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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.09.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070912014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907091201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907091201
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-09
- Tag 1907-09-12
-
Monat
1907-09
-
Jahr
1907
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Bezugs-Preis jtr Leip»«« u>» Sor»r»« d«S- »B»« Trtger >md vpeMtr»»- NB Ha»« ««kaittr Aat-abe L (>mr mor«a1) vtrrlrltLtziüch 3 «., «oäaMS 1 « Äuigabk 8 (moror»« «d abead») virrlkt. jährlich 4.S0 «L, awmillich 1.» «. Durch d«, Dost br,oar» ,2 mal täglich) innerhalb Drurjchlant» und der deutichen stalonieu vlerteljährllch 0,25 M., monatlich 1,7b M. andlchl. Poft- deslellgeld «ür Oesterreich S L S6 h, Ungarn 8 L vtrrtrljLhrlich. Abonnement-Annahme: Aagaft»«platz 8, bei unseren Trägern, Filialen, Speditenre» Mld Annähme stelle n^jowie^Potzchmern mck Die einzelne Nummer kostet Ist Wstg. Redaktion und Erpedtttmn Johann iägafje 8. Telwb-n Nr. lISlU, «r. lEz, «r. Estt. verliner «edaktton« lvureau: iverliu dNV. 7 Prin, Loui« Ferdtmord- Strad« 1. Telephon I. »r. MS. Morgen-Ausgabe S. WpMcr TagcblM Handelszeitung. Amlevtatt des Mates und des Molizeiamtes der Stadt Leipzig. 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Kol.j * Gestern haben in 30sächsischen Wahlkreisen Wahlen der 8. Wählerklasse für den Landtag stattgefunden. Es wurden überwiegend sozialdemokratische Wahlmänuer ge wählt. lS. Übersicht auf 3. Seite.) * Die anfänglich mit Zweifeln aufgenommene und von der Familie Toscana bestrittene Nachricht von einer bevorstehenden Wiedervermählung der Gräfin Montignoso scheint jetzt doch ihre Bestätigung zu finden. lS. Neues a. a. W.) * Die Ausgleichskonferenzen in Wien haben be gonnen. lS- d. Artikel und Letzte Dcp.) * Im fiu n is che« Landtage wurden die Mi li t ärfor d e- ruugen durch die Stimmen der Schweden und Finnen gegen die Sozialdemokraten angenommen. sS. Ausl, und Letzte Dep.) * Der ehemalige norwegische Minister Oberst Georg Stang ist gestorben. Die jrrngliberalen Beschlüsse. Die Tagung der nationallibcralen Jugendvereine in Kaiserslautern ist an sich bedeutungsvoll, wird es aber noch in höherem Matze durch ihren Einflutz auf den kommenden Wiesbadener nationalliberalen Der. tretertag. Di« Jugend tagt regelmäßig vor dem Alter. Das ist gut und geschickt. Sie vermeidet dadurch deu Anschein übler Zensierlust, und ihre antreibenden Ansichten müssen von selbst ihre Wirkung auf die Politik der Gesamtpartei äußer». Von der heurigen Tagung erwarten wir das ganz besonders. Die Aufnahme der bayerischen und badischen jungliberalen Vereine, die keine Altersgrenze kennen und wollen, gibt dem Neichsverband eine schätzbare numerische Kräftigung. Wi« diese Maßregel in anderer Be ziehung wirken wird, ist heute schwer zu sagen, umsoweniger, als den süddeutschen Jungliberalen auch die Einführung der Altersgrenze nicht auferlegt worden ist. Damit ist für den Nationalliberalismus Süd deutschlands eine Doppelorganisation geschaffen, von der wir nicht wissen, ob sie reibungslos und segensreich funktionieren wird. In dessen gab es wohl keinen anderen Weg, um die jungliberalen, sehr rührigen Kreise jenseits des Mains vor dem Entgleiten zu bewahren. Die groß« Frage der Einigung aller Liberalen scheint uns in Kaiserslautern nicht mit dem gehörigen Nachdruck behandelt worden zu sein. Sie wurde eigentlich nur gestreift, und die Resolution des tapferen Nürnbergers Hübsch fiel unter den Tisch. Da der Junglibera lismus seinem Wesen nach in der liberalen Einigung geradezu seine Lebensaufgabe erblicken muß und, wie bekannt, bei vielen früheren Ge legenheiten dies auch bekundet hat, so kann es nur eine taktische Er wägung sein, die eine energischere Aktion in Kaiserslautern verhindert hat Vielleicht hält man die Zeit noch nicht für gekommen, wenn wir auch nicht wissen, worauf man noch warten will. Der schließlich zur Sache angenommene Antrag v. Losaulsc, der den Einzelvereinen und Mitgliedern den Beitritt zum Nationalverein freistellt, kann nur als eine Verschiebung der Entscheidung, nicht als eine Lösung der Frage be trachtet werden. Die große Einigungsaktion ist uns der Jungliberalis mus noch schuldig geblieben. Ueber den freigestellten Beitritt zum Notionalverein denken wir einigermaßen skeptisch. Eines besonderen Vereins bedarf es unseres Erachtens nicht. An Vereinen ist eigentlich kein Mangel. Die Initiative muß von einer bestehenden liberalen Partei ausgehen. Hierbei wollen wir an eine Tatsache erinnern, die vielleicht nicht allgemein bekannt ist. Als es sich vor den Reichstags, wählen um die Annäherung der linksliberalen Gruppen handelte, waren die maßgebenden Führer der Nationalliberalen Partei nicht abgeneigt, sich dem Bunde zu gesellen, aber — die radikalen Elemente der Freisinnigen wollten nicht und wußten die umfassendere Verständigung zu verhindern. Im Parlament selbst hat sich dann erst eine zwanglose, aber doch recht gut wirkende Fühlung zwischen allen Liberalen ergeben, die früher nicht vorhanden war, und vielleicht neben der Ausschaltung des Zentrums die wertvollste Frucht der Blockpolitik darstellt. Aus der Fülle der in Kaiserslautern besprochenen Einzelfragen ragt die Finanzreform als wichtigste hervor. Das ausgezeichnet« Referat des Regierungsrats Dr. Poensgen verdient eine spezielle Würdigung. Wir freuen uns, konstatieren zu können, daß wir in den Grundsätzen, wie in fast allen Einzelheiten eine Uebereinstimmung mit unseren eigenen An sichten gefunden haben. Um zunächst die Differenzen zu erwähnen, so können wir uns keinen Segen von der Beteiligung o«S Staates an den Erwerbsgesellschaften versprechen, wenn dem Staate damit die Möglich keit des Dreinredens gegeben werden soll. Sonst ist der Gedanke sicher erwägenswert und könnte eine soziale Tat werden. Aber von der staat lichen Bevormundung halten wir nur UebleS. Das erste wäre natür lich die Schaffung eines fürchterlichen, umständliche«, staatlichen Hemm apparates. Nur eine sich automatisch regelnde Beteiligung, ohne be sondere Kontrolle scheint uns diskutabel. Daß wir ferner in den saueren Apfel der Tabaksteuererhöhung beißen müssen, will unS vorläufig noch nicht einleuchten. Jedenfalls müßte erst die absolute Notwendigkeit nach gewiesen werden, die uns noch nicht vorzuliegen scheint, wenn die übrigen vorgeschlagenen Steuern die Erwartungen erfüllen. Da sind zunächst die direkten Reichssteuern in der Form von Reichseinkommen steuer, Wehrsteuer und Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Deszen denten und Ehegatten. Wir können darauf verweisen, daß wir bei zeder Gelegenheit auf die sozmle Notwendigkeit hingewiesen haben, diese Aus- dehnung der Erbschaftssteuer vorzuuehmeu. Auch daraus haben wir häufig genug aufmerksam gemacht, daß es ein grober taktischer Fehler wäre, dem Zentrum die Initiative und den sozialen Ruhm in dieser An gelegenheit zu überlassen. Nur vermissen wir bei Poensgen die Be schränkung der Erbschaftssteuer für Deszendenten und Ehegatten auf die großen Vermögen, etwa von hunderttausend Mark an. Diese Be schränkung scheint uns absolut notwendig. Die Schwierigkeit, bei der Ucbernahmc investierter Vermögen Barabgabcn zu leisten, muß sehr hoch angeschlagen werden. Neber Wehrsteucr und Reichseinkommeu- steuer brauchen wir nur zu sagen, daß sic uns gerecht dünken. Für die Reichseinkommensteuer, wie für ähnliche Steuern überhaupt, möchten wir aber einen nerren Modus Vorschlägen, der zwei große Vorteile bietet. Er scheint uns sozial gerechter zu sein und überdies einen gewissen Schutz gegen hinterzielierische Manipulationen zu bieten. Man sollte die Besteuerung nur für den eine Grundsumme überragenden Betrag des Einkommens erheben. Als Grundsumme zehntausend Mark ange nommen, würden von einem Einkommen von zwölftausend Mark nur zweitausend Mark zur Besteuerung herangezogen werden dürfen. Das würde zwar den Ertrag der Steuer in den unteren Stufen herabsetzen, aber nur zugunsten der schwächeren Elemente. Auch ließe sich vielleicht ein Ausgleich schaffen. Jedenfalls empfehlen wir den Gedanken zur politischen Erörterung. Die allmähliche Abschaffung der Liebesgabe durch stufenweise Herab setzung des Steuernachlasses für die Kontingentsbrcnncreien ist heute schon eine politische Notwendigkeit zu nennen, und die Konservativen werden diese Maßregel nicht verhindern können. Daß von einer weiteren Belastung der notwendigen Lebensmittel abgesehen werden muß, ist für uns selbstverständlich. Die Verteuerung der Lebenshaltung hat be reits zu Zuständen geführt, die Kalamitäten genannt werden müssen. Die Teuerungszulagen für die Beamten sind Warnungssignale. Neber Kolonial- und Flottenpolitik wurde sehr verständig gesprochen. Die Kritik unserer auswärtigen Politik war gleichfalls gut und in ihrer Mäßigung würdig. Die Flottcnresolution unterschreiben wir. Doch wollen wir hier eine Frage aufwerfen, die einmal zur Erörterung ge langen muß, trotz der sichtlichen Scheu vor ihr. Wir meinen, daß der Zeitpunkt kommen muß, wo wir einer weiteren Steigerung unserer Landmacht nicht bcdiirsen, angesichts unserer numerischen Neberlegen- beit über Frankreich, de. Zustände in Rußland Dazu tritt oie dringende Notwendigkeit, für unsere Flotte ein Uebriges zu tun. Die Angelegen heit ist natürlich überaus bedeutungsvoll und Ivill delikat behandelt,sein. Auch denken wir absolut nicht an eine mechanische Ablehnung jeder Neu forderung, aber doch an eine Art Kontingentierung. Deutschland ist nicht reich genug, um eine Steigerung der Ausgaben für Heer und Flotte in dem bisherigen Tempo und in inkinitum tragen zu können. Wir wollen hier auch absolut keine antimilitaristische Oppositionspolitik empfehlen, denken vielmehr an eine loyale Verständigung mit der Regie rung. Das kann ohne laute Worte und ohne Proklamierung eines Ver- minderungs- oder Beharrungsprogrammcs geschehen, in aller Freund schaft und Stille. Die nationalliberale Jugend hat in Kaiserslautern gute Arbeit ge leistet. Wir wünschen ihren Beschlüssen die Beachtung, die sie verdienen, vor allem auf dem Vertrelertage der Gesamtpartei in Wiesbaden. Saison-Beginn in Oesterreich. b*. Wie», ll. Septeiubcr. D>e Politik Oesterreich-Ungarns hat einen ganzen, langen Monat hindurch Ferien gestabt; Dornröschens Schlaf war wahrscheinlich be wegter als die idylli che Nahe in allen Ministerien, in den Parteilagern. Die Abgeordneten, rie Mitglieder res neuen Volksbauics, erhielten, da vie ReichSralsseision nicht geschlossen wurde, ihre Diäten weiter auS- gezablt. So erfreute sich die ganze politische Welk eines mehrwöchi gen ungetrübten Urlaubs und strafte das Sprichwort Lügen, daß Nichts schwerer zu ertiagen sei, als eine Reibe von schönen Tagen. Nun ist eS zu Ende mit dem Ausentbalt in Ariadien; die politische Saison beginnt und sie setzt mit einein grellen Akkord ein. Morgen werden die Ausglerchskonserenzen, die Beratungen der Minister über die Neuregelung der wirtschaftlichen Beziehungen ter beiden ReichSbälfien der alten habsburgischen Monarchie, wieder auf genommen, und entgegen allen Versicherungen, daß in dielen Konferenzen ras Ausgleichsprotokoll nn'crzeichnet werten soll, erheben die Ungarn eine Forderung, die geeignet ist, alle bisherigen Ergebnisse der Kon ferenzen in Wien und Pest mit einem Schlage zu vernichten. Die Ungarn verlangen nämlich, daß aus rem Komplexe ter Ausgleichs themen die Quoten- und die Bankfrage ausgeschaltet werten müsse. Man verliebt, was diese Forderung bereutet: Ungarn will alle eventuellen Vorteile aus dem neuen Ausgleiche benützen, ohne sich zugleich bezüglich der Höhe feines Beitrages zu den Kosten der gemeinsamen Angelegenheiten zu binden. Wär' der Gedanke nicht so verflucht gescheit, man wär' ver sucht, ibn herzlich-srech zu nennen! Was die Bankfrage anlangt, so endet bas Privilegium des gemeinsamen Noten-JnstitutS erst im Jahre I9l0; zu Ende dieses Jahres erst muß die österreichisch-ungarische.Bank eine Erklärung wegen Erneuerung des Privilegiums abgebeu. Daraus stützt sich Ungarn: die Sache sei nicht alut, dränge nicht; man müsse abwarten. Es ist für jeden Kenner der modernen Wirtschaftspolilik überflüssig, auseinanderzusetzen, wie unmöglich es ist, einen wirtichajt- lichen Ausgleich zwischen zwei Reichshälfien abzuschließen, ohne volle Gewißheit über das Schicksal der gemeiniamen Notenbank zu haben, um so mebr als Ungarn immer mit den Gedanken ko- kettiert, eine selbständige Bank zn gründen. Wir sagen, kokettiert, weil Ungarn selbst weiß, daß es heule nicht imstande ist, diesen Gedanken zu verwirklichen. Wenn Ungarn die prinzipielle Vereinbarung der beiderseitigen Regierungen jetzt aus dem Ausgleiche ausschalten will, so verfolgt eS nur den Zweck, die stärkste Waffe, die Oesterreich bei Bestimmung der wirischaitlichen Konzessionen und Geaenkonzessione» bat — und ein Ausgleich besteht ,a nur in einer loyalen Verständigung über Differenzen, in einem Zugeständnisse hüben, m einem Nachgeben trüben — unschädlich zu machen. Ungarn hat heute den größten Nutzen von der Gemeinsamkeit der Bank. Wen., die Bank jetzt ihre steuerfreie Noienreierve angreifcn mußte, so geschah es, we l dre Aiiiorderui'gen des ungarischen Geldmarktes rn groß waren: das Wectoelporirscu-llc der österreichisch-ungari'chen Bank cnihält mehr ungarische als österreichische Akzepte; nach der Quote berechnet, gibt die Bank Ungarn Kredit nach der größeren österreichischen Qno'e. TicKapitalsb'ldung in Un arn läßt trotz der mehrjährigen kolossalen Erntenträgmsse noch immer viel zu wünschen übrig; eS bedarf stets reü starken Zuflusses auSländiichen Kapitals. Nun strömen aber seil geraumer Zeil rie ungarischen Werte nach Ungarn zurück, und cs bedarf der gewaltigsten Anstrengungen der ungaritchen Geldinstitute und Sparkassen, um dieie Werte inioweit aufianebmen, daß sie im Kurszettel noch halbwegs abständig figurieren tönnem Da» letzte Re'ervoir für Ungarn ist also immer noch Oesterreich und der stärkste Rückhalt, der treue, kiästige Helfer in der Not die gemeinsame Bank. Ist cs nölig, herauszii'agen, welche Handhabe Oesterreich zur Verfügung stehl,wenn es gilt, rücksichtslos ein übermütiges volunches Ungarn wirl'chastlich zu zähmen? Ist eS nölig, ausdrücklich zn erklären, daß eS abso lut ausgeschlossen erichemen muß, von einer österreichischen Regierung zu ver langen, sie werde ein Ausglcichsdckrel unterzeichnen, in dem keine prinzipielle Vereinbarung über Quote und Bankfrage enthalten ist, und eS dem österreichi schen Parlament vorzulegen? Das Kabinett, das dies unleinähme, würde vom österreichischen Parlament auf die Anklagebank gezerrt werden! Das Ministerium Beck wird dies gewiß nicht tun. Beharrt Ungarn auf seiner Forderung, dann gibt es keinen Ausgleich. Dann regelt Oester reich selbständig seine wirnchaftlichen Beziehungen mil Ungarn. Woher also der Uebermut Ungarns? Heir Dr. Weterle weiß doch selbst ganz genau, daß im Verlaufe der AuSgleichSkonserenzen rie oster, eichische Regierung stets erklärt hat, daß sie ans einem Ausgleich in loto bestehe, und er selbst und seine Kollegen haben gegen dieses naturgemäße peritum Oesterreichs nicht protestier!. Wenn Ungarn jetzt, in der zwölften Stunde, den Zwist vom Zaune bricht, dann können nur inneipolitische, v. h. Fragen der inneren Politik Ungarns die Gründe sein. Die ungari'che Regierung, von der kroatischen Frage beengt, von den Zerwürfnissen innerhalb der Koalition bedrängt, muß sich wieder etwas chauvinistisch gebärden; sie scheut nicht davor zurück, eventuell eine Kabinettskrise in Oesterreich und in Ungarn zu provozieren— falls sie nichl durch dre Macht der Verhältnisse, durch d e Sprache der Akten, durch die zwingende Gewalt der Protokolle, die sie unterzeichnet hat, bald gezwungen ist, Relräle zu blasen und einem Ausgleiche zuzn- stimmen, den das österreichische Parlament genehmigen kann. Und damit wird die interessanteste Frage angeschnitten, die in der nun beginnenden Sanon ter österreichischen Politik zu beantworten ist: Wird das österre chiscbc Parlament den Ausgleich überhaupt votieren? Tie Parteien, die rin Wahlkampfe reüssiert haben, die Christlich-sozialen und die Agrarier, die deutichen wie die tschechischen Agrarier, haben immer „LvS von Ungarn" gerufen. Freilich nack> den Wahlen ipricku man ander», und eS ist anzunehmen, daß sich diese Parteien willfähriger zeigen werden, wenn ihnen ihre Williährigkeit dm gewünschten Früchte trägt. Sie werden eS eem gegenwärtigen Ministerium Beck nicht bewilligen, wohl aber einem Ministerium Beck, VasMitglieter ihrer Parteien ins Kabinen als Minister ausuimmt oder ver pricht, sofort nach Bewilligung des Aus gleichs die Rekonstruktion des Kabinetts nach ihren Wunsch n durchzusübren. Es ist Sache des KabineltSchefs, ob er es für zweck mäßiger erachtet, die genannten Parteien von dem Odium zu besrc en, als im Kabinett vertretene Parteien den Ausgleich zu votieren, oder darauf zu bestehen, daß sie vor Einbringung der AuSglcicksvorlagen Portefeuilles übernehmen. Es gibt Leute, die von der Einführung des allgemeinen, gleichen und dneklen Wahlrechtes schönere Früchte eiwaNek haben, ais daß die Erledigung de» Ausgleich» mit Ungarn sich zur Be friedigung der Lüsternheit nach Ministerporteieuille» zusp tzen werde. Doch das sind nutzlose ethische nnv ästheliiche Betrachtung:»; de ivgc- uannte „praktische" Politik lächelt über derartige Skrupel. Die e irzi-ze Schwierigkeit, die diese „prakiische" Politik gelten läßt, ist die Schwie rigkeit, welche Rejsolts mir den neuen Männern betetzt werden sollen, und dieier Frage gilt der Schweiß der nächsten Wochen. Nicht wahr, die neue volitnche Saison in Oesterreich-Ungarn verspricht interessant zu werden? Ob das Schauspiel erfreulich sein wird, ob es ein gutes Ende findet, wer veimöchte da» heute vorauSzujagen? Die entscheidenden Verhandlungen haben begonnen, und die Krisis ist auf ihrem Höhepunkt angelangt. Qb die iüngsteu ausgleichsfeiudlichen Vreß- erörteiungen der Pesler al» eln „Pluii" ardacht waren, oder ob sie wirklich bloß eine journalistische Ungeschicklichkeit gewesen sind, wie was uns glauben machen will — darüber darf man seine eigenen Geranien bckallcn. Uns werden folgende Entrcfileis zugeschickt: Es wird bestätigt, daß die unga rische Regierung den Erörterungen der letzten Tage über die Ausglcichsverhans- lungen m>tBezug auf die Bank-und Quotensrage vollkommen fcrnslebt, und es sich hierbei lediglich um taktische Versuche ur Beeinflussung der beoorstchsu- den Ministerkonferenz Hansell Es wird darauf hingrwiesen, daß auf Grund der Veieinbarungen der beiderseitigen Regierungen die Erledigung der erwähnten wichtigen Fragen bis zum Schluffe der Verhandlungen verschoben wurde, damit vorerst alle übrigen Ausgleichstragen ungestört beendigt werden könnte». Es wurde nun auch aus Pest gemeldet, daß bis auf die Bank- und Quotensrage derAusgleich so ziemlich fertig ist, und die bevorstehen e» Konferenzen die en mit dem Ausgleich in engstem Zusammenhänge stehende» Angelegenheiten gewidmet sein werden. Würde die ungari'che Regierung den Standpunkt einnehmen, daß die Bank- nnd Quotensrage erst zu einer späteren Zeit zu regeln wäre, dann müßten ja auch die bevorstehenden Ausglcichs- tonferenzen ganz überflüssig erscheinen; da sie jedoch tatsächlich stattfinden, so beweist Lies am besten, daß man sich auch über die beiden restlichen Ausgleichc- sragen verständigen will. Es wird sich auch bald zeigen, ob diese Verständigung erzielt werten kann. ES ist also alles fertig mit Ausnahme der Hauptsachei — Weiter heißt es: Die Ungereimtbrilen der ungarischen Piejic in ihren Ausführungen über die Ausgleichsverhandlungen finden in de» Wiener maßgebenden Kreisen um so weniger Beachtung, alS aus ihnen die volle Unkenntnis der Verhältnisse spricht, die sich so recht drastisch in der Be hauptung äußert, daß der ungariichen Regierung der österreich jche Standpunkt hinsichtlich des Zusammenhanges der Bank- und Quotensrage mit dem übrigen Ausgleichskoinplrx nicht bekannt gewesen sei. und sie erst auS den Er örterungen der letzten Tage hiervon Kenntnis erhalten habe. — ES wird erzählt, daß dem Grasen Apponyi bei den Ausgleichskonferenzen die Rolle eines Tolmet chers zusallen wll, da der Handelsminister Kossuth des Deutschen nicht vollkommen mächtig sestzl) Danach würden also die bevorstehende»
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