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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.01.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080108018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908010801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908010801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-01
- Tag 1908-01-08
-
Monat
1908-01
-
Jahr
1908
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Januar Rogge« 710 erd am nuo S1> , der Md abg« irre!«.» Saison ;441 edot au« die den Winter- rkt on» «liieren, «berichte e Klage ung an td gute tz. Die ie ficht- Tckluh »rigeren nmilfto Westen g. ein« Grund r Hand eh den ändert. 10.SS, mimischen «e sich die ei«. »«- igung der späterhin !, in Sr< trde und S»Iuh inen dar. don der Unter« rster und fien i in an »kl ire» lach >on « - ach on e» ien d/I Ru«. ä«». Inta, ssant lcrim lata. von dien »ot« » von i«»r, g-g.. von nia. ivcn etr. . S-I 'aa- Seh. Sezu-s-Prett ür L«>v»ig an» vornrre Horch «t«, Lräger and SvadtKae» in« Han» ^tracht, Lulgade ü t»m -or-en») «arratttihritch S vi.. Monatlich I WZ.; Au»aal>« » (mor«^ and »deady »tert^« lthrltch 4.S0 monatlich iLO vi. Durch di» chok »» de,t»he»>. !-,> mal täglich» innerhalb Deutschland» uul> »er neulichen «koloniea viertel,ädrlich ..L> M.. monaUich >,7S M »utsch,. Post« Bestellgeld, iür Oesterreich » lt «6 d, Ungarn 8 k oierreltädrlich. Ferner in Bel« giea. Dänemarl. den Donauftaaten. Frank reich. Italien. Luremdura. «lederlande, liurwegea Sluhland. Schweben, schweig in» Svanien. In allen übrigen Staaten iur direkt durch di« »Mrd. d Bl. «rhtulich. . lbonnemenr-rinnabine, Aagnttnsplatz 8, n«i anieren Drägern. Filialen, Spediteuren und Annabmeftellen lowte Poftämtern und Briefträgern. Di» etugeln« Bummer kostet Iv Vf». Bedaktio» and chrpeditto« i Iobanoisgisl« dl re,-pb°n Rr. l«Mch «r. l«SS«d «r. I«««. Nr. 7. Moraen-Alusaave s. Lltzeige»« Preis KWMrTagMÜ Vr I»s>i«t« «ul L«iM» »ab llmgebung »>, «och-alt»,, »«ttqeil, 2S vk., tinaaj,ell» Di«««««» S0vt., ««Namen t M.; n«a «uOoärr» SV Vs., «eklamrn 1.20 M., »mn«»«andS0Vs., ftaan». Anzeigen7SPs ReName» UL0 M. Inserat, ». vehürd«» l m amtlichen DeU «0 p, B«lagegebLbr b M. Dauiend egkl. Po» gebühr, glelchiiltangeigen an beöorrugter stell« im Preis« »rtäht. Rabatt nach Dari, .festerteilt« vnsträg« kännen nicht zurück- a«eoge, werd«». Für da« Erscheinen aii bestimial« Lage» und Plih«n wird kein« Varonti« übernommen. Handelszeitung. Amtsblatt des Aates nnd des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. Mittwoch 8. Januar 1908. Nn»eig«n»»nnabm«, Aug»st»«platz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen illnnonre,!- Expeditionen de« In» nnd «»»lande«. HanlN-Utlial« Werls« r T«»l Dunckir, Her-ogl. Vavr. Hoiduch- Handlung, L2-owstrah« Iv. (D«Iephon VI, Rr. «E). 102. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tcrae. * Der BundeSrat nahm den Entwurf des Scheck- gesetzes an. * Am heutigen Tage nimmt der Reichstag seine Ver handlungen wieder aus, ebenso die Erste und Zweite Kammer des sächsischen Landtages. * Gestern hat in Berlin die Konferenz über die R cfvrm der Fernsprechgebühren begonnen. lS. Dtschs. R.s , * Die V e r a b s ch i e d u n g des Präsidenten des Reichsbankdirek- loriums Wirklichen Geheimen Rates Dr. Koch ist gestern, unter Ver leihung des Großkreuzes des Roten Adlerordens, unterzeichnet worden. Gleichzeitig wurde die Ernennung des Präsidenten der Sechandlung Havenstein zu seinem Nachfolger vollzogen. * In dem Kölner Peters-Prozess, der gestern seinen An sang nahm, sind beide Parteien persönlich erschienen. Man rechnet damit, daß der Prozeß bis E n d e der Woche dauern wird. sS. Ber.j ' In der gestrigen Sitzung der Leipziger Stadtver ordneten wurden durch Abkommen der bürgerlichen Fraktionen die bisherigen drei Borstckcr wieder gewählt. Die Wünsche der Sozialdemokratie ans Ver tretung im Vorstand sind also unberücksichtigt geblieben. lS. Ber.j Dev Ausbau -er* Gewerbeordnung, i. Am heutigen Tage nimmt der Reichstag seine durch die Weihnachts- 'er,en unterbrochenen Verhandlungen wieder auf. Es beginnt dauiii die eigentliche parlamentarische Winterkampagne. Sv lebhaft die Erörte rungen auch schon in den letzten Wochen des alten Jahres waren nnd so gewichtig vielfach auch der Stoff war, mit dem sich das Parlament des deutschen Volkes beschäftigte — die wirklichen parlamentarischen Entschei dungen werden erst jetzt zwischen Neujahr nnd Ostern fallen, wenn die zweiten Lesungen des Reichsvereinsgesehes, der Novelle zum Börsen- ae'ez, zur Reform der Bi Handti ng d.r N.'-Festä'.sbeleidigi'.i'gv!- kommen, wenn die Finanznot immer dringender zu Entschlüssen über die Steuer- 'rage drangt und die zweite Beratung des Reichsctots Gelegenheit bietet, Kritik in Hülle und Fülle on den verschiedenen Nessortverwaltnngen des Reichs zu üben. llnd nun ist kurz vor Weihnachten der Arbeitsplan des Reichstags noch um eine gewichtige Vorlage vermehrt worden, Um die Novelle zur Gewerbeordnung. Eine Vorlage, gewichtig nicht nur um ihres In halts willen, sondern schon deshalb, weil sie überhaupt jetzt erschien. Es wird damit der gute Wille der Regierung bekundet, im neuen Reichs- lag Loziolresorm zu pflegen. Es wird das nach dem Wahlkampf des vorigen Fohres geprägte Drutzwort: „Nun erst recht Sozialpolitik" in die Form einer ersten größeren sozialpolitischen Vorlage geprägt, und der neue Minister für Sozialresorm Staatssekretär von Bethmann-Hollweg findet Gelegenheit, seinen Befähigungsnachweis nach dem Abgang des Grafen Pcsadowskv abzulegen. Das alles gibt der Vorlage ihre politische Be- aeutung. Wie sie aber sozialpolitisch einzuschätzen ist, das wird die nähere Prüfung der Novelle zur Gezoerbeordnung mit ihren einzelnen Bestimmungen zu ergeben haben. Wir gaben unmittelbar nach ihrem Erscheinen den Hauptinhalt wieder und charakterisierten den ganzen Entwurf als ein im großen und ganzen fortschrittlich gerichtetes Werk, liefe» anerkennende Urteil werden wir jetzt näher zu erweisen, cs aber auch durch vorurteilslose Kritik an den Einzelheiten auf das ihm zukommende Maß einzuschränken haben. Greifen wir zunächst eine wichtige prinzipiell« Frag« heraus, die durch die neue Novelle zur Gewerbeordnung eine Lösung erfahren soll, io iit es die, was bei der Anwendung der Gewerbegesetzgebung als Fabrik, was als Handwerksbetrieb anzusehen ist. Hier will die neue Novelle ein für allemal Klarheit und Ordnung schaffen. Alle Welt weiß, zu welchen praktischen Unzuträglichkeiten, zu welch un- erquicklicher Rechtsunsicherbeil di« schwankende Interpretation der Be- arifsc „Fabrik" nnd „.Handwerk" durch die Rechtsprechung geführt hat. Lem macht die Novelle ein Ende, indem sie alle zum Schutz der Fabrik arbeiter erlassenen Vorschriften für sämtliche Betriebe verbindlich macht, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäf- iigtwerden. Es wird niemanden geben, der dieser verhältnismäßig einfachen Erledigung der Streitfrage nicht im Prinzip Beifall zollte. Warum aber gerade die Ziffer „Zehn" als Kriterium der Fabrik mäßigkeit eines Betriebes im Sinne der Arbeiterschutzgesetze? Warum 'ollen die Arbeiter in kleineren Betrieben der Wohltaten entraten, di« ihre Kollegen in größeren Betrieben genießen? Wenn man sich erinnert, wie gute Erfahrungen die Schweiz mit ihrer Ebarakterisierung jedes Betriebes, der regelmäßig drei Arbeiter beschäftigt, als Fabrikunternchmen feit einem Menschenalter gemacht hat, wenn man sich erinnert, daß der Zentralverband deutscher Industrieller «chon vor einem Menschenalter Betriebe mit drei Arbeitern als Fabriken betrachtet wiben wollte, dann fragt man sich vergebens, wie Herr von Betlnnann-Hollweg zu seinem Dezimalsvstem gekommen ist. In dem Entwurf, den ihm lein Vorgänger hinterließ, hat der Staatssekretär die Dreizabl der Arbeitskräfte als Kriterium des Fabrikbetriebes vor- ickunden. Warum ist er davon abgewichen? Es bleibt nur der Schluß übr-g, daß eine falsche Rücksichtnahme auf das kleine Handwerk ihn beeinflußt hat. Eine falsche Rücksichtnahme: denn so wenig wir die schwierigen Arbeitsbedingungen deS Kleingewerbes gegenüber dem Großbetriebe ver kennen: die Rücksichtnahme darauf findet ihre Grenze an dem berech tigten Interesse der KleinhondwerkSgehilfen, ihren Kollegen im Groß betriebe gleichgestellt zu sein, namentlich was den Schutz gegen Berufs gefahren und gegen Ausbeutung ihrer Arbeitskraft betrifft. Es gebt sicherlich zu weit, wenn man, wie die Sozialdemokratie, fordert, daß die Schutzvorschristen kür Fabrikarbeiter für sämtliche Werkstätten, auch iür die kleinsten, verbindlich sein sollen: daS ist auch gar nicht nötig, wie jeder Kenner der Verhältnisse in unserem Kleingewerbe bestätigen wird. Aber Betriebe mit drei Hilfskräften können nnd müssen diesen Bor- ichriften Rechnung tragen. Sie davon entbinden, heißt, den Unternehmern vlcher Betriebe am Ende tue Arbeitskräfte rauben. DaS tritt viel leicht in Zeiten absteigender industrieller Konjunktur nicht sogleich zu- 'aqe, aber eS bleibt auf die Dauer nicht auS, und eS endet mit dem Ruin der Unternehmer, di« man fördern wollte, indem man ihnen die sozialpolitischen Lasten des Fabrikberrn nicht auferlegte. Bleibt so der unleugbare prinzipielle Fortschritt der Novelle noch s inter den FortschrittSmöglichkeiteu zurück, so gilt dasselbe von den Be stimmnngen deS Entwurf- über die Rechtsverhältnisse der Werkmeister, Techuiker »sw. Dies« Betriebsbeamton sollen den Handlungsgehilfen rechtlich gleichgestellt werden. Das bedeutet zweifellos eine Verbesserung ihrer Lage, llnd auch was über die Rechts verbindlichkeit der Konkurrenzklausel, der dies« Beamtenkategorie in der Regel unterworfen ist, in der Novelle angeordnet wird, mag diesen Be amten vorteilhaft sein. Zwar die Konkurrenzklausel bleibt bestehen, aber ihre Härten für den wirtschaftlich Schwächeren, den Arbeitnehmer, werden sehr gemildert: Eii-c Klausel, die den Angestellten länger als drei Jahre nach Auflösung seines Dienstverhältnisses zur Nichtannahiue einer Stellung bei dem Konkurrenten des Unternehmers verpflichtet, ist wirkungslos, wenn der Angestellte nicht wählend der Zeit seiner B-- schränknng durch die Klausel von dem Unternehmer das zuletzt von ihm bezogene Gehalt erhält, llnd weiter: Geht das Vertragsverhältnis durch Verschulden des Unternehmers in die Brüche, oder kündigt der Unter- nehmer dem Letriebsbeamten ohne zwingenden Grund, so bleibt die Konkurrenzklausel wirkungslos, wenn der Unternehmer dem Angestellicn da-Z letztbezogeuc Gehalt nicht weiterzahlt. Drittens: Verstößt ein ent lassener Angestellter wirklich gegen die Konkurrenzklausel, so kann der Unternehmer nur die vereinbarte Konventionalstrafe, darüber hinaus aber keinen Schadenersatz beanspruchen, und wenn die Konvantiona'- strase unverhältnismäßig doch ist, so kann sie durch die ordentlichen Ge richte herabgesetzt werden Alle anderweitigen Vereinbarungen sind nichtig. Man sieht: die Werkmeister nnd Techniker usw. können mit die'er Regelung der Sache einverstanden sein. Aber nicht alle, und da liegt der Fehler der Novelle: Sie nimmt nämlich ausdrücklich die Betriebs beamten mit mehr als A Einkommen von diesen Vergünstigungen ans. Für sie tritt die Kenkurreuzklausel mit ihren Folgen nur außer ^ast, wenn der Unternehmer das Bertragsnerbältnis rechtswidrig >ö!t; in allen anderen Fällen müssen sic ohne weiteres ihrem Vertrage ge mäß bluten. Das wi'hlbcgründete Fntcreiic der Industrie an der Konkurrenz klausel soll hier zu allerletzt geleugnet werden. Aber ist c-S sozial ge dacht, ist es ein erträglicher Zustand, daß man gerade die oberen Bc- triebsbcamten nicht an den Vergünstigungen teilnehmen laßt, die man bei der Konknrrcn;klansel den mittleren Angestellten zubilligen zu müssen glaubt? Der Rechtszustand, der für den höheren Betriebs beamten in der Novelle festgelegt werden soll, wird in einer großen Anzahl Fällen zum wirtschaftlichen Ruin des Beamten führen. Diesen hochbcsoldeteu Beamten fällt eS ohnehin schwer, neue Stellungen mit an nähernd gleichem Gehalt zu finden, und es wird ihnen durch die rigo rose Handhabung der V.onknrrenzklausel, wie die Novelle sie vorsieht, nahezu unmöglich gemacht. Man denke an das LvS eines Chemikers ia einer großen chemischen Fabrik. Hat der Mann, was die Regel ist, nicht eine spezialisierte, sondern eine allgemein gehaltene Konkurrenzklausel in seinem Vertrag, nnd verliert er sein- Stellung, so sind inm auf "obre hinaus u*le ,, verev chemisch m F«'-. kca verschlossen. Diese Ans- uabmebestinininng der Vorlage gegen die B triebsbeamien mit mehr als dtM .tt JabreSgehali wird fallen müsicn, oder wir untergraben die Existenzsicherheit eines Standes, der für unsere volkswirtschaftliche Ent wicklung von immer stärkerer Bedeutung wird: wir lähmen die Arbcits- energic der Stabsoffiziere unserer Industrie. Noch ein anderes wird man an den Bestimmungen über die Kon- knrrenzklausel anszusctzen haben: mit keinem Worte ist von einer Be schränkung oder gar Aushebung der Konkurrenzklausel für die Ar beiter die Rede, llnd hier war ein gesetzgeberisches Eingreifen genau so nötig, wie bei der Konknrrenzklansel für Werkmeister, Tech niker usw. Die Industrie wird, wenigstens in gewissen Zweigen, die .Korknrrenzklansel auch für Arbeiter nichi entbehren können. Da hätte das Reich-Samt des Innern wohl daran getan, wenn es auch diese Frage von Grund auf geregelt hätte. Ein stärkerer Schutz, der Arbeitnehmer gegen eine allzu rigorose Ausbeutung der ominö'en Klausel ist ganz iinabweislich. Aus -er Heimat unserer Geldnöte. New 2)ork, Ende Dezember l907. Kommt man als Fremder nach Amerika und wird irgend jemand vorgestellt, so lautet die stereotype Frage: Sind Sie zum ersten Male in Amerika? Wie gefällt Ihnen Amerika? Seit den Ereignissen deS Oktober und November ist aber ein Umschwung eingetreten, nnd ich bin nunmehr schon mindestens hundertmal gefragt worden: Haben Sie in Europa auch eine Krizis und was senken Sie über unsere Krise? Tatsächlich war ich schon unterweg-S gezwungen worden, sehr heftig darüber nachzudenken. Mein Tischnachbar, der andauernd von seinem Automobil nnd seinen drei Koffern erzählte — ein sehr erfolgreicher und einfacher Weg zur Erhöhung des persönlichen Kredits —, versuchte mich mit der Begründung anznpnmpcn, Niß sein Bankier in Amerika wegen des Geldmangels nicht in der Lage gewesen wäre, ihm Geld zn schicken. Der Mann hielt mich offenbar für einen Millionär, von denen es ans Erden sehr wenige gibt, oder für einen von denen, die nicht alle werden. Da aber beides nicht zutrifst, ko mußte er keine Be mühungen bald als vergeblich aufgeben. Als ich nach meiner Ankunft in New Hort auf die Bank ging und meinen Scheck präsentierte, fragte mich der Kassierer, ob ich wirklich bares Geld wünschte, oder mir nicht mit Schecks über kleinere Be träge gedient wäre. Das war meine zweite persönliche Erfahrung mit der Krisis. Es ist wirklich erstaunlich, in welchem Maße die Krisis in alle Lebensverhältnisfe hierzulande hineingegrifsen hat, von dem eigentlich gesellschaftlichen Leben, das natürlich in erster Linie beeinflunt und in Mitleidenschaft gezogen wird, ganz abgesehen. So hörte ich z. B. von verschiedenen Aerzten, daß ihre Praxis in der letzten Zeit seyr stark nachgelassen bat, einfach weil die Leute die Ausgabe für den Arzt scheuen. lieber die Ursache der Krise sind viele Ansichten geäußert worden. Es scheint Meifellos, daß die wirkliche innere Ursache ein- grenrenlv'e Ueberspannung des Kredits war, eine Ueberipannung, die notwendiger weise früher oder später zu einem Krach führen mußte. Alle anderen Gründe für das Eintreten der Krise sind wirklich nur auslösende Mo- mente gewesen, die Einfluß auf den Zeitpunkt des Eintritts der Krise gehabt haben, die aber allein nie einen Krach hätten verursachen können. Dazu gehört in «rster Linie Roosevelt? Antitrnstpolitik. DaS Vorgehen Roosevelts und der ihm gleichgesinnten Freunde währ wohl geeignet, die finanzielle und kommerzielle Begeisterung deS ganzen Volkes zu dämpfen und sein Vertrauen zu erschüttern. Durch die Ent hüllungen, wie sie z. B. in den Verhandlungen gegen die großen Ver sicherungsgesellschaften zutage traten, sah das große Publikum, in welch schamloser Weise das Geld der Aktionäre, Depositäre ustv. von den Direktoren gewisser Gesellschaften zu Spekulationszwecken, die im Falle eines Gelingens selbstverständlich auf Rechnung der Direktoren gingen, im Falle eines Mißlingens aber aus Rechnung der Gesellschaft, miß braucht worden war. Auf der anderen Seite waren die großen Kor porationen und Jndustrivgesellschasten durch das rigorose Vorgehen der Nationalregieruna und Eiuzclstaaten, die kraglos in vielen Fällen das Kind mit dem Bade aiisi'chütteten und Gestke erließen, die ein Fortarbeiten aus ökonomischer Basis nicht mehi gestatteten, vollkommen erngesckmchtert nnd in ihrer Bewegiinassreibeit, also der Möglichkeit. Geld zu verdienen, gehemmt. Dasselbe Schicksal, Saä oer Standard Oil Co. zuteil wurde, die im August zn einer Geldstrafe von Mi! lionen Dollars verurteilt wnrde, konnte jeden Augenblick jede andere Jndustriegesellschast treffen, mit dem Unterschiede, daß der enorm reiche Nockesellersche Konzern wohl imstande war, die Strafe zn zahlen, während so manche andere Gesellschaft durch eine entsprechende Strare bankerott gemacht worden wäre. In vielen Fällen war, wie gesagt, di- Gesetzgebung, die wie immer in Amerika, wenn einmal die öffentlich- Meinung erregt ist, mit übergroßer Schnelligkeit arbeitet, ganz absuro. So ist in einem Staat das Gesetz gemacht worden, daß die Eisen bahnen für jede Verspätung eine hohe Strafe zahlen müssen. Die Folge war, daß dies« Eisenbahnen einen großen Teil ihres Passagierdicnste- o.ujgegeben haben. Im Staate WiSeonsin wurden auf die Enthüllungen über die Versicherungsgesellschaften hin so scharfe Gesetze zur lieber wachung erlassen, daß vom folgenden Jahre ab 20 von 23 Gesellschaften ihre Zweigagenturen in jenem Staate aufzugäben beabsichtigten. Eine sehr merkwürdige Situation ist auch durch das nationale Gesetz — unter national versteht man alles aus die Vereinigten Staaten Bezüg liche, während „staatlich" sich auf die Einzelstaaten bezieht — geschaffen worden, wonach nach dem l. Mai 1908 keine Eisenbayngesellschaft mehr Kohle in einen anderen Staat oder ins Ausland transvortieren darf, wofern die betreffende Eisenbahngesellschaft in irgendwelcher Weise au den Kohlengruben beteiligt ist. Die Gesellschaften sind also gezwungen, ihre Kohlengruben aufzugeben oder das Gesetz zu umgehen, bis neue Gesetze erlassen werden, um die Umgehung »u verhindern. Das von Eisenbahngesellschaften in Kohlengruben angelegte Kapital beträgt viele hundert Millionen, nnd der Besitz solcher Gruben bildete die Grund läge für die Ausgabe von vielen hundert Millionen Obligationen. Die Fassung des eben erwähnten Gesetzes erklärt sich daher, daß dir Bundesregierung für die in den Einzelstaateu arbeitenden Unter nehmungen nicht zuständig ist, also nicht geradeM den Eisenbahnen verbieten kann, Kohlengruben zu besitzen, sondern nnr das Recht bat. den zwischenstaatlichen und auswärtigen Handel zn überwachen und diesbezüglich Gesetze zu erlassen. Diese Beispiele dürften genügen, nni zu beweisen, daß die Gesellschaften nicht mit Unrecht sich unter der väterlichen Fuchtel der Regierung nicht sehr wohl fühlen. Eine sehr natürliche Folge der Ereignisse der jüngsten Vergangen- beit ist, daß viele Leute Roosevelt direkt für die Krfte verantwortlich machen, und die Wahlaudsichten seines speziellen Proteges Taft sehr darnnter leiden, nm so mehr, als gerade die großen Finanz- nnd Jn- du'triegesellschastcn ihre ganze Macht und ihr gmizes Prestige gegen einen Rooseveltmann benutzen werden. Anderseits ist die Zabl der Leine — und das sind die besten, mit denen ich sprach — sehr groß, die Roo'eveltS mutiges und erfolgreiches Vorgehen gegen die Trusts gucheißcn, bewundern und ein ferneres Fortschreiten auf dem eilige- schlagenen Wege zum Heile des Landes für unerläßlich halten. Bekanntlich war die Kris« durch die eintretende Geldknappheit in hohen, Maße verschärft worden. Der Sturm begann mit dem Nun auf die Knickerbocker Trust Co., Trust Co. of America u. a., deren Status allerdings teilweise durch Spekulationsge'chäfte, au denen sie sich sehr zu Unrecht beteiligt hatten, ungünstig war. In welchem Maße das große Publikum beunruhigt war, kann man daran erkennen, daß die Leute von Sonnabend äbend bis Montag früh vor der Tür der Institute warteten, um rechtzeitig ihre Depots abheben zu können Wenn man bedenkt, daß in einem Lande wie Amerika das zirkulierende Geld weniger als 10 Prozent der dem Kredit zur Unterlage dienenden Werte bildet, so sieht man leicht ein, wie schnell durch einen solchen Run beinahe alles bare Geld ans dem Verkehr gezogen werden kann. Tatsächlich Ivar an manchen Tagen Geld an der Böne, wo bekanntlich Engagements täglich bezahlt werden müssen, überhaupt nicht zu haben, und nur der gemeinsamen Intervention des Schatzkekretärs, der große Summen von Staatsgeldern den New Yorker Bankiers zur Verfügung stellte, nnd MorganS, der zur rechten Zeit mit barem Gelde dem demo ralisierten Markt zu Hilfe kam, sowie endlich der beschleunigten Gold einfubr ist es zu verdanken, daß der Krach nicht noch größer wai Trotzdem kam es bekanntlich so weit, daß die Banken Barzahlungen vollkommen einstellten und nur mit Schecks auf sich selbst zahlten 0 - kam zu einem Goldagio, unter dem wir noch immer leiden. Znm Glin.' im Unglück war die Getreideernte gut, die Getreidepreist ea. 2.' Prozen: höher als im Vorjahre, die Baumwollernte war auch gut, nnd Knpie' war, nachdem die Konsumenten wegen der sehr hohen Preise im Sommer zurnckgebalten hatten, ebenfalls begehrt. Vcrolei<w Zablen für Einfuhr, Ausfuhr an Rohprodukten nnd Waren und dcr Goldeinfuhr in diesem November mit denen des Vorjahres, so zeigt iicv, daß. die erhöhte Goldeinfubr von ea. 100 Millionen durch erhöhte Au fuhr von Rohprodukten gedeckt ist. Mer das einqeführte Gold würd' im Westen und Süden von den Farmern zur Einbringung ihrer Ernt, benötigt, und das ist der Grund, weswegen Geld in New Bork no>.b immer knapp ist und die Prämie auf Gold nicht verschwindet. Ein ieb' unangenehmer nnd komplizierter Umstand ist nun der, daß die Geld knappheit ansteckend ist nnd sich ans andere Landesteile, die die ärgsten Zeiten verhältnismäßig gut ausgcbalten haben, überträgt. Ob die Liquidationen am l. Januar Wandel schaffen werden, erscheint Eae.. lich. Jedensalls wird es ohne einige Erschütterungen nicht abaeben. Ucberbaupt kann ich eS, nachdem ich mit vielen Finanz- nnd Geschäft-« leuten in bedeutender Stellung gesprochen habe, mit Sicherheit an' sprechen, daß die Lage der Dinge besonders im industriellen Leben, w: sie in den Zeitungen geschildert und wohl auch in Deutschland verüb».-- wird, noch bedeutend zu optimistisch gefärbt ist. Die Grundlage des amerikanischen Wirtschaftslebens ift aeinn: das ist keine Frage, aber die Krisis bat sich keineswegs bereits voll kommen ausgetobt. Eine Warnungsnote erscheint mir daher am Platze Solange das Geld lo teuer ist, ist an eine erneute Prosperität nun schon gar nicht zu denken, und selbst für den Fall, daß daS Geld iw Frühjahr billig wird, müssen wir mit dem Umstand rechnen, daß de, Volkswohlstand außerordentlich vermindert ist. daß sich die Leute ein schränken, daß entsprechend die Fabriken weniger beschäftigt werden, daß Arbeiter entlassen und Löhne reduziert werden uiw.. laule-- Fak toren. die das Geschäft ungünstig beeinflussen müssen. Dazu komm», daß Amerika vor einer Präsidentenwahl im nächsten Herbst ft-vt. en- Umstand, der stets eine Verslanung des Geschäfts berbeiaesnbrt lm! Erst nach der Wahl kann man auf eine Periode erneuter Prosperitä' hoffen. Inzwischen wird, was die Börse anbetrikft, die Spekulation versuchen. daS Verlorene «inznholen, nnd eS ist nicht schwer, eine Periode starker Schwankungen voranSznsggen, gain entsprechend dem Schauspiel der letzten Wochen. Derrtsche» Reich. LetOztz, 8. Januar. * General Kein« bei» Prinzen RaOrecht. E- verlautet, General Leim bade eine Audienz beim Prinzen Ruprecht gehabt, in der den, General Gelegenheit gegeben wurde, ausführlich seinen Standpunkt und die Entstehung des AwisteS darzulegen. Es ist anznnehmen, daß nach dieser Unterredung eine Beilegung deS Zwiste» sich rrmoqlicben kaffen wird. * Die Resar» der Tele>haa>etihre». Die von uu» bereits an- gekündigte Konferenz über die Reform der Fernsprechgebühren hat gestern vormittag lv Uhr im Reich-postamt begonnen. De» Borsitz der Kon-
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