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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.03.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080304026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908030402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908030402
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-03
- Tag 1908-03-04
-
Monat
1908-03
-
Jahr
1908
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DezugS-Preit Abend-Ausgabe 8. Anzrigen-Preit Uk Lm»«i, »»» »«rch ontrr« Lrt-« iuld tz»«dlt«ur» WZ H»»1 gebracht» üutgad« » <»« morar»1> »lertelt^hrltch !> M-. manatlud I M., L»«gaix v l morgen« and abend«) viertel» iahrl,ch 4.L0 M„ aroaallich lüg vt. Durch dir voll ,» br»tede»> <2 mal täglich) inner bald Deullchlanb. und der deutichen Kolonien vierreliihrlich S. 2Ü M moniUlich l,7L M. «uslchl Pokv belleügeld, iür Lelterreich v u 86 o, Ungarn 6 L »lerreliädrlKix Ferner IN Bel gien. Danemorl. den Donauuaaien, Frank reich, Fialien, Luxemburg. «lederlande, Storwege», btubland Schweden Schwelg und Sv«men In alle» übrigen klaaien nur direkt durch dl» itxvek d Bl. «rbältlich. Adonaemem-Annadme > Luguftu-Vlatz 8, bei unteren Trägern. Filialen, Lvebueureu und Lanabmellellcn l»wi« Pavtmleru und Brienrägern Dt» et igeln» «lummer kolk« Ich Dsg. «ebaktt»» uu» chrvrblttva, Jadannitgaü« 8. relcodm, «r. »4SS2. Nr. 14633, «r. I4SSD WpMerTagMM Handelszeitung. Änttsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. für Inlerai, mit Lemug and Umgebung dm -gelvaltrne PeNixeil« D Pi., ftnanglell« Anzeigen !tü Bi., vteklamea > M ; von auiwün« ZU PI.. Aeklanmn TL- M-: vom Lutland io Pi.. ftnanz. Anzeige» 7üPi„ Reklame» I-üU lvt. Jnlerate ». vedürde» ic. «mllichcn Teil 4V PI. veilagegedübr L M. p. Taulrnb exkl Poll- gebühr SleichLitdanzcigen an bevorzugier Sielle im Preiie erdShl. Rabon nach iarli Felterleilt» Auitrüge längen nichi zurück gezogen werbe» Füi da« itrichcinen an dellimmten Tage» und Plätzen wird kein» Paraim« übernommen. Anzeigen»AnnahmeI Auguftutzplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen, Expeditione» de« Ja» und Autluudet. Haupt-Slltale verlloi E«rl Duncker. Herzogi Baur. Hosbuch Handlung, Lützoirstratze IL glelevhvn VI, Ar. 46U3). Nr 83 Mittwoch 4. März 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * In den böhmischenLandtag wurden bisher 92 Tschcchcn und 65 Deutsche gewählt. IS. Ausl.) * In Hastings siegte bei einer Nachwahl der Unionist mit 1090 Stimmen Mehrheit. iS. Ausl.) ' Wegen der Zunahme der anarchistischen Verbrechen rn Chicago wird eine Verschärfung der polizeilichen Maß nahmen, insbesondere eine Erschwerung der Einwanderung unzuverlässiger Elemente geplant. (S. Ausl.) Tagesschau. Tas Schicksal der preußischen Beamtenbesoldungsvorlage. In der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses wurde am Dienstag Morgen der Etat des Finanzministeriums behan delt. Bei dieser Gelegenheit wurde der Jinanzminister darüber befragt, ob die Einbringung der Bcsoldungsvorlcrge in der allernächsten Zeit zu gewärtigen sei. Er erklärt«, daß die Besoldunzsvorlage abgeschlossen und dem Staatsministerium zugegangen sei, daß aber bei der Beratung des letzteren naturgemäß eine gewisse Rücksicht auf ein gleiches Vor geben im Reiche geübt werden müsse. Er könne nur im allgemeinen erklären, daß den Beamten die Wohltat der neuen Gesetzesvorlage jedenfalls zum 1. April zugute kommen solle in dem Sinne^ daß der Vorlage eine rückwirkende Kraft gegeben werde. Die Unbestimmtheit dieser Erklärung erregte bei allen Parteien in der Budgetkommission die Vermutung, daß das Schicksal der Besoldungsvorlage für diese Zession noch ganz ungewiß sei. Diese Befürchtung hatte die Folge, daß sofort folgende Interpellation seitens der Nalionallibcralcn und seitens beider freisinnigen Parteien eingebracht wurde: Sind Umstände eingetrctcn, welche die Königl. Staatsregicrung verhindern könnten, gemäß der in der Thronrede gegebenen Ver heißung die Gesetzesvorlagen über eine umfassende Aufbesserung der Gehälter der Beamten, der Volksschullehrcr und der Geistlichen noch in dieser Session einzubringcn? Besteht die Aussicht, diese Hindernisse rechtzeitig zu beseitigen? Berlin, den 3. März 1908. Hobrecht. Fischbeck. Broemel. Wie die „Nat.-lib. Korr." hört, haben auch die Konservativen eine Interpellation gleichen Sinnes cingebracht Koloniale Landpolitik. Die Budgetkommission des Reichstages beschäftigte sich gestern weiter mit Ostafrika. Der Titel „60 0Ü0 zur Unterstützung von Baumwollkulturver suchen" gibt Veranlassung zur gründ lichen Aussprache über die Grundsätze, die die Verwaltung beim Ver kauf von Land befolge, und im Anschluß daran über die Aussichten des Baumwollanbaues in der Kolonie. Von Zentrumscite wird angc- regt, die Verwaltung möge einer ungesunden Landspekulation dadurch Vorbeugen, daß die Ländereien nicht zu billig und in zu großem Umfange verkauft werden. Der Staatssekretär legt die Grundsätze dar, oie er in der Landpolitik befolgt wissen will. Die Landordnung lege icdem Käufer den Zwang auf, das erworbene Land auch wirklich zu be bauen. Es sei wünschenswert, daß das deutsche Großkapital sich gerade am Baumwollplantagenbau noch weiterhin beteilige. Wohl erfordert der Anbau von Baumwolle in der Kolonie viel Geld, da cs ohne künst liche Bewässerung nicht geht, viel Arbeit und Geduld; aber die dort gewonnene Baumwolle kann mit der ägyptischen auf dem Weltmarkt erfolgreich konkurrieren. Wünschenswert und der Förderung gleich wert sei die „Volksbaumwollkultur" der Neger, aus der mit der Zeit ebenso große Vorteile gezogen werden können. Dr. Paasche zollt, wie andere Redner, den erfolgreichen Bemühungen des kolonial wirtschaftlichen Komitees volle Anerkennung. Er warnt davor, daß bei Landvcrleihuna zu rigoros verfahren und der berechtigte Unter nehmermut der deutschen Käufer entmutigt werde. Das Beste in kul tureller Hinsicht, namentlich im Baumwollbau, der u. a. des Dampf pfluges bedürfe, werde doch immer der Weiße leisten müssen; Beweis: der niedere Kulturstand der Baumwollbau treibenden Neaer in den Südstaaten von Nordamerika. Demgegenüber möchte ein sozialdemo kratischer Redner der Regierung „die Seele hart machen" gegenüber der drohenden Landipckulation. Der Staatssekretär wiederholt, daß durch die Auflage des Betriebszwanges allerdings einer wilden Bodenspeku lation begegnet werden solle, daß aber im übrigen jeder, der in dec Kolonie sich betätigen wolle, zu verständigen, billigen Bedingungen Land erwerben könne; das Land sei so groß, fruchtbar und aussichtsvoll, daß Weiße und Schwarze, Plantagenbau und Eingeborenenkultur dort nebeneinander friedlich sich entwickeln können. Ter sozialistische Revisionismus und die preußische Wahlrcchtsfragc. Anläßlich deS Kampfes um die preußische Wahlrechtsreform ent steht offenbar innerhalb der Sozialdemokratie von neuem ein Wider- Ipruch der Meinungen über die richtige Taktik. Während die „ziel bewußten" Genossen auch hier wieder alles Heil allein von dem „Pro letariat" und der Verwirklichung des „Endziels" erwarten, rät in be- merkenswerter Weise der revisionistische Abg. David zu einer anderen Vclrachtungsweise. Er schreibt in den „Sozialist. Monatsheften" u. a.: Die ganze Entwickelung außerhalb Preußens geht seit Jahren sicht- barlich auf Demokratisierung. Nur wo ein noch genügend starker Rest der alten Herrcnschicht mit zuverlässigem bewaffneten Anhang vor handen ist, gelingt cs, den Tcmokrali'icrungsprozcß zeikweilig aufzu hallen. Die modernen, kapitalistisch höchstentwickelten Völker sehen in der Demokratie die ihnen allein adäquate Staatsform. Frankreich, England, Amerika, Australien find Beispiele dafür. An der Durchsetzung der Demokratie auch in Deutschland ist das städtisch-industrielle und kommerzielle Bürgertum darum nicht weniger interessiert als die Lohnarbeiters ch oft. Nur mit Hilfe der Demokratie kann es sich freie Bahn für die wirtschaftliche Entwickelung schaffen, die ihm Lebensbedürfnis ist. Bei allen sonstigen Interessengegensätzen zwischen ihm und der Lobnarbeiterschaft liegt hier doch eine fundamen tale Interessengemeinschaft. Die ungehemmte Entwickelung der Pro- dvktivkräfte und Verkehrsmittel, des Konsums, der ganzen wirtschaft lichen Kultur ist gleichermaßen für das Bürgertum wie für die Arbeiter- schäft die Existenzfrage. Und was die Vorrechte der feudalen Herren kaste in der Staatsverwaltung, im Offizicrkorps, in der Diplomatie und in der Gesellschaft anlangt, so empfindet naturgemäß das „gebildete und besitzende" Bürgertum trotz der vereinzelten Konzcsfivnsschulzen die Zu- rücksetzung mit noch größerem Ingrimm als das Proletariat, das an ein Aschcnbrödeldafein in scder Hinsicht noch mehr gewöhnt ist. Aus diesen Gründen erklärt es sich, daß die Bewegung auf Demokratisierung des preußischen Landtagswahlrcchts nicht bloß auf das Proletariat be schränkt ist. Es gibt Parteigenossen, denen der „agitatorische Gesichtspunkt" bei dieser wie bei anderen Fraaen höher steht als der positive Erfolg. Denen muß gesagt werden: Wer im preußischen Wahlrcchtskamps aus agitatorisch-taktischen Gründen den Zusammenschluß aller opponieren- den Elemente verhindert und damit einen balbigen, durchschlagenden Erfolg vereitelt, der schädigt nicht nur die Sache des Fortschritts, er schwächt auch die Anziehungskraft der Partei, den Enthusiasmus und das Vertrauen unserer Wählermassen. Ter positive Erfolg ist der beste Agitator. Und wahrhaftig, cs ist hohe Zeit, daß die preußische Sozial demokratie beweist, daß sic nicht nur viel zu fordern, sondern auch einiges durchzusetzcn vermag. Die konservativ-klerikale Reaktion triumphiert seit Jahren auf der ganzen Linie, und die starke Sozial demokratie — vermag nichts daran zu ändern! Die Sozialdc^nokratie muß, endlich heraus aus diesem Zustand der Ohnmacht. Die weiteren Ziele unserer Bewegung in Ehren, aber die nächste uns gestellte Aus gabe von weltgeschichtlicher Bedeutung ist die Umwandlung Preußens in ein modernes, konstitutionelles Staatswesen. Erst aus dem Boden eines solchen demokratischen Staates können unsere Kämpfe mit der bürgerlichen Demokratie zum Austrag gebracht werden. Vorerst haben wir einen mächtigen gemeinsamen Feind, der die gesunde Entwickelung der gesamten Partei auf Schritt und Tritt hemmt. Ihn niederzu- werfen, kann nur durch vereinte Kräfte gelingen; darüber kann sich kein Verständiger einer Täuschung bingcbcn. Darum vereinigen wir sie jetzt, um dem Fortschritt die nächstnotwendige Gasse zu brechen!" Daß übrigens die offizielle Sozialdemokratie nicht daran denkt, am 18. März in der Form eines General st reiks für die Wahlrechts- ändcrung in Preußen zu demonstrieren, gebt aus Mitteilungen des „Vorwärts" und der „Köln. Ztg." hervor. Es besteht nur die Absicht, am Nachmittag dieses Tages Versammlungen obzuholten und die Ge werkschaften werden von der Zentralleitung der Partei gebeten, ihren Mitgliedern zu empfehlen, die Arbeitgeber zu ersuchen, um 4 Uhr nachmittags die Betriebe zu schließen. Die Zentralleitung der sozialbemokratischen Partei wird an die Arbeitgeber ein Schreiben richten, mit der Bitte, am 18. März, dem 60. Jahrestage der bürger lichen Revolution von 1848, den Arbeitern einen Dierteltag freizugeben. — Wie viele Arbeitgeber werden diese Bitte wohl erfüllen? Deutsches Reich. Leipzig, 4. März. * Freiherr v. Rechenberg, der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, hat sich bekanntlich durch seine Eingeborenenpolitik viele Gegner zuge- zogen. Es konnte darum nicht fehlen, daß man in den letzten Tagen be müht war, seinen bevorstehenden Rücktritt anzukündigen. Die ganze Nachricht ist, wie die „Neue politische Korrespondenz" feststellt, völlig aus der Lust gegriffen. Der Gouverneur wird sofort nach Erledigung der sein Schutzgebiet betreffenden parlamentarischen Vorlagen (Etat, Eisenbahnen ujw.) die Wiedcrausreise nach Teutsch-Ostafrika antreten. * Aus der Börscugesctzkommission. Zum § 53 lag ein Abänderungs antrag vor, der darauf ausgeht, entsprechend dem in Geltung befind- lichen Börsengesetze das Börsenrcgister für Waren und für Wertpapiere beizubchalten. Die Diskussion über diesen Antrag wurde nach stunden langer Aussprache abgebrochen, die Abstimmung zurückgestellt und in der Behandlung der Paragraphen der Gesetzesvorlage fortgesahren. Darauf wurde § 53 des Entwurfs angenommen, wonach ein Börsen- terwingcschäfl, das nicht geacn ein durch dieses Gesetz oder den Bundes rat erlassenes Verbot verstößt, nur nach Maßgabe der §8 54 bis 57 wirksam sein soll. Xp. Acrztlichc Mission in den Kolonien. Ter kürzlich in Berlin gegründete „Verein für ärztliche Mission", der es sich zur Aufgabe ge- macht hat, der von der Berliner Missionsgeiellfch-aft betriebenen ärzt lichen Mission zu dienen, will nicht nur Mittel für diele Arbeit sam meln, sondern Missionsärzte gewinnen und ausbilden, ebenso Kranken- ichwestern und approbierte Hebammen. In den Satzungen ist ausdrück lich auch die Gewinnung von Aerztinuen vorgesehen und die Unter stützung des in Tübingen zu errichtenden Instituts für ärztliche Mission. Als erstes und wichtigstes Arbeitsfeld ist Deutschostafrika vorgesehen. Xp. Uebersicdlung deutscher Frauen und Mädchen nach Südwcst» afrika. Wie die „Kolonialpolitische Korrespondenz" in Ergänzung einer früheren Mitteilung bekannt gibt, brauchen Frauen und Mädchen, die mit Reiseunterstützung nach Südwestafrika übersiedeln wollen, sich zur Erlangung der Unterstützung nur an den Deutschkolonialen Frauenbund zu wenden, der alles Weitere veranlaßt. Uebrigens war eine ent sprechende Organisation bereits von der Deutschen Kolonialgeicll'chaft geschaffen worden, der sich der Deutschkolonialc Frauenbund (Vor sitzende Freifrau von Lilicneron in Polens nur angeschlossen hat. * Die „Hohenzollcrn" auf der Fahrt. Tic Kaiserjacht „Hoben- zollern" ist, von Kiel kommend, gestern abend in Gibraltar eingetroffen. Der Kommandant machte den Behörden die üblichen Besuche. Der Aufenthalt der Jacht dauert 48 Stunden, worauf sie direkt nach Venedig dampft, um dort die Einschiffung des Deutschen Kaisers abzuwarten. * Zum Fall Schnitzer erfährt die „T. N-", daß die Göttinger Uni- vcrsitätsprofessoren an Professor Schnitzer eine gemeinsame Sympal kundgebung gesandt haben. — Auch im Münchner Hoftheater hat der Fall Schnitzer schon eine Rolle gespielt. Bei einer Aufführung der „Fledermaus", fügte der Darsteller des Frosch, Hofschauspielcr Otto Leuilleton. Nachahmung fremder Eigenschaften und Eigentümlich keiten ist viel schimpflicher, als das Tragen fremder Kleider; denn es ist das Urteil der eigenen Wertlosigkeit von sich selbst ausgesprochen. Schopenhauer. * LSere als Träger des Weltverkehrs. Don E. M. Arnold (Leipzigs. Obwohl Wissenschaft und Technik im Laufe der Zeiten anderwcite, den leweiligeu Bedürfnissen angepaßtc Gelegenheiten zur Bewältigung des Verkehrs geschaffen haben, so ist dennoch dem vierfüßigen Tiere bis auf den heutigen Tag seine hervorragende Bedeutung als Glied in der Kette der verschiedenen Verkehrsmittel gewahrt geblieben. Im be- wilderen findet sich diese Erscheinung in den Einrichtungen des Welt- postdicnstes ausgeprägt. Die Hauptrolle im Dienste deS Verkehrs hat immer das Pferd, wohl aas edelste aller vierfüßigen Tiere und der treueste Gehilfe des Menschen, gespielt. Bei uns kommt es heutigentags als einziges Tier, das Post, dienstzwecken dient, in Betracht. Es zieht seit Jahrzehnten den Paket wagen und befördert die im Aussterben begriffenen Personenposteu. Ehemals freilich war seine Verwendbarkeit bedeutender. Dort, wo heute ein schwarzes Ungetüm, Eisenbahn genannt, rasielt und schnaubt, zog einst in Gemächlickikei dm Postkutsche „und von flinken Nossen vier scholl der Huke Schlagen, die durchs blühende Revier trabten mit Behagen . . ." Daß es möglich ist, zwischen Mensch und Pferd ein nahes, auf Treue und Anhänglichkeit gegründetes Verhältnis herzu stellen, ist in jener Zeil, da man Dampf und Elektrizität in ihrer heutigen Anwendung nicht kannte, zur Genüge dargetan worden, dieses ideale Verhältnis vervoll ständigte den Zauber, der Männer wie Eichendorfs, Lenau, Hoffmann eon Fallersleben, Sckicfsel und Goethe eine Posthornpoesic schaffen ließ. Während in der guten alten Zeit die vielen Posthaltercien der deutschen Lande ungeheure Bestände an Pferden beherbergten, hat sich ihre Zahl in den letzten drei Jahrzehnten fortgesetzt verringert. In unscrn Schutzgebieten finden die Postbefördcrungcn, wo cs 'ich ermöglichen läßt, ebenfalls zu Pferde statt. Doch bandelt es sich dabei meistens nur um kleinere Beutel adw Briesvaketc. da ja außerdem für die oft niedrere Tage währende Reise Decken, Lebensmittel und ein Wassersack nötig werden. Es wird behördlicherseits streng darauf ge achtet, daß die Zugtiere sorgfältige Pflege und genügende Schonung ge- nicßcn. Man muß es rühmend anerkennen, daß die Reichs-Postverwal- tung in der Erkenntnis der geistigen Ueberlcgcnheit des Menschen und seiner sittlichen Freiheit der unfreien Tierwelt gegenüber jederzeit alles cufgeboten hat, ihre Angehörigen zur Barmherzigkeit und Gerechtigkeit cnzuhalten und Grausamkeiten gegen die Zugtiere unmöglich zu machen. Während bei uns die Kraft des Pferdes von der Gewalt des Dampfes und der Elektrizität immer mehr verdrängt wird, spielt sie jen. seits des Ozeans, in den weiten, baumlosen Pampas Südamerikas, auch heute noch eine wichtige Rolle als das hauptsächlichste Beförderung?- mittel. Die südamcrikanischen Ebenen werden nur von wenig Eisenbahn, linien durchquert, die sich zum größten Teile nur längs der Küste hin- ziehen. Wer nach dem Innern des Landes zu reisen gezwungen ist, muß sich also notgedrungen dem Rücken der Pferde oder aber der Dlligcncia oder Messageria (Postkutsche) anvcrtrauen. Unter letzteren denke man sich große, hochräderige Wagen, die an Schwerfälligkeit unsere „gelben" aus dem letzten Jahrhundert bei weitem übertreffen. Ihr Raum ist für vierzehn Personen berechnet. Sechs bis acht, auf besonders schlechten Wegen zehn bis zwölf paarweise angespannte Pferde ziehen den mächtigen Wagen. Auf icdem der Tiere sitzt ein schmutziger ,.Pcon" (Eingeborener), dessen Erscheinung an malerischer Zerlumptheit nichts zu wünschen übrig läßt. Aut dem Äocksit-.e thront der Postillon; neben ihm hat der Kon- dukteur Platz genommen. Unter dem Fluchen und Toben der Peons, welche die Pferde unablässig durch Mißhandlungen zu schnellerer Gang- art antrciben, rast die schwere Postkutsche im Galopp über die Ebene. Oftmals würgte sie sich in den weniger vom Reifen begünstigten Teilen der Pampas durch einen kniehohen, büschelweise oder schilfartig auf tretenden Graswuchs, oftmals versperren ihr auch die ungeheuren Herden verwilderter Rinder und Pferde den Weg. In den anbau fähigeren Gebieten dagegen reihen sich Viehhöfe, Ackerfelder und Baum pflanzungen im bunten Wechsel aneinander. Poststationen finden sich vereinzelt, oftmals 46 bis 50 Kilometer voneinander entfernt, vor.. Au diesen Punkten wird frischer Vorspann besorg". Man sängt die Pferde im nahen Korall oder Pferch, in dem sie ständig frei nmherlanfcn. mit dem Lasso, wobei es freilich ohne Grausamkeiten nicht immer abgcbt. — Wem fielen bei solchen Bildern aus dem fernen Wildwest nicht Hum boldts unvergleichlich schöne Worte ein: „Grausamkeit gegen di- T'ere ist eines der kennzeichnendsten Laster eines niederen und unedlen Vofk-s. Wo man ihrer gewahr wird, ist cs ein sicheres Zeichen der U »wissen- bei: und Roheit, daS selbst durch alle äußeren Zeichen des Prunkes nicht verdrängt werden kann" In jenen Landstrichen, wo Pferde unter dem Einflüsse vermengende'- Sonn.cngliitcn nicht genügende Widerstandskraft und Ausdauer z.ng n würden, verwende! die Postverwaltunaen vielfach Stiere ',u ihren Be- sörderui-gcn, so in Sian:, Japan und einigen südamerikauifcheu Staaten. Wohl nirgends wird von il nen ein so ausgiebigrr Gebrauch im Beiärve. rungswesen gemacht als in Südafrika. Als Zugtiere bewähren sich be kanntlich Stiere in bergigem Gelände weit mehr als Pferde. Südafrika mit seinen eigenartigen Hügelreihen in Ta'elform kann daher der ge hörnten Zugtiere am wenigsten entbehren. Es gewährt einen sonderbaren Eindruck auf europäische Reisende, zu sehen, wie sich die starkgcbautcu, mir dichten Planen überspannten Wagen, gezogen von 10—12 kräftigen Ochsen, langsam und schwerfällig durch das wechselvolle Gelände fort bewegen, bald durch fruchtbare selber und grüne Weidctriste mit den scftlgstcn Gräsern und den schimmerndsten Blumen, bald über versengte und ausgcdorrte Hochebenen oder durch hochstämmige Akazicnwälder, deren berauschender Duft die Lüfte schwängert. Man hat früher ver schiedentlich versucht, unter auderm auch in Teutsch-Südweslafrika, die starkgebauten afrikanischen Ochsen als Reittiere zur Beförderung der Pvstbcutel zu benutzen; sie eigneten sich aber ganz und gar nicht dazu; denn sobald ihnen eine fette Weide verführerisch cntgegcnleuchtetc, eilten sic dieser, ihrer postalischen Pflichten völlig vergessend, mit einer ihnen sonst nicht gerade eigenen Lebendigkeit zu; sie waren dann auf keine Art zum Wcitcrgeheu zu bringen. Dieser Widerstand hat allerdings nichts zu schaffen mit der dem Stiere augedichtetcn Störrigkeit; vielfach Wil es ja auch Menschen geben, die eine besetzte Tafel in Aufregung bringt. Man sei sich nur immer besten bewußt, daß Zugtiere durch sanfte, freund liche Behandlung zutraulicher und lenksamer werden, daß aber Rohen und Launenhaftigkeit sie Völlig verderben können. Viele unserer Bauern und Fuhrleute hättet es nötig, sich den alten Haucspruch der füda r.ka- nischen Stämme ins Gedächtnis zu rufen: „Wer fein Tier mißhandelt und mißbraucht, sinkt selbst auf die Stufe des TiercS herab." Durcheilen wir im Geiste das „dunkle" Afrika von Süd nach Nord, wenden wir uns jenem uralten Kulturbeckcu des Niltalcs zu, wo vor Jahrtausenden schon Tierschutz und Tieroflege auf hoher Stufe standen. Wohl findet auch dort heutigentags da? früher in Aegypten völlig unbe kannte Pferd als Reit- und Zugtier ausgiebige Verwendung, doch selbst die infolge der oftmals wechselnden Fremdherrschaft entstehenden Um- gestaltungcv. des früher so abg.-schlonenen Eigcnwesens der Aegnp'er haben den schon in grauer Vorzeit »ls Reittier gebräuchlichen E'el ni! t zu verdrängen vermocht. Auch die ägyptische Postocrwaltung bedient sich seiner noch. Durch die wuncudurchglübten Ebenen des Nils ziehen heute in orientalischer Gemächlichkeit wie einst die Boten der Plmrao. en auf des Etels Rücken die Briefträger des Landes, lieber d e Schul er hängt ihnen di- Bcstelltafchc, während am Saitcl das Postfelleiien le- festilst ist. Auf den Schalt einer Trompete, welche die bei uns acbräuch- liehe Signalpfeife vertritt, siebt der Ekel mit feinem Bührer siill und u ' letzter-'» schart sich voller Neugier und Erwartung die Bevölkerung des Ortes. liniere Ausführungen würden unvollständig sein, wenn wir das Kamel, das Schift' der Wüste, unerwähnt lasien wollten. Ilcderall dort, wo Eisenbahnen rd.r andere Varlel'r- gelege'beiten »eblen. usi er in dem dürren wasserarmen arabischen Hochlande, sei »s dnrm de ' gel een
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