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Nr. 277. W1. Jahr». wie er wollte, spitz ober ölglatt, die Antwort blieb: „Ich handle in meines Vaters Auftrag." Und die eine Antwort bewältigte hundert Gegenreden, man kain nicht um sie herum. Nothnagel sah ein, hier war ein Wille, stärker als seine Ueberredungskunst, und zorniger Aerger riß ihm die kluge Mäßigung über den Haufen, mit der er sein lebelang so vorteilhaft ge wirtschaftet batte. „Gut", brach er zitternd und glühend los, „gut, versucht euch als Räuber: gegen Räuber gibt es Gesetze: wir prozessieren." Danach wollte er hinaus, auf der Schwelle aber stand Ackermann, breit und gemütlich, nur die eine Hand wiegte er, als schwinge er seinen Hammer zn schwerem Schlage ein. „Nun möcht' ich auch noch ein Wörtchen reden, Herr Nachbar, da wir einmal bei der Sache sind, nichts für ungut. Wenn Sie Kalbpart au dem Ding haben, da könnt" ich wohl meine Rechnung drüben in der Apotheke einreichen. Die hüben haben ihr Teil reichlich bezahlt, aber Anßenstände gibt's auch noch genug — als da sind . . . lind nun begann Ackermann eine lange Rechnung berzuzählen, die Nothnagel vergeblich mit nervöser Heftigkeit zu unterbrechen suchte. Was war da noch alles unbeglichen! — Wann sollte das jemals be zahlt werden? Line wurde immer mutloser. Müde saß sie in des Vaters Sessel, scheu sah sie nach dem Bruder hinüber, dem armen Jungen, dem das Leben solch eine Last auf die jungen Schultern packte, aber Karl stand gleichmütig da und machte sich während Ackermanns Reden kurze An merkungen. Nothnagel wußte am wenigsten, wie er sich mit dem Unerhörten ab finden sollte: wohlweislich hatte er den alten Städel nie nach dem „Vermögen" des Luftschiffes gefragt, selbst wenn ihm Bedenken über seine Tauer kamen, und auch jetzt fiel ihm diese einzige Klugheit ein: „Aber der Lotteriegewinn, die Hunderttausend?" „Längst in den Wind." „Gauner!" schrie Nothnagel Ackermann an, „goldschlingender Gauner." Ackermann schob die Beleidigung gemütsruhig zu Nothnagels andern Schulden und versuchte, den Geschwistern zuzublinzeln: Versteht mich recht, wie ich's meine! Aber keins sah ihn an, Nothnagel sprach eben jetzt wieder heftig auf sie ein. „Besinnt euch, besinnt euch! Ich bin die rechte Hand eures Vaters gewesen, ich bin der Mann, Ordnung in das Durcheinander zu bringen; mit meiner Hilfe allein könnt ihr hoffen, eure Schulden loszuwerden. Tenn wenn ihr auf euerm Eigensinn bestündet, so müßr' ich eben meine Rechnung aufstellen. Hat mich die Geschichte etwa nichts gekostet? Was ist da alles im Laboratorium verprobiert worden, und was hat der Mechaniker in den anderthalb Jahren so bei kleinem verzehrt!" Line schlug die Hände zusammen. „Karl! Karl! sei klug! Schneid' dir die Kette vom Fuß." „Bange machen gilt nicht!" schmetterte Ackermann von der Schwelle herüber, die er immer noch bewachte, und Karl winkte der Schwester, zu schweigen. Tann sagte er langsam: „Sie, Herr Nothnagel, haben sich schon bezahlt gemacht. Oder wie wollen Sie die sechstausend Mark sonst nennen, die Sie sich von dem Amrei haben bezahlen lassen? Versuchen Sic keine Gegenrede, ich besitze die Beglaubigung, und eben deshalb: prozessieren Sie lieber nicht!" Diese Wissenschaft Karls verwirrte den Alten. „Das?" murmelte er, „das ist ja Unsinn, so 'ne alte Geschichte" — und dann polterte er plötzlich los: „Ten Tod holt man sich hier vor Aerger und vor Angst darüber, daß ihr die Menschheit um unsere kostbare Erfindung bringen wollt. Lassen Sie mich hinaus, Sie, Sie Grobschmied Sie! Ich will zu Bette gehen." Bereitwillig, mit freundlichem Lächeln trat Ackermann einen Schritt zurück in die Werkstatt und ließ Nothnagel vorüber. Draußen auf dem Gang blieb der Alte stehen, hustete heftig, zum kleineren Teil wegen iciner Erkältung, zum größeren aus Wut darüber, daß ihm sein billiges Leivr««er Tanebl-tt. Sonntag, b. Oktober 1907. Steckenpferd aus den Händen gleiten wollte, dann schlurfte er langsam seinen Kamillenbündeln zu. Als er an die Holztreppe kam, die Netts leichte Füße sonst so flink auf und ab gehuscht waren, blieb er wieder stehen. Im Hofe schwatzten die fünf Cchmiedejungen in den gedämpften Tönen, die man nach der Parole des Aelleston dem Begräbnistage schuldig war; auch Frau Flörke kam noch schwarz und feierlich daher, wie sie vom Gottesacker aus bei einer guten Freundin Kaffee getrunken hatte. Nothnagel bekam wieder den Husten: die schwatzhafte Person sollte ja am Sonnabend aufs wütendste gegen ihn gehetzt haben. Dieser ganze Schmiedehof barg eine Bande von Verleumdern, Lärm machern, Räubern und Gaunern; eine Tür mußte aus den Gang, eine feste, ordentliche Tür, mit schweren Angeln und einem Schnappschloß. Gleich morgen, gleich nachher sollte der Tischler sie abmessen. Und der Prozeß? Hm — wenn man von Ackermanns Rechnung abstreichen könnte? Aber jetzt wollte er zu Bett gehen, ein gesunder Mann über legte besser. Nothnagel schlurfte weiter, ins Bett aber kam er nicht, es wartete schon einer drüben auf ihn, einer, den er durchaus nicht gerne sah. Herr Irisch hatte den Fremden abwcisen wollen, Fräulein Jennys Vater gefiel ihm nicht: er sah schlecht aus und hatte sich nicht am Bändel, ganz und gar nicht. Wenn der Alte im Gleichgewicht war, hielt er sich Widerwärtiges mit Ironie vom Leibe, die freilich, je mehr er sich ärgerte, um so stärker ins Hämische hinüber schillerte; kam ihm aber heute etwas in den Weg, so wurde er grob, hanebüchen grob, ohne jedes Mäntelchen. Und der Fremde, der da eigensinnig auf der Apothekenbank laß, ohne daß ihm ein Rezept das Recht dazu gegeben hätte, hatte schon einmal in diesen Tagen des Hausherrn übelste Laune geweckt. „Ich warte", wehrte er freundlich ab, „ich habe Zeit!" Irisch mochte sagen und Vorschlägen, was er wollte. Als Nothnagel keuchend zurückkam, wurde er von der Botschaft empfangen, draußen säße einer und wäre nicht fortzubringen. Er stöhnte, ging aber in seine Arbeitsstube. Jetzt im Bett liegen als Beute all der häßlichen Gedanken, die dieser Tag in ihm aufgescheucht hatte, war auch kein Fsierabend. Vielleicht löste ein leichter Aerger den schlimmeren ab. Dabei schalt er aber doch: „Mau ist immer ein Opfer eurer Un geschicklichkeit. Da habt ihr einen noblen Bettler nicht zur Tür hinaus gebracht, nun kann ich so gut sein. Sagen Sie kein Wort, Frisch, es ist so. Lassen Sie ihn herein und bleiben Sie drüben zur Hand, damit man im Notfall doppelt die Tür weisen kann. Also ließ der junge Mann den Fremden ein und horchte nach seines Herrn Stube, soweit ihm das die Rezepte und die altmodisch starke Mauer erlaubten. Zunächst ging es drüben sehr lebhaft zu: Vorwürfe, Abwehr und Meinungsverschiedenheit. Der Fremde schien noch gröber zu sein als der Hausherr, dessen Rede eher so klang, als wolle er sich mit neun heiligen Eiden gegen die Vorwürfe des Fremden verwahren. Später verstummte Nothnagel völlig, der andere redete allein weiter, viel ruhiger und sehr lange, als halte er eine Pvrlamentsrede, von deren Erfolg er im tiefsten Innern überzeugt sei. „Doch wohl nur vornehme Bettelei", dachte Herr Frisch, „ich hoffe, der Herr ist zäh; es wäre schade, wenn er seinen hübschen Besitz unnötig verkürzte." Er überlegte eben, ob er nicht geradezu horchen und im kritischen Augenblick dazwischen treten solle — der letzte Kunde stieg endlich die Treppe hinab. Aber diese behagliche Leere lockte auch Fräu lein Jenny an. Erst steckte sie ihren lockigen Scheitel durch die Tür, dann kam sie lächelnd und zögernd bis zur Wage, um die es nach Nelken öl duftete. (Fortsetzung folgt.) * * * lAuf Wunsch wird der Anfang dieses RomanS neu hinzutretenden Abonnenten kostenlos nachgeliefert.) Für unsere Frauen. Schrrlhrrnror. Von Gertrud Brode (Halle a. S.). Schulhumor ist etwas Wunderhübsches und psychologisch oft auch sehr Interessantes — aber ihn lesen ist besser als ihn anhören. Es ist nicht zu glauben, wie ein einziges komisches Wort, eine Bemerkung, die die Lach lust reizt, störend in den ganzen Gang der Unterrichtsstunde greisen kann. Wohl oder übel muß auf weitere Stimmung verzichtet werden, und jeder Lehrer ist gescheit, läßt er die Komik den „Ernst" der Situa tion überwiegen. Zu dem Verzicht auf die Stimmung kommt oft noch die schmerzliche Erkentnis, daß die Kinder — wie ihre Antworten beweisen — noch recht weit von der Vervollkommnung entfernt sind, die man für sie wünscht, in gedanklicher sowohl wie in sprachlicher Hinsicht. Letzteres ist ja hauptsächlich in der Volksschule der Fall. Sobald die Kinder dieser Schule Antworten geben, die aus ihrem Erfahrungskreis heraus ent- nommen sind, so geschieht das im eigenen Dialekt. Alle Ermahnungen zum Sprechen von einem möglichst lautreinen guten Hochdeutsch — all das mühsam Errungene durch die großartigen phonetischen Uebungen, die heutzutage von dem ersten Schultage an einen so breiten Raum im Unterricht einnehmen — sind dann vergessen. In den folgenden Zeilen sollen einige Proben solcher tragisch-komischer Momente aus dem Schul leben erzählt weiden. Eines Tages wurde in der Religionsstunde bei siebenjährigen Knaben die Geschichte von den Reisen der Brüder Josephs durch genommen. Bei der letzten Reife wird geschildert, wie Jakob besonders erwartungsvoll der Ankunft seiner Söhne entgegensieht; erfährt er doch dann, ob er Benjamin Wiedersehen darf, oder ob er auch diesen, seinen Lieblingssohn, noch wird beweinen niüssen. Nach diesem Hinweis auf den seelischen Zustand Jakobs wird gefragt: „Was wird Jakob nun gesagt haben, als er Benjamin unter seinen Brüdern sieht?" „Na, da sitt ir je Widder!" hatte ein kleiner Knabe als Antwort darauf. Er hatte sich das nicht ausgedacht, sonst hätte er gesagt: „Na, da seid ihr ja wieder"; er wiederholte einfach die Worte, mit denen sein Vater ihn und seine Ge- schwister empfangen, als sie einmal von einem längeren Ausfluge nach Hause gekommen waren. Anders konnte er sich jenes Wiedersehen auch nicht ausmalen. Was wußte er von den Begriffen: sehnsuchtsvolle Er wartung— selige Wiedersehensfreude! An sich selbst Hatteer es noch nicht erfahren und auch in seiner Familie wird er solch rührende Ankunfts- und Ahschiedsszene kaum erlebt haben — wird doch so etwas von den Eltern dieser Kinder meist für überflüssige Sentimentalität gehalten. In einer anderen Stunde fragte der Lehrer: „Wen betete Abrahams Vater an?" Tie Antwort lautete: „E Kctzchen!" Der Götze war dem Jungen ent fallen, der richtige Laut war in seinen sächsischen Kinderöhrchen auch nicht mehr hängen geblieben. — Der Grund zur Verstoßung Adams und Evas aus dem Paradiese gibt den sechsjährigen Kleinen auch reichlich Gelegenheit, aus ihrer Erfahrung heraus die Sache zu beurteilen. So gab ein kleines Mädchen auf das Warum der Verstoßung die Antwort: „Weil sic dem lieben Gott in die Aeppel gegangen sind." Sic fand die Strafe ganz natürlich für ein solches Vergehen. „Wir dürfen auch von unseren Aeppels keine nehmen, sonst setzt's was?" fügte sie hinzu. — Noch eine andere Geschichte, die wenigstens auch mit „Aeppeln" zu- sommenhängt, soll zeigen, wie schwer es oft ist, den vorgcschriebenen Stoff an die Kleinen heranzubringen. Hier handelt es sich um das sechste Gebot: „Du sollst nicht ehebrechen." Ja, was verstehen die lieben Kleinen darunter! Die schönsten Erklärungen werden ihnen zwar dazu gegeben, die Geschichte von Potiphars Weib, die Joseph zum Bösen ver führen will, wird dazu erzählt. Und doch bleibt das Gebot im Gedächt nis der Kinder meist nur totes Wissen — sie kennen den Wortlaut noch, aber nichts weiter mehr; da kommt es viel häufiger vor, daß sie sich selbst ein Gebot machen und zwar eins, waS ihnen viel näher liegt: „Du sollst nicht erbrechen!" Da sind die Geburtstage und sonstigen Familien- seierlichkeiten, die kirchlichen und patriotischen Feste, die Vereins- und Kinderfeten und last not lonst die Jahrmärkte! Zu allem und der allem wird gegessen, und wie gegessen — und was gegessen! Zum Esten kommt nun noch das unvernünftige Trinken zur heißen Sommerszeit; unreife Aepfel, Birnen und Pflaumen — dann Wasser. Die Folgen kann man sich denken. Wer hat sie aber zu tragen? Die Schule. In ganz schlimmen Fällen wird ein Entschuldigungszettel geschrieben: „Mein Sohn hatte die Tiere so sehre, da konnte er nicht kommen , oder: „Mein Zebi'. ffiksdiisllj kakrstulll naod allen klagen Mst- liNll Mtei'- lieuIMen siLpksdleL in grosser ^.usvrakl Jacketts »»äkalvtots, kraue»-SILutel, k»Kl. Paletots, Vkeater- MLlltel, Havelocks, Limouvs, kaletot-vostuwes, Javkoll-Vostumes, kaMvll-vostmuos, Vostuwe-kückv, MorKvaröcko, Lackkscd- MLutel mul Vacküsek-Lleiävr, sovlo LilläorwLutol uuä Liaäer- klvlavke» i» alle» Preislage». ... »LS«, oo ZL oo aus Tuck geklittert mit kinlags in vielen karben S > Lnxl. A so ßFD so au« guten haltbaren 8totken ......... IMF» 22 so mit kurzer unä langer anliegencker ^aoko ......... 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