der Ersten Kammer jchon einmal aufgeworfen worden, fand aber bei dem damaligen Kultusminister wenig Gegenliebe. Es ist selbstverständlich, daß die Lösung des Problems einer besseren Mädckenerzicbung auf vielem Wege v el langwieriger und vor allen Dingen viel kostspieliger wird, da man einen ganz neuen Erziehungsorganismus zu schaffen hat. Man wird mit vielen Lebrern und wenigen Schülerinnen rechnen müsse», die Kosten der Gebäude selbst sind auch nicht gering zu veranschlagen, und dann wird man anck noch zu bedenken haben, daß der Lehrapparat bei einem so umfangreichen und komplizierten Organismus nur verhältnismäßig langsam und vor sichtig in Gang gebracht werden kann. Was aber noch schwerer wieat als diese vorwiegend finanziellen Bedenken, ist der Umstand, daß auch im günstigsten Falle, d. h. Wenn alles prächtig funktioniert, wenn die Mittel zur Schaffung des neuen Organismus reichlich vorhanden sind und vom Landtag mit der größten Freudigkeit bewilligt werden, daS Bedürfnis dock nickt vollkommen gedeckt wird. Es bleibt dir ungeheure Zahl der Mädcken ans Familien des besseren Mittelstandes in den kleineren Städten Sachsens, deren Eltern nickt so große Einkünfte haben, raß sie eine Pension in der Stadt bezahlen können. Geradediesen Mävchen verspricht aber eine bester«, moderne und zweck mäßige Erziehung die meisten Vorteile. In den großen Städten sind schon jetzt bei weitem mehr Bildungsmöglichkeiten für junge Mädchen vorhanden. Es ist ihnen schon jetzt viel leichter, sich auf alle möglichen Berufe vorzubereiten, ja man hat schließlich die Möglichkeit des „Dispenses". In der Gioßstadt läßt man sich viel leichter bereit finden, um diesen „Disperw* nachzusuchen als im kleinen Orte, wo die Vorurteile immer viel mächtiger find. Gewiß soll man sich nicht von Vorurteilen beeinflussen lassen, aber daS ist leicht gesagt, die Vorurteile sind vorhanden, und der Gesetzgeber bat mit den tatsächlichen Ver hältnissen zu rechnen. Der Dispens ist an sich, besonder« als Not behelf, eine ganz schöne Sache, aber eö ist eben nur ein Not behelf, und solange das Prinzip nicht durchbrochen ist, so lange werden fick Hunderte von Familien mit den allgemein zugänglichen Mitteln der Mädchenerziehung begnügen müssen. Man denke nur an mittlere und Heinere Beamte in den Kleinstädten. Und schließlich muß man ganz besonders iu Rechnung ziehen, daß der DispenS auf Widerruf erteilt wird, daß man sich also der Möglichkeit aussetzt, eine Erziehung zu beginnen, die aus irgend einem Grunde später nicht beendet werden lann. Alle Liese Bedenken machen die Zurücknahme deS eingangs er wähnten Dekrets zu einer betrüblichen Maßnahme. In Dresden bat bereits eine Versammlung nach einem Vortrag der Frau Professor Marianne Weber scharf gegen den Erlaß Stellung genommen und man kann erwarten, daß andere Kundgebungen folgen werden. Deutsches Reich. Leipzig, 31. Januar. * Ter Kaiser nahm am Mittwoch abend wahrend des Hofballes die Meldungen folgender Herren entgegen: deS neu ernannten Ober präsidenten Hegel, des neu ernannien Reichsbankpräsidenten Haven- stein, des in den Freiherrnstand erhobenen Kammerherrn Freiherrn von Koeckeritz, des neu ernannten Chefs des Admiralstabes Admirals Grasen Baudissin. — Am Donnerstag morgen besuchte der Kaiser den Reichskanzlei', nahm im König!. Schloß die Meldung des Admirals Büchsel, von seiner bisherigen Stellung als Chef des AdmiralstabeS enthoben, und des Generals von Bernhardt als kommandierenden Generals entgegen und hörte die Vorträge deS Chefs deS Generalstabes und des Ckejs des Militärkabinetts. * Vom VnnScsrat. In der Mittwochssitzung des Bundesrats wurde dem Einwurf eines Gesetzes für Elsaß-Lothrmgen über das Unter- richtsw scir Zustimmung erteilt. * „Ich will kein Zentrnms-Kaiser sein!" Unter dieser Spitzmarkc schreibt der „Bayr. Kurier": „Nach der neuesten Nummer des „März" hat der Kaiser den Ausspruch, er wolle kein Zentrums-Kaiser jein, zum Fürsten Bülow getan, worauf dieser es als seine erste Pflicht ansah, den Bruch mit dem Zentrum herbeizuführen. Die Mitteilungen des „März" sind nach unseren Informationen zutreffend; sie besagen aber auch, daß der neueste .Kurs nicht einer Laune des Kanzlers ent- Iprungen ist, und daß cs fraglich ist, ob mit dem Rücktritt des Fürsten Bülow eine andere Richtung einaefchlagen wird." — Tas klingt lieblich in den Ohren aller Nichtzentrumspolitiker. * Herzog Ernst von Lachseu-Altenburg Ein über daS Befinden des Herzogs Ernst auszezebeneS Bulletin besagt, wie aus Alten burg, 30./1., telegraphiert wird: Seine Hoheit der Herzog bat im Anschluß an die bronchitischen Halserscheinungen nicht unerhebliche sich häufig wiederholende asthmatische Beschwerden. Der Puls ist zufrieden stellend, der Krästezustand bat etwa« nachgelassen, gcz. Curschmann, Caminert, Reuter. * Neber das neue Reichsturpsiischercigcfctz erfährt das „B. T": Der jetzige Entwurf ist im wesentlichen aufgebaut auf den Beobachtungen, die auf der letzten Ausstellung im Neichstagsgebändc anläßlich des A c r z t e k o n g re ss c s gemacht wurden. T'.e dort gezeigte Abteilung snr tturpsuschcrtilm stand unter Leitung des Dr. Alexander aus Breslau. Ter Entwurf hat bis jetzt solaciide Stadien durchlaufen: Zuerst wurde eine Umfrage bei den Bundesstaaten veranstaltet, worauf das Material dem Bundesrat zuginz. Dieser nahm die gebotenen Anregungen mit einigen Umänderungen an und verwies die Materie dann an das Rcichsamt des Innern zur redaktionellen Verarbeitung. Nachdem dies geschehen ist, geht der Entwuii an die einzelnen Bundesstaaten zurück. Nach ärztlicher Ansicht hat die Vorlage den Fehler, daß das Kurpfuschertum und die G c h e i m m i 1 t e l f a b r i k a t i o u nicht genügend und sachgemäß von einander getrennt gehalten wurden. ES wäre angebrachter gewesen, jede dieser Materien besonders zu be- handeln. * Budqetkommijsion de« Reichstages. Die Kommission begann am Donnerstag die Beratung des Etats der ReichSvost- nnd Tele grap h c n v c r w a l t n » g. Bei dem Titel „Mittlere Beamten" fragte Abg. H a m c ch e r sZtr.l, ob und wann die Besoldungs vorlage kommen und aus welche Beamienkategorien sic sich de- neben würde Ilntcrstaatsickretär Twele vermochte darüber noch keine Auskunft zu neben, obwohl die Beratungen in den Ressorts als abgeschlossen netten könnten. Abg. Eickhofs fFm. Vp.1 bat, die Ar beiten so zu beichleunigen, daß über die Vorlage noch vor Ostern be raten werden könne. Untcrstaatsiekretär Twele erwiderte, die Re gierung wünsche ebenfalls, die Vorlage möglichst bald an daS Hau«
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