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Sezugt-Preit Abend-Ausgabe 8. Avzeigeu-Preis »r ««chp» ->» >»«» d«ch «pr< ilrt^r iülk S«dit»«» i»t Ha»« -«brachl r »«»,«», L l« »wr»«»s) ««t»k1I-rlu- > tlx-, «»riLÜlch 1 Li.; »»««b, » tmorge»« »>» «dxiiks) »irrt«!. ILhrltch <S0 M„ «mmUi» ILV Lt. v»rch dl« p, d«,t«hr«, 5t »al rLgli»! moerh-ld Deut><HI»»d« an» der deullchea Kolonie« vterteljLbrlich L.B M., monatlich t,7d M. anlschl. Post- deftellgel», iitr OeSerrrich v L SS d, Ungarn 6 L »tenrljthrllch. Ferner in Bel« gieo, LSnemark, den Donanftaale», Arant, reich, Aralien, tjurrmdnro, «tederlaav«. Normen», «ndlaa», Schweden. Schwei» und kvamc». In alle» übrigen Staaten nnr direkt durch di» EM», d. Sl. erhältlich. LbounmnentMnuadm», Engnitulvlatz 8, bei nniere» llräaer». Filialen. Svedttearen und Snrradmestellen, imot» Voftänurr» und Briet träger». Dio Engeln» Stummer tollet IE Efh. «edarito» »nd «rv«bitt»»' JohannrägaA« U r-l-obo» Str. lä«^ «r. l«SM, Sir. USSt. MMerTaMM Handelszeitung. Ämtsvlatt -es Rates «nd -es Volizeiamtes -er Lla-l Leipzig. für Jnierar« aut Uewhtg und Umgebung dio Sgeivalien« Petilzeile 2L Pi., ünangtelle Angelge» itü Pi., Sietlamen l m.! l>on au«wärt» 30 Pi.. Reklamen 1.20 M.; nomNuslandSoPi., finanj.llngeigen7LPt Reklame» >Lv M. I»Ieratev. Behörde» >n amrlichenDeilMP' Bnlagegebübr L M. p. Dauiend exki. Poft, gebühr. Geichästlangergen an beoorzugier Etelle im Prell« erhöht. Rabatt nach Larii Festerteilt« Nuiträge können nicht zurück, gezogen werben Für da« Ericheinen an destunmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen Anzeigen. Annahme: Pugustutplatz 8, bei jämtlichen Filialen u. allen Aunoncen- Expedltioneu del In- und Sutlandc« Haupt-Filiale verkiat Lari Duncker, Heizogi. Baur. Hosbuch- handlung, Lützowftrahe lO. (Telephon VI, Nr. 4603). Nr. 8. Donnerstag 9. Januar 1908. 102. Jahrgang. Dar wichtigste vom Tage. * Der Dichter Wilhelm Busch ist heute vormittag um ,9^ Uhr in Mechtshausen gestorben. sS. Feuill.s * Zwischen Oe st erreich und Ungarn droht ein neuer Kon» fläkt über die Frag« der Erhöhung der Offiziersgehälter. (S. Ausl.) * Die Reise des Präsidenten Fallisres nach Madrid ist verschoben, wie es scheint, weil die Mission Pichons ge scheitert ist. (S. Ausl.) * Gegen den brasilianischen Kricgsminister da Fonseca wurde eine Bombe geschleudert. Der Minister blieb unverletzt. (S- Ausl.s - .' - Tagesschau. Die Dresdner Landtagswahl. Zur Landtaaserjatzwahl im 5. Dresdner Wahlkreis« wird uns aus Dresden geschrieben: Bei den Ersatzwahlen, die notwendig werden, wenn ein Abgeordneter vor Ablauf seines Mandats aus der Zweiten Kammer ausscheidet, treten nach dem jetzt geltenden Gesetz die alten Wahlmänner wieder in Funktion, und nur für die infolge Ablebens, Wegzugs aus dem Wahlkreise oder aus anderen Gründen ausgeschiedenen Wahlmänner sind Ersatzwahlen vorzunehmen. Schon hieraus ergibt sich, daß bei solchen Wahlen das Interesse der Oestentlichkeit nur sehr schwach sein kann: eine der verhängnisvollsten Wirkungen veö 1896 als io eminent staatserhaltend geprieiencn indirekten Klassenwahlsystems. So Hal man denn auch von einem eigentlichen Wahlkampfe bis jetzt, dem Zeitpunkte der Wahlmännerwahlen, noch nichts gehört. Die Ra tionalliberalen haben die Aufstellung eines eigenen Kandidaten sur aus- üchtslos erkannt und deshalb auch die Wahlbeteiligung abgclchnt, damit sinkt die Stimmenzahl bei der Hauprwahl auf 108. tsson diesen hatten die Konservativen sKunaths 190-5 insgesamt 68, die Sozialdemokraten IKadens 40. Neu zu wählen sind diesmal 20 Wahlmänner, davon 8 in der dritten Klasse. In dieser sind gar keine bürgerlichen Wahlmänner kandidaten ausgestellt und demgemäß die sozialdemokratischen durchweg einhellig gewählt worden. Daß die Sozialdemokraten In der ersten Klasse einen Wahlmann durchbringen, erscheint ausgeschlossen Idie niedrigste Steuerleistung eines Urwählers dieser Abteilung beträgt .100^0 .K jährlich), und so wird die eigentliche Entscheidung, wie so häufig, bei den Wahlmännern der zweiten Klaffe liegen. In dieser be trägt die niedrigste Steuerleistung eines Urwählers nur 29,10 .tl; und die Sozialdemokraten setzen alles daram hier eine größere Zahl.von Wahlmännern zu erhalten, als 1905. Seit Wochen schon arbeiten sic in intensivster Werse. Die Konservativen dagegen scheinen ihrer Sache sehr sicher zu sein und haben nur sehr wenig agitiert. Am Dienstag abend waren in einer von dem Kandidaten Behrens abgcdaltcnen Wahl versammlung einschließlich Polizei- und Preßvertreter 70 Personen an- weiend! Daß diese Siegesgewißheit angebracht ist, möchten wir stark bezweifeln. Gelingt es heute den Sozialdemokraten, einige Wahlmänner durchzubringen, so muß man aus eine Üeberrcrschung gefaßt sein, und viel- leicht zieht dann statt Behrens der sozialdemokratische Kandidat Kaden in die Zweite Kammer ein. Denn eins darf man sich nicht verhehlen: Behrens mit seiner selbständigen, oft der Fraktionsanschauung direkt entgegengesetzten Auffassung mancher Fragen ist keineswegs ein Kan- didat nach dem Herzen aller Konservativen. Was er am Dienstag abend in seiner Prvgrammrede vortrua, war freilich nicht Fisch, noch Bogel, und offenbar darauf berechnet, schwankende Gemüter unter den Konservativen zu sich herüber zu ziehen. Hier fehlte ganz und gar die alte Entschiedenheit, mit der Behrens z. B. der Regierung, wie auch seiner eigenen Fraktion in der Wahlrechtsfrage entgegengetreten ist, und ebenso wundert es uns, daß ein sonst so klar denkender Mann, wie Behrens, sich unter einigen Vorbehalten für den Gedanken einer Be steuerung der Großbetriebe aussprechen konnte. Wer nicht bereits ent schlossen war, Behrens zu wählen, wird durch diese Rede ganz gewiß nicht dazu bestimmt worden sein. Der preußische Etat steht unter dem Zeichen der Sparsamkeit. Aus dem Rahmen sinanz- wirtschaftlicher Darlegungen heraustretend, hat Minister Freiherr von Rheinbaben unter dem Beifall des spärlich genug besetzten Abgeord netenhauses die Mahnung an das ganze preußische Volk gerichtet, von den jüngst betretenen Pfaden eines luxuriösen Wohllebens zurückzu kehren auf den Weg der allen Einfachheit. Der Finanzminister nahm dabei keinen Stand aus. So sehr er hiermit im Rechte ist, so nach drücklich muß betont werden, daß auch die über allen Ständen stehende Krone ein Beispiel jener alten Einsachheil geben möge. Der berech tigte Glanz höfischen Wesens braucht darunter in keiner Weise zu leiden; aber seine vermeidbare Ausdehnung sollte unterbleiben. In den fetten Jahren des wirtschaftlichen und des finanziellen Gedeihens hat selbst Freiherr v. Rheinbaben in dieser Beziehung nicht genügend vorgebaut. Den Beweis dafür enthält Kapitel 21, Titel 2, des Etats des Finanz. Ministeriums, wo für den Bau eines Schlosses in der Stadl Pofen 5,35 Millionen Mark angefordert worden sind. Einen besonderen Appell zur Sparsamkeit richtete der Finanzminister an die Gemeinden. In der Tat muß man sich fragen, wohin die ungeheuere Verschuldung der Städte führen soll. Hoffentlich wird der Finanzminister bei der Genehmigung städtischer Anleihen so zurückhaltend, daß die Gemeinden sich genötigt sehen, entweder das Wünschenswerte zugunsten des Not- wendigen aufzuschieben oder ersteres ans laufenden Mitteln zu be streiten. Wenn der Finanzminister den neuen Etat möglichst sparsam aus gestaltete, so bestimmte ihn dazu der im Zusammenhänge mit dem Nach- lassen der Wirtschastskonjunktur eingetretene Ausfall an Einnahmen. Während die Ausgaben der Staatsverwaltung stiegen, verminderten sich namentlich die Ileberschüssc der Eisenbahnen um mindestens zirka 60 Millionen Mark. Glücklicherweise ergaben die direkten Steuern das ansehnliche Mehr von rund 80 Millionen Mark, so daß für 1907 das Defizit vermutlich 50 Millionen Mark nicht übersteigen wird. Da für das Etatsjahr 1908 die Durchführung des Schuluntcrhaltungsgcickes und die Erhöhung der Beamtengehälter sehr beträchtliche Summen er fordert, ist cs nur zu billigen, daß von den rund 420 Millionen Mark Ncuforderungen der Ressorts 160 Millionen gestrichen wurden. Auf diese Weise ist es möglich geblieben, unter Beibehaltung der alten Grund sätze stir die Aufnahme von Anleihen die Erhöhung der Einkommen- und Ergänzungssteucr nur insoweit vorzunehmen, daß sie einen Mehr betrag von 40 Millionen Mark abwcrsen. Wie diese Erhöhung im einzelnen erzielt werden soll, ist noch nicht bekannt; angesichts des be anspruchten Mehrcrtrayes erscheint die Schonung der untersten Klaffen als sehr wohl möglich. Die Aufnahme neuer Anleihen auf werbende Anlagen der Eisenbahnen und der Bergwerke zu beschränken, ist natür lich durchaus angemessen: die „Reichsmisere" dar,' in dieser Hinsicht aus keinen Fall zum Muster dienen. Welche Höhe der gesamte Anleibe bedarf Preußens erreicht, ging aus der Etatsrede des Ministers, soviel wir hörten, nicht hervor. Genaues wird sich auch erst nach der Er ledigung des EnteignungsgcietzeS sagen lasten. Die Ausführungen des Freih. v. Rheinbabcn über die neue preußische Anleihe deckten sich im wesentlichen mit der bereits bekannten Begründung der Finanzaktion. Der Hinweis, daß keine Konversion des Iproz. Typs vor Ablauf eines Jahrzehntes erfolgten könne, soll und wird hie Beliebtheit des neuen Papiers ohne Zweifel crchöhcn. Daß dieses trotz der automatisch sich verringernden Verzinsung 15 Jahre hindurch die Oproz. Werte jeder Gattung im Kurse herunterdrückcn wird, ist leider höchst wahrscheinlich. Eine nachhaltige Besserung des Kurses unserer beimischen Anleihen ist nur von einer allseitigen Einschränkung im Schuldenmachen zu er- warten. Die Vertretung der Deutschen in den Delegationen. Die große Verschiebung, die durch die neue Wahlresorm und die Ncnwablen im Kräfteverhältnis der Nationalitäten und Parteien im österreichischen Abgeordnetenhaus hervorgerujcn wurde, kommt recht augenfällig zum Ausdruck durch das Er gebnis der Wahlen in die Delegationen. Tas Abgeordneten- Haus hat von 60 Delegierten 40 zu wählen. Die Wahl wird nach Provin- zen vorgenommen. Da aber nur in wenigen Provinzen absolute Mehr- beiten für einzelne Nationen oder Parteien bestehen, so müssen diese Wahlen, um Halbwegs ein Bild der Vertretungen im Abgeordnetenhaus,: zu geben, im Kompromißweae durchgeführt werden. So sind beispielS- weise die Deutschen aus Böhmen mit ihrer Vertretung in den Delega tionen immer auf ein Kompromis mit den Tschechen angewiesen; das kam auch diesmal zustande. Im allgemeinen ist aber die Vertretung der Deutschen gegen früher sehr zurückgcgangen. In den letzten Delegationen verfügten die Deutschen über 19 von den 40 Mandaten, 17 waren im Besitz der Slawen, 4 in dem der Italiener. Dieses Verhältnis ist er heblich geändert worden. Die setzt gewählten Delegationen zählen nur mehr 16 deutsche Mandate und bloß 3 italienische. Neu hinzugekommen ist ein rumänisches; alle übrigen sind slawisch. Von den 16 deutschen Mandaten fielen aber 2 in die Hände der Sozialdemokraten, so daß sich der deutsche Einfluß in der Tel^ation aus 14 Stimmen beschränkt. Während früher von 19 deutschen Mandaten 12 den deutsch-sreiheitlichen Gruppen und nur 7 den Ehrisllichsozlalen und Klerikalen zusielen, ver fügen in der neuen Delegation die Deutsch-freiheitlichen nur mehr über 6 Stimmen, die Ehristlichsozialcn über 8. Ein sehr bemerkenswertes Er- gebnis haben die Wahlen der Delegierten für die Bukowina gehabt. Diese zählt 5 ruthenische, 3 deutsch-freiheitliche, 5 rumänische und ein zionisti- sches Mandat im Äbgeordnetcnhause. Man war nun wohl geneigt anzu- nehmen, daß. do keine der drei Parteien über die Mehrheit verfügt^ zu- nächst ein Wahlübereinkommen zwischen den Deutschen und Rumänen zustande kommen werde. Das war um so naheliegender, als ja bei der Beratung der Wahlresorm im Gegensätze zum slawischen Block immer von einem „deutsch-romanischen Blocke" gesprochen wurde. Man ging von der Voraussetzung aus, daß auch die romanischen Stimmen als Gegen- gewicht gegen die slawischen zu zählen haben, und um die Herabminderung oer Spannung zwischen den beiden Blocks wurde bei Schaffung der Wahlreform heftig gestritten. Wie wertlos diese Annahme für die Deut- scheu und wie nutzlos der Streit war, zeigt sich jetzt Die Rumänen mach ten gar keine Miene, mit den Deutschen in Verbindung zu treten, um mit ihnen die zwei Delegationsmandate aus der Bukowina zu teilen. Sie setzten sich sofort mit den Ruthcnen in Verbindung und schloffen mit diesen ein für allemal den Pakt, daß immer ein Rumäne und ein Nu- thcne in die Delegationen gewählt werden soll; so sind die Deutschen in der Bukowina um ihre Vertretung bei den Beratung gemeinsamer An gelegenheiten gekommen! — In Schlesien sind dieses Jahr die Deutschen rein zufällig unvertreten. Für die nächsten beiden Jahre fällt ihnen das Mandat zu. Auch für das Deutsche Reich ist die Sache nicht ohne Inter- esse, denn es ist nicht unwahrscheinlich, daß sich diesmal in der öster reichischen Delegation eine Mehrheit findet, die dem Dreibund in Gegnerschaft gcgenüberstcht. Deutsches Reich. Leipzig, S. Januar * Prinz Max von Lachsen. Man schreibt der „Inf." aus Paris: „Echo de Paris" erfährt von feinem Spezialberichterstatter in Freiburg die Nachricht, vaß der Prinz Max, der Bruder deS Königs von Sachsen, der feine Professur an der Universität von Freiburg aus übt, in allernächster Zeit nach Kleinasien reisen wird. Eine nähere Erkundigung in der Umgebung des Prinzen und Professors ergab folgende Tatsachen: Die Reise des Prinzen erfolgt auf fpeziellen Wunsch des Kaisers, der den Prinzen Max beauftragt hat, das Einvernehmen Deutschlands mit der katholischen Bevölkerung Kleinasiens zu fördern, wovon der Kaiser fick sehr viel versprechen soll. Die Frage der Bagdad bahnen soll ehensalls mit die'er Reise in innigstem Zusammenhang stehen. — Wir müssen der „Information" die Verantwortung für die Richtigkeit der Nachricht überlasten. tk. Der Lcniorcnkonvcnt des Reichstags wird in den nächsten Tagen zusammenlreten, um die Geschäftslage des Hauses zu beraten. Es wird beabsichtigt, vor dem Beginn der zweiten Etatslesung zunächst Feuilleton. Den großen Gedanken produziert nur der einzelne. Nietzsche. * Die Blumenschale. Gedichte von HugoSalus. (Verlag Albert Longen, München.) Das Gleichnis einer Blumenschale läßt Salus seinem neuen Vers- buche voranschweben. Und in seinem letzten Gedichte verrät er uns, wie wir das Symbol zu verstehen haben. Der Blumenschale schön gewölbtes Rund, das eine liebe Hand mit überirdischen Rosen füllte, behält die Sehnsucht nach den Blütenfarben, auch wenn die Rosen längst ver welkten; und die sehnsüchtige Blumenschale ward gleich einem Dichter mund, der von längst verglühter Liebe in Dunkel, Not und Harm weiter- singt. Diese zarte, schönfarbige Dekoration einer lyrischen Werkstätte ist echter Salus, aber kein neuer Salus und sie paßt nicht als litera rischer Außenschmuck eines Buches, dem man Vertiefungen nachrühmen bars. Wenn sich der Dichter, besten zierliche Weise allen vertraut ist, darauf beschränkt hätte, seine Kunst zu variieren, so mühte man sich be- scheiden. Es wäre auch dann noch anzuerkennen, daß er zu den Wenigen gehört, welche die Lyrik beim großen Publikum in Kredit erhalten, ohne ollzuost beim Feuilletonisten Anleihen zu machen und ohne ihr echtes Empfinden durch eine oberflächliche Effekthascherei zu verfälschen. Man müßte ihm seine Originalität lasten, die selbst bei formellen Spielereien durchbricht. Der letzte Grund seiner Wirkung ist ein liebenswürdiger Mensch, eine phantasievolle, leicht erregbare Natur. Und hätte uns Salus diesmal nichts als eine Folge lieblicher Naturgcdichte, graziöser Genrebilder, koketter Bekenntnisse und prunkvoll kostümierter Historien gebotenes» wäre auch dann noch keine Ursache zur Beschwerde. Er hat eine Meisterschaft im Andichten der Jahreszeiten, er weih im Alltag Märchen zu erlauschen, er gewinnt dem gewöhn lichsten Dinge Reize ab, er hat Sinn für die Farbe, er hat ein feines Ohr, einen spöttischen Blick, eine heitere Stimme. Und man hätte Salus darüber gute Worte sagen dürfen, daß er so unerschöpflich ist in seinen Einfällen und daß er seine Blumenschale nicht in Sehnsucht verzehren läßt. All diese Vorzüge Salusscher Lyrik leben im Bewußtsein seiner Leser. Sie sind auch durch zahlreiche Zitate aus dem neuen Liederbuche deS Dichters zu belegen. Aber ein erfreuliches Moment tritt hinzu, welches den Kritiker davor bewahrt, sich wiederholen zu müssen. Man entdeckt ein« innere Wandlung, man hört aus ein paar Klängen heraus, daß selbst in der Seele dieses sonst unbekümmerten Sängers heimliche Schmerzen zittern. Salus ist ernster und wehmütiger geworden. Er ist uns näher gekommen, weil wir ihn noch ringen und kämpfen sehen. Und wenn auch eine resignierte Grundstimmung sich allzu leicht einstellt, so ist cs doch mn Fortschritt, ein Wachstum. Resignation eines Dichters ist mehr als Resignation. Es ist der Widerspruch gegen die Außenwelt, cs ist der warmherzige Protest eines Empfindens. Wenn Salus z. B- früher in die Nacht hinausstarrte, so war eitel zauberischer Mondschein dabei, Bronnen plätscherten in die Stille, Grotten wurden lebendig, fein Herz buhlte um Stimmungsrcizc und romantische Gaukeleien. Hören wir nun, wie andächtig er jetzt inneren Stimmen lauscht und wie sich ihm das Weltbild aus der Tiefe einer verängstigten Seele gestaltet. Notturno aus dem Forst Hans. Mit Träumersinuen, die der Schlummer flieht. Lieg' ich im Mondschein ausgestützt im Bette. Das Bächlein murmelt und ich starre müd' Auf des Gebirges ernste Silhouette. Der trotzigen Windsbraut Jungsernreigeu zieh' Im Walde Hinterm Haus zur Hochzeitsmcttc, Da stöhnt der Wald und rauscht sein dunkles Lied Und, jäh erwacht, zerrt Pluto an der Kette. Und so, Natur belauschend, fühl' ich bang, Und fühl's zum erstenmal in meinem Leben, Wie traurig ihre Riesenharfc klang; Wie melancholisch ihre Saiten beben, Wie, Mutter, schmerzlich deine Melodie . . . Und tief ausseuszend schlaf ich ängstlich ein. Und das Motiv der Unruhe, von welcher jeder fühlende und schaf- sende Mensch erfaßt ist, kcmmt mit bewundernswerter Schlichtheit in folgenden Versen zum Ausdruck: Sterne. Nun ist mein Schisflcin im Hafen: Dorffrieden. Tiefe Nacht. Bin doch aus dem Schlafe erwacht. Das Schweigen der Eternen Nacht Läßt mich nicht schlafen, schlafen. Sterne, die ewigen Fragen Weckt ihr, das ewige Leid; Einsamunendlichkeit! Sieger der Dunkelheit, Wollt ihr nicht Helles mir sagen? Sternhimmel, Traum dcr Erde, Deine leuchtende Pracht Hat mir so bang gemacht! Hast du für meine N>'ü: Nichts, daß mir Fricdco werde? Nichts? Eines Knechts Laterne Schimmert im Dorfe. Und du, Seele, du zitterst ihr zu. Ach, und du fühlst: deine Ruh' Liegt im Schein solcher Sterne . . . Aus dem Auge des gereiften Dichters glänzt ein feuchter Schimmer, selbst wenn er uns ein neckisches Erlebnis aus jungen Jahren erzählt. Tas Selbstgefällige ist geschwunden und nur der feinfühlige Schwärme: hält eine anmutige Licbesszcne fest: Don Juan-Menuett. Tiefsinnige Mädchenklugheit! 's ist lange her, viel lange Jahre her! Sie denkt gewiß an mich schon lang nicht mehr'. Schwarzlockiger Mädchenkops! Ich tras sic in des Zimmers Dämmcrschein Endlich zum ersten, erstenmal allein. Tiesdunkle Mädchenaugen! „Ich lieb' dich! Küsse mich! Mich drängt's zu dir!" Sic wehrt mir? Flicht? Sucht Hilfe beim Klavier? Hcißglühcnde Mädchcnlippen! O seliger Kuß! Mir schwindet Zeit und Ort! Hell klingt's: „Bst, bst! O fchöne Masken dort!" Tändelnde Mädchcnbände! Ich glüh'; sic spielt. In göttlich heitrer Ruh' Spielt sie das Menuett. Du Kalte, du! Silbernes Mädchenlachcn! Sic blitzt mich an: „Du Don Juan! Hab' ich dich?! Hörst du dos Menuett, so denk' an mich!" Tiefsinnige Mödchcnklughcit! Wie oft mahnt's mich an sie die Jahre her! Sie denkt gewiß an mich schon lang nicht mehr Die mitgetcilten Proben leuchten ins Herz des Dichters, wenn er von persönlichen Empfindungen durchzuckt ist. Aber auch in fremde Seelen blickt Salus jetzt scharfer und teilnahmsvoller. Er begnügt sich nicht mehr mit geistreichen Apercus über ein Schicksal, er bleibt nicht bei der Wiedergabe einer trefflich gemeißelten Pose stehen, während dos Leben tausendfältig ist und Leid und Glück ewig durcheinanderslicßcn Tas Lied vom „Dunklen Garten" verklärt in zarter Symbolik das Leid einer Mutter, deren entschlafenes Kind die Wolken streicheln wollte; in dem Poem „Das letzte Geschenk" ist es wieder der TodeSschmerz, den dcr Dichter einem Betroffenen nachfiihlt. Wie ein Luftl^uch einer anderen Welt strömt es einem entgegen. Schade, daß fick Salus von seiner Vor liebe für ritorncllartigc Strophen verleiten ließ, ein bedeutsames Ge-