Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.03.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080330024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908033002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908033002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-03
- Tag 1908-03-30
-
Monat
1908-03
-
Jahr
1908
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Abend-Ausgabe 8 Bezugs-Preit Anzeigen-Prris NWgtr.TMblM ^ner. HaudelszeUung Ämtsbkatt des Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig Jahrgang Nr. 8S Montag 30. März 1908. er. m. m a. E. ker. 42 L". vett. U m. IN. I de« «. - nnen ndS: * Das Großherzogspaar von Hessen fährt, nach einem nvs ans Darmstadt zugegangenen Privattclegramm, mit dem Ilcincn Prinzen am Mittwoch nach Rußland. >av«r a«r in * In Sebastopol soll eine neue Verschwörung auf der Flott« entdeckt sein. iS. Ausl.) fallen. Es sei unbegreiflich, daß einem Manne, der andere in der Aus- Übung ihrer vollberechtigten Rechte mit Gewalt und unter Androhung von Gewalt störe, noch Gefolgschaft geleistet werde. Es unterliegt keinem Zweifel, baß das Urteil in der Ocsfentlichkeit eine verschiedene Aufnahme finden wird. Es ist auch sicher, daß die Ver urteilten vom Rechtsmittel der Berufung Gebrauch machen werden. Es darf aber bei einer Besprechung dieses Urteils auf keinen Fall außer Acht gelassen werden, daß das höchste Gut der Menschen, die Freiheit, in un erhörter Weise von Leuten bedroht worden war, die sich gern als alleinige Verkünder der wahren Freiheit preisen, daß also ein unglaublich brutaler Terrorismus ausgeübt worden ist, der strengste Strafe er heischt. Ibr: 8- !e >och- lann «gi ng»: kte. ilro. Das Wichtigste voiir Tage. * Geheimrat Professor IXVr. Gustav Adolf Fricke, Ehrenbürger der Stadt Leipzig, Domherr von Meißen, Vorsitzender des Gustav-Adolf- Bereins/ist heute morgen im Alter von 86 Jahren in Leipzig ge storben. lS. Lpzg. Ang.) m l. NN. * Tic Reise des SaiserpaarcS. Nachdem auch der gestrige Sonntag leider gänzlich verregnet war, verläßt das Kaiserpaar heule die Lagunen stadt, um die Kreuzfahrt durchs Mittelmeer anzutrelen. Auf Korfu wird das Kaiserpaar mit seinem zweitjüngslen Sohn Oskar und seinem Neffe», dem Prinzen Waldemar, zulammentreffen, der zu seiner Erholung längere Zeit in Aegypten zugebrachl hat. Die beiden Prirneu werten voraussichtlich Ende der Woche mit der griechischen Königsfamilie zu sammen in Korsn eintreffen, wo am 6. April der Einzug des Kaiser paares erfolgt. * Schluß des preutztschen Landtags. Nach einem uns aus Berlin zuzegangenen Privattelegramm will die Regierung den Landtag noch vor Ottern schließen. Eine amtliche Meldung steht beoor. * Tie Affäre Tower-Hill, die uns über das Niveau eines müßigen Kulissenklatsches überhaupt niemals hinauszugehen schien, lommt immer noch nichr zur Ruhe. Jetzt telegraphiert der Berliner Korrespondent der Loncouer „Daily-Mail" feinem Blatte, „er sei vom Auswärtigen Amt offiziell ermächtigt, zu erklären, daß der Zwischenfall betreffs des amerikanischen Botschafters abgeschlossen sei. Der Kaiser habe seine Beanstandung des von Präsident Roosevelt erwählten BclschallerS Hill bedingungslos zurückgenomm en. Der Union » Regierung wurde durch heute geweckteste längere Chiffre-Telegramme versichert, daß Dr. Hill setzt warm willkommen sein werde. Man hoffe, daß Hill die peinliche Angelegenheit vergessen werde." Wir können uns dreier Mel dung nur febr skeptisch gegenüberstellen, ebenso wie der folgenden „amtlichen" Mitteilung, die nach demselben Korrespondenten morgen in Deutschland veröffentlicht werden soll: .Die bisher über die Hill-Affäre in der ausländischen Presse er'chienenen Meldungen wurden durch das Mißverständnis veranlaßt, daß beabsichtigt werde, die vorigen Herbst zu Hills Ernennung erteilte Genehmigung zurückzunehmen. Hieran wurde nie gedacht; es ist richtig, daß später gewisse Zweifel ausiliegen, ob Mstr. Hill sich auf dem Posten Wohl fühlen werde, aber diele Zweifel sind jetzt beseitigt, so daß Hills Ernennung nichts im Wege steht, und er wird jetzt in Berlin willkommen geheißen werden, wie es zuvor geschehen wäre, oder wie jeder einwandfreie, von Präsident Roosevelt ernannte Vertreter es gewesen wäre. Es muß emphatisch erklärt werden, daß während des ganzen Zwischenfalls Mr. Tower keinen Augenblick von der geraden Linie absolut loyalen und ehrenhaften Verhaltens abgewichen ist, sowohl gegenüber seiner eigenen wie. der deutschen Regierung." Der Korrespondent fügt hinzu, der Kaiser habe leinen Entschluß geändert aus Rücksicht auf die öffentliche Meinung in Amerika; der Kaiser hatte nicht die geringste Absicht, diese zu verletzen, als er Tower vor 14 Tagen bat, Roosevelt leine Einwendungen gegen Hill zu übermitteln. Als dem Kaiser am Freitag nach Venedig tele graphiert wurde, daß in Amerika die Erregung wachse, beschloß er, leine Abreise zu verzögern, bis der Zwischenfall geschlossen sei. Das Auswärtige Amt teilte dem Herrscher mir, daß die deutsch-amerikanische Freundschaft in Gefakr stehe, worauf der Kai'er mit großer Promptheil Hill eine goldene Brücke zur Annahme des BolschastSposteus baute. — Warten wir das Weitere ab. d. Errichtung eincs KolonialiustitutS in Hamburg. Nach ein- gehenden Verhandlungen zwischen dem Hamburger Senat und dem Reichskolonialamt ist, wie gemeldet, die Errichtung eines solchen In stituts und zwar zum l. Oktober dieses Jahres gesichert. Nach dem getroffenen Uebereinkommen ist der Zweck des Instituts: 1. Die gemein- Gin Nachspiel zrr -eir Ortrkrankenkas-enwadlen in Lkenrnitz. Aus Chemnitz wird uns geschrieben: Die infolge des von sozialdemokratischer Seite ausgeübtcn Terroris mus für ungültig erklärten Ortslrankenkassenwahlen in Chemnitz, die im November vorigen Jahres stattfandcn, haben jetzt ein gerichtliches Nachspiel erlebt, das eine eindringliche Warnung für alle diejenigen bildet, die Wohl mit Worten den Begriff der „Freiheit" feiern können, znr Durchsetzung ihrer Grundsätze aber vor brutalen Gewaltmitteln nicht zurückschrecken. Die blinde Menge tausender irregeleiteter Arbeiter merkt es vielfach gar nicht, wie sie von ihren Führern so oft am Narrenfeil geführt wird, und darum ist's gut, wenn von Zeit zu Zeit ein recht treffliches Beispiel zum Nachdenken mahnt. Bei den Ortskrankenkassenwahlen war es den Vertretern der sozial demokratischen freien Gewerkschaften sehr unangenehm, daß auch natio nale Arbeiter eine eigene Liste aufgestellt hatten. Es kam infolgedessen zu Ausschreitungen, cs fanden unerhörte Wahlbceinfiussungen statt; kurz, der sozialdemokratische Vorstand der Kasse zeigte sich der Aufgabe, eine Wahlhandlung zu leiten, absolut nicht gewachsen. Die Wahlen mußten ja deshalb auch wiederholt werden. Nun hatten sich bei den ersten Wahlen zwei Gewerkschaftsbeamte an einem nationalen Arbeiter führer, der im Wahllokale anwesend war, in gröblichster Weise ver griffen. Wie die Beweisaufnahme in der Schöffcngerichtssitzung am Sonnabend ergab, hatten die beiden Angeklagten den nationalen Arbeiter mit Stößen traktiert, ihm die Brille ous dem Gesicht geschlagen, und schließlich gar die Füße ausgehvben, so daß er zu Boden gestürzt wäre, wenn man ihn nicht aufgehalten Härte. Tas Gericht erkannte nach um fangreicher Beweisaufnahme wegen Körperverletzung und versuchter Nötigung gegen den bereits mehrfach, darunter mit Zuchthaus, vorbe straften Gewerkschaftsbeamten Reichelt auf fünf Monate und zwei Wochen Gefängnis, gegen den bisher unbescholtenen Gewerkschafts beamten Hanbold auf zwei Monate und zwei Wochen Gefängnis. Aus der sehr sorgsamen Urteilsbegründung sei u. a. folgendes hcrvorgehoben: Das Gericht war, entgegen dem Antrag des Amtsanwalts, nicht auf ge meinschaftliche und schwere, sondern nur auf einfache Körperverletzung, sowie auf Nötigung zugekommen. Das Ergebnis der Beweisaufnahme sei dahin zusammenzufassen, daß das böse Prinzip der Brutalisierung die Angeklagten zu ihren Handlungen veranlaßt habe. Wenn man sich ver gegenwärtige, wie sich olles zugetragen habe, so werde Wohl niemand, der noch Empfindungen für Ehrbarkeit, Zucht, Pflicht und Rücksicht gegen seinen Nächsten habe, verkennen, daß die Täter sich nicht nur selbst, sondern auch denen, die sie zu vertreten glaubten, ein Schandmal gesetzt haben. Solle die Strafe eine wirkliche Genugtuung für das verletzte Rechtsgefühl nicht nur des betreffende» nationalen Arbeiters, sondern auch der Allgemeinheit sein, dann müsse allerdings die Strafe hart aus ¬ acker Lol'. Deutsches Reich. Leipzig, 30. Marz. * König Friedrich August sandte anläßlich des Ablebens des Bürgermeisters Dr. Mönckebcrg aus Genua ein herzliches Beileids telegramm an den Hamburger Senat. Der sächsische Koruul in Hamburg erhielt Auftrag, zur Bekundung der allerhöchsten Teilnahme der Leichen feier beizuwohnen. Das Betteiv der königlich lächsifchen Regierung wurde dem Senat durch das Ministerium des Aeußern übermittelt. Hauvt-Stltole vertu«r L«rl Luncker. Hrrzogl. Baqr. Hostoch- Handlung, Lützowstrabe 10. (retephon VI, Nr. 46VH. ort. dt. an. !y. lcher, irr«, am« ttir Jnlerai» au« Newzia und Um,»dun, die sgelpalten« Ptttizell« Ld P> , fuiaazieL« Anzeigen SV Pi., Reklamen I vl.; von auiwLn« 3U Pi.. Reklame» r.20 PI.; »amklullandüOPi., sinaa,.Anze>ge»7i>Vt.- Reklame» t^O M Iaierale ». Bedtrdrn in. amiU<tze»LeU40 W. Beilage,edüdr k> M. ». Lautend ex kl Pott- gebühr. a»«Ichjil«anzeigri> an denorjugrer Stelle tm Preiie erhöht. Rabatt n<uh Larii gellerreilte Autträge Unnea nicht «urück- aerogen werden. Für da» ttrtcherne» an bestimmten Lagen und Platzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme, Auguftirtvlntz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Grpedltionen de« In- und Aullantc». ckr Laipgi, «rd Vorort» durch m-t«, Lrlger and Spediteur» in« Pani gebracht: Aul,ab« L worgmG) »iertrlMrlich 8 vt., manatkich I vi.; Lu«gade A (morgen, und abend«) viertel, jährlich 4.LO monatlich 1.S9 M. Durch di« Voll ,» bezieh«»: <L »al täglich) innerhalb Deuttchland« und der deutichea Kolonien vierteljährlich S,L M., monatlich l,7ü Pi. autichl. Post- beftellgeld, iür Oesterreich 9 L 86 b, Ungarn 8 L vierteljährlich. Ferner in Bel gien, Dänemark, den Donauftaaten, Frank reich, Italien, Luxemburg, Riederlaub«, Norwegen, Ausland, Schweden, Schweiz und Spanien. In all«, übrigen Staaten nur direkt durch di, Grved. d. Bl. erhältlich. Abonnement-Annahme, Augnstnlplatz 8, bei unteren Lrtgern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, lowie Postämtern und Briefträgern. Di» einzelne Rümmer kostet 10 chsR «rdaktto» und «rvedM»»r ZohLLklAgLfse 8d Telephon Nr. 11692, Nr. 14693, Nr. 14694. Von -en Rerchsfinanzen. In den nächsten Tagen wird der Reichshaushalt für 1908 fertig- gestellt werden, und zwar allem Anschein nach in der Form, wie er aus der zweiten Lesung hcrvorgegangen ist. Der nächstjährige Etat zeigt deutlicher als alles andere die schlimme, geradezu verzweifelte Lage der Neichsfinanzen. Bezeichnend hierfür ist die Entwickelung der wechselseitigen finanziellen Beziehungen der Bundesstaalen zum Reich: die M a t r i k u l a r u m l a g e n, die von den Einzelstaatcn zu leisten sind, haben, abgesehen von Etatsnachträgen, die nur Erhöhungen, aber keine Ermäßigungen mit sich bringen können, auf 817,1 Millionen Mar! festgesetzt werden müssen, und die Uebcr Weisungen an die Bun- dcsstaatcn, die bekanntlich jetzt aus der Maischbottichstcucr, der Verbrauchsabgabc von Branntwein, der Börsen- und der Losestcucr erfolgen, sind mit 195,7 Millionen Mark in Ansatz gebracht. Die Gegen überstellung dieser beiden Zahlen zeigt, daß nach dem Etat die Einzel- slaaten genötigt werden, an das Reich für das Etatsjahr 1908 nicht weniger als 121,4 Millionen Mark aus ihrem eigenen Säckel zu zahlen. Der Trost, daß davon 97,4 Millionen Mark auf drei Jahre gestundet werden, ist recht mager. Gewiß ist cs auch möglich, daß die Entwicke lung der RcichSfinanzen sich in Wirklichkeit besser stellt, als im Etat angenommen wurde. Das ist bereits vorgckommcn. Ebenso haben wir cs aber auch erlebt, daß die Wirklichkeit noch schlimmer war, als der Etat. Das jetzt zu Ende gehende Etatsjabr dürste hierfür wieder einen Beleg abgcbeu. Also auch dieser Hinweis kann über die Misere der RcichSfinanzen, die sich in der Gegenüberstellung der Matrikular- bciträgc und der Ucberweisungcn für 1908 kundtut, nicht hinwegtrösten. Und dieses Ergebnis ist hcrausgekommen, obschon der Reichstag sich die größte Mühe gegeben Hal, zu sparen, wo zu sparen war. Trotzdem hat er, namentlich wegen der Erhöhung der Summe für die Verzinsung der Reichsschuld die fortdauernden Ausgaben um über 13 Millionen Mark erhöhen müssen, was zum allergrößten Teil durch eine Heraufsetzung der Einnahmen aus der Reichsbank wcttgemacht wurde. Die einmaligen Ausgaben und der außerordentliche Etat sind um über 10 Millionen Mark ermäßigt worden. Das Schlußergebnis aber ist, daß die Ge samtausgabe im Etat für 1908 sich nach der Feststellung des Reichstages um rund 2,8 Millionen Mark vermehrt hat. Man wird also yicht be haupten wollen, daß die verbündeten Regierungen ihren Entwurf ohne Berücksichtigung des Sparsamkeitsstandpunktes ausgestellt gehabt hatten. Im ReichshauShaltsetat haben jetzt die Ausgaben die eigenen Ein nahmen soweit überschritten, daß die Einzelstaaten mit Beiträgen bc- lastet werden, die auf die Dauer, namentlich für die schwächeren, uner träglich werden müssen. Dazu droht die Notwendigkeit neuer Ausgaben. Die Beamtenbesoldungsausbesserung wird ja nicht soviel, wie in Preußen kosten, aber immerhin eine ganz beträchtliche Anzahl von Millionen, die Tilgung der Rcichsschuld, wie sie im Reichsfinanzrcformgesetz von 1906 festgelegt ist, wird man nicht immer so behandeln dürfen, wie im Etat für 1908, die Witwen- und Waisenversicherung der Arbeiter wird an die Reichskassc wohl auch Anforderungen stellen, der Reichsinvalidenfonds ist in fünf Jahren aufgebraucht, für die danach der Reichskassc ent stehende Verpflichtung zur Ausgabe von jährlich 30 und mehr Millionen Mark muß Deckung beschafft werden. Kurz, zu den alten Sorgen kommen neue. Es ist wirklich Zeit, daß mit einer Jinanzrcsorm ganze Arbeit gemacht wird. Feuilleton. Diel muß man lesen, nicht vielerlei. Ich meine nicht Vieles, sondern viel: ein Weniges, aber mit Fleiß. Lessing. Am Mittelmeer. Das Mittelländische Meer oder, wie es kurz auch genannt wird, das Mittelmeer ist schon die Wiege der Kultur genannt worden, und wenn wir von der abendländischen Kultur reden, so stimmt das unter allen Umständen; aber auch die Kultur des Ostens ist innig verwachsen mit dem ^lar« meckiterrLnsaill und an seinen Gestaden haben das Abendland und Morgenland gegenseitig ihre Erzeugnisse ausgetauscht. Schon m den frühesten Zeiten fuhren tyrrhenische Schisser nach Marsilia und durch die Säulen des Herkules, und an den unwirtlichen Gestaden der deutschen Meere suchte man nach dem seltenen Bernstein. Aber nicht nur das. Die Kultur Griechenlands und die Weis heit Alexandrias, die welterlösende, Liebe und abermals Liebe predi- acnde Religion des stillen Nazareners und die Farbenglut und Lebens freude des Quattrocento und Quintocento haben ihre Heimstatt an den Gestaden desselben Mittelmeeres, das die Kämpfe um die Weltmacht in langen Jahrhunderten gesehen hat und die Iberischen Küsten um spült, die uns Zeugnisse einer hohen Mischkultur christlich-maurischen Stiles bewahren. Auf dem Mittelmeer geschulte Seeleute waren es, welche die Völker am Ozean zu Seefahrern erzogen und sie zuerst anleiteten, den stür mischen Wogen des Weltmeeres Trotz zu bieten, seine weiteren Räume zu überwinden. Der Italiener Toscanelli hat die Entdeckung Amerikas vorbereitet, Kolumbus hat sie ausgeführt und Amerigo Vespucci, nach dem die Neue Welt ihren Namen trägt, war ein Sohn der apenninischen Halbinsel. Genuesen werden schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts als Schiffsbauer und als Äekämpfer der Mohammedaner zur See nach tNrlicia berufen. Im 13. und 14. Jahrhundert stehen Italiener an der Spitze der kastilischen Flotte. Die Leitung des Seewesens, die Prü fung der angehenden Steuerleute, die Ausarbeitung von Segel anweisungen für Schiffe, die zu langen Fahrten bestimmt sparen, lägen in Spanien lange Zeit hindurch in den Händen von Italienern, Sc- bastian Calotto und Amerigo Vespucci waren Großpiloten von Spa nien; Giovanni Calotto saß mit Pietro Mortiro im indischen Rate, und wurde 1518 von Karl V. zum Grohpiloten von Spanien ernannt. Als solcher bat er dann 1524 den Vorsitz in der Konferenz von Badajoz geführt, in der die Molukken Spanien zugesprochen wurden. Die Portugiesen sind von den Italienern überhaupt erst zu See fahrern erzogen worden, wie dies Theobald Fischer in seinen Mittel- Mündungen durchsetzten, völlig maritimen Teils des norddeutschen Flach landes, die auch im Kampfe mit dem Meere groß geworden sind. Die Mittclmecrbildcr Theobald Fischers lind das Gründlichste, was auf diefcm Gebiete bisher geschrieben worden ist, und der Umstand, daß schon nach Jahresfrist eine neue Folge herausgcbracht werben konnte, zeigt die freudige Aufnahme seitens der Lcfcrwclt. Denn wir staben cs nicht bloß mit den Ergebnissen streng wissenschaftlichster Forschung zu tun, sondern Theobald Fischer führt auch eine gewandte Feder, die cs ver- steht, in leicht verständlicher Form die ernste Materie anregend zu geben und durch den Geist eincs warm empfindenden Menschen zu be leben. So bildet auch die Lektüre dieser neuen Folge einen hoben Genuß für jeden, der Interesse hat an dem Leben der Völker und der Entwicklung der Natur, der sich mit Liebe und Verständnis hineinvcrienken will in die Entstehung unserer heutigen Welt bzw. Erdformaiion und begierig ist, zu hören, wie diese aus fernen Ländern, Gewässern und Gebirgen sicst zusammensetzcn. In sechs große Abschnitte ist der reichhaltige Stoss zerlegt. Der erste behandelt in drei Kapiteln das Mittelmccrgebiet, seine kulturgeschichtliche Bedeutung, seine Entstehung und Entwicklung und seine geographischen Grundzüoe. Der zweite Abschnitt enthält in neun Kapiteln „Küstenstudien aus den Mttelmeerländcrn". Nach einer Ein führung über die Entwicklungsgeschichte der Küsten im allgemeinen geh! der Verfasser auf Spezialgebiete über und spricht über die Abrasion»- küste bei Tipaza und Algier, die Veränderungen der Küste am Golf von Algier, und dringt dann neue Küstenstudien an der Abrasionsküstc von Tipaza und Algier. Die nächsten Kapitel handeln dann von der Küste der großen Kabylei, der Bucht von Bona, der Stätte von Karthago, der nordadriätischen Haffküste und dem Schwerpunkt Griechenlands. Der dritte Hauptabschnitt bespricht die Geomorphologie Italiens in zwei Kapiteln: Zur Entwicklungsgeschichte der Apenninen-Halbinsel mit den Unterteilen: Die TyrrbeniS, Der Süd-Apennin, Tcrrasfcnbilduna in Kalabrien und Sizilien, Gorgona-Apulicn, und: Zur Hydrographie von Kalabrien. Der vierte Hauptabschnitt ist dem „Versuch einer wissen schaftlichen Orographie der Iberischen Halbinsel gewidmet. Er enthält zunächst einen geschichtlichen Uebcrblick und spricht dann über ..Die iberische Scholle, Das kantabrijch-pyrrhenische Faltenland, Das kata lanische Gebirge, Das Ebrobecken und Das andalusische Faltcnland. 'Der fünfte Hauptabschnitt enthält Klimatologische Studien, und zwar nach einem einführenden Abschnitt über das Klima der Mittclmccrländer und seine Folgewirkungen ausschließlich über das Klima von Marokko Dieses Thema wird in eine Reihe von Unterabteilungen abgchandclt, die bei dem großen Interesse, das gerade für uniere Zeit das marokkanische Hochland bat, fesseln. Wir folgen dem Verfasser in der Reibe der Themen, die er behandelt: Der klimatologische Bcobachlunastto's; boden plastische Skizze, Luftdruck und Luftströmungen: kühle Auftriebsküste: die thermischen Verhältnisse: die Nicdcrschlagsverbältnisse; Ausdehnung des Küstengebiets: das Innere, Niedcrschlagsverstältnissc; das Gebiras- land: die thermischen Verhältnisse des Innern: Staubwindc: Quellen und Brunncntcmpcraturen; Malaria: Tanger und Mogado als klima- tische Kurorte. Der sechste Hauptab'cknitt spricht über Marokko als riegSichauplatz und die Völker des Mittclmcergebiets und ihre Welt ¬ meerbildern ausführt.*) Erst nachdem Lissabon 1147 mit Hilfe nieder deutscher Kreuzfahrer den Mauren entristcn worden war, war über- Haupt an Seehandel in Portugal zu denken; aber es war lange nur eine Station der italienischen Flotte auf ihrem Wege nach England und Flandern. Erst König Diniz IH. beschloß die Gründung einer portugiesischen Flotte und berief zu diesem Zweck den Genuesen Erna- nuest Pessagno 1317 nach Lissabon und ernannte ihn zum Admiral und verpflichtete ihn, wenigstens drei Galeeren und 20 des Seewesens kundige Genuesen als Kapitäne und Piloten in seine Dienste zu stellen. Der Sohn dieses Emanuel Pessagno, Carlo, besiegte 1340 mit zehn portugiesischen Galeeren, die durch zwölf genuesische, unter Egidio Boccanegra, die im Dienste Kastiliens standen, verstärkt wurden, bei Xatavus in der Nähe von Algeciras, und dann bei Porto Bullones in der Meerenge von Gibraltar die vereinigten Flotten des Sultans Abul Hassan von Fez und Jussus-el-Hadschodschi von Granada. Ein Pestaaes ist der Schöpfer jener Flotte von 200 Schiffen Mwesen, die 1415 Ceuta eroberte und den Grund zur Welthandels- und Seemacht stellung Portugals legte. Und wie in Portugal, haben in Frankreich und England die Italiener das Flottenwesen geleitet. Giovanni Verrazzano, der in der Entdeckungsgcschichte so viel genannt wird, stand in französischen Diensten, Ludwig der Heilige und Philipp der Schöne hatten ganze genuesische Geschwader in ihren Diensten. Schon 1317 steht Leonardo Pessagno, der Bruder des oben genannten Emanuel, mit fünf Galeeren, die in Genua ausgerüstet, bewaffnet und bemannt waren, im Dienst König Eduards H. 1337 ist ein Nicolo Usodimare englischer Vizeadmiral gegen die Fran- zosen. Als Andrea Bianco 1448 seine berühmte iLcekartc zeichnete, die jetzt Theobald Fischer herausgogeben hat, war er Kapitan einer venezianischen Galeere in London. Theobald Fischer zeigt dann des weiteren noch in seinen Mittel meerbildern, daß die Niederdeutschen allein und neben ihnen wohl die Norweger, die Bewohner eines maritimen Gebirgslandes, ähnlich wie Griechenland ihr Seewesen selbständig und ohne Beeinflussung seitens der Italiener entwickelt haben. Auch sie haben an einem Mittelmeer und auf einem Mittelmeer, der Ostsee, und ihrem Bormeer« der iltord- see, ihren Wirkungskreis. Sehr bezeichnend ist, daß die italienischen Seekarten des Mittelalters, die auf dem Mittelmeer zur Entwicklung gekommen sind, nur bis zum Eingänge des Deutschen Meeres reichen, wo in Brügge und London Deutsche und Italiener ihre Waren aus tauschten. Die Hanseaten waren den Italienern im Seewesen voll gewackssen, ic hielten iic völlig von ihrem Handelsbereiche fern. An die Stelle der inkenden Hansa traten dann die westlichen Niederdeutschen, die Hol- ander, die Bewohner des westlichen, ganz von Meerarmen und Fluß- *1 Mittelmcerbilder. Gesammelte Abhandlungen zur Kunde der Mittclincerländer von Dr. Theobald Fischer, Geh. Rcaierunasrat, Professor der Geographie au der Universität Marburg. Neue ,>olie. Mit 8 Kärtchen. Leipzig und Berlin. Druck und Verlag von B. G. Teubner, 1908. 423 Seiten brosch. 6 .5. ich". Iscke. lann. lemr. ig«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite