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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.03.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080304011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908030401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908030401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-03
- Tag 1908-03-04
-
Monat
1908-03
-
Jahr
1908
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Bezug» Prei» Morgen-Ausgabe 8 Nnzeigen-Prei» ,ü» L»t»»i» »»» »«rch «s»r» lrt<« «iik «o»i>nrur» «,» Ha»» »«kachti il»«»ad« » <»« «i«a«»1> «»n»Ut-rUch » M.. «anauu» l M , tiulgad« I <m»kgra» ,ni> »driid«) »trrlel» lährlild 4.-0 M. ««»atliit i K» M. Lurch d«r Poft ,» »r,irdr»i <2 mal «»glich, inn-roald Lrullchlandt und »e« »«ul'Le» »olauirn vuriruadrllch -,L M , monailich l.7i M »utichi Poft- bellkllgrld. >-r Lrllrrrrich ü U Kü d, Ungarn N L merkrlitdrlich fternrr in Bei. gien, VSnemarl. »<n Danauuaairn, straal reich. gl-lte». Vuremdurg Niederlande Rorwege» Outzland Schwede». Schwel» und chvanle» I» «lle» tdr,ae» klaale» nur »>r«ki »urch »w chM«» « VI «rhtllllch, ildonneinrni-Bnnad»». V»«»ii»«vlatz 8^ d«i »Nieren lräaer». stUialen. spedireurr» UN» ll»»ad»«Ü«lleir lm»>« vdKLmrrru imd ivrrenrdger» Lt» «I»»«t»« «um»«, lollel I» VsA, WMgerTagMM HandelszeUung. Nedatti»» «»» «rvedlltdui ^adanaitgall» e relevd»» »r. »EU, «r. i4«8. «r. »«»«. Amtsblatt de^Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Mr Außer«» »»« verum» «i» llmgedung »ch «aelpalt»», PrN1»mI» D Vi^ »naaglell« A»»erge» 80 »eklawr, > Lt.; »MI »»Md«» » «., «evawr» u» «.; »»»«ullmidSo«., »uan^ «n^«,en7SW.. «»Name» llO M. In lernt« ». Leddrde» in, «utllchen lrN 4V P.. Leilagegkdüln b M ». Laulend «rkl Poll- »edül,». che chälltanileigen „ d»vor»ugter Ettll« im Pieile erdSbt Kadon nach laril FellrrrrUr« NutuLg, kdnuen nichi zurück- »e»»ge» werde». Für da» itrlchelnen an teuiwaUen tagen nn» PILhen wich kein« charaati« übernommen. «nmlgen.Bnnadme» U»,»ft»«vl«tz 8, -ei iämlltchen stiliale» ». allen Lnnoncew chMediNoaen de» In- an» «ullande». L«Uch-BM«l» Lertt»i I«rl Luncker, tzerzogl Paar. HoNuch- banblung, liüdowftra»» M. vlelephd» VI. Nr. 4008). Nr. «3. Mittwoch 4. März 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. Am Ende der gestrigen Beratung der sächsischen ZweitenKam- mer über den Antrag Spieß zugunsten der Umsatzsteuer wurde beschlossen, diesen Antrag ohne Ueberweisung an eine Deputation im Plenum zur Schlußabstimmung zu bringen. lS. Parl.-Ber.j * Der bisherige Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Graf Goetzen, ist für den Posten des preußischen Ge- landten in Hamburg in Aussicht genommen. lS. Ausl.) * Der Reichstag begann gestern die zweite Etatslesung des Reichsamts des Inner u. lS. Parl.-Ber.) * Das preußische Abgeordnetenhaus nahm gestern die Ostmarkenvorlage unverändert in der Fassung an, die ihr das Herrenhaus gegeben. lS. Dtschs. R I * In Belgien scheint seht König Leopold in der Kongo, frage nach gegeben zu haben und eine definitive Beendigung der unangenehmen Angelegenheit bevorzustehen. lS. Ausl.) Das Schicksal -cs Rcichsvcrcinsgcsctzcs. Zu den alten liberalen Forderungen hat es immer gehört, daß wir in Deutschland e i n Vereinsgesetz bekommen möchten, das an die Stelle der buntscheckigen Gesetzgebung, die auf diesem Gebiet herrscht, ein Recht setzt. Es war darum nicht ungeschickt, daß Fürst Bülow, als es sich für ihn darum handelte, unter dem Zeichen der Blockpolitik liberale Konzessionen zu machen, diese Materie der Gesetzgebung herausgriff. Schwieriger aber war es und — wie die bisherigen Beratungen über das Ge'etz zeigen — ist es, diesem Neichsoereinsgesetz nun auch eine Gestalt zu geben, die es den Blockparteien von der äußersten Rechten bis zur Linken möglich macht, das Geictz auch anzunehmen. Ja, es galt noch mehr Nicht nur der Widerspruch zwischen konservativen und liberalen Wünschen mußte möglichst ausgeglichen werden. Es spielten auch die Geaenlätze zwischen Nord- und Süddentschland in den Kampf der Meinungen hinein. Selbst konservative Männer in Hessen, Baden, Bayern, Württemberg und auch in den kleineren Mittelstaaten wissen die Freiheit zu schätzen, die ihnen durch ihre bisherige Landesgesetzgedung im Dereinswesen und in der Abhaltung politischer Versammlungen im Unterschied von der preußiichen oder sächsischen Gesetzgebung garantiert war. Es ist denn auch nicht gelungen, ein Reichsvereinsgesetz zu schassen, das nicht diesen liberaler verwalteten Staaten rin Opfer aus erlegte. Der Süden mußte sich wieder einmal dem Norden fügen. Die Verstimmung hierüber tritt in den Landtagen der süddeutschen und ein zelner mitteldeutscher Staaten offen zu Tage. Wir haben erst vor kurzem darauf hingewiesen, daß man dorr sogar die Hoffnung noch nicht aufgibl, durch eine bundesstaatliche Opposition sich alte Landesrechte zu erhalten. Allein diese Hoffnung dürfte trügen. Nicht nur die süddeutschen Bundes regierungen werden an dem Entwurf der Neichsregierung festhalten und damit Opfer bringen, wo es nicht anders geht. Auch die süd- deutschen Neichstagsabgeordneten, soweit sie den Block- oartcien angehören, haben durch ihr Verhalten in der Reichstags- kommi'sion gezeigt, daß sie in dem Zustandekommen eines einheitlichen Reichsvercinsgesetzes ein zu großes und wertvolles Gut sehen, als daß st« nicht Zugeständnisse machen sollten. Freilich haben sie dies« ver ringert durch Veränderungen, die sie an dem Entwurf der Regierung Vornahmen, aber dadurch wurde das Gesetz selbst nicht gefährdet, weil die Reichsregierung auch ihrerseits ihre Zustimmung zu den Abände rungen gab. So wäre es gelungen, schon in der ersten Lesung der Kommission das Schicksal des Reichsvercinsgesetzes zu sichern, hätte man sich über 8 7 dieses Gesetzes, der sich bekanntlich mit der R e z e l u n g der Sprachenfrage befaßt, einigen können. Hier aber setzte die Oppo sition der drei freisinnigen Gruppen ein. Sie wollten zuerst den ganzen Paragraphen streichen. Dann gingen sie von dieser reinen Ne gation dazu über, Vermitlungsanträge zu machen, die sich schließlich in dem Abänderungsantrag des Abg. Müller-Meiningen verdichteten. Der Antrag hatte folgenden, schon einmal mitgeteilten Worlaut: 1) Di« Verhandlungen in öffenlichen Versammlungen sind in der Regel in deutscher Sprache zu führen. 2f Wenn in einer öffentlichen Versammlung in einer fremden Sprache verhandelt werden soll, so haben die Veranstalter die nach 8 3 Abs. 1 erforderliche Anzeige min destens dreimal 24 Stunden vor dem Beginn der Versammlung bei der Polizeibehörde zu erstatten. Bei der Anzeige muß die Absicht, in fremder Sprache zu verhandeln, mitgeteilt werden und die Be zeichnung dieser fremden Sprache selbst erfolgen. 3> In den Ver- sammlungrn, für welche die in Nr. 2 vorgeschrieben« Mitteilung durch den Veranstalter nicht erfolgt, ist der Gebrauch einer fremden Sprache nicht erlaubt. 4> Die Anzeige gemäß Nr. 2 wird durch die öffentliche Bekanntmachung nicht ersetzt. 5) Ohne di« ausdrückliche Einwilligung des Veranstalters oder des Leiters einer öffentlichen Versammung darf in derselben in einer nichtdeutschen Sprache nicht verbandelt werden. 61 Di« LandeSgesetzgebung kann dte Einhaltung der Bestimmungen in Nr. 2—4 ganz oder teilweis« erlassen. Die Regierungsvorlage dagegen forderte schlechthin die deutsche Der- handlungsspvach« in öffentlichen Versammlungen und überließ eS den LandeSzentralbehörden, Ausnahmen zu gestatten. Die Punkte 2—5 deS Antrags Müller wurden mit den Stimmen deS Zentrums, der Polen der Sozialdemokratie und des Freisinns acgn die der Nationolliberalen und der rechtsstehenden Parteien an genommen. Durch diese Annahme war die grundlegende Bestimmung in Punkt 1 wertlos und gegenstandslos geworden. Di« konservativen und nationolliberalen Redner hatten kein Hehl daraus gemacht, daß sie den Ausnahmebestimmungen nicht würden zustimmen können. So war es kür sie geboten, daß sie den verschlechterten Paragraphen ablehnten, damit ein Torso entstand. Hätten sie zugestimmt, so wär« d«r ganze Paragraph in einer vollkommen wirkungslosen Fassung angenommen morden. Es würde aber auch den Einzelstaaten di« Möglichkeit ge nommen worden sein, ihrerseits Bestimmungen über di« Regelung der Sprachenfrage zu treffen. Die Frage ist nun, ob es gelingen wird, bis zum 11. März, dem Tag, an dem die zweite Lesung in der Kommission beginnt, eine weitere Vermittlung zu finden oder ob sich eine solche während dieser Lesung ergibt. Wir haben schon mehrmals darauf hingewiesen, daß zu einer pessi mistischen Auffassung über das Schicksal des Reichsvercinsgesetzes auch nach dieser scheinbar ergebnislosen ersten Lesung noch kein Anlaß vor liegt. Di«se Hoffnung gründet sich weniger auf die Annahme, daß die Regierung noch weiter entgegcnkommen wird, als darauf, daß die frei sinnigen Parteien sich teils aus sachlichen Gründen, teils aus allge meinen politischen Erwägungen werden bewegen lassen, ihrerseits Zu geständnisse zu machen, Zunächst hat schon Herr Müller-Meiningen nach dem Kommissions bericht erklärt, seine Freunde würden über den von ihm gestellten An trag hinaus entgegcnkommen müssen, wenn die Regierung nachweise, daß er die notwendige lleberwochung der fremdsprachigen Versamm lungen nicht gewährleiste. In dieser Beziehung hat nun gerade die letzte Kommissionssitzunq interessantes Material gegeben. Während nämlich der Abg. Müller-Meiningen annabm, daß von den 18 000 an gemeldeten fremdsprachigen Versammlungen im Jahr nur 4000 über- wachungsnötig blieben, so daß nur zehn auf einen Tag kämen, die sich leicht überwachen ließen — zeigt die amtliche Statistik, die Geheimrat von Hermann wicdergab, ein anderes Bild. Es finden gut 8000 fremd sprachige Versammlungen statt und sie verteilen sich nicht gleich mäßig auf das ganze Jahr. Sie finden vielmehr in starkem Matze gleichzeitig statt, zu bestimmten Jahreszeiten, und vornehmlich dann am Sonntag. Oft werden an einem solchen Tage mehr als 100 Versamm lungen abgehallen, so daß eine Neberwachung ganz unmöglich ist. Dazu kommt, daß viele solche Versammlungen nur polizeilich angemeldet, dann aber nicht abgehaltcn werden. Die Polizei muß aber für Neberwachung sorgen, und erfährt erst in letzter Minute, daß sie überflüssig wird, weck die Versammlung ausfällt. Es läßt sich nun ganz unmöglich «in so großes Heer von Beamten aufstellen, die die fremde Sprache beherrschen, um so dem Neberwachungsdienst nachzukommen. Dieser statisti'che Nach weis dürste überzeugend wirken und zu den Argumenten geboren, die der Freisinn schließlich anerkennen muß. Dazu kommt der allgemeine politische Gesichtspunkt, daß, wenn auch der Spracbenparagraph dem Freisinn es sehr erschweren mag, dem VereinSgesetz zuzustimmen, dieses doch auch mit diesem Paragrapyen immer noch einen beträchtlichen Fortschritt gegen die bisherigen Ver- einsgesetze in norddeutschen Staaten gerade unter dem Gesichtspunkt des Liberalismus aufweist. Wir möchten es darum bezweifeln, daß die freisinnige:' Parteien an dem 8 7 des Vereinsgesetzes das ganze Gesetz scheitern lassen werden. Sie dürften vielmehr versuchen, neue Vor- schlage zu machen, um so die alte liberale Forderung eines Reicksvcr- cinsgesetzes zur Erfüllung zu bringen, auch wenn sie innerhalb der Blockpolitik nur «in Gesetz schaffen Helsen, das von ihrem Standpunkte aus noch vieles zu wünschen übrig läßt. Ein Scheitern des Gesetzes ivürde Zentrum, Polen und Sozialdemokraten und damit dem Anti block einen Triumph bereiten, den die Rücksicht aus die fremdsprachigen Elemente in Deutschland denn doch nicht aufwiegen kann. DZc ostafrikaiirschc Zentralbnhn. In der gestrigen Sitzung der Budaetkommission des Reichstags wurde von der Kolonialverwaltung eine Erklärung von großer Bedeutung abgegeben. Danach hat sie sich vor der Alternative befunden, im Interesse der Erhaltung unserer größten Kolonie entweder die Schutztruppen erheb lich zu verstärken oder durch Bau von Eisenbahnen eine raschere Be weglichkeit der vorhandenen Kräfte herbeizusühren. Das Kolonialamt Hal sich für den zweiten Weg entschieden und für diese Wahl folgende hochinteressante Begründung zu Protokoll gegeben. Der Staatssekretär ist zu der Ueberzeugung gelangt, daß gegen- über der gewaltigen Größe der dcutsch-ostafrikanischen Kolonie, ihrer Unwegsamkeit und der daselbst verfügbaren Transportmittel diese Be satzung nicht hinreichcn würde, nm iw Falle eines ausgedehnteren Auf standes, sei es der großen, das Zentrum bewohnenden Völker, sei cs ans Grund der Vereinigung mehrerer anderer Stämme, die Kolonie für Deutschland zu erhalten. Die Verwaltung hätte demnach eine Ver stärkung der ostafrikanischcn Besatzung in Vorschlag bringen müssen. Gemäß dem ans wirtschaftliche Gesichtspunkte basierten und aus eine Verminderung der Reidungsflächen zwischen der Be völkerung und der deutschen Negierung gerichteten Programm ist hier von abgesehen worden, weil eine Truppenvermehrung einerseits eine wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Ausgabe darstellt, anderseits direkt geeignet ist, diese Neibungsslächen zu vergrößern. Koloniale Aufstände sind unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten als Kriege feindlicher Nationen. Geht bei den letzteren die Aufgabe dahin, den Feind mög lichst physisch und materiell zu vernichten, so muß bei kolonialen Auf- ständen die Tendenz dahin gehen, unter möglichster Schonung des Gegners und seiner Subsistenzmittel ihm den Willen der kolonisierenden Macht aufzuzwingen. Jede Vernichtung von Menschen und Eigentum in kolonialen Schwierigkeiten schädigt zunächst und direkt die kolonisierende Macht. Es kommt daher bei solchen Aufständen darauf an, jede Unbotmäßigkeit mit der größten Schnelligkeit und der größten Konzentration von Kraft Niederzu schlag e n, den örtlichen Umfang der Feindseligkeit zu beschränken und die Gelegenheit zur Vereinigung mehrerer Stämme zu verhüten. Dazu ist eine erhebliche Beweglichkeit der Truppe und die Möglichkeit, größere Truppenmengen sehr schnell an einem Ort zu vereinigen, erforderlich. Der Staatssekretär wies auch auf die außerordentlichen Schwierigkeiten in der Verpflegung hin. Diese Sachlage ist bei dem Feldzug im Süden des Schutzgebietes im Jahre 1905/06 mit Deutlichkeit zutage getreten. Die Truppe war dort angewiesen auf eine Verproviantierung aus dem Lande. Sie ist dadurch genötigt gewesen, die sämtlichen in dem Saude vorhandenen Nahrungsmittel an sich zu ziehen und zu verbranchcn bzw. zur Schwächung des Gegners zu zerstören. Der an und für sich nicht bedeutende Feldzug hat, wie die Denkschrift anSweist, zu einer Zerstörung des Lebens und Eigentums von etwa 75000 Menschen geführt. Auch nach der glücklichen Ueberwin- düng eines Ausstandes sind die Folgen mangels der Möglichkeit, die be treffenden Gebiete mit Nahrungsmitteln und besonders Saatkorn zu versorgen, außerordentlich betrübende gewesen. , Aus diesen Erwägungen heraus hat die Kolonialverwaltung un- mittelbar nach der Rückkehr des Staatssekretärs das Studium der tsetzung der Zentralbahn nach dem Zentrum des qevretes ausgenommen und eine entsprechende Vorlage den verbündeten Regierungen unterbreitet. Durch die vorstehenden Erwägungen rückt die Frage des Baues dieser Zentrollinie ans der Reihe der rein wirtschaftlich nützlichen Anlagen, für die man den Zeitpunkt wählen kann, in die Reihe der politisch notwendigen, die im Interesse nicht der Entwicklung, sondern der Erhaltung de-' deutschen ^-siu.eZ e,nen Aufschub nicht verträgt. politisches ans j)ctcr*sbnvg. lVon unserm Petersburger ^-Korrespondenten.) Petersburg, 1. März. Das politische Leben Rußlands wendet sich nach längerer Pause wiederum Interessen zu, deren Sphäre über die Grenzen des Landes hinausreicht. Wenn bis vor einiger Zeit die geschwätzige „Nowoje Wremja" über die Unfähigkeit der diplomatischen Vertreter Rußlands jammerte und nach Abhilfe schrie, so brachte weder die inländische, noch die ausländische Presse diesen Klageliedern irgendwelche Aufmerksamkeit entgegen. Das scheint jetzt anders werden zu sollen. Unser Minister des Auswärtigen, Iswolski, ist ein sehr ehrgeiziger Herr, der auch in den Räumen, die der Burcaukrakie gehören, den Frack des Diplomaten nicht abzulegen gewillt ist. Eine Schicksalsfügung hat mit der ihr eigenen Ironie bestimmt, daß gleich der erste Ausfall Iswolskis einer Persönlichkeit galt, die zu seinen besten persönlichen Freunden zählt. Tas war Aehrenthal. Ein Mann, den die Petersburger Gesellschaft auf Händen getragen hatte. Ein Liebling der Hofgesellschaft. Ständiger Gast bei allen Festlichkeiten engeren und weiteren Kreises, die die diplo matische Welt Petersburgs veranstaltet hatte. Und nun — dieser Affront! Es ist indessen einiges Wasser di« Newa heruntcrgeflossen und die gekränkten Gemüter haben Zeit gefunden, sich auf gleichgültige Mienen zu besinnen. Man suchte einen Prügelknaben und land ibn in der Presse. Sie mußte sich in die Nolle des nit'ant «Om-iblc» hinein finden. Und im Grunde — es war gut so. 'Das bitterböse Wörtchen ..Krieg" ist in seiner ganzen furchtbaren Bedeutung noch zu sehr in aller Erinnerung. Man sagt, daß ein Teil des Hoszirkels sich dahin geäußert habe, ein Krieg, wie dieser, der sich an das patriotische Empfinden des Volkes wende, würde besser als alle Repressalien die Revolution bin- wcgfegcn. Aber ihre Vor- und Ratschläge fanden glücklicherweise kein Gehör. Zwei Nachrichten, die in die äußere Politik deS Landes gehören, haben Anspruch daraus, das allgemeine Interesse im weitesten Maße in Anspruch zu nehmen. In Paris hat der japanische Botschafter Kurino sich reckt unverblümt dahin geäußert, daß seine Regierung den Ausbau des zweiten Gleises der Sibirischen Bahn als Operation strategischen Charakters betrachte. Zu gleicher Zeit, als diese Aeußerung, die eines gewissen drohenden Beigeschmackes nicht entbehrt, in Paris fiel, besuchte ein französischer Deputierter, Herr Deloncle, eine Persönlichkeit, die in Frankreich politischen Respekt genießt, Stolypin, Kokowzow unv Iswolski. Man hat sich den Kopf zerbrochen, was dieser eigentümliche Besuch wohl zu bedeuten habe. Die oberflächliche Kritik war natürlich flugs mit der Behauptung zur Hand, es gelte, eine zum Herbst geplante Milliardcnanleihe unter Dach und Fach zu bringen. Diese Kombination ist recht töricht. Ihr Korrespondent kann Ihnen aus bester Quelle ocr- sichern, daß eine auswärtige Anleihe — und rechnete sie selbst nicht nach Milliarden, sondern nach Millionen — im Lause des Jahres 1908 aus keinen Fall abgeschlossen werden wird. Was ober die Konsolidierung der im Jahre 1909 fälligen 800 Millionen Schatzfcheine anlangt, so sina die Verhandlungen, die hierüber zwischen der russischen Regierung einer- seits und der französischen Negierung und der Pariser Großfinanz anderseits zu führen waren, bereits seit zwei Monaten zu prinzipiellem Abschluß geführt. Die Annahme, daß der französische Abgeordnete finanzpolitische Fragen erörtert habe, scheint also hinfällig zu sein. Welches Thema der die Interessen Rußlands und Frankreichs gleichzeitig berührenden Politik zur Diskussion gelangte, das ist nicht bekannt ge worden. Wie ich höre, will Stolypin die Interpellation, die sich mit der Praxis der Wilnaer Geheimpolizei beschäftigt, persönlich beantworten. Da der Fall zeitlich vor dem Erlaß des Oktobermanisestes rangiert, so wird cs dem Ministerpräsidenten nicht schwer fallen, die Verantwortung für das Geschehene abzulebnen. Die Beantwortung der heiklen Inter pellation würde sich allerdings erheblich komplizieren, wenn sich die Meldung der „Nußj", die sich mit den Nebergrisfen der Kiewer Geheim polizei beschäftigt, als wahr Herausstellen sollte. Danach hätte ein Revisionsbeamter, den das Polizeidcpartement nach Kiew abgcschickt hatte, eruiert, daß die Verschwörung gegen den Generalgouverucur Ssuchomlinow von Agenten der Kiewer Ochrana inszeniert worden sei; schon habe der Ehef der Geheimpolizei seine Demission genommen. Be stätigte sich dieses grauliche Faktum, so wäre damit der Beweis erbracht, daß die Geheimpolizei heute noch mit gewiß nicht zu billigenden Provo kationen arbeite. Auch aus Finnland soll der kadettischen Partei Beweis- material zugegangen sein, das die Existenz einer solchen provokatorischen Praxis außer Frage stelle. ES kann kein Zweifel darüber bestehen, daß Stolypin selbst von diesen Überschreitungen seiner Untergebenen nickt? gewußt hat. Dafür bürgt ohne weitere? di« Lauterkeit stincs Charakters. Aber gerade diese läßt die Forderung, daß den Provvkawren ex okt'ioio ein für allemal das Handwerk gelegt werde, unabwendbar erscheinen. So darf man hassen, daß die Regierung das ihrige dazu tun werde, um dem Geiste des Oktobermanisestes gerecht zu werden. Es ist in jedem Falle erfreulich, daß das von reaktionärer Seite aus gehende Gerücht, Stolypin habe nach dem Empfange Dubrowins, des Führers des Verbandes des russischen Volkes, in Zarskoje Sselo seinen Abschied eingereicht, nicht auf Verwirklichung rechnen darf. Der Ministerpräsident ift — wir können das aus bester Quelle versichern — noch immer xiorsona krrstissirriL beim Kaiser. Es hieße, zudem, der Persönlichkeit eines Dubrowin wirklich zuviel Bedeutung bcimesscn, wollte man «3 überhaupt nur für möglich halten, daß er der Regierung ein Bein stellen könne. Dubrowin hat in Zarskoje nicht über die poli tischen Absichten des Verbandes referiert; es ist ibm auch nicht erlaubt worden, seine Ansichten oder gor seine Entscheidung über die Tätigkeit der Regierung abzugcben. Der Zar nahm lediglich seine und des Ver bandes Ergebenheitsäußerung entgegen und erkannte es in gnädigen Worten an, daß der Verband zu Kaiser und Reich halte. Daß eine Persönlichkeit wie Dubrowin aus der Tatsache des Empfanges in Zars koje für sich und ihre Zwecke Kapital zu schlagen sucht und in wenig taktvoller Weise zur Reklametrommel greift, das wird schließlich nie manden, der dielen würdigen Herrn kennt, Wunder nehmen. Nur möge man sich hüten, ihm die Ehre anzutun, seinen Worten politischen Ernst beiznlegen. Deutscher Reich. veitNiq. 4. März. * Aus dem sächsischen Landtag. In der heutigen Beratung de? Kapitels der Oberrechnungskammer in der Zweiten Kammer wird vor aussichtlich die Negierung eine Erklärung abgeben, daß dem Ministe rium eine Mitteilung von der Obcrrechnungskammer ,»gegangen sei, wonach die Erste Kammer sich der von ibr vorgcbracnten Bemänge lungen nicht erinnert habe. Jnfolaedellen wird diele Sacke rasch er ledigt werden. — Die gestrige Erklärung des Graten Hodentbal, die der Minister zu der Frage der Umsatzsteuer adgab, bat in liberalen Kreisen keinen guten Eindruck gemacht. Man ist vielfach der Anfickt. der Minister wolle Zeit gewinnen, um später für die Zustimmung vri Regierung zur Umsatzsteuer di» Zustimmung der Konfcrvgtii>«n zu »inen Vorschlägen beir. Wahl der Abgeordneten durch die Kommunal verbände, cinzutau'cken. Wenigstens wurden in dieser Richtung Be- fürchtunaen laut.
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