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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.02.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080219028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908021902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908021902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-02
- Tag 1908-02-19
-
Monat
1908-02
-
Jahr
1908
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den ErkGuternngen d«SK8»stlerS und mit besondere» Worten des Danke» zeichnete er diesen auS. Che der Monarch sich de« Besuch der Universität zutvaudte, begab er sich noch ans kurze Zeit nach dem -- > «rasfimnsem». Hier führte der Direktor dcS Städtischen Museums für Völker kunde Professor Dr. Weuke dem Monarchen die mngsten Erwerbungen des Museums vor. Cs waren dies die aus dem Fonds der Ferdinand- Mode-Stiftung angekauftrn lapanischen Bronzen, die schönsten und wertvollsten ihrer Art auf dem Äontinent, deren Besitz sich kein Museum zu rühmen vermag. Unter diesen einzig dastehenden plastischen Werken spanischer Kunst nahm dann der König noch die hohen Tanzfiauren von Baining, Neu-Britannien (Bismarckarchipel), sowie einen Teil der Sammlungen des (Lhiuasaales mit den Gegenständen aus Birma und China in Ängenschein und verfügte sich dann um 11 Uhr nach der s Universität. ", * 5 Dort hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt, die den Monarchen mit lebhaften Hochrufen empfing. In der Aula wurde der Snnig von dem Rector inagnihicus Geheimrat Professor Dr. Cdun und Geheimrat Professor Dr. Binding begrübt und unter Hoch rufen der anwesenden Studenten nach dem Hörsaal Nr. 40 geleitet. Das Auditorium erhob sich beim Eintritt des Königs und begrüßte ihn nach alter studentischer Sitte mit andauerndem und lebhaftem Getrampel. Professor Dr. Binding sprach über die Schwierigkeit der Be weisführung im Falle eines in der Vergangenheit begangenen Ver brechens, für welches Zeugenaussagen vollständig fehlen. Der Richter stehe in dieiem Falle vor der Alternative, den Verdächtigen entweder mangels Beweises sreizusprechcn, oder das indirekte Beweisverfahren, den Weg des Indizienbeweises einzuschlagen. Die Karolina hatte diesen letzteren Ausweg verschmäht und war deswegen, um zu einer Verurtei lung zu gelangen, gezwungen, ein Geständnis hcrbeizuführe», was bis in das späteste Mittelalter hinein durch die Folter geschah. Die Ab schaffung der Folter durch Friedrich den Großen im Jahre 1740 bedeute die Anerkennung des Indizienbeweises. Die Frage, ob es möglich sei, durch Wahrscheinlichkeitsschlüsse eine überzeugte Verurteilung des An geklagten herbeizuführen, beantwortete Professor Binding mit einem Beispiel aus der Praxis. Zum Schluß der Vorlesung brachte das Auditorium auf den König ein dreifaches, donnerndes „Hoch" aus. Auf der nun folgenden Fahrt nach dem Mineralogischen Institut war der Monarch Gegenstand lebhafter Ovationen seitens des Publikums. Im Mineralogischen Institut c- -- sprach Geh. Rat Professor Dr. Zirkel über den sächsischen Erzberg bau. Der Gelehrte verbreitete sich über die Anfänge des Erzbergbaues in den Waldungen des Klosters Zella, die dann zur Gründung der alten Bergmannsdörfer Christiansdorf (das heutige Freibergs, Tuttendorf und Bersteldorf führten. Im weiteren erläuterte er die Entwickelung des Bergbaubetriebes, den ehemaligen Raubbau und die darauffolgenden schweren Zeiten im 15. und 16. Jahrhundert. Ein besonders reicher Fund war der vom 6. Februar 1471 auf dem Schneeberg, wo eine 7 Ellen hohe und 3^> Ellen breite Silberader gefunden wurde. Wie reich damals die Ausbeute war, erhellt aus der Tatsache, daß viertel jährlich pro Kux 1100 Taler ausgeschüttet wurden. Schließlich kam der Gelehrte noch auf die Funde von Kobalt, Zinnstein, Rotgüldigerz zu sprechen und hob hervor, daß Sachsens Bergbau unter der Konkurrenz des Auslandes schwer zu leiden hat, dennoch aber auf eine Besserung hoffen kann, sobald in den australischen Gruben der Tagebau erschöpft sein wird. Die Studierenden brachten ein Hoch auf den König aus. Der König fuhr dann nach dem Palais zurück. Die Königliche Tafel. Zu der heute nachmittag 5 Uhr stattfindenden Tafel im Kgl. Palais sind geladen die Herren Overstallmeister Generalleutnant v. Haugk, General L lu suite, Generalmajor v. Müller, Flügeladjutant Major v. Arnim, Itaatsminister Dr. Beck, Ministerialdirektor Geheimer Rat Dr. Roscher, Generalleutnant v. Kirchbach, Oberstleut nant Leuthold, Hauptmann v. Wolf, Generalleutnant o'Elsa, Major Richter, Generalmajor von Jarisch, Oberst Gadegast, Oberst Hempel, Major Lippe, Generalarzt Professor Dr. Trendelenburg, General oberarzt Dr. Arland, Major Hildebrand, Oberstleutnant z. D. Friedrich, Major v^Schrveter, Major Schnlyc, Major Schuster, Major v. Schönberg, Major Becker; von den Be- Hörden die Herren Kreishauptmann Frhr. v. Wclck, Oberbürgermeister Justizrat Dr. Tröndlin, Bürgermeister Dr. Dittrich, Stadtver ordnetenvizevorsteher Justizrat Schnauß, Oberpostdirektor Do rn iz la ff, Landgerichtspräsident Schmidt, Amtshauptmann .Kammerherr v. No st itz-Wallwitz, Krcissteuerrat Oberfinanzrat Liebert, Eisenbahndirektor Oberbäurat Weidner und Polizei- Hauptmann Ze hl; von der Universität die Herren Rektor Magnifikus Geh. Hvfrat Professor Dr. Ehuu, Dekan Geh. Rat Professor Dr. Binding, Geheimer Rat Professor Tr. Zirkel und Geheimer Hofrat Professor Dr. Mitteis; ferner die Herren Geheimer Kommerzienrat Zwei Niger, Generalkonsul Ter Ham, Konsul Bousquet, Geheimer Hofrat Dr. Schober, Superior Pfarrer Ichmiltmann, Wirk!. Geheimer Legationsrat Dr. Göh ring, Dr. Philipp Fiedler, Stadtrat a. D. Alfons Dürr, Rechts anwalt Dr. Anschütz, Buchhändler Max B r o ck h a u s,^fowie Pro fessor Max Klinger und Akademiedirektor Professor ^see tiger. Deutscher Reich. Leipzig, IS. Februar. * Umsatzsteuer» und Jadrikanteniuteresse«. Eine umfangreiche Agi tation gegen den beim Landtag im Königreich Sachsen gestellte» An- trag der Konservativen auf Besteuerung de- Umsätze- der Warenhäuser und Filialgeschäste bereiten, une die «Deutsche Mittelstands-Korrespon denz" erfährt, die sächsischen Fabrikanten vor. Sic gehen dabei von dem Standpunkte auS, daß weniger die Warenhäuser und Filialgeschäste durch diese Steuern die Betroffenen sein werden, als vielmehr sie selbst. Darin einmal würden sie direkt getroffen dadurch, daß die besteuerten Tetailgeschäfte die Steuer auf sie abwälzen würden: zweitens befürchten sie eine Einschränkung des Konsums, die eine erhebliche Rückwirkung auf die Produktion haben würde; drittens ziehen sie die Verschlechterung der Oualiiäten in Betracht und viertens die mit der verminderten Pro duktion verbundene» Arbeiterentlassungen. Diest Petition der sächsischen Fabrikanten wird bei den Beratungen über die Umsatzsteuer im säch sischen Landtage und auch auf die Regierung ihre Wirkung nicht ver fehlen. * Zur Interessengemeinschaft der Handluugsgehilsenverbände. DaS Organ des Verbandes deutscher Handlungsgehilfen (Leipzigs erörtert sehr eingehend die Besprechungen, in welche Vertreter dieses Verbandes und des Deutfchnativnalcn tzandlungsgehilfenverbcrndes über die Er- zielung einer Interessengemeinschaft beider Verbände jüngst eingetretcn ind. Nachdrücklich wird dabei betont, daß der Leipziger Verband seine trikte Neutralität gegenüber Politik und Religion aufrecht erhalte und >aß auch das neue Gebilde unpolitisch bleiben müßte. Die Ueberein- timmung beider Verbände in bezug auf die sozialpolitischen Ziele und die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der Gehilfe» gegenüber dem immer stärker werdenden Widerstande der Unternehmer auf sozial- politischem Gebiete hätten zu der Erkenntnis geführt, die gegenseitige Befehdung einzustellen und die vereinte Kraft auf die Durchführung der sozialpolitischen Forderungen zu richten. Ob dies geschehen könne und wie es zu geschehen habe, erörtere die eingesetzte Kommission; die General- Versammlung des Verbandes habe das Schlußwort zu sprechen. Falls die Verhandlungen zu einer Interessengemeinschaft führten, würden sich die beiden Verbände auf einer mittleren Linie treffen, auf der die ganze Handlungsgehilfenbewegung marschieren müsse, auf der jedoch von Parteipolitik nicht die Rede sein könne. O * Der Stapellans „Ersatz Bayern". Wie die „Inf." erfährt, ist der Stapellauf des neuen Linienschiffes „Ersatz Bayern" in Anwesenheit des Kaisers nach den letzten Dispositionen auf den 6. März anaesetzt worden. Der Monarch wird während seines Aufenthaltes in Wilhelmshaven, dessen Dauer noch nicht festgesetzt ist, auf der „Deutschland^ Wohnung nehmen und auch einen Abstecher nach Helgoland, welche Insel ec übrigens regelmäßig von Wilhelmshaven aus besucht hat, machen. Außer dem ist die Vereidigung der Marinerekruteu, ein Frühstück beim Stationschef und ein Herrenabend vorgesehen. Ebenso wird voraus sichtlich auf der Reise ein Besuch des Bremer Ratskellers erfolgen. Man nimmt an, daß das neue Schiff den Namen „Bayern" erhalten wird. * Der Gouverneur von Dentsch-Samoa Dr. Solf, der bekanntlich aus privaten Gründen nm einen längeren Urlaub nachgesucht hat, wird Anfang März in Deutschland emtreffen. Gouverneur Dr. Solf wird sich hier etwa ein halbes Jahr aufhalten. * Herrenhaus nnd Enteignungsvorlagc. Tie Beschüsse, die di« Kom mission des Herrenhauses am Schluß ihrer zweiten Lesung gefaßt hat, werden vielfach so gedeutet, als sei damit das Scheitern der Vorlage sehr wahrscheinlich. Es werden darum schon Stimmen laut, die teils einer Auflösung des Herrenhauses das Wort reden, teils der Regierung emp fehlen, einen Pairsschnb vorzunehmen, durch den sie sich für ihre Wünsche eine Mehrheit sichern könne. Demgegenüber hören wir, daß in Paria- mentarischen Kreisen die Abstimmung der Kommission durchaus nicht als bestimmend für das Plenum angesehen wird. Zunächst läßt die Ab stimmung einer Herrenhauskommission schon insofern keine sicheren Schlüffe auf das Mehrheitsverhältnis im Plenum zu, als die Auswahl dec Mitglieder nickt nach der Stärke der Parteien, sondern nach be sonderen Gesichtspunkten, z. B. dem der Sachverständigkeit, des persön lichen Interesses usw. erfolgt. Zweitens ist die Annahme des Antrages Lötning-Dziembowski mit nur geringer Mehrheit erfolgt. Ein Antrag aus Vertagung, der vor der Abstimmung gestellt wurde, hatte gar zuerst 13 Stimmen für und nur 12 gegen sich. Bei der Gegenprobe, die ver langt wurde, änderte ein Mitglied seine Meinung, so daß die Vertagung nunmehr mit 13 gegen 12 Stimmen beschlossen wurde. Der Antrag auf Vertagung erfolgte auf eine unzweideutige Erklärung der Regierung hin, daß der Antrag Löhning für sie unannehmbar sei. Es finden nun neue Verhandlungen unverbindlichen Charakters statt, die eine Aende- rung des Kommissivnsbeschluffes im Plenum zum Ziele haben. Die Re gierung wünscht eine Aendernno der Besitzgrenze von 10 auf 20 Jahre. * Staatsbeihilfen an die Antialkoholiker. Der Hamburger Senat beantragt, daß dem Deutschen Verein gegen denMitzbrauch geistiger Getränke für die Jahre 1908 bis 1910 eine Staatsunter- stützung von jährlich 500 gewährt und der Betrag der Unterstützung für 1908 mit 500 nachträglich in das Staatsbudget eingestellt werde. — Ferner wird beantragt, daß der Hamburger Baugenossen schaft für Guttempler-Logenhäuser für die Jahre 1908 bis einschließlich 1912 eine Staatsnnterstützung von jährlich 4000 -E ge währt und der Betrag der Unterstützung für 1908 mit 4000 nach träglich ebenfalls in dos Staatsbudget eingestellt werde. * Harden-Prozctz Das „Berliner Tageblatt" erfährt zum Moltke- Harden-Prozeß, daß Staatsanwalt Rothe mit Unterstützung des Staats- anwaltschaftsrateS Naasch die Erwiderung der Staatsanwaltschaft auf die bekanntlich 53 Rügen enthaltende Revisionsbegründung gegen das Urteil abgesaßt hat. Die Akten gehen jetzt an das Reichsgericht. * vmi per Münchener Universität. Angesicht« dir sich stet« wieder holenden Studentendemonstratioaen gegen den Professor Barderchewrr soll da- bayrische Kultusministerium auf ernstere Maßnahme» bedacht sein, »m „die Lehrfreiheit zu schützen". Da» klingt ja fast wie Hohn, nachdem dasselbe Ministerium eine Lehrfreiheit für Professor Schnitzer nickt konstatieren konnte. — Unter einem Teil der Professoren soll die Absicht bestehen, die Entfernung der theologischen Fakultät von der Universität zu fordern, weil bei ihr die Voraussetzung der Lehrfreiheit nicht gegeben sei. * Gegen das vereinsgesetz. Gestern abend fanden in den 6 Wohl- kreisen Groß-Berlins sozialdemokratische Protestversammlungen gegen die Neichsvereins-Gcsetz Vorlage statt, in welchen eine ge- meinsame Resolution zur Annahme gelangte, nach der die Vorlage als reaktionär zu verwerfen sei. Ausland. * Im französischen Se»at war gestern ein „großer Tag". Zunächst wurde über Verkehrssragen verhandelt und manche interessante Mit teilung dabei gemacht. Der Minister der öffentlichen Arbeiten Barthou erklärte das Projekt eines Seitenikanals der Rhone, das 500 Millionen kosten werde, für das am weitesten vorgeschrittene; ferner, daß er nächsten Oktober eine internationale Konfe renz nach Paris zu berufen beabsichtige, die sich mit der Abnutzung der Straßen durch denAuiomobilismus beschäftigen werde. (Beifall.) Alsdann brachte Gaudain de Vilaine sRechtel eine Interpellation über die Lage des französischen Expeditionskorps in Marokko ein. Der Interpellant untersuchte der Reihe nach die Be setzung von Casablanca, die Periode der Defensive unter General Trude und die der Offensive unter General d'Amade und» bemängelte diese drei Etappen der französischen Aktion. Er kragte, ob tatsächlich die Artillerie Muley Hasibs von Deutschen gerichtet u>erde. Er wünschte die Zurückziehung der französischen Truppen aus Marokko und ihren Erian durch ein Beobachtungskorps von 10 000 Mann an der algerischen Grenze. Redner beantragte eine Tagesordnung, welche die Regierung auffbrdert, ohne Mweichung von der Alaecirasakte, ohne Erob,vungs- sucht und ohne Annexionsgelüste die französische Pazifizierungs- alte in Marokko dahin zu lenken, daß ihre Basis an die algerische Grenze verlegt wird. Ein Verteidiger der ministeriellen Politik ent gegnete: Haben wir schon emmal in Panama Bankerott gemacht, so dürfen wir keinen zweiten in Marokko erleben. Unsere Politik muß das Kennzeichen tragen: weder Rückgang noch Eroberung. Dann wer den wir infolge unserer freien Wahl uniere Politik des guten Glaubens krönen, die nach so langer Jsolievum, uns jene Bündnisse und Freund- schäften verschaffte, weiche unsere Stärke bilden. Hierauf wurde die Sitzung geschloffen. * Kämpfe in Marokko. Ein Radiogramm aus Casablanca meldet, daß Oberst Taupin gestern und vorgestern Gefechte mit Eingeborenen hatte, bei denen mehrere Angriffe des Feinde? mit dem Bajonett zurück gewiesen wurden. General d Amade hat am Sonntag Settat besetzt und dort biwakiert. Am Montag hatte der General ein Gefecht mir dem Mdakrastamm. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. * Von der französischen Flotte. „Eclair" bringt eine aufsehen erregende Meldung aus Tanger, daß alle Schiffe des französischen Ge schwaders an der marokkanischen Küste sich in k l ä g l i ch e m Z u st a n d befinden. Die Schiffe, welche seit langer Zeit in Reserve liegen, be- finden sich nicht mehr in der Verfassung, um dem ihnen übertragenen Dienst genügen zu können, während die anderen ungeeignet sind, den Dienst zn versehen. Es werden deshalb Unterhandlungen mit Reedern gepflogen wegen Überlassung einer Anzahl Handelsschiffe! * Französische Svionagegeschichte. Pariser Depeschen vom 19. er- zählen: Unter dem Verdacht der Auskundschaftung der Lebaudyschen Ballonwerkstätte wurde ein Oesterreicher namens Krummholz, an- geblicher Architekt, und dessen Geliebte, Gertrud Brieger. eine Reich S- deutsche, hier verhaftet. Die Anzeige erstattete ein Dolmetscher. — Nach einer späteren Nachricht handelt es sich um gar keinen Spion, sondern um einen Hochstabler. * Die finnische Frage. Ein Privattelcgramm unseres Peters burger Korrespondenten meldet uns: Iswolski befürwortete eine maßvolle Finnlandpolitik» um mit Rücksicht ans den Balkankonflikt die englische Volksstimmung für Rußland einzunehmen. * Ans der Dnma. Bei der Prüfung der Mandate des Gouverne. nrcnts Minsk erklärte die Neichsduma am 18. Februar in geschlossener Sitzung mit 335 gegen 23 Stimmen bei 76 Abwesenden nnd 4 Stimm enthaltungen in Uebereinstimmung mit der Meinung der Sektion, daß tue Wahl des Abgeordneten Schmid gesetzwidrig gewesen sei, und schloß Schmid ans der Zahl der Abgeordneten, aus. * Die Zustände i» Barcelona, die dies? Stadt stit Jahren zu einem spanischen Lodz gemacht haben, gelangten am 18. Februar zur parla mentarischen Besprechung. In beiden Häusern des Parlaments wurde nämlich über die zeitweilige Aufhebung der konstitutionellen Garantien in Barcelona verhandelt, die Ende Dezember infolge von Bomben- anschlägen verfügt waren. Die Mitglieder der Minderheit unterzogen diese Maßregel der Regierung einer lebhaften Kritik und führten aus. auch durch die Tatsache, daß wieder zwei Bomben in Barcelona explodiert seien, werde erwiesen, daß diese Maßregel unwirksam sei. Die Redner erklärten die Maßregel für willkürlich. Im Senat vertrat ein Demokrat die Ansicht, daß die letzten Bombenanschläge nicht von Anarchisten aus geführt seien. Die Regierung müsse eine andere Spur verfolgen. Auch müsse der Vorwurf erhoben werden, daß die Behörden in Barcelona un geschickt seien, und daß die Polizei nicht genüge. Der Minister des Äeußern erwiderte, es sei nicht möglich, die Anschläge ganz zu verhindern, aber dank den getroffenen Ucbcrwachnngsmaßrcgeln würden die Bomben nicht mehr in verkehrsreichen Straßen, sondern in verlassenen Gassen rümpft, öffnet sich im Hintergründe eine tiefe Spalte, durch die der Strom nach Süden eilt. Es ist das Felsentvr Demir-Kapu, die ehe maligen Engen des Axios, eines der großartigsten Naturbilder der Bal kanhalbinsel. Ein kurzer Tunnel, an dem die Technik ein Probestück geliefert hat, führt uns durch den linken Jelsenvorsprung hinaus ins freie Feld. Auch die Alten harten es gewagt, ihre Kunststraße am Fuß dieser Felsriesen, am Wardar entlang dahinznführen, während ein fiterer Wea die Höhen ersteigen mußte. Neben dem modernen Tunnel erkennt man noch heute den alten in das Gestein gehauenen Straßen einschnitt, ein Werk, das besonders an die pontrschen und paphlagonischen Felsenbauten erinnert. Eins andere Luft weht uns entgegen, wenn wir die beengende Schlucht verlassen haben: freundlich und anmutig ist die offene Land- chaft, wasserreich, mit Reiskulturen versehen; hier und da rauscht das Wasser über hohe Mühlräder herab und aus der Ferne tönt uns das gleichmäßige Geläute der auf steilen Hängen weidenden Ziegenherden entgegen. Nördlicher kommen wir in nahezu unzemffchte Landschaften, wo sich der Bulgare die Oberhand erkämpft hat. Bei Krivolak hält der Zug. Die Station hat große Bedeutung. Nach Westen zu liegt der unruhige Distrikt Kaiadar mit dem Orte Negotin, dessen mittelalter licher Burgturm uns schon aus der Ferne auffällt. In der Richtung nach Osten führt die Straße nach Jstib, ein Handelszentrum ersten Ranges, aber abgeschlossen und dem Fremden wenig zugänglich. In der ausgesprochenen Beschaffenheit einer Talbahn führt der Schienen strang immer am Ufer des Wardarfiusses entlang nach Norden. Wir er reichen den Zusammenfluß der Tscherna mit unterem Strome und hier liegen die verlassenen Trümmer einer großen mazedonischen Stadt, die Ruinen von Stobi, von hohen Schuttmaffen vergraben. Der Pflug wühlt alljährlich das Erdreich ans und eine reiche Ernte belohnt den genügsamen türkischen Landmann. Dem Ruinenfelde gegenüber debnt iick von Palekura nach Kuri.ein großes, sorgsam gepflegtes deutsches Landgut aus. ^Ueberaus günstig ist oie Lage an dem Zusammenfluß von iwei großen Strömen, denn die Tscherna gilt heute noch als eine der bedeutendsten Verkehrsadern des nördlichen Mazedoniens. Die Fahr ffraße nach Monastir folgt diesem Wasserlauf, sie nimmt ihren Anfang oei der Haltestelle Gradsko. Hier, bei Stobi, liefen in älterer Zeit, jo wie auch heute noch, die bedeutendsten Heeresstraßen zusammen. Mit dem Verfall dieser Wege ging auch die Stadt Zugrunde und aus ihren Ruinen blühte nördlicher «in Ort auf, der sich bis auf den heutigen Tag eine gewiffe Bedeutung bewahrt hat. Es ist dies die 18 000 Einwohner zählende Stadt Velcs, von den Türken seiner Brücken wegen Köprülü genannt, das ältere Bhlazora. Von der alten Herrlichkeit ist nicht viel übrig geblieben, aber Köprülü hat heute einen reichen Handel und ffeißiae qewerbtreibende Einwohner. Wer einmal Gelogenhclt hat, auf dem Panajirmarkt die Köprülianor zu beobachten, wird in der Lage sein, ihren Gewerbefleiß und ,hr Geschick zu bewundern. L,e Weberei und Töpferei von Köprülü ist logar von einiger Bedeutung geworden. Indem wir »ns dem vorläufigen Endpunkt unserer Fahrt nähern, verlassen wir das eigentliche Gebiet von Mazedonien. In den ersten Nachmiitagsstundcn treffen wir in Nesküb ein. nachdem wir auf einer fast sechsstündigen Fahrt 243 Kilometer durcheilt haben. UcSküb ist eine durchaus entwicklungsfähige Stadt, der Hauptort Altserbiens. 30000 Einwohner bevölkern diese Stadt, über die ein Geist weht, der ganz verschieden ist von dem in den südlicheren mazedonischen Gebieten. Serben, Albanesen und Mohammedaner haben sich hier niedergelassen. * Parabeln. Marie v. Ebner-Eschenbach veröffentlicht im neuesten Heft der „Oesterreichlschen Rundschau" einige hübsche Parabeln, darunter zwei, „Ein Dunkeltier" und „Die Pygmäen". Cie lauten: Ein Maulwurf, ge fräßig, wie alle seines Geschlechtes sind, war auf einem Raubzug begriffen. Er wurde von einem Füchslein beobachtet, das ihn nach einer Weile fragte: „Warum gehst du immer nur der Nase nach? Mache doch die Augen auf!" „Werde mich wohl hüten", erwiderte der Maulwurf, „es könnte mir ja Licht hineinfallen". — Zwei reisende Pygmäen erfuhren zufällig, daß ein großes Etwas, an dem sie vorbeige kommen waren, ein Riese gewesen sei. Nach Hause ^urückgekehrt, erzählten sie von diesem Erlebnis und wurden mit Fragen bestürmt. „Einem Riesen seid ihr begegnet — LaS ist ja ungeheuer merkwürdig! Wie sieht er denn auS, so ein Riese? Wie ist er denn?" Die Kleinen nahmen etwas wegwerfende Mienen an und sagten: „Wie soll er sein? Staubig ist er." Sie hatten nur den Rand seiner Stiefelsohlen gesehen. * Haeckel über de» Montstenbnnd. Tie Ortsgruppe Jena des Deutschen Monistenbunde» veranstaltete am Sonnabend zu Ernst HaeckelS 74. Geburtstag im „Weimarischen Hof" eine kleine Feier, zu welcher Ernst Haeckel erschien. Der berühmte Gelehrte hielt bei dieser Gelegenheit eine kleine Ansprache, in der er seiner Freude Ausdruck gab, daß der Mcntslenbund, trotz der Schwierigkeiten, die er von Anfang an gesunden habe, an Bedeutung gewinne. Leider müsse er aber sehen, daß gerade aus den Kreisen, ans denen zuerst «ine Unterstütmng erwartet werden konnte, au» den Kreisen der Naturforscher, die Teilnahme sebr gering sei. Es seien ihrer nicht viele, die rS wagten, den „gefährlichen Pfad der monistischen Denkweise" zu betteten. Der Meinung, daß die Wahrheit nur für die höher gebildeten Klassen sei nnd daß man sich hüten müsse, die monistisch« Lebre Ins Volk zu tragen, trat Haeckel mit Entschiedenheit entgegen. Die Arbeiter stünden in der tieferen Erkenntnis der Erscheinungen oft auf einem viel höheren Niveau, al- die sogenannten höheren Klaffen. Jedenfalls sei nicht mehr daran zu denken, «Ine Schranke zu ziehen. Wenn er letzt, am Ende seiner Laufbahn, zurückblicke, so könne er wohl sagen, daß die viele Mühe, die er bewnder- in den letzten 40 Jahren aufge- wendet habe, nicht ohne erfreuliche Früchte geblieben fei. In diesen Tagen habe er aus den verschiedensten Gesellschaftsklassen, au» allen Gegenden der Welt, so viele Briefe erhallen, daß diele Anerkennung ihm zeige, daß er den richtigen Weg gewandelt. Daß die rückschrittlichen Bestrebungen, die sich — von bochstehenden Personen unterstützt — noch überall geltend machen, auf die Dauer von Erfolg sein werden, könne er nicht glauben, den Sieg werde und müsse die naturwissenschaftliche Erkenntnis davontragen. * An» Zeitschriften. Da» vorliegende zweite Februarheft der Halb monatsschrift „März" enthält eine Reihe w-rlvollrr Beiträge. Der Turiner Professor Guglielmo Ferrero geht In seinem Aussatz „Die wirtschaftliche Krise und die Fortschritte d»S LuruS" den Ursachen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Krise noch. Urber die „Ausstellung älterer englischer Kunst in der König lichen Akademie der Künste zu Berlin" schreibt Sabine LevstuS und unter stützt ihre Ausführungen durch die Reproduktion mehrerer Porträtwerke der englischen Meister. Kurt Aram spricht über „Münchens Niedergang als Theater stadt" und kommt zu dem Ergebnis, daß nur eine ernsthafte Konkurrenz die gegenwärtigen Münchner Bühnen auS dem Schlendrian herausreißen kann. Jacob Schäffner steuert einen neuen, von Natursrische durchwehten „Märzbrief" bei, der diesmal vom Sport und von Berlin handelt. Eine Erzählung „Der Tod Les Bruder» Antonio" wird die Verehrer Hermann Hesses erfreuen. Ein Aufsatz von Frank A. Vanderlip „Streifzüge eines Amerikaners durch die politischen Probleme des europäischen Kontinents" wird interessieren, besonders die Ausführungen des Verfassers über die Sozial demokratie in Deutschland und über die liberalen Entwicklungen in Europa überhaupt. Olto Erich Deutsch veröffentlicht zwei Briefe Ferdinand Kürnbergers, in denen Kürnberger sich über seinen einen erotischen Einschlag aufweisenden Roman „Schloß der Frevel" in einer Weise ausläßt, die die heute wieder stark ihr Unwesen treibenden Nuditätenschnüffler sä votsm nehmen sollten. Weiter bringt da» Hest die ForlseNung des Romans „Zwölf aus der Steiermark" von Rudolf HanS Bartsch. In den Rubriken Rundschau und Glossen finden wir eine Anzahl aktueller Themata behandelt. — Im achten Heft der „Schaubühne" finden wir: Ein Dezennium Scblentber von Felix Salten; Besprechung eines Drama» von Peler Altenberg; Rudolf PreSber und Eberhard König von Siegfried Jacobsohn: Vier Kammerspiele von Lou Andreas SalomS; Norwegische Theaterkunst von R. MenS; Romantische Fahrt von Karl Fr. Nowak: Einfälle von Fr. Kreidemann und Rundschau. — Anläßlich der 25. Wiederkehr des Todestages deS Bayreuther Meisters ist daS 2. Februarhest von „Bühne und Welt" (Otto ElSnerS Verlag, Berlin) in doppeltem Um fange alS Richard-Wagner-Gedenkheft erschienen. * Hochschulnachrtchten. In Heidelberg wurde der Privatdozent in der medizinischen Fakultät und AbteilungSvorstehrr im Krebsinstitut Dr. Th. v. Wasie- lew«ki zum Extraordinarius ernannt. — Der a. o. Professor an ter Bonner Universität Dr. Walter Kaufmann hat einen Rus al- Ordinarius und Direktor de» physikalischen Institut» nach Königsberg erhallen. Er soll dort Professor G. Schmidt ersetzen, der nach Münster übersiedelt. — Wie man uns au- Hamburg mitteilt, wird Professor Dr. D. W. Neye, der seit Kü Jahren die Irrenanstalt Friedrichsbera leitet, am 1. April in den Ruhestand treten. — AuS Neuenburg wird berichtet: Der EtaalSrat genehmigte den Rücktritt Professor Dr. Robert Weber» von seiner Lehrstelle für Physik an der hiesigen Akademie und ernannte zu srürem Nachfolger Prof. Adrien Jaquerod aus Gens. Zum Professor der Literatur an Stelle dr» verstorbenen Prof. F.Tripet wurde Dr. Heinrich Spinner ernannt und zum Profissor für griechische und römische Grammatik Dr. Max Wideman«. — Der Privatdozent der Geologie an der Univeesttät Jena Dr. Karl Walther hat einen Ruf als Professor für Geologie und Bodenkunde an die neugrgründete „agronomische Fakultät" der Universität Montevideo (Uruguay) erhalten und wird dem Rufe Folge leisten. * Kleine Chronik. Für die Robert.Koch-Stiftung hat Andrew Earnegi«, wir die von Pros. HInneberg berau-gegeben« „Intern. Wochenschr. für Äissenich„ Kunst und Technik" erfährt, die stattliche Summ« von VOO OOO>l zur Verfügung gestellt. .
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