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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.03.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080309013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908030901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908030901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-03
- Tag 1908-03-09
-
Monat
1908-03
-
Jahr
1908
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Ämlsölatl des Nates und des Nolizeiaintes der Stadt Leipzig. Anzeiqen-PrriS für Inserate au» Leipzig und Umgebung di« 6gespallen« Petit,eile 25 P>., finanzielle Anzeigen 30 Pf., Reklamen t M.; von autwärt» 30 Pf., Reklamen 1.2V M.; oomAuilandSOPi., stnanz. Anzeigen75P' Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behbrden in. amtlichen Teil 4V Pi. Beilagegebüdr 5 M. p. Tauieno exkl. Post gebühr. lSeichjstSanzeigen an berorzugter »teile im Preise erhöht. Rabatt nach Dani. Festerteilie Aufträge können nicht zurück gezogen werben. Für da» Erscheinen an bestimmten lagen und Plätzen wird keine Äaranri« übernommen. Anzeigen.Annahme: Lugustusplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Anno. cen- iäxpedilionen de» In- und Ausländer. Haupt-Filiale Vertin r Lari Duncker, Her ogl. Bayr. Hosbuch- handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI, Nr. 4603). Nr. 68. 102. Jahrgang. Montag 9. März 1908. Das wichtigste vorn Tage. * Der Kaiser ist gestern abend an Bord der „Deutsch! a n d" vor Helgoland eingetroffen. (S. Letzte Dep.) * König Eduard ist am Sonnabend abend in Biarritz ein- getroffen. * Der Direktor des Pariser „Figaro", Calmette, verurteilt in seinem Blatte scharf den Lärm, der in England wegen des Kaiserbriefes erhoben wird. sS. Letzte Tep.) * Die Antwort Chinas in der Angelegenheit des Dampiers „Tatsu -Mar u" ist auf ein Ultimatum Japans er'vlgt. iS. Letzte Dep.) Sächsische Oarlainentswoche. „Die nächste Sitzung kann erst am Freitag kommender Woche statt finden, da der Beratungsstoss aufgearbeitet ist", so verkündete am letzten Donnerstag der Präsident der Ersten Kammer, Graf Vitzthum v. Eck- städt, am Schlüsse der Sitzung. Es war das ein neues Zeugnis dafür, doch mau im sächsischen Landtage anhaltend mit Hochdruck arbeitet. Man hat auch alle Ursache dazu, denn auch die Bemerkung des Grasen Vitz thum ist cnun ^rano sakis zu verstehen. Die Berggesetznovellc, sowie der Entwurf zum Forst- und Feldstrafgesetz stecken noch in der ersten lGesetzgebungs-1 Deputation der Ersten Kammer und werden dort noch einige Zeit verweilen, da sich bei der Einzelberatung manche Schwierig- keiten ergeben haben; voin Etat sind zwar eine ganze Anzahl Kapitel erledigt, aber es fehlen noch die eigentlich „großen Etats", und sie sind es, die die meiste Arbeit und Zeit auch im Plenum in Anspruch nehmen. Dazu kommt noch, daß infolge der im April zu erwartenden Besoldungs vorlage für die Beamten ein großer Teil des Etats gewissermaßen noch einmal durchgcarbeitet werden muß, und zwar von beiden Kammern. Diese zweite Bearbeitung wird um so schwieriger werden, weil sie Gelegenheit geben wird, aus dem Antrag des freikonservativen Aba Dürr-Leipzig u. Gen. die praktischen Konsequenzen zu ziehen. Insofern mar es sehr praktisch, den Antrag der Finanzdcputation .V zur weiteren Bearbeitung zu überweisen. Läßt sich überhaupt aus ihm etwas für sie "Gesetzgebung und das Verwaltungssystem praktisch Verwertbares kerausschälen, so ist die Finanzdeputation 2V Wohl der einzige Ort, wo es geschehen kann. Insofern war es nicht angebracht, wenn schon jetzt von einem unrühmlichen Ende gesprochen wurde, das der Antrag in der Deputation gefunden haben sollte. Gewiß ist der Antrag der Ausfluß einer ehrlichen, furchtlos vertretenen Neberzeugung. — Abg. Dürr wies in seinem Schlußworte sogar auf den von ihm gemäß 82 der Ver fassung geleisteten Abgeordneteneid hin, trotzdem haben wir uns für ihn nicht recht erwärmen können. Ter Antrag ist uns in der gegenwärtigen Form zu wenig substantiiert, zu allgemein gehalten. Man kann dagegen weiter einwenden, daß er detaillierte positive Vorschläge vermissen läßt und daß solche auch in der Debatte nicht zutage getreten sind. Und das liegt unseres Erachtens daran, daß der Antrag im Umfang zu weit gehalten ist. Die „Zuvielregiererei" ist von uns allen wohl ohne Aus- nähme schon längst als lästig empfunden worden, und Graf Hohenthal, der recht empfindlich geworden zu sein scheint, trotzdem er oft und gern das Gegenteil versichert, mußte selbst zugeben, daß „manchmal mit einer Anordnung zu weit gegangen wird". Das ist der Kernpunkt der Sache, und wenn der Minister des Innern an diesen so Herangehen kann, daß die Veranlassung zu Klagen fortsällt oder wenigstens ver ringert wird, so wird damit schon manches erreicht sein. Das einfluß reichste Wort wird auch hier der Finanzminister zu reden haben, der cS ichon bei der Etatberatung als eine der hauptsächlichsten Aufgaben der Zukunft bezeichnet hat, zu prüfen, inwieweit sich der gesamte Beamten apparat einer Vereinfachung unterziehen lasse. Auch der zweite Tag der Woche ließ in der Zweiten Kammer die Wogen bochgehcn. Tas soll am selben Tage auch anderswo geschehen icin, denn — es war ja Fastnacht, und ein boshafter, abgebrühter alter Sünder auf dec Journalistentribüue des Landtages bezeichnete es gerade zu als eine zarte Aufmerksamkeit des Präsidenten Dr. Mehnert, daß er am Fastnachtsdienstag den Antrag Dr. Spieß und Genossen auf Einführung einer Umsatzsteuer für Großbetriebe auf die Tagesordnung gesetzt habe. In der Tat, ernst genommen werden kann der Antrag nicht mehr, und wir haben uns sehr gewundert, daß er die Unterschriften iast der gesamten konservativen Fraktion gefunden hat. Wir haben wiederholt in Artikeln an dieser Stelle auf das Widersinnige des An trags hingewiesen und den Nachweis erbracht, daß er ein Schlag ins Wasser ist und zu den absurdesten Konsequenzen führt, ganz abgesehen davon, daß die Steuer sehr leicht umgangen werden kann. Der Land tag aber hat am Dienstag volle sechs Stunden lang den alten, schon recht müde gewordenen Schimmel getummelt, der nicht mal neues Zaumzeug aufwies. Schwächlich war wieder die Haltung der Regierung in dieser Frage. Diplomatisch sollte und wollte Graf Hohenthal sein, und er war cs doch nicht. Tenn durch eine klare, entschiedene und vor allen Tingen vrompte Stellungnahme hätte er sich wenigstens die Unterstützung eines Teils der Zweiten Kammer in däeser Frage gesichert, während er jetzt durch seine abwartende Haltung alle Fraktionen gleichmäßig unzufrieden gemacht hat. Den Nationalliberalen, Freisinnigen und der Sozialdemokratie hat sich der Minister nicht scharf genug gegen die von Dr. Spieß vorgeschlagene Steuer ausgesprochen, der Rechten ist er nach ihrer Meinung nicht genug entgegen gekommen. Abg. Enke-Leipzig präsentierte darum ganz frisch und fröhlich den Wechsel, den Graf Hohenthal der Mittelstandsvereinigung kürzlich hier in Dres den ausgestellt hatte, und verlangte statt der Worte nunmehr Taten. Ihn« gegenüber wieS Dr. Schill-Leipzig mit Recht darauf hin, daß das Landesgcsetz nicht einzelne Staatsbürger von Wirtschastsgenossenschasten ausschließen dürfe, deren Bildung ihnen durch Reichsgesetz ausdrücklich gestattet lei. Man könne den Beamten demgemäß gar nicht befehlen, sich von Wirtschaftsgenossenschaften fern zu halten. Das war ein durch- aus richtiger Gedanke, und es wäre nur zu wünschen gewesen, er wäre vom Minister Grafen Hohenthal klipp und klar ausgesprochen worden. Immerhin war eS sehr wertvoll, daß der Minister erklärt«, an dem Grundsätze völliger Neutralität solle gegenüber den wirtschaftlichen Ver- einignngen der Beamten auch für die Zukunft strikte festgehalten werden. Damit hat der Minister bereits den zweiten Teil des Antrags Dr. Spieß glatt abgelehnt. ES ist nur zu hyfsen, daß der hier vom Minister aufs neue aufgestellte Grundsatz auch in Zukunft genau durchgeführt wird, und daß nicht etwa von „oben" herab auf Umwegen „Wünsche" laut werden, die sür die Beamten nichts andres bedeuten als Befehle. Ucbrigens sei dem Wochcnchronisten, der ja bekanntermaßen das Nörgeln nicht lassen kann, eine indiskrete Frage erlaubt: Warum stand bei dieser Gelegenheit die Interpellation Goldstein nicht mit auf der Tagesord nung? Die nach tz 31 der Landtagsordnung erforderliche Mindcstsrist von zwei Tagen seit der Einbringung der Interpellation war verstrichen. Lag eine Erklärung der Negierung über ihre Bereitwilligkeit zur Be- uniwortung der Interpellation noch nicht vor- weil die Antworten der einzelnen Dienststellen auf die Anfrage des Ministeriums noch nicht eingegangen waren, so wäre es praktischer gewesen, die Beratung des Antrags Dr. Spieß, die durchaus keine Eile hatte, noch zu verschieben. Tas wäre sür die Zeiteinteilung im Landtag nur nützlich gewesen. Tenn jetzt wird die Fastnachtsdebatte noch dreimal wieder kehren: bei der Schlußberatung des Antrags Dr. Spieß in der Zweiten Kammer, bei der Beratung desselben Antrags in der Ersten Kammer und bei der Interpellation Goldstein! Eine „schwere" Sitzung brachte auch der Mittwoch. Fast sah es so aus, als ob mau, um mit Scheffel zu reden, „den Mittwoch in den Donnerstag zu länger» beflissen war". Aber es ging noch gut. Ein einziger Abgeordneter hätte übrigens mit einem Schlage der ganzen, sehr ermüdenden Abendsitznng ein Ende machen können, denn die.Be- schlußunfähigkeit des Hauses war fast immer unzweifelhaft. Ohne wesentliche Debatte wurde das heikle Thema „Oberrechnungskammer" erledigt. Tie Oberrcalschulcn entfesselten eine sehr lebhafte und auch ausge dehnte Debatte, in die auch der Kultusminister wiederholt eingriff. Tos Geschick des Gesetzes stand freilich von vornherein in günstigem Sinne fest, so daß eS kaum der langen Debatte bedurft hätte. Den Beschluß machte die Beratung des Kultusctats, die einen Vorgeschmack gab von den N cd-kämpfen, die noch bei den sog. „großen" Etats zu erwarten sind. Das Iannsbarrpt öes Zaren. Kinder geben nicht gern ab, und Könige gleichen ihnen in dieser Hinsicht. Ludwig XVI., der unübertreffliche Drechsler, fand die Depu tierten des französischen Volkes bald zu ungehobelt. Friedrich Wil helm III. hoffte von Jahr zu Jahr, daß der Herr der Heerscharen ihn durch ei» Wunder seines Versprechens, Landstände einzuberusen, ent heben werde. Friedrich Wilhelm IV. wollte nickt dulde.! daß ein Blatt Papier sich zwischen ihn und sein Volk dränge, und schaute bis zu seinem letzten Atemzug sehnsüchtig auf die gute alte Zeit zurück. Die Monarchen, die an der Wende zweier Perioden stehen, gleichen meist ihrem Wesen nach einem Janushaupte; sie schauen bald vorwärts, bald rückwärts, und sie können sich nicht entschließen, die Vergangenheit zu begraben und sich mit froher Tatkraft und stolzer Hoffnung der Morgenröte zuzuweuden, die am Horizont der Zeit empordämmert. Diese Betrachtung wird auch durch das Verhalten des Zaren wieder bestätigt. Der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, hat Nikolaus eine Verfassung gegeben. In seinem Innern aber empfindet er immer noch als Selbstherrscher, und vermag sich von der Tradition, die alle Macht in die Hände des gottbegnadeten Zaren legte, nicht loszulösen. Jetzt, wo es der Energie Stolypins gelungen ist, in Rußland die Ruhe eines Kirchhofs herzustellen, jetzt, wo das ungeübte Ohr des Herrschers das dumpfe Dröhnen der revolutionären Ilntcrströmungen nicht mehr vernimmt, jetzt erhebt Nikolaus wieder das Haupt und läßt uns einen Blick in sein so lange sorgfältig verhülltes Innere tun. Er bat den Präsidenten des Verbandes der Russischen Leute, Herrn Dubrowin, empfangen und ihm für die Tätigkeit des Verbandes in huldvollen Worten seine Anerkennung und seinen Dank ausgesprochen. Wie diese Tätigkeit beschaffen war, weiß die Welt. Unter den Streichen der Ban diten, die der Verband der russischen Leute gedungen hatte, sind .Hunderte und Tausende von Juden schrecklich vercndet. Noch unlängst bat der Ver band auf einem Kongreß die Abschaffung der Duma, zum mindesten aber die Umwandlung der gesetzgebenden in eine beratende Versammlung gefordert. Er bat mit dieser Resolution den Umsturz der bestehenden Ordnung, den Staatsstreich empfohlen und dem leitenden Minister seine Stellung aus das Aeußerste erschwert. Denn der Staatshaushalt des russischen Reiches beruht im Wesentlichen auf dem Vertrauen des Aus landes. Wird dieses Vertrauen allzusehr erschüttert, erhebt sich die öffent liche Meinung der kapitalkräftigen Kulturstaaten allzu energisch gegen die russische Reaktion, so ist es auch der Hochfinanz, so gewinnsüchtig und so wenig sentimental sie sein mag, nicht mehr möglich, eine rnssiscke Anleihe zu placieren. Die Existenz des russischen Staates hängt also im Grunde davon ab, ob Europa den Eindruck gewinnt, daß es der Re- gierung gelingen werde, das Riesenreich einer friedlichen Entwickelung entgegenzuführcn oder ob die gebildete Welt des Westens sich mit Ent- rüstung davon überzeugen muß, daß die Reaktion wieder obsiegt. Es war nur natürlich, daß sich nach der Audienz Dubro wins bei dem Zaren das Gerücht verbreitete, Stolypin habe keine Entlassung eingereicht, ja, es ist wahrscheinlich, daß der Ministerpräsident selbst diese Nachricht in die Presse lancierte. Es mußte ihn aus das Schmerzlichste berühren, daß der Zar dem anrüchigen Dubrowin einen Beweis seines Vertrauens gab. der die russische Intelligenz tief verstimmen muß. Das Verhalten des Zaren zeigt eben, daß er immer noch nach der Autokratie zurückschiclt. daß die Stellung Stolypins auf Sand gebaut ist, und daß von heut auf morgen die Politik der mittleren Linie wieder verlassen werden kann, um dem Terrorismus von oben zu weichen. Stolypin ist kein liberaler Manu im europäischen Sinne des Wortes, aber er hat immerhin leib'' nach dem Attentat, das sein Kind zerschmetterte, die innere Kraft gehabt, sich der brutalen Reaktion der Großfürstenpartei zu widersetzen. So unsympathisch ihm die deklamierende und politisch einsichtslose zweite Duma war, so hat er dock eine Zeit lang den Versuch gemacht, ehrlich mit ihr zu arbeiten. Wer Stolypins Wirken beurteilen will, muß immer bedenken, mit welchen ungeheuren Schwierigkeiten dieser Staatsmann zu ringen hat. Minister zu sein, ist bisweilen eine Ebre, viel setencr jedoch ein Ver- gnügen. In Rußland aber ist cs etwas schwieriger zu regieren, als in «dem artigen Deutschland. Wenn hinter Stolypin ein Mann von der un beirrbaren Ehrlichkeit und Gesinnungsnoblesse Wilhelms I. stände, dann würde ibm auch der zweite positive Teil 'einer Ausgabe, die politiicke Modernisierung des Zarenreiches, vielleicht wenigstens in ihren An- känaen gelingen Aber der Zar besitzt, so schwach er ist, gerade genug Willenskra't, um seinen! Minister höchst unbequem zu werden und das zu zerstören, was dieser erbaut hat. Immer wirh er nur widerwillig und mit halbem Herzen auf der Dahn vorwärts schreiten, die Stolypin ihm ebnen wollte, und an dieser Halbheit wird er vermutlich scheitern. Als er das Manifest erließ, das der Welt den Frieden bringen sollte, Prielen begeisterte Höflinge ibn alS den Zar-Erlö'er; die Geschichte wird ibn. wenn sein Wesen sich nicht noch völlig wandel», weit eher den Zar-Zer störer nennen. Deutsches Reich. Leipzig, 9 März. * Ter Kaiscrbries. Eine ganze Reihe von Interpellationen ist im Unterhaus sür die Monlagssitzung angemcldei. Die Indiskretion ser „Times" wird übrigens vielfach mit ihren Verkausspläuen in Verbin dung gebracht: „um sich einen sensationellen Abgang zu sichern" — sagen die einen Tie anderen: „es ist höchste Zeit, daß sie in ver nünftige Hände kommt." — Zu der Angelegenheit wird übrigens noch in einem offiziösen Berliner Telegramm der „Köln. Ztg." gegenüber Londoner Blättermeldungen erklärt, daß von V e r h a n d l u n ge n zwischen der britischen und der deutschen Regierung, die gegen seitige Beschränkung des Baues von Kriegsschiffen zum Zweck haben sollen, nichts bekannt sei. Völlig ins Reich der Fabel ge höre die Nachricht, daß Deutschland sich zu gewissen Zugeständnißcn bereit erklärt habe, wenn England unter anderem auf den Bau der Flottcnstation Nosyth verzichten wolle. Davon könne gar keine Rede sein, denn wenn Deutschland ein solches Ansinnen gestellt hätte, würde es in ganz unzulässiger Weise sich in die inneren Ange legenheiten Englands eingemischt und sicherlich eine sofortige Zurückweisung erfahren haben. Es geht uns nicht das geringste an, heißt cs weiter, ob und wie viel Flottenstationen England anzulegcn sür gut befindet. Ein Einwirken aus solche Maßregeln würde in Eng land eben solchen Unwillen Hervorrusen, wie bei uns, wenn England uns hindern wollte, irgendeinen Punkt unserer Küste in uns "c- eignet scheinender Weise zur Verteidigung einzurichten oder zum Flot tenstützpunkt zu machen. * Tas Schicksal der Börscugesetznovelle. Die Aussichten sür eine Einigung der Parteien über die in der Kommissionsberatung befindliche Börsengeketznovelle werden bekanntlich ungünstig beurteilt. Dies soll vornehmlich an dem Bestreben der Konservativen liegen, die die Be ratung möglichst hinhaltend gestalten, um dadurch einen Druck auf die Freisinnigen auszuüben, die sür eine anderweitige Gestaltung der Branntweinsteuervorlage im Sinne der Konservativen gewonnen wer den sollen. Vorläufig zeigen die Freisinnigen noch keine Neigung, vielen Wünschen entgegenzukommen, so daß jetzt noch gar nicht abzusehen ist, ob und wann eine Einigung der Parteien über die Novelle zustande kommen wird. Man rechnet jetzt schon damit, daß die Novelle nicht vor Dezember, vielleicht sogar erst später, an den Reichstag gelangen kann. Es deckt sich hier e,n ursächlicher Zusammenhang zwischen der Behandlung her Steucrvorlagen, der Beanuenvorlagen uns des Börsen gesetzes au». Würbe eine Einigung zwischen den Parteien über die Steucroorlaqrn, die noch beim Bundesrat liegen, erzielt sein, so wür den jedenfalls die Beamten Vorlagen noch an den Reichstag bzw. Land tag gelangen unh über die Börsengesetznovelle könnte ein Kompromiß in der Kommission erzielt werden. * tzruie Posttaiifrcform für Drucksachen, wie sie vor einiger Zeit au dieser Stelle befürwortet wurde, indem man zwilchen einfachen und eiligen Druckiachen uuterschAdet, soll jetzt nach einer Mitteilung der „Deutsch. Nachr." geplant sein. Es sollen erhoben werden sür gewöhn lich zu bestellende Drucksachen die bisherigen Sätze, sür eilige hingegen folgend- Zuschläge: t Pfennig beim Gewicht bis zu 50 Gramm I « - - von 50—100 Gramm 3 - - - - 100—250 3 - 250 -500 5 - - - - 500—1000 - Ein Vergleich der alten und der jetzt angestrebten Sätze für Druck sachen ergibt demnach folgende Skala: sür gewöhnliche für eilige Drucksachen: n) bis 50 Gramm .... 3 4 Ist 50—100 Gramm ... 5 - 6 - c) >(,0-250 - 10 - 13 - ct) 250-500 20 - 23 . 0) 500—1000 - 30 - 35 - Für die eiligen Drucksachen sollen besondere Zuscklwnnarken ber- gestellt werden, die den gewöhnlichen Marlen hinzuge'üzk werden müssen * Zur preußischen Be-imteubcsoldunq, die durch, die Negierung ver- zögert wird, haben die Nationalliberalen einen Antrag gestellt, der den Beamten wenigstens einige Entschädigung bieten soll. Er geht rur den Fall, daß die Ausbesserung der Gebälter in dieser Session nich. mehr durckgcsührt wird, dahin, eine einmalige Gehaltszulage nach felgenden Grundsätzen zn gewahren: 1> Jeder am l. April 1908 vorhandene unmittelbare SlaatSbcawt' mit Ausnahme der Staatsminlster erhalt für daS Etalsjahr 19o8 eine einmalige uichtpensionssahige Gehaltszulage. Die Zulage b- trägt: bei höheren Beamten 10 vom Hundert, bei mittleren Acamren 12,5 vom Hundert, bei den Unterbeamicn 15 vom Hundert des am 1. April 1908 zuständigen etatsmäßigen Gehalts einschließlich des Wvhnungsgeldzuschusses oder der diätarischeu Bewldung. Für die Zurechnung einer ctatsmäßigen Beamtenklasse zu d u höheren, mittleren oder Untcrbcamten ist der Wvhnungsgeldzusckuß maßgebend, für die diälcrischen Beamten die eiatsmäßige stelle, in die sie bestimmungsgemäß zuerst cinrückcn. 2s Beamte die erst un Lause des Etalssahrcs 1903 in den uumittc.'- baren Staatsdienst und in den Genuß einer Besoldung eintretcn, ci- balteii die einmalige Zulage sl s nach dem Verhältnis des noch nicht ver strichencn Teils des Etatsjahres. 3j Die unter ll und 21 sür 1908 gewährten einmaligen Zulagen kommen bei dcr demnächst für alle B e a m t e n k! 0 s s-e n einzu bringenden, in ihrer Wirkung auf den l. Avril 1208 zurückzndaticrenden planmäßigen. Beioldungsvorlage und bei dec Vorlage über eine ander- weite Regelung des Wohnuugsgcldzuschusscs aus die darin gewährte Er- Höhung entsprechend in Anrechnung. 4j Geistliche und Lehrer erhalten unicr sinngemäßer Anwen dung der vorstehenden Grundsätze, die ersteren eine einmalige nickt- pensionssählg: Gehaltszulage von lO vom Hundert, die letzieren o.n 15 vom Hundert. * Dcr Deutsche Versicherungs-Schntzvcrband, fE. V.l zu Berlin dem ungefähr 175 Korporationen bczw. Verbände und ungefähr 170 000 direkte und indirekte Mitglieder angeboren, hält seine diesjährwe Generalversammlung am 19. März nachmittags 2*2 llhr im Hotel Adlon zu Berlin ab. Die Tagesordnung weist, abgesehen von den .en geschä'tlichcn Angeleaeubeitcn, folgenden Punkt ans: „!er Ge etz- c»Nours über den Versicherungsvertrag", Re'crcnl ReicksraqSaogeordnc- ter Syndikus Dr. Strc'emann, Dresden. Der Scbutzvcrband, der so eben in sein 8 Gc'chästsjabr cingctrcten ist, hat sich im öncnltickcn Leben eine anerkannte Stellung als Vertreter der Vcrsich.riinas- nehmer errungen. Auch ist die feindselige Haltung, die ilm früher seitens der Piivatpersicherungsgesellfchastcn zum teil cntgeaengcbrach» wurde, heute einer mehr ruhigen und sachlichen Beurteilung gewichen. * Zentrum. Klerus und SittlichkcitSverdrechen. Nachdem vom bayerischen Justizministerium soeben ein Erlaß über die strengere Bo
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