Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.10.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071019027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907101902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907101902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-10
- Tag 1907-10-19
-
Monat
1907-10
-
Jahr
1907
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«r. 290. 101. Jahr«. Versammlung nach Pforzheim einzuberufen, welche sich ausschließlich mit dieser in ter nächsten Laiidtagssefsion aktuell werdenden Krage beschäftigen soll. Der geichästSsiihrende Aus schuß wird der LandeSversammlnng Vorschlägen, sich für folgende Korkerungen zu erklären: l. Einführung der direkten Wahl der Bürger meister und Gemeinderäte in allen Gemeinden vou 4000 und weniger Einwohnern; 2. Einführung teS ProportionalwahlrechtS für die Wahl der Bürgeraurschüfse in alle» Städten und andern Gemeinden. .1. Milderung deS Klassensystem- bei de» Stadtverordneten und Bürger- auSschußwahlea dnrch Einführung der Sechstelung an Stelle der Zwölftelung und Neunteluug. Der Liberale Verein in Leipzig hielt gestern abend eine Mit gliederversammlung ab, in welcher Oberlehrer Dr. Barge über den Verlauf der letzten Lanotagswahlen und über die dabei gesammelten Er fahrungen im Wahlkreise Großenhain-Bischofswerda, wo er, Dr. Barge, kandidierte, berichtete. In dielem Wahlkreise hätten die Liberalen trotz erheblicher Stimmenzahl doch nur einen geringen Erfolg in der Zahl der gewählten liberalen Wahlmänner erzielt. Die Schuld an diesem un günstigen Wahlergebnis sei im Drciklassenwahlsyftem zu suche». Der Liberalismus sei nicht, wie die Konservativen aus der einen, die Sozial- dcmokraten auf der andern Seite, eine Klassenpartei: feine Anhänger verteilten sich vielmehr auf die verschiedensten Klassen und Berufsstände, und so hätten sich auch die liberalen Stimmen bei der letzten Landtags wahl aus alle drei Klassen verteilt. Im Anschluß an diese Ausführungen wurde der Hohenthalsche Entwurf zum neuen Wahlrecht besprochen und dabei der Meinung Ausdruck gegeben, daß der Entwurf mit geringen Abänderungen wohl Gesetz werden dürfte. In dieser Annahme sollten leitens der Liberalen schon jetzt die nötigen Vorbereitungen für die seinerzeit erforderlich werdenden Neuwahlen unter dem neuen Wahl gesetz getroffen werden, um dem Liberalismus die ihm gebührende Ver tretung im Landtag zu verschaffen. Schließlich wurden noch die Dele gierten für die am 24. November in Leipzig stattfindenoe Landesver sammlung des liberalen Vereins gewählt. ' Tas Scherbengericht. Aus Karlsruhe wird gemeldet: Die Genossen Kolb und Dr. Frank werden sich morgen vor einem Partei- erichishof, bestehend ans der sozialdemokratischen LandtagSsraktion des LrnkeSverbandeS und Vertretern der beiden badischen Parieiblatter, wegen ihrer Teilnahme an der Beisetzungöfeier für den Großherzog von Baden zu verantworten haben. Ausland. * Kaiser Fran; Josef. Die Korrespondenz Wilhelm meldet: DaS Allgemeinbefinden keS Kaisers war auch gestern nicht ungünstig, ebenso befriedigte der Kräftezustand, wozu wesentlich der bessere Appetit beitrug. Die Wirkungen der sehr gestörten Nacht scheinen einigermaßen paralysiert. Der Monarch rnbte nachmittags einige Zeit auf der Chaiselongue aus. Zur Abendvisite wurde auch Professor Chiari zugezogen, welcher mit den Aerzten Kcrzl und Professor Neusser wegen dcö nachts stärker auf getretenen Hustens beriet. Neber die Abendvisite wird gemeldet: Seine Majestät war den ganzen Tag fieberfrei, der Appetit ist gut, das Befinden ist trotz der (chlechten Nacht nicht ungünstig, zumal die katar rhalischen Erscheinungen etwas zurückgegangen sind. — Eine Privat- krrre'pontenz lautet weniger günstig: Dre Aerzte äußerlen sich gestern über oaS Befinden des Kaisers durchaus nicht befriedigend. Der Katarrh hat sich beträchtlich verschlimmert, auch ist der Husten sräikcr und trockener geworden. NachunttagS wollte die Gräfin Lonyay den Kaiser in Schönbrunn besuchen-, eS wurde ihr aber erklärt, daß sie n cht empfangen werden könne. Nachmittags erschien Hosrat v. Born bai y und erstattete dem Kaiser Bericht über die Aufnahme deS Aus gleiches in Ungarn. Da der Monarch sich matt fühlte, ging er um 8 Uhr zu Bett, nachdem ihm ein schlafstarkendeS BernhigungSmittel gegeben war. — Die Nachrichten von heute morgen lauten erheblich ve>scr als gestern morgen. Der Kaiser hat die Nacht ziemlich gut »erbracht. Die Fiebererscheinungen blieben ganz minimal. Der Husten hat die Nachtruhe zwar etwas gestört, war aber geringer als gestern. Nach Ansicht der Aerzre hat nunmehr der Katarrh den Höchststaud überschritten. * Kaiser Wilhelm und König Alfons. Das »Echo dr Paris" meldet aus London, eS sei nunmehr sicher, daß das spanische Königöpaar am 14. November mit dem Deutschen Kaiser eine Begegnung auf Schloß Winksor haben werde. Dieje Begegnung wird indes anSschließlich privaten Charakter habe». * Ter gestrige Reichsratsskandal. In Ergänzung unsererDepesche über die gestrige stürmische Sitzung, welche bewies, daß die altbekannten RowdieS, besonders Graf Sternberg und Schuchmeier, auch im neuen Hause von bren Proletari.rmanieren nicht lassen wollen, teilen wir noch folgende Einzelkeilen aus der großen Fülle der Spezialberichte mit: Im Reichs rate brachte der sozialdemokratische Abgeordnete Resel die Tatsache zur Sprache, daß ein Dragoner in TraiSkircheu im April d. I. wegen Mißhand lung durch zwei Unteroffiziere Selbstmord begangen habe. Die Unter offiziere seien zwar zu ie vier Monaten Kerker verurteilt, aber sechs Wochen später begnadigt worden. Abgeordneter Resel erklärte, bei einer solchen Behandlung müßten die Soldaten wünschen, daß ein Krieg komme, damit sie unbemerkt ihre Peiniger niederstrecken könnten. Landes- Verteidigungsminister Latscher erklärte in seiner Antwort, er müsse zur Ehre der Armee konstatieren, daß ein so trairriger Geist den Soldaten nicht innewohn-. Schuchmeier und andere sozialdemokratische Abgeordnete protestierten heftig gegen diese Antwort und schloffen mit stürmischen Rufen: »Abzug, Landesverteidigungsminister!" Nur Graf Sternberg Leipziger Tageblatt. versuchte den Minister ru rechtfertigen und reichte ihm ostentativ die Hand. In seiner Rede wurde Sternberg vou dem Sozialisten Seliger unterbrochen, worauf er ihm zuschrie: „Halten Sie Ihr SchweinehundSmaull" (EntrüstungSruse bei den Sozialisten.) Sternberg erwiderte: „Warum haben Sie Schuchmeier nicht unter brochen? Ich rede auch so wie dieser Schweinehund." Unter fort gesetztem Lärm und Protest der Sozialisten erteilte Vizepräsident Star- czynskl beiden Rednern einen Ordnungsruf. Der Graf mußte schließlich, da er sich auch eine Zigarre im Saal anzündete, unter all gemeinem Sturm das HauS verlassen. * Kür Mnley Hafivk Einem Telegramm aus Tanger zufolge haben die Stämme des Tafilet-GebieteS sich osten für Muley Hasiv erklärt. Eine Anzahl Schcrifs, die behaupten, königlicher Abstammung zu sein, haben sich rem neuen Sultan angeschlossen und Abdul Aziz ihrSS Ver trauens stir unwürdig erklärt. General Drude will vorläufig Gewehr bei Fuß stehen bei dem bevorstehenden Bürgerkrieg der beiden Sultane, obwohl Frankreich nur den alten Sultan anerkennt. — Muley et Reschid, der Befehlshaber der hasidischen Mahalla, hat an den General Drude einen Brief geschickt, in welchem er daö Verlangt» ansspricht, Drude solle im Falle eines Kampfes seiner Mahalla gegen Vie Truppen deS Sultans in der Nähe des französischen Lagers nicht cinschreiten. Drude hat weder zusagend noch ablehnend geantwortet. --- Freilich ließe das Ausbleiben rer französischen Antwort auch eine andere Auslegung zu. — DaS marokkanische Polizeikorps soll mit französischen GraS-Gewehren bewaffnet werden: auch ein Erfolg der Verhandlungen in Rabat! * Furchtbare Rtedrrlaae der Sana»-Armee. Die „Neue Hamb. Ztg." meldet auS Brüssel: Nach Meldungen aus Kapstadt wurden die Truppen deS Kongostaates von den aufständischen Ein geborenen deS Kassai-StammeS in einer zweitägigen Schlacht vollständig geschlagen. Die Zahl der Toten (Weiße und Neger) ist außerordentlich groß. Der Rück zug der Truppen ist gefährdet. * Tie italienischen Eisenbahner. Nach dem „Popolo Romano" erstrecken sich die von dem Verwaltungsrat der Staatsbahuen getroffe nen Maßnahmen auf die Entlassung von etwa 15 Rädelsführern und auf leichtere Strafen für mehr als 3000 Eisenbahner. Der Elsenbahndienst wickelte sich gestern in regelmäßiger Weise ab. Sämtliche Blatter raien dem Eisenbahnpersonal, nicht in den Ausstand zu treten. „Popolo Ro mano" glaubt, der Ausstand werde nicht eintreten, weil die öffentliche Meinung des ganzen Landes gegen ihn sei und weil die Regierung und die Direktion der Staatöbahnen gegen jede Eventualität gerüstet seien. Nach der „Tribuna" antworteten von 72 Sektionen des Eisenbahner syndikates 50. Hiervon erklärten sich 22 gegen den Ausstand. — Der Mailauder „Secolo", das Organ der radikalen Partei, bedeutet dem Eisenbahnpersonal, daß ter Ausstand ein kolossales Fiasko erleben würde. — Die Proklamierung deö Generalstreiks im Eisenbahnbetrieb soll jetzt nicht erfolgen, sondern vielleicht dann, wenn die Anwendung der ver hängten Strafen begonnen hat. Ieroch wird die Anwenvung voraus sichtlich unterbleiben, da die bevorstehende Entbindung der Königin den Bestraften eine Amnestie bringen soll. Die Entscheidung der Organi sation der Eisenbahnarbeiter über den Generalstreik wird heute erfolgen. * Tie englischen Eisenbahner. Der Kampf zwischen den Eisenbahn gesellschaften und ihren Angestellten nimmt von Tag zu Tag schärfere Formen an. Die Gesellschaft habe ibr Personal befragt, ob sie Mitglied des EisenbahoverbandeS sind und ob sie eoent. einer Aufforderung der Verbandsführer zum Ausstand folgen würden. Diejenigen Angestellten, welche diese Fragen bejahten, sind entlassen worden. Die Midlauv- Bahn läßt bereits Baracken für Ersatzleute bauen. Man glaubt nicht an einen Erfolg der Ausgleichsaktion des HanrelSministerS Lloyo George. Der Abstimmung ter Bahnangestellten zufolge dürste der Ausstand nahezu einstimmig piollamiert werden. leipziger rrirö sächsische Angelegenheiten. Wetterbericht -er konigl. sächs. metesr« Instituts zu Dresden. Voraussage für den 20. Oktober. Trocken und vorwiegend heiter, morgens und abends Nebel, mäßige süd östliche Winde, nachts läster, am Tage wieder Erwärmung. * Das Jubiläum 25jähriger Tätigkeit in einem und demselben Be triebe begehen nächsten Montag, den 21. Oktober, der Arbeiter Fried rich Wilhelm Kalb in Leipzig in der Kohlenaroßhandlung von C. Hoffmann, Ebeling L Eo., Emilienstraße 21, und der Markthelfer ErnstJuliusFinck in L.-Neudnitz in der Papierfabrik und -Groß handlung von Sieler L Vogel, Talstratze 6. —r. Geldbclohnungen. Die Generaldirektion der sächsischen Staats bahnen konnte auch im vergangenen Vierteljahre wieder an zahlreiche ihrer Arbeiter nach längerer befriedigender Dieustführrrng Geld belohnungen bewilligen. Derartige Belohnungen erhielten 34 nach fünf- undzwanzigjähriger Dienstzeit, 70 nach dreißigjähriger Dienstzeit, 38 nach snnfunddrelßigjäyriger Dienstzeit, 9 nach vierzigjähriger Dienstzeit und je einer nach fünfundvicrzig- und fünfzigjähriger Dienstzeit. —r. Frachtfreie Rückbeförderung gewährt die sächsische Staatsbahn- vcrtvaltnug auf ihren Linien für die Tiere und Gegenstände, die auf Sonnabend, Id. Oktober 1907. folgenden Ausstellungen ausgestellt werden: Kaninchenausstellunaen in Unter-Barmen und in Lauter am 26-/27. Oktober, in Rödlitz i. S. am 27./28. Oktober, in Reichenbach i. L. vom 23. bis 26. November und in Niederaffalten am 1. Dezember, Geslügelausstellungen in Dresden-Neu stadt vom 23. bis 25. November und in Leukersdorf i. E. am 8./9. De zember, Geflügel- und Kaninchenausstellnngen in Grünbach i. V. vom 9. bis 12. November, in Mülsen-St. Jakob und Wilkau am 24./25. No vember, Geflügel-, Kaninchen- und Kanarienausstellung in Hohenstein- Ernstthal vom 23. bis 25. November, Ausstellung von Kanarien und Kaninchen in Pirna vom 8. bis 10. Dezember. —r. Zum Jahrmarkt nach Brandts. Anläßlich des in Brandts statt findenden Jahrmarktes wird die Staatsbahnverwaltung Donners tag, den 24. Oktober, einen Sonderzug abends 8 Uhr 19 Min. von Brandts nach Beucha ablassen, der in Beucha Anschluß findet an den Personenzug, der abends 9 Uhr auf hiesigem Dresdener Bahnhofe fällig ist. Zur Mitfahrt berechtigen die gewöhnlichen Fahrkarten. * Volkstümliche Hochschnlkurse. Vom Ausschuß für volkstümliche Hochschulkurse werden im Winter 1907/08 folgende Kurse veranstaltet: 1( Regierungsrat im Reichskolonialamt Privatdozent Dr. G. Zocpkel> Äcrlin: Kolonialwirtschastspolitik in Afrika (Beginn 22. Oktooer); 2j Professor Dr. O. zur Straßen: Die Abstammungslehre (Be- ginn 28. Oktober); 3j Professor Dr. K. Weule: Anfänge uud Ent wicklung der menschlichen Kultur (Beginn 29. Oktober); 4) Professor Dr. K. Thieme: Jesus und seine Predigt (Beginn 30. Oktober); 5) Pro fessor Dr. G. Witkowski: Der deutsche Roman des 19. Jahr hunderts (Beginn 1. November); 6) Professor Dr. E. Brandenburg: Begründung des Deutschen Reiches 1848—1871 (Beginn 7. Novembers; 7) Privatdozcnt Dr. E. Niecke: Die Pflege der Haut, Haare und Nagel im gesunden und kranken Zustande (Beginn 7. November); 8) Dr. Phil. H. v. Halban: Einführung in die Chemie (Beginn 11. No- vember); 9) Privatdozcnt Dr. I. Plenge: Schwebende Finanzfragen in Reich, Einzelstaat und Gemeinde (Beginn 26. November); 10) Pro fessor Dr. P. Barth: Die Erziehung des Gefühls (Beginn 7. Januar); 11) Professor Dr. A. Bielschowsky: Ueber den Nützen der Brille (Beginn 8. Januar); 12) Professor Dr. F. Skutsch: Ent stehung und Verhütung von Frauenkrankheiten (Beginn 9. Januar); 13) Privatdozent Dr. M. Brahn: Körper nnd Geist in ihren gegen seitigen Beziehungen (Beginn 9. Januar): 14) Dr. phil. G. Antze; Die Urformen der Gesellschaft (Beginn 10. Januar): 15) Privatdozcnt Dr. O. Th. Schulz: Römer und Germanen in ihren wechselseitigen Be ziehungen von den ältesten Zeiten bis auf Tazittis (Beginn 18. Januar); 16) Privatdozent Dr. H. Steinert: Nervosität und nervöse Leiden (Beginn 4. Februar). Die Kurse 1 bis 6 und 10 bis 16 finden in der Uniiversität, Augusteum (Eingang von der Universitätsstraße aus, durch den Panlinerhof), statt, Kursus 8 im Hörsaal des theoretisch-physikalischen Instituts der Universität, Linnästraße 3. die Kurse 7 und 9 in der Aula der 22. Bezirksschule in L.-Lindcnau, Merseburger Straße 56/58. Die Kurse beginnen 8(H Uhr abends und sind, mit Ausnahme von Kursus 12, der ausschließlich für das weibliche Geschlecht bestimmt ist, für jeder mann zugänglich. Der Eintrittspreis beiträgt pro Kursus 1 für Arbeiter und Handwerker, für kaufmännisches Personal, Subaltern beamte, Lehrer, Lehrerinnen und Studierende, 3 .k( für alle anderen Teilnehmer. * Große patriotische Gedenkfeier. Eine große patriotische Gedenk- feier wurde gestern abend im Festsaale des Palmengartens vom Deut schen Patriotenbund veranstaltet. Der Saal und die Neben räume waren dicht mit Menschen besetzt. Es galt den 18. Oktober, ven großen Tag der Schlacht bei Leipzig, zu feiern. Bekanntlich hat cs sich der Deutsche Patriotenbund zur Aufgabe gemacht, bis zum Jahre 1913 auf dem Orte, wo einst der Freiheitskampf ausgefochten wurde, ein riesiges Denkmal zu errichten. Rüstig schreitet die Arbeit am Bau fort. Sichtbar wächst das gewaltige Monument im Osten Leipzigs empor. Die Leitung des Patrwtenbundes ist unermüdlich im Schaffen der nöti gen Mittel. Nur ehrliche, echt vaterländische Begeisterung vermag mit solcher Opferfreudigkeit und Ausdauer zu schaffen. Der große Tag der Schlacht bei Leipzig sollte eigentlich vom ganzen Volke als National fest gefeiert werden, denn ohne Leipzig kein Sedan! Der gestrige Abend begann mit einem patriotischen Festmarsch von Döring, Dann folgte Webers herrliche „Oberon"-Ouvcrtüre, ausgeführt von der Kapelle des .Kgl. Sächs. Infanterie-Regiments Nr. 107 unter Leitung des Stads- hoboisten Gi lisch. Die Ansprache hielt Kammerrat Cte- mens Thieme. Er wies in schlichter, klar verständlicher Weise auf die geschichtliche Bedeutung des 18. Oktobers hin und vor allem guf.-ie Notwendigkeit der Errichtung eines Denkmals, das an Deutschlands größte Zeit erinnere. Die Helden von 70 habe man mit Recht geehrt. Sie hätten gegen die Franzosen die deutsche Freiheit verteidigt. Ader eine gleiche Ehre verdienten auch die Helden von 13, die Deutschlands Freiheit errungen hätten. Die Rede zeichnete sich, wie gesagt, durch eine allen verständliche edle Schlichtheit aus. Sie war frei von allem Bom bast, den man gewöhnlich der derartigen Festreden findet. Und dann beherrschte vor allem Kammerrat Thieme das Wort. Jeder Satz war bis in die äußerste Ecke klar verständlich. Kein Wort ging in dem großen Saale verloren. Nach der Rede folgte ein allgemeiner Gesang, eine Dichtung von Albin Mittelbach. Sie war dem Völkerschlacht- denkmal selbst gewidmet. Auch sie zeichnete sich durch edle Einfachheit aus und hielt sich frei von Phrascnhaftigkcit. Wir zitieren hier als Charakteristik des ganzen Gedichtes und zugleich zur Aufmunterung, am Bau mitzuhelfen, den letzten Vers. Er lautet: Helft Ihr Hoben, helft Ihr Niedern, Leid zu edler Tat bereit! Kühnen Streitern, deutschen Brüdern Sei dies Monument geweiht! Allen möo/ es Kunde geben Von des Krieges Not und Qual Und zum Himmel sich erheben Als der Freiheit Nuhmesmal! Das Lied wurde vom Publikum mit Begeisterung gesungen. Dann folgte Bachs Präludium und Fuge, vom Orchester meisterhaft Wieder- Tugend zu achten, wirft du dich betrüben, daß ich dir in iene Gegenden vorausgche, wo nichts uns hindern wird, verbunden zu sein? Dort schweigen die unheilvollen Vorurteile, die willkürliche Ausschließung, die haßerfüllten Leidenschaften und alle Arten von Tyrannei. Ich gehe und werde dich erwarten nnd mich ausruhen. Bleibe noch hier unten, wenn es einen Zufluchtsort gibt, der für die Ehrenhaftigkeit offen steht. Vlcibe, um die Ungerechtigkeit anzuklagen, die dich geächtet hat. Wenn aber das hartnäckigste Mißgeschick irgend welche Feinde an deine Sohlen lcslet, dulde nickt, daß eine gedungene Hand, sich gegen dich erhebt, stirb frei, wie du zu lebe» gewußt hast, und damit der hochherzige Mut, der meine Rcchssertigung bildet, durch deine letzte Tat vollkommen sei. Lebe wohl! Nein, von dir allein trennte ich mich nicht. Die Erde vcc- lasscn, heißt uns einander näbern." Auch DcSmoulins Abschiedsbrief an seine Frau ist lackend. Von besonderer Schönheit und tiefer Kraft sind die Briese MirabeauS an Sovhie von Monniers. Dann lommt aber Napoleon I. »ucrst m t ter flüchtigen, herben Episode seines kurzen Verhältnisses zu DesirSe Clark), darauf Josephine. Dieser Napoleon mit seinem onttk gewaltige» schonungslosen Zielbewußtsein und Zielverfolaen stammelt zu Josäphine. Tranen, die sie bei einem Abschied vergossen hat. ergreifen ibn, erfüllen ihn mit einer zitternd heißen Dankbarkeit! „Josephine, du weintest» als ich dick verließ. Tu weintest! Meine innerste Seele zittert bei diesem Gedanken. Aber fei ruhig und tröste dich. Wurmser wird diese Tränen teuer genug bezahlen!" (Arn nächsten Tag erfocht Napoleon den Sieg be) Caiiialione ) Seine Liebe zu dieser nicht immer treuen Frau findet in d-n Briesen ost einen Ausdruck unmittelbarer, gepeitschter Leidenschaft und Menschlichkeit. Er schreibt ihr öfter des TageS, wo er auch sei, vor ober rach den Schlachten, immer berauscht von der Liebe und Sehn- sucht zu ihr. Ich vermag in diesem kurzen Nahmen natürlich nicht alle die Ver liebten dieses Buches vorbeispazieren zu lassen. Es sind noch Briefe darin von und an Stendhal, Lamartine, Hugo, Dumas, Sainte Beuve, Sand, Muffet, Gambctta, und von vielen andern älter» und jünger» Liebespaaren. Ja sogar hat der Herausgeber es nicht für überflüssig gehalten, Maupassant noch einmal gegen die Äafhkirtseff zu führen und für nicht geschmacklos, Briefe vou Dreyfus und seiner Frau zu ver deutschen. * Nietzsches S»rab. Dem „Berl. Tageblatt" schreibt dieser Tage el» Mit- arbeitcr: „Eine Wanderung führte mich dieser Tage noch dem wettverlorrnrn Dörfchen Nöcken südwestlich von Leipzig, wo Friedrich Nietzsche geboren Ist und begraben liegt; erst als ich den stumpfen Slockrnturm der alten Röckrner Kirche an» der endlofrn Ebene emporsteigea sah, kam eS mir zvm Bewußtftin, laß c.erabe der 6. Oktober, Nietzsches Geburtstag war, — Grund genug, einen lluuveg zu machen und einmal wieder da» Grab zu besuchen, das nun gewiß irire traurig« Verlassenheit für etu paar Tag« unter irische» Blumen und Kränzen vergessen durfte. Aber bald maßte üb bedauern. daß ich nicht selber zu vor auf den Felder» wmtzgftraS et» paar »«spätes» MHnbtttten gepflückt hatte. denn wa» war auf dem Grabe Nietzsche- an diesem Tag« Freundliches nnd LiebrS zu findcn? Nicht-l Nur morsch« Ueberbleibsel einer Schleife und eines Kranzes lehnten an dem Granitslein, und auf der Marmorplatte stand — «in trostlos hüßlichcs Bild — eine alt« Konservenbüchse mit längst verwelktem Strauß darin . . . Wir reden uud schreiben unendlich viel über Nietzsche, Tauleude in aller Welt danken ihm ein gut Teil ihrer Entwicklung, dankeu ihm Befreiung uud Ermutigung — so bedarf eS vielleicht nur eines Anstoßes, damit hin und wieder die Dankbarkeit sichtbaren Ausdruck find« und dieses Grab schmücke, das der Nation gehört. Würde zu dem Zwecke eine bestimmte Summe zur Ver fügung stehen, so lirßr sich von Leipzig auS eine regelmäßige Ausschmückung des Grabes leicht bewerkstelligen". — Wir brachten bisher diese Zeilen nicht, weil wir auf ein Dementi von feiten der Familie Metzsche warteten, da- nun aller dings nicht erfolgt ist. UnS will auch scheinen, daß die Pflege de- Grabes in erster Linie Sache der Angehörigen wäre, nnd daß die Nation erst rtvzutreteu hätte, wenn Liese finanziell nicht in der Lage wären. —e Mnsiknotizen. „Frau Lebedame" ist der Titel einer neuer» dreiaktigen Operette von Anselm Götzl, die im Deutschen LaadeS-Theatrr in Prag zur Uraufführung gelangt. — Die Dresdener Hofkapell« nahm daS Orchefterwerk „ Karnevals - Episode" de» jongrn Tonsrtzer» Th. Blümer znr Auf führung in ihren Sinfoniekonzerten an. — Hm Vatikan wurde ein großer Konzertsaal fertlggrstellt, in dem mau klassische Kompositionen nnd Kirchen konzerte unter Leitung von Masstro Perost anfznführrn gedenkt. — In Pari» wird ein große- biographisches Werk über Biz et geplant. — Unter dem Titel „Tomoedia" erscheint seit dem 1. Oktober eine Tageszeitung in Paris, die ausschließlich den Interesse« de» Theaters (Schanspiel, Oper und Operette) dient. — In Straßburg t. Elsaß erscheint seit l. Oktober ein« „Elsaß-lothringische Gesang- und Musikzeitung". — Musikalische Warenhäuser. Ta» Beispiel der WärenhanSinhaber in Amerika und Frankreich, die ihren Kunden Kunstgenüsse bieten, wird nun auch in Deutschland nachgeahmt werden. Den Anfang macht diesmal ein Warenhaus in Hamburg, da» während de» Winters fünf Konzert« unter Betetllgung hervor ragender Kräfte veranstaltet. Darunter befinden sich Hofkapell« elfter Richard Strauß. d'Audrade, Dr. Felix Straus und eine Reih« bekannter Sänger uud Sängerinnen. Da» erste dieser Warenhanskonzertr findet am 11. Oktober statt. — In einem Autoaraphenkataloge des Antiquariats I. Halle in München werden uugedruckte Briefe Richard Wagner- veröffentlicht, di« für das Leben und Schaffen des Meister» von großer Bedeutung sind. — AuS Nürnberg wird geschrieben: Die Abhaltung de» dritte« bayerischen Musiksestrs in den Pfingsttagen 4908 ist nunmehr beschlossen. Einen wesent lichen Bestandteil des Feste- wird eine Aufführung von BolksUedern bilden. — Man berichtet au» Hannover: Der Deutsche Sängerbund hat ei« ander- Leitung erhalten. Die Geichäslsfüdrnng ist auf dem Säugertage io Breslau dem „Schwäbischen Sängerbünde" übertragen worden. Das Deutsche Bundes- jängersrst im Jahre 1912 wird in Leip zig stattsinden. dessen Magistrat 100 000 ^sl zu dem Feste zur Verfügung gestellt hat. — Man schreibt uns aus Prag: La» Prager tschechische Natwnaltheater brachte die Erstaufführung der Oper „Königin Fiametla" von lkavier Leroux. Da» Textbuch ist von Tatulle MendsS uud behandelt eine Staatsaktion der Kirche zur Erlangung Bolognas, wo die Königin Orlanda, wegen ihrer leichten Leben-auffaffnng Königin Fiam«tta genannt, herrschte, und die mit ihr« nnd ihre» GrAebtr» Daniela» Enthauptung endigt. Leroux steht offenbar unter dem Einflüsse von Massenet, doch ist das Wert nicht frei von Einwirkungen der großen Meyerbeerschen Oper. Auch inder Erfindungsgabe steht crseinen Zeitgeuossen Massenet und Charpentier nach. In der Musik finken sich viele Anklänge, doch sind auch eigene schöne Gedanken zu finden. Der Komponist hat eine Vorliebe für Hobe Lagen. Die Orchestrierung arbeitet mit raffinierten Mitteln, ist aber nicht immer ein wandfrei. Di« Aufführung war glänzend, da» Orchester, die einzelnen Mitwirkeoden und der Chor leisteten Vorzügliches; die Juszrnirrung und Ausstattung waren geradezu prachtvoll, so daß ein großer Teil deS starken Erfolges auf Rechnung aller dieser Umstände zu setzen ist. * Hochfchulnachrtchte«. Die Akademische Auskunftsstelle an der Ber liner Universität wird mit Beginn des Semesters an Stelle der bisher er schienenen „Berliner Akademischen Wochenschrift" dreimal monatlich eine neue Zeit schrift hrrauSgrben unter dem Titel „Berliner Akademische Nachrichten". — Der Privatdnzeut an der Technischen Hochschule zu Dresden Dr. Reuscüel ist zum o. o. Professor in der Allgemeinen Abteilung in dieser Hochschule ernannt worden. — Man schreibt au» Heidelberg: Ter a. o. Professor ter Gynäkologie Dr. I. Schottländer hat den Auftrag erhalten, ten Prof. Rosthorn Ostern 1908 nach Wien zu begleiten, nm dort die Stellung alS Direkior des Lnbora- torium« der neu erbauten Frauenklinik zu übernehmen. — Prof. Dr. Thaner, Ordinarius für Kirchenrecht anderÄrazer Universität, wurde io ten Ruhestand versetzt. — Geh. Rrg.-Rat Prof. Dr. Gustav Hellmann, der erst kürzlich zum Ordinarius für Meteorologie an der Berliner Univerülät ernannt würbe, ist zum Direktor des Meteorologischen Institut- daselbst bestellt worden. * Kleine Ehrnntk. Die Große Berliner Kunstausstellung 1907, die nach ter künstlerischen Seite eine» deutlichen Fortschritt bekundete, hat dem Vernehmen nach keinen Reinertrag ergeben. DaS erklärt sich vor allem durch di« großen, etwa 100 000 betragenden Ausgaben für die durchgreifende Um gestaltung des Au-stellung-gebäudeS. — Die Berliner Ration al galerie hat in den letzten Monaten weiter« bemerkenswerte Ankäufe vollzogen. Darunter sind zehn Oelgemälde, so ein Stodienkopf von Marües, da» DoppelbildniS Schwind» und SrmperS von Lenbach, ferner Werke von Schilbach, M. v. Diez, L. v. Pettrnkofru, Th. Große, M. v. Schwind (Der Türmer) und drei Bilder von CH. Schuch. Hieran reihen sich zwei Bildwerke: die Bronze G. KolbrS „Krieger mit Genius" und Gaul» „Ruhende Schafe" in Kalkstria. Unter den angekanften Aquarellen uud Zeichnungen sind Arbeite« von Ed. Hildebrandt, Neureuther (Hermann und Dorotheas dreizehn Blätter vou Ad. Schrüdtrr, zwei von Fr. Kruger lKönigin Elisabeth und Baron von LlodH der GlanbenslLud von Corneliu», und eine Sammlung von dreißig Blättern verschiedener Meister. Ueberwiesen wurden der Nationalgalerie noch W. Feldmann» Entwürfe für die Pauluskirche in Halle (Kreuztragung und Abendmahl). — Au» Rom wird gemeldet: Wie der bekannte Musikrerleger Ricvrdt dem „Corriere della sera" mitteilt, gab er dem jungen deutschen Kom ponisten Brüggrmaan au» Aachen deu Auftrag, einen neuen , Faust ' zu kom ponieren. Das Werk solle au» drei Teilen bestehen: „Tr. Faust", „Helena" und „Fausts Tod' ; der erste Teil sei bereit» beruhet. Außerdem gedenkt Brügqemamr Shakespeare» „Richard 111" zu komponieren. Liu bißchen viel , ans einmal, wie na» scheinen, will.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)