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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070517013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907051701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907051701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-05
- Tag 1907-05-17
-
Monat
1907-05
-
Jahr
1907
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Ber.) * Das Kaiserpreis-Renncn sEhrenprcis des Kaisers und 10 000 Fs gewann gestern in Karlshorst Ltn. v. Lübbeckes „Broad Sanctuary" in einem Felde von zehn Pferden. lS. Sport.) ' Minister v. Aehrenthal hat seinen italienischen Kollegen Tittoni zu seiner jüngstenRede beglück wünscht. sS. Ausl.) * Die Versöhnungs-Verhandlungen zwischen Rumä nien und Griechenland machen keine Fort schritte. lS. Ausl.) * Präsident Diaz betreibt die Errichtung eines mexi - kanisch-unionellen Protektorats über Zen tralamerika. lS. Ausl.) * Die Breslauer Polizei verbot beim Gastspiel des Berliner Deutschen Theaters im Lobetheater die für Sonnabend beabsichtigte Aufführung von Wedekinds Drama „Frühlings-Erwache n". veuttcber flonenvemn unck vaverircber canclervetbanä. (Von unserem Münchener Korrespondenten.) * Der AuSgang der Kölner Tagung, der dort ge schlossene ehrliche Friede bat iu allen nationalen Kreisen Bayerns, voran in Len liberalen, die mit verschwindenden Ausnahmen wie die ganze liberale Presse aus seilen der Leitung deS Bayerischen BerbandeS stand, große Freude und Befriedigung hervorgerufen. Ist doch ein MokuS gesunden worden, der den Bayern die erwünschte Möglichkeit gab, ihre Resolution ohne Ausgabe ihres sachlichen Standpunktes zurückzuziehe». Heute, wo die Einigkeit wieder hergeslellt ist, soll nicht mehr auf die einzelnen Phasen deS Kampfes ein gegangen, die Art seiner Führung bei beiden Parteien nicht verglichen werden. Vergeben und Vergessen! Aber betonen möchte ich doch, daß es den Bayern niemals um Persönlich keiten zu tun war, sondern nur um die Wohlfahrt des Flottenvereins, um die Sicherheit, daß er seine wichtige Auf gabe im Rahmen der Satzungen auch in Zukunft erfüllen könne. Wie einzelne norddeutsche liberale Blätter, ganz im Sinne der ZeutrumSprefse, dazu kommen, von einer Niederlage der Bayern zu sprechen, ist ganz unerfindlich. Das „Leipz. Tgbl." hat sich sogleich auf den richtigen Standpunkt gestellt. In Wahrheit haben die Bayern und die Verbände, die sich ihnen augeschlossen hatten, auf dem Wege der Verständigung ihr Ziel erreicht. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß, wie Frhr. von Würzburg ja auch hervorhob, Erklärungen abgegeben wurden, die ein Eingreifen des Flottenvereins wie im letzten Wahlkampfe ausschließen. Und wenn auch General Keim noch unmittelbar vor der Delegiertenversammlung sehr kampfeSsroh in die Zukunft schaute, so hat doch auch er am andern Tage die Hand zum Frieden geboten und wird ihn sicherlich halten. Willig sei anerkannt, daß der schwerste der gegen ihn erhobenen Vorwürfe völlig entkräftet wurde. Einer ultramontanen Fälschung war der Glaube entsprungen, General Keim habe den turor protsstLntious entfesseln wollen. Von einer Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, die offenbar keiner Belehrung zugänglich ist, zeigt die ebenfalls noch in norddeutschen Organen hervortretende Anschauung, baß der bayerische Landesverband im ultramontanen Fahr wasser schwimme. In Köln selbst ist ja diese völlig irrige und bedauerliche Meinung geschwunden. Man bat gelernt, die Bayern besser zu verstehen und besonders die Vornehmheit und die nationale Gesinnung des nunmehrigen Ehren vorsitzenden des bayerischen Landesverbandes, des Freiherrn von Würzburg, zu würdigen. Selten mag, rch darf eS in völliger Kenntnis der Dinge sagen, einem Manne schwereres Unrecht angetan worden sein, als ihm in den letzten zwei Jahren. In der Leitung des Landesverbandes sind niemals ultramontane Einflüsse möglich gewesen, kein Vorstandsmitglied gehört dem Zentrum an. Wie fern ihm Frhr. von Würzburg steht, Hal er iu seiner langjährigen Tätigkeit im ReichSrat bewiesen. Vvn der Zentrumspresse wurde er erst im letzten Wahlkampfe auf das heftigste an gegriffen, ihn machte man für die Politik der „Allg. Ztg.", für raS Eingreifen des Erzbischofs von München ver antwortlich, kurz, Len Ultramontaoen gilt er als .liberal". Seine glühende nationale Gesinnung hat er stets in einer Weise kundgegeben, die wir in Bayern aufs höchste zu schätzen wissen. Wir haben der ideal und deutsch gesinnten Männer in solcher Stellung und von solchem Freimut nicht zu viele und können sie gar notwendig brauchen. Höchst unangenehm ist LaS Ergebnis der Tagung den Uliramontanen vom Schlage deS »Bayerischen Kuriers". Sie i allen so fest darauf gerechnet, daß der FloUenverein schweren Schaben, wenn nickt gänzlichen Schiffbruch erleide. DaS fromme Blatt, da» uuamehr sieht, wie wenig die Publikation gestohlener Briefe seinen und seiner Hintermänner edlen Zwecken gedient hat, faßt, übrigens ganz nach der Parole der »Germania", in einem langen Artikel sein wütendes Urteil wie folgt zusammen: „Was bleibt nun als Ergebnis der Tagung für die Zukunst übrig? Nach innen: Der Flottenverein ist groß, größer wie die Negierung und Keim fein Prophet. Nach außen: Ter Flolten verein wird eS nach wie vor als sein Recht betrachten, allen gesetz lichen Bestimmungen -um Trotz, wiederum Parteipolüik zu treiben, wo es irgendwie angeht oder vielmehr nicht angeht. Wir erachten es daher nach wie vor als Pflicht, daß die katholischen und die dem Zentrum angehörigen Mitglieder des Flottenvereins diesem den Rücken kehren, zumal man sie ja „gar nicht braucht", wie Herr Keim vornebm erklärt hat. Auch braucht sich wohl niemand einem Zweifel darüber hinzugeben. Laß der äußere Erfolg Herrn Keim und die Leitung des Flottenvereins nicht dazu verführen wird, jetzt erst recht den Scharfmacher der Negierung zu spielen und neue uferlose Pläne zu offenbaren. Daher bleibt der Flottenverein in seiner jetzigen poliliscben Form und Betätigung für uns Katholiken und Zentrumsangehörige ein feindliches Gebilde, dem Argwohn entgegen zu bringen nur ein Gebot der Vorsicht und der religiösen und politischen Selbstachtung ist. DaS hat die Kölner Tagung neuerdings bewiesen." Eö wird sich ja bald zeigen, ob diese Parole befolgt wird. Selbstverständlich lachen ihrer wie bisher die Katho liken, die nicht zum Zentrum gehören, ich habe aber Ursache, zu glauben, daß sie auch bei den dem Flottenverein bislang treu gebliebenen Zentruursanhäuger in Bayern nur einen geringen Eindruck erwecken wird. Von anderer Seite wird uns noch in ähnlichem Sinn geschrieben: In den Epilogen, die begreiflicherweise jetzt in allen größeren Zeitungen dem Kölner Floltentage gewidmet werden, kommt mit mehr oder weniger starker Betonung zum Aus druck, Bayern habe als Besiegter das Feld geräumt und die von ihm bekämpfte Richtung habe einen vollen Triumph davongetragen. Diese Anschauung ist nicht allein falsch, sie ist auch ge eignet, von neuem böseS Blut zu machen und den Elementen, denen die glücklich erzielte Einigung höchst unerwünscht ist, eine Grundlage zu neuer Wühlarbeit zu geben. In Wirklichkeit dürfte auf allen beteiligten Seiten, also auch auf der bayriscken, die Ueberieugung herrschen, daß die in Köln erzielte Lösung der Angelegenheit, die einen tatsächlich außerordentlich gefährlichen Charakter angenommen harte, gar keine glücklichere sein konnte. Bayerns Haltung in Köln hat aller Welt klar vor Augen geführt, daß sie aus schließlich durch das Interesse des bayrischen Landesverbandes für die nationale Einheit bestimmt wurde; sie Hal das ganze hetzerische Lügengewebe von der Beeinflussung durch daS Zentrum ein für allemal gründlich zerstört und bewiesen, daß gerade Bayern die Erhaltung des Flotten-Vereius und nicht seine Auslösung am Herzen liegt. Dies ist nicht mehr zu bestreiten. Materiell hat Bayern konsequent den allein richtigen Standpunkt vertreten und auch festgehalten, den es in seinen Anträgen eingenommen batte und durch dessen Be folgung nicht bloß die Einigkeit im Flottenverein garantiert, sondern für die Zukunft auch verhindert wird, baß ein Verein, der sich so schöne, einigende Ziele gesteckt hat, Uneinig keit hervorbringen kann. Formell sind die für die Vercinsleitung rücksichtsvollen Formen beachtet worden, die jede Brüskierung einzelner verdienter Leiter des Vereins vor der Oeffentlichkeit vermeiden. Dies ist bei dem großen politischen Takt, den Bayern bei der ganzen Angelegenheit stets bewiesen hat, nicht zu verwundern und noch weniger zu bedauern. Mau möge aber doch nicht außer acht lassen, daß dec öffentlichen Ver handlung eine neunstündige Vorstandssitzung vorausging, in der eine sehr gründliche Aussprache stattgefunden hat, bei welcher eS die Bayern an rückhaltloser Offenheit und Energie beim Vorbringen ihrer Beschwerden, wie es ihrem Charakter entspricht, wohl nicht haben fehlen lassen. Diese gründliche und rückhaltlose Aussprache, die aber nicht vor die breite Oeffentlichkeit zu treten brauchte, hat dann sichtlich befreiend und klärend für den folgenden Tag gewirkt und infolge der auf Verständnis beruhenden großen Zurückhaltung, die nun von allen Seiten geübt wurde, zum erfreulichen und hoffentlich dauernden Friedensschluß geführt, bei dem weder von Siegern noch von Besiegten, sondern nur von einer ge meinsamen Einigung durch Hinwegräumung bedrohlicher An stoßpunkte gesprochen werden kann. In diesem Sinne spricht sich auch LaS Telegramm aus, daS der hohe Protektor des bayerischen Landesverbandes, Prinz Ruprecht von Bayern, nach Köln an den Vertreter der bayerischen Anträge nach Schluß der Verhandlungen richtete: „Ihnen und sämtlichen Vertretern des bayerischen Landes verbandes spreche ich meinen Dank ans für Ihr unentwegtes, erfolg reiches Mühen und verbinde hiermit meine Glückwünsche zu der erfreulicherweise erzielten Einigung auf fester, gesunder Grundlage. Ruprecht." Schließlich sei auch uoch auf eiueu Artikel deS Generals Keim im »Tag" hingewiesen, in dem er bei aller Währung seines Standpunktes von dem »hochverdienten Führer" der Bayern Freiherr« von Würzburg redet und zum Frieden rät, namentlich auch im Blick auf de« »besonnenen Teil deS Zentrums". veimcblanck unck «ler kerne Orten. Ter Mschluß des französisch-japanischen Abkommens hat in Deutschland recht unangenehm überrascht. Mit erschreck licher Teuilichkeit offenbart sich gerade jetzt die Unsicherheit der Stellung Deutschlands im fernen Osten. Tas Gefühl der Vereinsamung, das der Gang der europäischen Politik im Deutschen mehr und mehr Hervorrufen mußte, wird da durch nur gesteigert. Wenn man einen Augenblick Trost in dem Gedanken suchen mochte, daß nun die Russen endlich der französischen Freundschaft überdrüssig werden und die Vorteile einer Annäherung an Deutschland würdigen lernen möchten, so mußten die Mitteilungen der „Neuen Freien Presse" über die Entwicklungsgeschichte des Abkommens eine solche Illusion rasch wieder zerstören. Nur um eine Begleit- erscheinung der russisch-japanischen Verhandlungen handelt es sich, und die sind jetzt auch zu einem vorläufigen, an scheinend beide Teile befriedigenden Abschlüsse gelangt. Die russische und die französische Negierung hielten sich gegen seitig über Inhalt und Verlauf ihrer Auseinandersetzungen mit den japanischen Bevollmächtigten unterrichtet. In der Tat finden ja auch führende russische Blätter, das ton angebende „Nowoje Wremja" voran, kein Haar in dem Ab kommen. England, Japan, Rußland, Frankreich sind sich also in ostasiatischen Dingen grundsätzlich einig. Von den abseits stehenden Mächten kommen nur Deutschland und die Vereinigten Staaten ernstlich in Betracht. Tie Frage, ob auch sie Sitz und Stimme im Rate der über Asiens Geschicke bestimmenden Mächte erlangen könnten, hat ber japanische Botschafter in Paris für Amerika mit Ja, für Deutschland mit Nein beantwortet. Deutschland, erklärte der japanische Diplomat, besitze in Ostasicn kein Gebiet wie Frankreich, England, Amerika und Rußland. Kiautschau sei keine eigentliche Kolonie, sondern ein von Ehina pachtweise über lassenes Gebiet. Daher erübrige sich ein Vertrag zwischen Deutschland und Japan über die Erhaltung des gegenseiti gen Besitzstandes. Erwägt man, daß sich im chinesischen Recht die Pacht als ein Verkauf der Oberfläche darstellt, daß bei den Abtren nungen durch Kauf und Pacht nur der Erwerbsmodus ter minologisch verschieden, das Erworbene aber gleich ist, daß selbst außerhalb des Territoriums der Fremdennieder lassungen in den chinesischen Vertragshäfen vieler Grund und Boden im tatsächlichen, unangefochtenen Besitze von Europäern sich befindet, wo nach chinesischer Terminologie nur von Pacht die R-de sein darf, ko k nn man N'cht umhin, aus den Worten des japanischen Botschafters einen gewissen Hohn herauszuhören. Sollten sie mehr ^ein als eine bloße private Meinungsäußerung, so wäre damit erwiesen, daß die japanische Diplomatie immer noch von dem Wunsche be seelt ist, Deutschland für seine Haltung beim Abschlüsse des Friedens von Schimonoseki büßen zu lassen. Tie Geschichte der Beziehungen Deutschlands zu den Völkern des fernen Ostens liegt noch sehr im Dunkeln, ob gleich sie den Schlüssel zu manchen wichtigen politischen Vor gängen bildet, über die man sich vergeblich lange den Kopf zerbrach. Was der „Nauticus" von 1901 als Axiom für die deutsche äußere Politik hinstellte: „Im fernen Osten und be- sonders in China wird künftig der Schwerpunkt der über seeischen wirtschaftlichen Interessen Deutschlands liegen", das hatte der deutsche Kaiser schon viel früher zum Leitmotiv für seine Wcltpvlitik gewählt. Erst dadurch war er auf den Gedanken gekommen, die gemeinsame Bedrohung durch die „gelbe Gefahr" möchte mit der Zeit zu einer Einigung aller europäischen Mächte unter deutscher Leitung führen können. Zufällig geschah es dabei gewiß nicht, daß er Amerika in der erträumten Koalition gegen die gelbe Rasse fehlen ließ. Es war ihm nicht entgangen, daß di: vom Senat in Washington gewollte amerikanische ostasiatische Politik geheuchelten Wohlwollens für die gelben Völker darauf hinzieltc, den europäischen, mit politischer Macht genährten Einfluß schachmatt zu setzen. Deshalb und infolge ber beängstigenden Ueberslutung europäischer Märkte mit amerikanischen Waren schien cs dem Kaiser, als drohe eine zweite Gefahr für Europa von Amerika her und als müßten, um diese zu bannen, zunächst England und Deutsch land zusameustehen. Daraus entwickelte sich eine deutsch englische Annäherung, die mit Unterbrechungen andauerte, bis nach Beendigung des Boxcrseldzuges England nach längerem Zögern sich entschlossen zeigte, zu einer entschiebencn Be kämpfung des russischen Einflusses, wofür die deutsche Freund schaft versagte, in Asien offen auf die Seite Japans binübcr- zuschwenken. Ter erste britisch-japanische Bündnisvertrag wurde am 13. Februar 1902 veröffentlicht. Nun erfolgte der jähe Wechsel in der deutschen auswärtigen Politik. Daß die in diese Zeit fallende Reise des Prinzen Heinrich nach Amerika eigentlich nur der Besiegelung eines deutsch-ameri kanischen Einvernehmens für Ostasien galt, bestätigen ver schiedene Begleiterscheinungen, so die Tatsache, daß der Auf enthalt des Prinzen in den Vereinigten Staaten zu einer Verständiguna über den Anschluß eines deutsch-holländischen Kabels an das für eine Verbindung San Franciscos mit den Philippinen vorgesehene führte. Hierher gehört auch der an und für sich geringfügige, deshalb aber nicht weniger be zeichnende Umstand, daß Prinz Heinrich den Konter-Admiral Evans, der ihn am 23. Februar 1902 an Bord des „Kron prinz Wilhelm" namens der amerikanischen Nation als Erster offiziell begrüßte, dazu anregte, der deutschen Kolonie Kiautschau einen Besuch abzustatten. Dieser Aufforderung entsprach Admiral Evans im Juli 1902, indem er mit den Kriegsschiffen „Kentucky" und „New Orleans" sechs Tage im deutschen ostasiatischen Schutzgebiete zubrachte. Seitdem ist mehr als einmal in der Presse ein deutsch-amerikanisches Bündnis in Aussicht gestellt worden, ohne daß eine solche Möglichkeit bisher in greifbare Nähe gerückt wäre. Tnß aber eine gewisse Verständigung über ostasiatische Dinge zwischen Berlin und Washington seit Jahren besteht, lebrte besonders deutlich das Telegramm Roosevelts an Wil helm II. nach den Friedensverhandlungen in Portsmouth, das des Präsidenten Dank für eine ihm in jedem Stadium der Verhandlungen gewährte Unterstützung enthielt. Gleich- wohl sind die Erfahrungen, die Deutschland bisher mit der amerikanischen Freundschaft machen konnte, nicht geeignet, große Erwartungen für ihre Zukunft zu rechtfertigen. Tie Amerikaner waren die ersten, die beunruhigt taten, als der Pekinger Korrespondent der „Times" großen Lärm über an- aeblick'c deutsche Monovolgeluste in Schantung schlug, und sie baden später noch bei mancher Gelegenheit bewieseu, daß .sie van eurer beutjch-amerrlanrjche n Freundschaft recht eur- 101. Jahrgang. - festige Begriffe haben. Auf amerikanische Hilfe wird Deutsch land also kaum rechnen dürfen, um in Ostasien aus der Sackgasse, in die es geriet, herauszukommcn. Tragisch braucht man deswegen die Vereinsamung Deutschlands in Ostasien nicht zu nehmen. Sein bester Bundesgenosse str auch hier die Zeit. Es gilt zunächst, sich als ehrlicher Freund Chinas zu bewähren, der in der Ausdehnung seines eigenen Handels die Wohlfahrt Chinas bezweckt, seinen eige nen Nutzen in der Blüte und dem Gedeihen Chinas findet, mit der Entwicklung und Hebung Chinas die Verbreitung seines eigenen Einflusses zu verbinden versteht und rauhe Konflikte nach Möglichkeit abwehrt. Seit der Zurückziehung der deutschen Truppen aus Kaumi und Kiautschau und der Ausgabe deutscher Postämter in Schantung, womit alte chinesische Wünsche erfüllt wurden, scheint zwischen Berlin und Peking das beste Einvernehmen zu herrschen. Es kann nicht ausbleiben, daß den Engländern eines Tages die Freude an dem japanischen Bündnis vergeht; denn sie er- leben es schon heute an den Unruhen in Indien, daß sich japanischer allasiatischer Geist und englische Herrschaft so wenig vertragen, wie Feuer und Wasser. Tann wird man auch in London kein Interesse mehr daran haben, Deutsch land seinen „Platz an der Sonne" zu mißgönnen. tteuksches Keitti. Leipzig, 17. Mai. * Ein («espräch mit PosadowSky. Bei dem parlamen tarischen Abend im ReichskanrlerpalaiS hat der Berliner Korrespondent der »Daily Mast" eine Unterredung mit dem Grafen PosadowSky gehabt, über die er seinem Blatte folgendes berichtet: Die Unterhaltung drehte sich hauptsächlich um die Frage der Lcutenot in der deutsche« Landwirtschaft. Der Minister schreibt diese hauptsächlich der allgemeine« Wehrpflicht zu. Der Soldat gewöhne sich dabei an das Stadt leben und kehre nicht bloß für seine Person dem Laude de« Rücken, sondern ziehe auch seine Familie, die Schwestern und die Braut in die Stadt, wodurch der Landwirtschaft auch die nützlichen Frauenhäude verloren ginge». Am Schlüsse der Unterredung fragte der Korrespondent de« Staatssekretär, ob er offizielle Kenntnis hab«, baß Kanada die Tarisverhandlunzen mit Deutschland aufzunehmen wünsche, und daß der kanadische Minister Fielding zu diesem Zwecke nach Berlin komme. PosadowSky erklärte, daß er zwar keine offiziellen Mitteilungen habe, daß er aber einen solchen Besuch mit Freuden begrüßen würde, da eine persönliche Berührung bei solchen Kontroversen uud komplizierten Fragen der einzige vernünftige und wirksame Weg sei. Unser Korrespondent ist nun in der Lage, zu melden, daß auf kanadischer Seite ebenfalls der ernste Wunsch nach Aushebung des Zollkrieges und Anknüpfung von Ver handlungen vorhanden ist. * Ncichspost. An Stelle des am 7. Juli in den Ruhe stand tretende« Geh. OberpostratS Halle ist dem bisherigen Geb. Postrat und vortragenden Rat im ReichSpoftamt Lehmann die Oberpostdirekiorstelle in Dresden übertragen worden, nachdem er dieses Amt bereits seil 1. April ver tretungsweise übernommen hat. * Zum Tode des Prinzen Moritz meldet uns ein Pri- vattelegramm aus Altenburg vom gestrigen Abend fol gendes: Die Einholung der Leiche des Prinzen Moritz erfolgte heute in feierlicher Weise. Die irdischen Ueberreste des Prinzen wurden begleitet auf dem Wege von Arcona nach Altenburg von der hinterlassenen Witwe, dem Prinzen Ernst, dem Großfürsten Konstantin von Rußland und der Prinzessin Eduard von Anhalt. Am Bahnhofe wurde die Leiche empfangen von dem Herzog Ernst, von dem Fürstenpaare zu Schaumburg - Lippe, von dem Ver treter des Kaisers, dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, und den Hosstaaten. Unter Glockeageläut und den ernsten Klängen einer Militärkapelle bewegte sich der Zug durch die mit Trauerschmuck reich versehene» Straßen der Stadt nach dem herzoglichen Resivenzschloß, wo die Auf bahrung der Leiche in der Schloßkirche erfolgte. Zu feiten des Zuges bildeten in allen Straßen Vereine, Korporationen, Feuerwehr und Schulkinder Spalier, während eine große Menschenmenge die Straßen nmslanv. Im Zuge selbst be fanden sich etwa 600 Personen, teils Hof-, Staats- und Zivil beamte, außerdem Vertreter ber hiesigen schulen und der höheren Schulen des Landes. An der Spitze des Zuges marschierte daS Regiment. Die Trauerfcier schloß beute zunächst mit einem kurzen Gebet, Gesang und SezenSspruch der Geistlichen in der Schloßkirche. Die eigentliche Trauer feier findet morgen mittag 1 Uhr statt. * Sächsische Landtagewahl. Die „vereinigten Ordnungs parteien" haben Herrn Bankier Händel als Kandidaten für den Wahlkreis Crimmitschau-Werdau für die bevor stehende Landtagswahk aufaestellt. Der Wahlkreis war bisher durch Herrn Stabtral Teich mann vertreten, der aus Gesundheitsrücksichten ein Mandat nicht mehr anzunehmen gedachte. -e- Zur LandtagSwahlbeweguug. In einer gestern unter dem Vorsitze des Herrn Rechtsanwalt Klvtz in Dresden ab gehaltenen Versammlung ver Vertrauensmänner der Mittel- stanvsvcreiuignug aus Dresden, aus dem 2. und 5. städtischen Wahlkreise, dem 9. und 12. ländlichen Wahlkreise wurde Stellung zu den in diesen Bezirken erforderlichen Neuwahlen rum Landtage genommen. Dabei wurde insbesondere die Stellung der Mittelstandsvereinigung zur Frage der Neu regelung der Beamteubesoldungen erörtert. Die Versammlung beschloß, eine öffentliche Erklärung abzugeben, in der die bedürftige Lage vieler Be amten anerkannt wird. Es wird in der Erklärung folgendes ausaesührt: Seit der letzten allgemeinen Neu regelung der Besoldung der sächsischen Staatsbeamten vom Jahre 1892 sind die Preise der notwendigste« Lebensbedürf nisse nicht unwesentlich gestiegen, so daß trotz der Gewährung mäßiger Wohnungsgelvzuichüsse taS Einkommen der mitt leren und unteren Beamten in vielen Fällen nickt mehr als ausreichend zu bezeichnen ist. Es «st wünichenswerl, baß eine Gleich:ellung ber nnltlerercn Staatsbeamten mit denen m Preutzen unv rin Reiche angestrebl wird. Ebenso ist es . notig, daß eme Erhöh»«- der Lnfang-gehälter
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