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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070817018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907081701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907081701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-08
- Tag 1907-08-17
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Monat
1907-08
-
Jahr
1907
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und LandtagSahgevrdneten Grasen Praschina, daß er die treukirchliche Gesinnung ter Unterzeichner der geplant gewesenen Jnvrxcmgabe an den Papst anerkenne, jedoch den Wunsch nicht unterdrücken könne, daß ein derartiges Vorgehen der Kenntnis des Episkopats nicht entzogen werden möge. — Fürsterzbischot Bauer-Olmütz wurde anläßlich seines silbernen Biichofsjubilänms das Ehrenbürgerrecht der Stadt Leobschütz verliehen. Bekanntlich gehören die Kreise Ratibor und Leobschütz der Olmntzer Diözese an * Prinz Anton von Hohcnzoücrn. Es erregt großes Aussehen, daß der so schneidige Kommandeur der 1. Gardedragoner Prinz Kacl Anton von Hobenzollern „seinem Gesuche entsprechend" von dieser Stellung enthoben und unter Besölderung zum Obersten zur Disposition gestellt wird. Als der Kaiser den Prinzen Friedrich Leopold ins russilche Hauptquartier schickte, sandte er den Prinzen Karl Anton ins japanische Hauptquartier; der Prinz bat in Japan die denkbar beste Ausnahme gesunden; er hat sich überall aus dem Kriegsschauplatz umgeseben, und die japanischen Heersübrer haben dem Prinzen seine Aufgabe nqch allen Richtungen erleichtert. Prinz Karl Anton, der zu Sigmaringen am 1. Sep- t.mber i868 geboren wurde, hat sich zu Brüssel am 28. Mai 1894 mit Josefine Prinressin von Belgien vermäbli. Der Prinz ist am 17. Sep tember 1887 Leutnant geworden und ist Oberst seit den 19. Oktober 1965. Als Major (19. September 1901) war er zum großen General stab kommandiert, man rühmte ihm außerordentlich ernstes und ge wissenhaftes Streben nach, vorher hatte er unter Generalmajor Sixt von Armin Dienst beim Generalstab des GardekorPS getan. Als Ritt meister z28. Augu't 1897» tat er Dienst beim 1. Garde-kllanen-Regiment. Daß der noch nicht 40jährige, so getunte Prinz jetzt dem aktiven Mili tärdienst Batet sagt, kommt vielen überraschend. * Eine Dreistigkeit. Unter dem Titel „Ein Meineid?" bat Abg. Dr. Arendt nunmehr eine Darstellung seiner Verhandlungen mit dem Kolonialdireltor Dr. Kayser über die Verwendung Dr. Peters' im Kokonialvienst bei Schwetichke u. Sohn (Berlin) erscheinen lassen. Den hier durch eine Reihe von Belegen unterstützten Angaben Dr. Arendts stand im Petersprozeß bekanntlich die eidliche Aussage von Frau Dr. Kayser entgegen. — Aus dem Titel gehl nicht hervor, ob Herr Dr. Arendt gegen die hochachtbare Frau die Anklage des Meineids richtet, oder ob er sich selber dieses Verbrechens schuldig erklärt. * Wiedereinführung Ser Rückfahrkarten. Dem Vernehmen der „Magdeburger Zeitung" zufolge beabsichtigt ras preußische Eisenbahn- ministerium die Wiedereinführung der Rückfahrkarten. Die Mehrzahl der Eisenbahndirektionen hat sich dafür ausgesprochen. Die Geltungs dauer der Karte soll möglichst lange ausgedehnt werden, eine Ver billigung aber nicht eintreten. — Amtlich wird diese Nachricht dementiert. * (Hegen Sic Antialkaho'.bctvegung, die aus dem Parteitag in Essen behandelt wird, haben sich die sozialdemokratischen Gast- und Schank wirte Deutschlands aus ihrem Kongreß in einer scharfen Resolution aus gesprochen. Dort heißt es n. a.: „Der VerbandStag der Freien Gast wirte Deutschlands halt volkstümliche Belehrungen über die schädlichen Wirkungen des übermäßigen Alkobolgenusses für geboten, protestiert aber zugleich ganz entschieden gegen die teils übertriebenen, teils albernen Lehren sogenannter Abstinenten, die alles Elend, alle menschlichen Ge brechen und Unvollkommenheiten und sogar die Degeneration der Arbeiter klasse aus dem Schnaps- und Biergenusse herleiten und damit absichtlich und unabsichtlich den Machthabern und besitzenden Klassen alle Verant wortung für die Not und elende Lage des eigentlichen Volkes ab- nebmcn." Der VerbandStag bezeichnete es fernerhin als „plumpen Schwindel", wenn der Deutiche Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke den Bier- und Schnapsgenuß der A>beiter bekämpft, die Liebesgabenpolitik dagegen befürwortet. Es wurde u. a. bemerkt, für die Nichts-als-Antialkoholisten hätten Lassalle und Marx vergeblich ge- schrieben. * Tr. Pansche. Der nationalliberale Abg. Dr. Paasche, hat sich insoige eines Sturzes mit dem Pferde ein Exsudat zugezogen und ist nach der „Vossischen Zeitung" zu längerem Kuraufenthalt in Bad Pistyün in Ungarn cingetroffen. * Louis Viereck, der ehemalige sozial-emokratischc Reichstags- ' abgcorvnctc, amtlich gelobt. Wie sich doch die Zeiten unv die Menschen ändern! Die Sozialdemokratie batte vor 30 Jahre»-mehrLre.^Ge- . nossen", die sie als Paradepserde vorführte. Da war zunächst der alte Hoibaurat Demmler-Schwerin; als der würdige Herr nicht mehr mit machen wollte, wurde Louis Viereck in bengalischer Beleuchtung den „Genossen" gezeigt. Louis Viereck war Kammergerichts-Reserendar; leine Mutter war die hochtalentierte Schauspielerin Viereck; über seinen Vater schwebt ein gewisses Dunkel. Die Sozialdemokratie führte einmal als Trumpf an, daß Louis Viereck mit dem damaligen Chef dcS Hohen- zollernhauseS sehr nahe verwandt sei. Kurz und gut, LouiS Viereck spielte in der Sozialdemokratie eine hervorragende Rolle, er kandidierte wiederholt vergeblich für Magdeburg und erhielt dann schließlich ein Reichstagsmandat für Leipzig-Land. LouiS Viereck machte im Reichstag eine unglückliche Figur, bald geriet er mit seinen Genoffen in Konflikt, und mit Liebknechts Schwiegersohn, dem ehemaligen Reichs tagsabgeordneten Geifert, warf man ihn aus allen Ehrenämtern heraus, weil er das „blöde" RevolutionSspielen verachtete (nach dem Wydener Kongreß sollte der bürgerlichen Gesellschaft dec Kampf bis aufs Messer erklärt werden). LouiS Viereck ist von seinen ehemaligen Genossen sehr stark zugesetzt worden; er hat manche Anrempelungen erfahren, aber ruhig ist er seines Weges gegangen; oft er hat im trauten Kreise erklärt, daß in keiner Partei so wenig Wahrheit und Anständigkeit herrsche als gerade in der sozialdemokratischen. Louis Viereck ist dann nach Amerika gegangen unv gibt jetzt daselbst die Mon rtsschrist „Der deutsche Vorkämpfer" heraus, die Schrift soll oie bestehenden freundtchastlichen Beziehungen zwischen der Union unv Deutschland stärken. LouiS Vierecks Bestreben wird deshalb von der „Berliner Korresp." gelobt, und seinen Bemühungen Unterstützung der deutschen Jntercffenkreise gewünscht. * AiiSstanvS-Rachrichtc». Die ver iniglen Brot-, Schlacht- und Gemüsemcffer-Reider, die den Fabrikanten ein neues Preisverzeichnis mit erhöhten Lohnjätz n zugesand! haben, haben über 108 Fabrikanten firmen in Solingen, Wald, Höhschcid und Grafrath, die die neuen Preise abgelehnt haben, den Streik verhängt. 150 Firmen haben die Forderungen anerkannt. Deutsche Kolonien. * Herero nnS Hottentotten. Der X-Berichtrrslatter des Organs der Deutsche» Kolonialgefellschast in Windhuk meldet: Seit dem 1. April d. I. ist bekaiinilich der Kriegszustand ausgehoben, etwas später auch die Sammclarbeit ter rheinitchen Missionene. Durch diese sind über 12 000 Herero gesammelt worden. Die Urheber teS Herero-Ausstandes haben jedoch, soweit sie nicht gefallen oder im Sandfelde verdurstet sind, über ter Ostgrenze nn Briti'ch - Betschuanalaud - Protektorate Zuflucht gefunden. In Tsau im Ngamigebiet, einer Stadt von etwa 6000 Einwohnern (Belschuanen), sitzen noch 70o Herero. Samuel Maharero ist von den Engländ.rn nach Johannesburg veipflanzt worden. Mau hat ihm dort Wohuplatz, Vieh und Gefährt gegeben, wosür er seine Leute veranlaßt in Len Minen zu arbeiten. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann auch die bei Tsau sitzenden Herero dorthin ziehen werden. Auch Morenga ist aus der Hast entlassen worden und soll, Nachrichten aus Kapstadt zufolge, im Gebiet von Upingion, wo seine Stammesgeuossen wohnen, angesiedelt werden. Simon Copper und die Gebrüder Lambert treiben noch ihr Unwesen. Christoph Lambert war einer ter Führer des Cornelius Fredrik. Er hat sich damals nicht mit Cornelius gestellt, weil er wegen meuchlerischem Erschießens des Leutnants der Reserve von Trotha die wohlverdiente Strafe füichtctc. Jetzt treibt sich Lambert bei Simon Copper herum unv bat kürzlich zwi che» Keetmansboop und Gibeon einen Viehraub ausgeführt uns tags daraus, am 5. Juni, den ältesten Sohn des Engländers Duncan überfallen und erschossen. Dieser Robert Duncan hat den Truppen manchen schätzenswerten Dienst geleistet und sich dadurch den Haß der Hottentotten zugezogen. Am 13. Juni wurden sechs leere Wagen des Frachtfahrers Jankowsky überfallen, Jankowsly selbst war nicht dabei. Vier Wagen entkamen, aber die Bespannung zweier Wagen fiel den Hottentotten in die Hände, wobei ein Ein geborener betötek wurde. Solange Simon Copper und die Gebrüder Lambert mit ihrem Anhänge nicht unschädlich gemacht sind, besteht die Gefahr eines Wiederausstandcs der Hottentotten. Simon Copper wird kein Mittel unversucht lassen, mit de» Hottentotten, die sich unterworfen haben, in Verbindung zu ireten. An eine Besiedelung des gras- und wasserreichen Auobgebieis dürfte vorläufig nicht zu denken sein. * MorcngaS Rückkehr. Ein Telegramm des Gouverneurs v. Linde- quist aus Windhuk meldet dringend: Der Gouverneur der Kaptolonie drahtet, daß nach den Nachrichten deS Polizeiinspektors, der MorengaS Spuren über Kuidas bis zur Grenze verfolgte, dieser mit 400 Anhängern, von denen 150 bewaffnet sind, und zwar meist mit Martini-Henry- Gewehren, am 13. dieses Monats die deutsche Grenze von OrlogSkloof überschritten hat und an der Grenze von Hottentotten mit Pferden unv Rindern getroffen worden ist. Die Kappolizei konnte wegen des ungünstigen Geländes mit Morenga keine Fühlung gewinnen. Der Premierminister hat dem Generalkonsul mitgeieilt, daß Morenga angeblich nach Warmbad will, um mit Johannes Christian wegen der Fort setzung des Ausstandes zu verhandeln. Der Kap-Gouverneur be nachrichtigte den Magistrat von Upingion, daß Morenga das Asyl in der Kaptolonie verscherzt habe, daß alle verfügbaren Polueikräste an ter Grcn.e zu stationieren seien, und daß Morenga zu arretieren oder in daS deutsche Gebiet znrückzutrciben sei, falls er versuchen sollte, britisches Gebiet zu betreten. Truppen werden nach Möglichkeit im Süden für den Neuausbruch von Feindseligkeiten bereit gestellt und dorthin in Marsch gesetzt. Die Farmer sind gewarnt. * Körperliche Züchtigung in den Lchutzqcbietcn. Der „Reichs anzeiger" enthält eine von dem Staatssekretär des ReichSkolonialamtS am 12. Juli erlassene Verordnung über die Anwendung der körper lichen Züchtigung als Strafmittel gegen Eingeborene der ostasrikanischen Schutzgebiete. Es wird darin bestimmt, daß in allen Fällen, in denen gegen einen Eingeborenen die körperliche Züchtigung, die Prügel- oder Nutenstrafe, als gerichtliche Strafe verhängt wird, über die Verhand lung, aus Grund deren die Strafe festgesetzt wird, ein Protokoll aufzunehmen ist, daS insbesondere die Bezeichnung der strafbaren Handlung enthalten muß, und aus dem hervorgchen muß, daß der Beschuldigte über die ibm zur Last gelegte Tat gehört ist, und daß die von ihm zu seiner Entlastung angeborenen Beweise, soweit tunlich, erhoben sind. Die Vollstreckung deS Urteils muß von einem mit der Ausübung der Straf gerichtsbarkeit betrauten Beamten oder Arzte überwacht werden, darf aber nicht durch den ersteren selbst erfolgen. Ueber die Vollstreckung ist ein Protokoll auszunehmen, daS eventuell bei andere Vorkommnisse beurkunden muß. In den Fallen, in denen eine Prügelstraje von mehr als 15 oder eine Rutcnstrafe von mehr als 10 Schlägen festgesetzt wird, ist dem Protokoll die Urteilsbegründung anzuschließen. Die Ver ordnung bestimmt, daß Abschriften btt Protokolle und der Urteils begründung dem Goiwernement zur Durchsicht einzureichen sind. Ausland. Italien. ?. Tas (Henoffcnschastswescu, das im letzten Jahrzehnt einen sehr großen Aufschwung genommen unv namentlich auf dem Lande eine sehr bedeutende Entwicklung gehabt hat, ist im Begriff, einen weiteren Schritt zur Vervoll kommnung zu tun. Bekanntlich ist vor ein paar Monaien der in Piacenza zentralisierte .hauptverband der italienischen Genossenschaften mit dem deutschen Reichsverband der ländlichen Genossenschaften in Darmstadt und dem Verbände der österreichischen Genossenschaften zu einem Jnteressenverbande zusammengeschlossen worden. Um nun die eigene Organisation so auSzugestalten, daß sie mit denen des deutschen und österreichischen Verbandes ersten- gleichwertig wird und zweitens die gelchäftlichen Beziehungen in der ersprießlichsten Aelle wahrzunehmen ver mag, will jetzt der italienische Genossenschastsverband in Piacenza eine Zentral genossenschaftsbank mit einem Grundkapital von 10 Millionen Lire grünten. Der Plan zu dieser Zentralkasse stammt von dem ehemaligen Schatzminister Luigi Luzzatti. Sie ist berufen, die Ausführung aller Ausgaben der Genossen schaften — und es handelt sich in Piacenza nahezu ausschließlich um ländliche Genossenschaften — zu unterstützen und die Neubildung von Genossenschaften auf jede Weise zu erleichtern. Sie fall überdies die ländliche Industrie und jedwede agrari'che Initiative begünstigen und alle Funktionen einer Zentralbank wahrnehmen, für die einzelnen Pollsbanken und die einzelnen Genoffenschaflen, sowohl für einander wie für ihre Beziehungen zum Auslande re. Der Sitz der Bank ist zunächst Piacenza, später Nom. Noch im Lause dieses JahreS soll sie ihre Tätigkeit beginnen. Rußland. * Das russisch-japanische Abkommen. „Nowoje Wremja" behauptet, nach einer Meldung aus Petersburg, von der russisch-japantschcn Konvention, daß sie nicht nur in den vertragschließenden Ländern, sondern überall Be friedigung Hervorrufen werde. Das vernünftige Abwägen ihrer Kräfte habe beide Seiten von der Fruchtlosigkeit fernerer Feindschaft überzeugt. Dank dieser Tatsache sei die ruffüch-javauische Konvention nichts weiter als die Festlegung der realen Verhältnisse, ohne etwas Neues zu schassen. Dessen ungeachtet wohnt aber, führt da?Bla!t aus, der Konvention eine große politische und wirtschaftliche Bedeutung bei. Sie beendet alle Schwankungen in der Ab schätzung der gegenseitigen Verhältnisse und ruft volles Vertrauen wach. Die seit November vorigen Jahres in bezug auf Japan herrschende Ungewißheit ist nunmehr der vollen Uebcrzcugung gewichen, daß die gegenseitigen Beziehungen vollkommen gefestigt sind. Die politische Konvention ist von einem Fischerei- und Handelsvertrag begleilet, dessen genauer Inhalt zwar noch nicht bekannt ist, aber wie verlautet, aus Anerkennung der gegenseitigen Interessen kassiert. Die Konvention verkündet leinen „ewigen" Frieden, aber sie gewahrt die feste Ueber- zeugung für ein friedliches und freundschaftliches Zusammenleben beider Länder, und Larin liegt ihr größter Wert. Türkei. * bine Mission, bestehend aus den TivisionSgenerälen Dschewad-Pasckm vom Militätstaale des Suttons und Auler-Pajcha, sowie Oberstleutnant Jsmail- Bei und Ali-Bei, den Sühnen des Ministers dcS Auswärtigen, ist gestern von Konstantinopel abgereist, um der Einweihung der Strecke Madain- Saleh-Zemreh der Mekka-Eisenbahn beizuwohnen. Die Ein weihung wird am 1. September erfolgen. * Persische Bande». Bon türkischer Seite wird nach einer Meldung aus Konstantinopel aus Grund von dem Kriegsministerium zugegangenen Mel dungen behauptet, es sei jetzt erwiesen, daß eine Verletzung des türkischen Territoriums durch persische Banden erfolgt sei, die außerdem Morde, Folterungen, Brandstijluugen und Plünderungen begangen hätten. Marokko. * DaS Tohttwabohn. Aus Tanger wird mitgeieilt: Wie aus Casa blanca unteim 14. August gemeldct wird, ist in der Stadt sowie in der Umgegend alles ruhig. Am 13. sammelte» sich in der Umgebung der Stadt zahlreiche Arabergruppen an, dir Len Versuch machten, die Statt von der Rückseite aus zu nehmen. Der sranchsijche Kreuzer, Gloire" gab etwa 30 Granalenjchüsse auf sie ab, wodurch sie zerstreut wurden, nachdem sie Verluste erlitten hatten. Die Truppen brauchten nicht vorzugehcn. Die Einwohner, besonders die Juden, die sich in der größten Not befinden, beginnen allmählich zurückzukehren. Man teilt Lebens mittel au sie aus. Ter Hanvel beginnt sich wieder zu regem AnvMorgxn des 14. August war aller ruhig. — Wie aus Fez gemeldet wird, befindet sich die dortige Bevölkerung in der größten Erregung und hält lärmende Versammlungen ab. ÄuS Marrakesch wird gemeldet, daß alle Europäer die Stadt unter dem Schutze von Begleitmannschasten verlassen, die ihnen Muley Hafid gestellt hat. Meldungen aus El Klar zufolge ist dort die Mahalla angekommen, die von Fez nach Casablanca geschickt worden ist. Die heute abend ein getroffenen Meldungen besagen, daß etwa hundert Europäer Mogador verlassen haben, wo der Kreuzer „Tu Chayla" am 14. d. M. eiugctrosfen ist. — Dem Madrider „Jmparcial" zufolge sind Oberst Müller und der Minister des Auswärligen in der in San Sebastian abgrhaltenen Konferenz dahin übereingekommen, Laß keine Notwendigkeit vorliege, daß sich Müller im gegen wärtigen Augenblicke aus seinen Posten nach Marokko begebe. Er wird nach Bern zurückkehren und sich erst wieder im September nach Marokko begeben. Amerika. * Das deutsche Zollabkommen wird demnächst, wie aus New fstork gemeldct wird, die Gerichte beschäftigen, und dadurch wird Klarheit hinsichtlich jeiner Rcchtsgultigkcit geschaffen werden, was der Wunsch der Importeure ist. Tas Gerichtsverfahren soll herbeigesührt werde» auf Grund einer Entscheidung der Zoll-Appraiiers von New Aoik, die de» erhöhten Einfuhrwert von deutlchcr Schokolade aufrecht erhält. Die Zollabschäyungslcamlen berufen sich dabei auf die Entscheidung des Obersten Bundesgerichts in ZoUsachen und die Importeure aus las neue Zollabkommen mit Teulfchland. Feuilleton. Hermann Carl Vogel, "j» Der Astronom und Astrophysiker Professor Dr. Vogel, der Vorstand und Begründer deS berühmten Astrophysikalischen Instituts in Potsdam, ist dort) wie unsere Leser bereits wissen, verschieden. Bogel war einer der nihrcndcii Geister auf astrophysikalischem Gebiete, einer der hervor ragendsten Forscher und Gelehrten von Weltruf. Seine reichen Ent deckungen und großartigen Untersuchungen sind bahnbrechend gewesen und für alle Zeilen unvergänglich. In seiner Person verkörperte sich die gesamte Entwicklung der Astrophsik, Astrophctometrie und Astrv- photographie. Hier in Leipzig war der Beginn seiner geistigen Ausbildung. Hier ward er auch im April 1842 als Sohn des bekannten Pädagogen Karl Vogel ge- borcn. Schne astronomischen Studien begann er unter Bruhns Leitung cun der hiesigen Universilälsstcrnwarte. Er setzte sie als Observator fort an' der B.ilowschcn Privalsicrnwarte in Bothkamp bei Kiel und folgte 1^71 dem Rnse nach Berlin und 1882 nach Potsdam zur Ucbernahme des Direktorats der iieugegriindcten Astrophysikalischen Warte. Seine ganze hohe Begabung und geistige Kraft hat er dieser ein Vierteljahr- hundert lang Zewidmet. Das weltbekannte, aufs großartigste angelegte Institut hat sich unter ihm zu höchster Blüte entfaltet und zu einer Musteranstalt ersten Ranges emporgehoben. Vogels Leistungen liegen auf craktwnsenschaftlichem Gebiete. Wir tonnen sie hier nur streifen^ soweit sie für einen größeren Leserkreis verständlich und von Jnteresie sind. Seine Bedeutung erkennt nur der vollkommen, der die Vielartigkeit der spektralanalytischen Probleme und die folgerichtige Lösung in der Ucbertragung auf die Astronomie zu über- sehen vermag. Exaktheit der Messungen waren die Grund- lagen seiner Erfolge. Diese Exaktheit leistete Erstaunliches und für alle Zeiten Bewunderungswertes bei Anwendung des Dopplerschen Prin zips in Verbindung mit dem fruchtbaren Hilfsmittel der Photographie der Gestirne. Tas geheimnisvolle Gebiet der Firstcrnbewegung ward durch seine Methode in ein ganz neues Licht gestellt, Sterngeschwindig- keiten wurden aus der Beobachtung der Linienverschiebung im Spektrum der Gestirne abgeleitet und die Größe der Sternbewegung in dcrRichtung der Gesichtslinie zum Stern mit ungeahnter Sicherheit festgelegt. Tie Wahrheit dieses Dopplerschen Prinzips, das auf der Wellentheorie des Lichts beruht, nach der das Licht aus außerordentlich rasch verlaufenden Schwingungen des Acthers besteht, hat als erster H. E. Vogel 1871 cxperi- mentest bewiesen und zwar durch Beobachtungen an der Sonne, wo er an gegenüberliegenden Rändern entgegengesetzte durch die Sonnenrotation hervoraeruscue Verschiebungen der Spektrallinien feststellcn konnte. Nach ihm find der Bestätigungen viele durch Foncher aller Rationalitäten bc- kannt geworden. Aber wiederum war cs Vogel, der die Aussichten für die Erweiterung des Dopplerschen Prinzips mit großem Scharfblick zu übersehen wußte. Er wendete das Spektrometer zu den veränderlichen Sternen, in das Gebiet der Astronomie des Unsichtbaren. Die gelst- bollsten Ideen und Erklärungen über die Ursache der Helligkeiis- schwankungcn gewisser Sterne, schwierig: Rechnungen waren bis dahin angcsicllt worden, immer ohne Erfolg. Keines der Rieseninstruinente der Neuzeit wußte darauf Antwort zu geben, ob die Abschwächung des LichteZ in gewissen ganz bestimmten Perioden einem Begleiter zuzu schreiben sei. Die Lösung blieb dem Vogelschcn Spektrographen, einem Speklralapparat, der besonders für photographische Ausnahmen die sinn- reichsten Konstruktionen aufwies, Vorbehalten. Schon 1873 hatte Vogel, damals noch in Bothkamp, das Spektroskop zur Lösung des Problems der Hclligkeitsändcrung gewisser veränderlicher Sterne auf Algol, den hellsten und intere'santtesten der lichtwechsclnden Fixsterne, angcwcndet. Doch der unzureichenden Hilfsmittel wegen blieb der Erfolg aus. Die Verfeinerung der Apparate, die Vervollkommnung der Beobachtungs methode, die geschickte Verbindung von Spektrographie und Photographie und die außerordentliche Vermehrung der Genauigkeit in der Messung von Linienversihiebung adcr ließen im Jahre 1888 die große Entdeckung verkünden: die D 0 p p c l st c r n n a t u r Älg 0 ls. Diese Entdeckung bleibt eine der Großtaten aller Zeiten. Am 28. November 1889 ward der Akademie der Wissenschaften der definitive Beweis der Doppelsternnatur Algols durchs H. C. Vogel neben den genauesten Bahnclcmcntcn des interessanten Sterns vorgelgi. Die glückliche Lösung des Algolproblcms war damit erledigt und zwar für alle Zeiten. Sie erstreckt sich heute über alle Veränderliche des Alaol- typus und über eine stattliche Reihe weiterer Sterne. Vogel ging aber noch einen Schritt weiter. Damit überhaupt bei einem Algolsystem eine wirkliche Lichtveränderung durch mehr oder weniger vollständige Nc- deckuna eintreten kann, muß die Bedingung erfüllt sein, daß die Bahn ebene beider Gestirne ganz oder genähert in der Gesichtslinie liegt. Ta nun jede Bahnloge gleich wahrscheinlich ist, muß cs der Wahrscheinlich keit nach beträchtlich mehr enge Toppelstcrne geben, als sich uns durch den Lichtwechsel verraten. Diele Schlußfolgerung H. C. Vogels fand sehr bald ihre Bestätigung durch die Entdeckung der binären Natur des schönen Hauptsleriies Spica in der Jungfrau, ferner deS Sterns Beta im Fuhr- mann, von Mizar im großen Bären. Es waren epochemachende Ergeb nisse, die wir dem seinen, sorgfältigen und unermüdlichen Beobachter Vogel verdanken. Mit diesen Untersuchungen und Forschungen waren aber gleichzeitig die Aufnahmen zahlreicher Spektra von Fixsternen ver- buuden. Tas Aussehen der Fixstcrnspektra zeigt eine große Mannig- saltigkeit. Vogel führte eine Gliederung in drei Klassen ein, die die drei charakteristischen Entwickelnngsphascn der sclbstlcuchtcnden Gestirne kennzeichnen. Es war selbstverständlich, daß auch jene zahlreichen, ver waschen begrenzten, mattlcuchtendcn Objekte, die man als Nebelflecke be zeichnet, in Vogels Untersuchungen sielen. Seine Ergebnisse haben den unmittelbaren physischen Zusammenhang zwischen Nebeln und Fixsternen dargetan, insbesondere sind wir durch ihn auch auf die enormen Ge schwindigkeiten der wirbelnden Gasmasscn, die sich auf über 100 Kilo- Meter in der Sekunde belaufen, aufmerksam geworden. Als im Februar 1892 der neue Stern im Fuhrmann auftcuichte, war cs H. C. Vogel, der sich mit ausgezeichnetem Erfolge dem Studium der Nova hingab. Die Deutung des kosmischen Vorganges hat Vogel mit großer Aus führlichkeit in den Abhandlungen der Kgl. Preuß. Akademie der Wissen schaften 1893 uiedergelegt. Die Arbeit gehört zu den wichtigsten und umfassendsten, die über den jäh aufloderndcn neuen Stern veröffentlicht wurden. So läßt sich schon aus diesen kurzen Zügen die rühmenswerte Tätigkeit und das hervorragende Talent H. E. Vogels ermessen. Mu Bogel ist ein großer Gelehrter ins Grab gesunken. Nicht nnr mit der Geschichte des Potsdamer Astrophysikalischen Instituts wird sein Name unauflöslich verknüpft bleiben, auch in der Geschichte der Spektroskopie wird sein Geist erhaben als Stern erster Größe leuchten. Htü. * * Kleine Chronik. Ein neues Stück von Hermann Bahr wird in Berlin zur Urausiübrung gelangen. DaS Werk, eine dreiaktige Komödie, be titelt: „Die gelbe Nachtigall", wurde im Manmkript für das Leisingthealer er worben. — In Deauville ist die Sängerin der Pariser Großen Oper Ieanne Margyl im Alter von 30 Jabreu an Blinddarmentzündung gestorben. Erst var zwei Jahren batte die durch große Schönbeit ausgezeichnete Künstlerin mit vielversprechenden Erfolgen ihr Debüt in der Großen Oper abgelegt, wo sie als Tallla. als Amneris und als Fricka in der „Walküre" Aussehen erregte. — Wie man unS auS Cambridge mitteilt, wurde die Einladung der deutschen Esperantistengesellschaft, den internationalen Esperantisten kongreß 1!XB in Deutschland abzubalten, einstimmig angenommen. — Gabriel d'Annunzio hat nach italienischen Meldungen nicht weniger als drei dramatische Werke und einen Roman vollendet. — Zum Streite zwischen Ramsay und Kelvin über die Natur deS Radiums hat Frau Marie Curie daS Wort ergriffen, indem sie eine Anfrage des „Figaro" mit einem Briefe be antwortet: „Geehrter Herr! In der Frage betreffend die Bildung des Heliums in Gegenwart der Emanation des Radiums bin ich geneigt, die Ansicht RamsäyS zu teilen. Ich betrachte eS also al- wahrscheinlich, daß das Radium ein nicht stabile- Element ist, dessen Atome sich spontan um formen und daß eine- der Produkte dieser Umformung da- Helium ist, falls nicht etwa da- Helium aus Kosten der das Radium umgebenden Gase hervorgebracht wird, welche bisher niemals vollständig entfernt wurden, auch nicht im ganz luftleeren Raum. In beiden Fällen hätte man e- mit Ver- Wandlung der Atome zu tun, aber im zweiten Falle würde da- Radium nicht verschwinden, «- würde nnr durch leine Strahlung al- bestimmende Ursache der Verwandlung wirksam werden. Wie dem aber auch sei, ich denke nicht, daß es nützlich ist, die von Lord Kelvin anSgesvrochene Ansicht zu bekämpfen. ES schadet nichts, wenn die wissenschaftlichen Ideen ausgerührt werden, und wenn »der jede Arbeit ffon verschiedenartigen Gesichtspunkten ans diskutiert wird. Tie endgültige Ueberzeugung baut sich auf einer Reihe mannigfaltiger Unter- snchungen ans, und die Diskussionen rufen die Experimente hervor. Jedes Jodr bringt medr Klarheit und Sicherheit in den erhaltenen Resultaten. Mit auf richtigem Gruße Frau Curie."
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