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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.01.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080125029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908012502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908012502
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-01
- Tag 1908-01-25
-
Monat
1908-01
-
Jahr
1908
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VezugS-Preis Abend-Ausgabe 8. Anzeigen-Pi ri- iftr L« >zia «»» ««rt» »«ch u>l«r, juck vr»dtt»w-» «X HOL« ««bracht, «u»«el «u«a»ti »t«rt«I1Lhrltch Hl.; de»dr) vtertel, ch 1^0«. W»a berede»! wa tggltch) inierhald DeutIchlaiM ou» »« d«utlch«i Kolonien «iertetztbrlich b.L A.. «onatlich l,7L M. «uilchl Poft. ltr Oeftrrreich ft L 86 h. 8 L vt«ttrlttl,rl>ch Kerner in «ei. »em-rt. den Lonauftaalen, Krank, vuremduro, «lederlande. »lau», Schweden. Schwel, I» all" »dr,g»n Staaten «e Kl»«», d. St. erhältlich. Ldmiiew«»r-*nnadm«> N-«oftu«vIa, t«, bei stieren lrügern, Mltalea, kpebireure» lui» Sanahweü^en^wwt« Pofttmreru na» Ll, «tn^lu» «nnuaer koket w Vftz. Nabaktta» an» «rre»Mon> gol>aa»««aftr 8. relerhon lkr. 14882, Sir. I4SS^ «r. 14894. lln, WWM.TagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates «nd des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. lbr Jnlerar« «>« oewzift ano Umgebung »l« Sgeipaltene Peruzeile 2L Pt., sinanziekl« Innige- itü Pt.. Sieklamen I M ; von autwän« » Pi., «eklamen l.2v M.i vornLutlandbOPi., ftnanz. Ln,eigeu7ÜPt., Reklame» t^ü M. gnierate o vehbrbea < iramilichen Teil 4liV veilagegedübr b Pi. ,. Lautend e^kc Pol», gebühr Keichätrtan^lgen an deoorjugier Stell« im Preiie erhöht öiodan nach Larit F«fierteilt« Putträg« können n>ch: zurück- «erogen werden Hür da« iLrichnnen an bestimmten Lagen unk Plahen wir» kein« Garantie übernommen. »neigen. Lauahme i LuguftuBpla, S, bei itmrllchea Kitialeu u. allen itlnnonceu- Lrredltiouen de« Ja» und «Urlaubes. San»« - Utltal« Berlin! Lari Du Nike,, Hervgt. Bahr. Hofhuch. Handlung, Lühowstraße 10. (Lrlerhou VI, Sir. 4603). Nr. 24 Sonnabend 25. Januar 1908. 102. Iabrqanq. Amtlicher Teil. 200 Marl Belohnung! Gestern abend gegen '/«7 Uhr ist der bei« Post amte Leipzig-iSulrihsch augeftellte Briefträger Rudel auf dem Rückwege von feinem Landbeftellgauge (Tee hausen-Göbschelwitz-Hohenheida» auf der Dübener Chauffee in unmittelbarer Nähe der Chemischen Fabrik von Sleefeldt L Co. hinter Cutritzsch von zwei unbekannten Männern vermutlich in räuberischer Absicht «»gefallen worden. Ter eine Unbekannte hat dem Briefträger mit einem Knüppel einen Schlag über de« Hinterkopf versetzt. Auf das Hilferufen des Ver letzten sind die beiden Unbekannten in der Richtung nach -em an der Delitzscher Chaussee gelegenen Restaurant „Zur Mühle" entflohen. Tem Täter ist beim Zu schlägen der Knüppel entfallen. Der Knüppel ist das abgebrochene Stück eines besonders starken Schaufel stieles und zwar wahrscheinlich von einer Schaufel, wie sie in Kohlenhandlungen gebraucht werden. Er besteht aas Weideuholz und trägt die offenbar mit Tintenstift ausgetragene bläuliche Bezeichnung »41ü 6r.". Tas Stück des Schaufelstieles kann in der Äriminalabteilung des unterzeichneten Polizei amtes eingesehen werden. Die Täter werden vom Verletzten, desseit Ver letzung nur unbedeutend ist, beschrieben, wie folgt: 1. Ter Zuschläger: etwa 35 Jahre alt, etwas über mittelgroß, dunkles Haar, dunkles Schuurr- bärtcheu, schmales Gesicht: dunkelgraner sehr abgetragener Jackettanzug, schwarzer steifer Stlzhnt. < 2. Der Begleiter: etwa 35 Jahre alt, mittelgroß, kräftig gevaut, dunkles Haar, Schnurr- »nd Kinubart, volles Gesicht; dunkler Winterüber- zieher (vermutlich schwarzer Krimmer), schwarzer weicher Ailzhut. Besonderes Kennzeichen: Hinkt mit dem linken Jutzc. Die Kaiserliche Lberpostüirektion Leipzig setzt auf die Ermittelung der beiden Unbekannten eine Be lohnung von soo Mark aus. Alle sachdienlichen Wahrnehmungen find unverzüg lich der Kriminalabteilung des unterzeichneten Polizei amtes oder der nächsten Polizeiwache mitzuteileu. Leipzig, den 25. Januar 1SV8. «»«, Das Polizeiamt der Stadt Leipzig. Das wichtigste vorn Tage. * Laut kaiserlicher Verfügung werden den Teilnehmern an den nunmehr fürbeendigt erklärten Kolonivlkämpfen inOstafrika während der Jahre 1905—1907 die Kriegsjahre doppelt an- gerechnet. sS. Dtschs. R.) * Der türkische Befehlshaber hat den Prinzen Ferman Ferman zur Unterwerfung aufaefordert und das Grenzland für türkisches Gebiet erklärt. fS. Ausl.) * Im spanischen Senat ist von der Regierung ein An. archistengesetz erngebracht, besten Verschärfung vom Senat gefordert wird. (S. Ausl.) * In Reichenberg fanden deutsche Demonstrationen gegen den tschechischen Kommandanten statt. (S. Ausl.) * Die Reichsbank hat den Wechselzinsfuß von 6^4 auf 6 und den Lombardzinssuß von 7^4 auf 7 Prozent herabgesetzt. (S. Handelsteil.) * Gestern abend wurde auf der D ü b e ner C h au s s e e bei Leipzig ein Landbriefträger räuberischerweise überfallen. sS. Lpzg. Ang.) Von -er Th-innitzer Aaffenpraxis. Aus Chemnitz wird uns geschrieben: Die Geschäftsverwaltung der Gemeinsamen Ortskrankenkaste Chem nitz, die in lozialdemokratischen Händen liegt, ist mit den Kassenmit- gliedern arg umaesprungen. Kaum hat sich die Erregung über die zu- viel erhobenen Beiträge in Höhe von 60 000 etwas gelegt, da wird «ine nun noch unverständlichere Handlung des Kassenvorstandes bekannt. Di« Amtsanwaltschaft Chemnitz fordert nämlich alle diejenigen Loch» nerinnen, denen von der Gemeinsamen Ortskrankenkasse Chemnitz die freie ärztliche Behandlung ganz, teilweise oder unter Bedingungen ver- weigert worden ist, und diejenigen Aerzte. die infolgedessen nicht ihr volles Honorar von ihnen erhalten haben, durch öffentliche Bekannt, machung auf, sich unve^üglich an Gerichtsstelle zu melden. Die Zah- lunySverweigerung der Krankenkasse reicht bis zum 1. April 1903 zurück. Es rft also anzunehmen, daß eine ganze Reihe von betroffenen Personen nicht mehr in Chemnitz weil», und deshalb fügt der Amtsanwalt seiner Aufforderung noch die Bemerkung für die Presse bei: „Nachdruck er- wünscht." Daß sozialdemokratische Blätter außerhalb Chemnitz' diesem Wunsche nachkommen werden, darf bis zum Nachweise des Gegenteils bezweifelt werden; denn in diesen Organen werden doch nur die Schänd- raten der „verrotteten kapitalistischen Gesellschaft" festgenagelt, die „Irr- tümer" und Versehen der eigenen Parteigenossen aber mit lehr schonungsvoller Milde behandelt. Die Entrüstung über diese neueste Leistung des Kassenvor standes ist hier natürlich allgemein. Man hofft, daß cs dem Gerichte gelingen wird, möglichst alle geschädigten Personen aus- findig zu machen, damit diese noch nachträglich zu ihrem Rechte und damit zu ihrem Gelbe kommen. Für den Kastenvorstand selbst dürfte diese Angelegenheit noch ein recht ernstes Nachspiel haben. Es liegen nämlich Beweise vor, daß Kastenmitßlieder, die auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen die Entschädigung für die Kosten der ärzt lichen Hilfeleistung gefordert haben, ihr Geld erhielten; bei andern Kassenmitgliedern, die leider im Gesetz nicht zu Hause waren, gelang indesten die Abweisung. Ein Fall ist in dieser Beziehung besonders lehr- reich. Ein Arbeiter, der 15 .<l für ärztlichen Beiftanv bei einer Ent bindung erheben wollte, wurde zunächst abgewiesen: auf seinen Vorhalt wurde ihm empfohlen, die Auszahlung der betreffenden Summe durch Einreichung eine? besonderen Gesuches zu erbitten. Daraufhin ver langte der Arbeiter die Bezahlung seiner Forderung unter energischer Berufung auf das Versicherungsgesetz, und er erhielt anstandslos sein Geld. Andere, denen die nötige Äesetzeskunde abging, erhielten nichts oder nur einen Teilbetrag. Dem Vorstand muß also der doppelte Zahlungs- modus in seiner gesetzwidrigen Weise doch wohl gegenwärtig geweien sein; sonst wäre es direkt unverständlich, weshalb gesetzeskundige Kasten- Mitglieder ihre ärztlichen Kosten vergütet bekamen, wenn sie auf ihrer For derung unter Hinweis auf das Gesetz bestanden, während gesetzesunkundi- gen Kastenmitgliedern die Zahlung verweigert wurde, da sie sich eben nicht auf ihr gutes, durch das Gesetz verbrieftes Recht berufen konnten. Jedenfalls liegt wieder neues, schwerwiegendes Material für die Be- Häuptling vor, daß der Aassenvorstand seiner Aufgabe absolut nicht ge wachsen ist. Von all diesen Enthüllungen aber darf man sich einen doppelten Nutzen versprechen: einmal werden die schlimmen Erfahrungen in Chemnitz bei der Revision des Krankenkostengefetzes Beachtung finden, und weiter wird sich mancher einsichtsvolle Arbeiter von der sozialdemo- kratischen Gemeinschaft abwenden. Beides sind Ziele, auss innigste zu wünschen. England in dev Ostsee. (Von unserem Londoner L.-Korrespondenten.) Sir Charles Horace Rumbold hat dieser Tage in der „National Review" einen Artikel veröffentlicht, der die Ueberichrift trägt: „Einige Verschiebungen in der europäischen Politik". Str Charles war früher Gesandter in Wien, hat dann durch einige politische Indiskretionen durch die Presse von sich reden gemacht und war eine Zeitlang das sakartt tsrribls der britischen Diplomatie, erfreut sich aber nach wie vor der Gunst des Hofes. In diefem Artikel wurde auseinandergesetzt, daß England seinen grundlegenden diplomatischen Fehler machte, als es Anfang der sechziger Jahre infolge der dynastischen Verbindung mit Preußen den dänisch-preußischen Krieg von 1866 nicht verhinderte. Dies sei die Ursache, warum Großbritannien möglicherweise mit Deutschland den Entscheidungskampf um die Weltherrschaft zu wagen habe. Es sind dies zweifellos Ansichten, wie sie in englischen Hofkrenen wirklich gehegt werden. Rumbold macht darauf aufmerksam, daß seit dem Thronantritt König Eduards auch in der nordischen Politik England seine Rolle zu spielen beabsichtige. Wir haben im vorigen Sommer im Leipziger Tageblatt unter der Uebcrschrist: „Bismarck in London" erzählt, wie der große Kanzler kurz vor der Uebernahme der preußischen Ministerpräsidentschaft den maßgebenden damaligen Staatsmännern seine Pläne in Schleswig-Holstein auseinandersetzte, von allen für einen Ideologen gehalten, nur von Tisracli nicht, der die Gefährlichkeit Otto von Bismarcks für die britische Weltstellung mit den Worten be zeichnete. „Der Mann meint, was er sagt, hütet euch vor ihm." Die damalige Versäumnis möchte daS „Foreign Office" wieder gut machen. Lucien Wolfs hatte neulich im „Graphit" auf Grund eines Interviews mit einem angeblichen deutschen Staatsmann behauptet, Berlin suche sich in der Ostseefrage durch Umgehung Englands eine billige Revanche für die Nichtbeachtung Deutschlands bei dem Abschluß der englisch-französischen Entente zu verschaffen. Das war nicht richtig. In Wirklichkeit hat die Berliner Diplomatie alle Gebote der inter nationalen Höflichkeit mit peinlicher Delikateste erfüllt, unbeirrt von Präzedenzen, die andere Leute geschaffen hatten. Alle Teilnehmer des Vertrages von 1855 haben Mitteilung erhalten, was im Gange ist, wenn auch England und Frankreich nicht zu den Beratungen hinzugezogen sind, an denen ja nur Rußland und Deutschland als Schwedens mili- tärische Nachbarn ein unmittelbares Interesse besitzen. Tas „Foreign Office" bestreitet nun, offenbar wiederum durch Lucien Wolff, in der „Times", daß es kein direktes Interesse an einer.Ostseekonvention bc- sitze. Es verweist auf den Vertrag, den im März 1458 Rußland und England abschlossen, um eine Befestigung oder die Anlage einer Flotten basis auf den Alandsinseln zu verhindern. Es betont, daß es mit diesem Vertrag dem Abschluß einer Konvention ernstliche Hindernisse in den Weg legen könne. So weit, so gut! Was ist die Absicht dieses Hin weises? Feuilleton. Mcht allen Menschen ist es eigentlich um Bildung zu tun. Diele wollen nur so ein Hausmittel zum Wohlbe finden oder ein Rezept zu irgendeiner Art von Glück seligkeit. Goethe. „Acte." Musikalisches Drama in vier Aufzügen von Joan Mans«. Deutsche Uraufführung im Kgl. Opernhaus zu Dresden am 21. Januar. Daß dir meisten Virtuosen eine unbezwingbare Sehnsucht nach dem Lorbeer des schaffenden Künstlers empfinden, ist eine altbekannte Tat- iache, für die der rühmlichst bekannte spanische Geiger Joan Manen letzt auss neue den Beweis erbracht hat durch sein musikalisches Drama ..Acte", welches nach einer Probeaufsührung in Barcelona nun im Kgl. Lpernhause zu Dresden seine Uraufführung für Deutschland erlebt hat. Ob eine künstlerische Notwendigkeit vorlag, dieies Werl jo bereitwillig nach Deutschland zu verpflanzen, ist allerdings eine andere Frage. Gewiß haben wir es mit einem ernstgemeinten und zweifellos talent vollen Kunstwerke zu tun, aber gleichwertige Opern, gewiß sogar weit bessere, gibt s sicherlich im deutschen Vaterlande so viele, daß man eigent lich nicht nötig hätte, den deutschen Opernlomponisten den geringen „Platz an der Sonne" noch durch fremdländische Erzeugnisse zu be- schränken. Jedenfalls fand das Werk des Herrn ManSn, der sogar auch sein eigener Textverfaster ist, vor ausverkauftem Hause eine so herzliche und beifallsfreudige Aufnahme, wie sie vielleicht der Schöpfung eines einheimischen Tonsetzers nicht zuteil geworden wäre. Das „Weit- hersein" ist eben noch immer eine wichtige Vorbedingung des Erfolges im lieben Deutschland, und man kann es darum keiner Theaterleitung ernstlich verdenken, wenn sie daraus Rücksicht nimmt. Das Textbuch behandelt eine Episode aus dem Leben des römischen Gauklerkaisers Nerv' leider in so holperigen und unpoetischen Versen, daß die Lektüre des Buches (deutsche Uebcrsetzung von E. Schultz-Henke) kaum als ein Vergnügen gelten kann, sondern jeden, der Wagners Grundsätze aus der Opernbühne in Geltung zu sehen wünscht, mit Miß behagen erfüllen muß. Nero liebt, in einer besseren Anwandlung seines argen Herzens, die junge, schöne Sklavin Acte; er hat ihr die Freiheit geschenkt und überbaust sie mit kostbaren Beweisen seiner Zärtlichkeit. Und Acte liebt ihn wieder, sei es, weil sic noch einen Rest von Güte und Menschlich, keit in ihm zu entdecken glaubt, sei cS, weil sie ihn bisher niemals anders mi« als glühenden Liebhaber erblickt hat. Nero lebt nur in ihr und «e,st die Forderung seiner Mutter Agrippina, sich von Acte zu trennen mit Entrüstung zurück. Dennoch verliert er die Geliebte, denn diese ist Christin geworden, entflieht bei Nacht aus dem Palaste, weil nach der Anschauung ihrer Glaubensgenosten ihre Liebe zu Nero Sünde ist, und sendet durch einen jungen Sklaven an Nero den Ring zurück, mit dem er sich ihr einst verlobte. Bei einem glänzenden Feste wird Acte vermißt, ihr Verschwinden wird bekannt, und auf der Folter gesteht der arme Sklave Parthos, daß sie an der nächtlichen Versamm lung der Christen in einer Felsenhöhle teilnimmt. Nero überrascht die Christen und läßt sie, da Acte gegen all seine Bitten und Drohungen taub bleibt, nach Rom zum Tode bringen. Der letzte Akt spielt aus den Zinnen des kaiserlichen Palastes. Dort versucht Nero noch einmal, Actes Herz zu rühren, doch vergebens. Da beschließt er ihren Tod. Man sieht Feuer in der Stadt ausbrechen, und Nero schiebt die Schuld an diesem Brande auf die Christen, gegen die er dadurch die Wut des Volkes entfesselt. Während die ewige Stadt in Flammen aufgeht und Acte darin den Tod findet, fällt der Vorhang zum letzten Male. Eine poli tische Nebenhandlung zeigt den letzten, verunglückten Versuch Agrippinas, die Herrschaft wenigstens teilweise wiederzugewinnen. Entbehrt diese Handlung leider allzusehr der seelischen Vertiefung, ja sogar eines scharf herausgearbeiteten Konfliktes, so steht die Musik erfreulicherweise weit über dem Textt- Manen hat zwar, gleich anderen Tonsetzern unserer Zeit, nicht eben Ncbcrsluß an Melodien, weiß aber seine Einfälle sehr gut zu verwerten und geschickt zu verarbeiten. Tie Hauptmotive ziehen sich durch das ganze Werk und erscheinen in den verschiedensten, immer nur interessierenden Ein- kleidungen. Die Singstimmen sind, der Mode unserer Tage entsprechend, meist deklamatorisch behandelt, während der musikalische Schwerpunkt im Orchester ruht, das der Komponist mit entschiedenem Geschick zu behandeln weiß. Im ganzen waltet, trotz mancher Ansätze zu modernem charak- terischen Ausdruck, eine wohllautende Glätte vor, gleichsam ein etwas dramatisch bewegter und ein wenig modern frisierter, mit Meyerbeerjchen Details gewürzter Mendelssohn-Stil. Es klingt alles sehr schön, man erkennt allenthalben die geübte Hand des guten Musikers, der über ebensoviel Kenntnisse wie guten Geschmack verfügt und im allgemeinen sich von Anlehnungen freihält, abgesehen von der ganz naiven Annexion eines Themas aus dem ersten Satze der Bcctbovcnschen Pcrstoralsinsonie. Auch einen gewissen Schwung und Farbenpracht wird man der Munk gern zugestchen, besonders gut trifft er in den Ballettmusiken den antik- südländischen Ton — aber dennoch wird man niemals recht warm bei der ganzen Oper. Es mangelt ibr gewissermaßen dos rote Blut, die starke Eigenpersönlichkcit das pulsierende Leben, mit einem Wort der starke persönliche Zng, der für den künstlerisckren Wert einer Schöpfung doch immer das entscheidende Moment bleibt. Die Aufführung unter der musikalischen Leitung des Herrn General. Musikdirektors v. Schuch und der Regie des Herrn Toller kam den Absichten des Verfassers in jeder nur denkbaren Weise entgegen und ver half so der Neuheit zu dem Erfolge, der ibr bei weniger freigiebiger Aus- stattung wohl nicht in dem Maße zuteil geworden sein wurde Man dar», ohne dem Komponisten unrecht zu tun, sogen, daß der Erst lg zum großen Teil der Ausführung zu danken ist. Herr Burrtanals Nero war stimmlich und darstellerisch glänzend und der Sieger des Abends. Die Titelrolle sang trotz einer starken Erkältung Frl. v. d. Osten so gut, als es ibr möglich war, da die Partie nur im ersten Aufzuge ihrem Naturell entspricht, späterhin aber zu ernst für sie wird. Hervorzuheben sind ferner Frau v. Falken (Agrippinas sowie die Herren Perron, Plajchke und Rüdiger. Die Tanzszenen hatte Herr Ballettmeister Berger in künstlerisch feinfühligster Weise ausgestattet, besonders stark wirkte die Solotänzcrin Frl. Heß mit einem ägvptischen Schwertertänze. Tic Pracht der von Herrn Hofthcatcrmaler Rinck gemalten neuen Dekorationen und der von Professor Fanto entworfenen Kostüme machte die Ausführung schon äußerlich zu einer Sehenswürdigkeit. Die Aufnahme war sehr lebhaft und freundlich. Zwar beteiligte sich nur etwa ein Drittel der Zuhörer an den Beifallskundgebungen, ob'r die übrigen erhoben keinerlei Widerspruch, so daß der Komponist schon nach dem zweiten Aufzuge sich zeigen konnte. Am Schlüsse mußte er neben den Darstellern und den Herren v. Schuch, Fanto und Berger zahlreichen Hervorrufen Folge leisten. Trotz allcdcm halte ich es für sehr fraglich, ob diese Neuheit, der das innere Leben allzusehr fehlt, ein langes Bühncndaiein wird behaupten können. IV Oe-is-Iar. 4 " David Friedrich Strauß' Eltern. Noch gerade rechtzeitig zum 100. Geburtstage von D. F. Strauß am 27. Januar erscheint der eiste Teil einer aroß angelegten Biographie über den Verfasser des „Leben Jeiu" von dem Straßburger Professor Theobald Ziegler, einst einem der mannhaftesten Vorkämpfer sür Strauß im Kamps um den „alten und neuen Glauben", dcr nun eine „Rettung" im Leisingschen Sinne unternimmt. Ter erste Band reicht bis zum Jahre 1^39 und bringt eine ausführliche Schilderung der Jugendzeit, in der bcionders das Bild der Eltern in ein Helles Licht tritt. Strauß hat die Eltern selbst in dem schönen für seine Tochter geschriebenen Aussätze „Zum An denken an meine gute Mutter" geschildert und dabei gewgt. er habe mit dem Vater, dem er später entfremdet war, nichts gemein gebadt; alle seine guten Eigenschaften habe er von der Mutter, nur sein guter Stil sei ein Erbstück vom Vater her. Dem widerst»icht Ziegler indem er den engen Zummmenhang der ganzen Geistesanlage des SohneS mit dem Wesen des alten Strauß darlegt. Der Vater war gegen Neigung und Anlage Kaufmann geworden, während er lieber Tbeolozie studiert hätte; er gab sich allerlei Liebhabereien hin, die seinem Geschäfte und auch sonst nicht viel nutzten, veredelte Lbstbäume. trieb Bienenzuchk und schrieb darüber Aufsätze. Es fehlte ihm nicht an poetischer Begabung, vor allem beschäftigte er sich viel mit voetischer Lektüre und wieS seine Kinder früh darauf hin. Ein Erbstück von seinem Vater war ein mit den Iadren zu- nebmender Hang zum MnstiziSmus. Außer der Theologie und der poetischen Begabung hatte David Friedrich von seinem Vater den kausmannSfinn, „daß nicht mebr verzehrt als erobert, nicht mehr ausgegeben als eingenommen werde", und anderseits daS Leidenschaftliche und Aufbrausende, daS Eiaensinnige und Starr sinnige geerbt, wenn es bei ihm auch der Verstand mehr zügelte und über wachte. Bei der Mutter aber stellt fick leicht der Vergleich mit Goethes Mutter, der Frau Rat, «in, so verschieden auch die äußeren Verhältnisse waren. Den Mangel an höherer Bildung ersetzte auch bei ibr em gerader Beistand, ter
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