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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070817018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907081701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907081701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-08
- Tag 1907-08-17
-
Monat
1907-08
-
Jahr
1907
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K.) * Der Gouverneur der Kapkolonie bestätigt die Nachricht, daß Morenga mit 400 Hottentotten auf deutsches Gebiet zu rückgekehrt ist und aus Warmbad marschiert. sS. Dtsche. K. u. Letzte Dep.j * Der König von England ist gestern vormittag kurz nach lO Uhr von Ischl nach Marienbad abgereist. Der Kaiser, Erz herzog Franz Salvator und Prinz Leopold von Bayern gaben dem Könige das Geleite zum Bahnhofe. sS. Ausl.) * Wie nunmehr feststeht, beträgt die Zahl der Opfer bei der Explosionskatastrophe in Dömitz außer den schon gemelde- :en 12 Toten, 12 Schwerverletzte und 41 leichter Verletzte. sS. Neues a. a. W.) Das Recht auf das Reich. Gute Historiker brauchen keine guten Politiker zu sein, sind es meistens auch nicht. Doch kann man einiges aus der Historie lernen, auch für die Politik. Vor allem die Zusammenhänge, das Werden, die Tradition. Und dabei zeigt sich häufig, wie be- deutungsvoll und zäh alte Ideale sich in bestimmten politischen Rich tungen zu erhalten wissen. Die Ideale sind konservativ, nur die Mittel, sie zu erreichen, wechseln. Ein Beispiel: Die Konservativen sind im wesentlichen nichts als Agrarpolitiker. Das waren sie früher und sind sie heute noch. Nur waren sie früher aus diesem Grunde Freihändler, «ms dem sic heute Hochschutzzöllner sind. Denn früher gab es keinen beträchtlichen Getreideimport. Wohl aber verbilligte der Import manche Bedürfnisse der Agrarier. Daraus Vorwürfe ableiten zu wollen und deswegen von Wankelmut zu reden, wäre verkehrt. Nur dagegen darf man auftreten, daß die Mittel selbst wieder zu Idealen gestempelt werden. So lange wir eine nationale Wirtschaftspolitik zu treiben haben, ist die Zollfrage eine Zweckmäßigkeitsfrage. Auch in den Libe ralen unserer Zeit sind noch alte Ideale lebendig. Besonders von einem wollen sie nicht lassen, vom Reich. Diese Gefühle brauchen sich ja heute nicht mehr, Gott sei dank, im An- und Ausbieten der Kaiserkrone zu äußern. Sie sind aber auch noch lange nicht überflüssig geworden. Einem aufmerksamen Beobachter kann es nicht entgangen sein, daß gerade in unseren Zeitläuften sich die Anzeichen mehren für ein Erstarken des Par- tikularismus. Seinen kräftigsten und überraschendsten Ausdruck sand dieser Anspruch sondertümlicher Abgeschlossenheit in einer gelegentlichen Rede des agrarisch-konservativen Kanzlerfreundes v. Oldenburg- Januschau, der den süddeutschen Staaten mit der Bundesexekution, das heißt den preußischen Bajonetten drohte, so sie fortsahren sollten, durch liberale Konzessionen die preußische Wahlrechtsruhe zu stören. Natür lich wurde der Bundesheißsporn auch von seinen eigenen politischen Freunden sanft desavouiert, was aber nicht daran irre machen kann, daß bei der Gelegenheit nur ausgesprochen wurde, was die Konservativen denken. Das Reich ist nun einmal da, und selbst die preußischen Kon servativen haben sich mit ihm abgefunden, nachdem sie sich mit erheb lichem Geschick in ihm behaglich einzurichten verstanden haben. Dem Neichsgedanken aber von ihrer Macht zu opfern, dünkt sie so ungeheuer lich, daß sie bei dem Gedanken sofort partikularistische Anwandclungen be kommen. Es ist nun sehr interessant zu beobachten, daß ganz ähnliche Vorstellungen und Wertschätzungen auch in Negierungskreisen herrschen. Wer da weiß, wie auch heute noch, zur Zeit deS konservativ-liberalen Blockes, gut-konservative Gesinnung selbstverständliche Bedingung für die Besetzung der meisten Regierungsämter ist, der wird sich darüber nicht wundern. Doch verwischte das Amt immerhin manche Schroff heiten parteidoktrinären Ursprungs. Jetzt aber ist wieder einmal Ge legenheit geboten, den konservativ beengten Grundcharakter der Regie rungspolitik des Reiches deutlich zu erkennen. Die „Süddeutsche Reichs- korrespondenz", deren reichsamtliche Inspiration außer allem Zweifel steht, verbittet sich, in unbewußter Ironisierung ihres eigenen Namens, „die unberechtigte Einmischung" Süddeutscher in die preußischen Mahl- rechtsangelegcnhciten. Damit beweist die speisende Reichsstelle nicht nu: ihre fossile An schauung der politischen Dinge und des politischen Geschehens, sondern auch erhebliche Undankbarkeit. Denn aus konservativer Gesinnung heraus wurde das Reich wahrhaftig nicht geboren. Und den treuesten Sinn für das Reich hegen immer noch nicht die konservativen, sondern die liberalen Politiker. Auch dafür haben die agrarischen enkant« terriblk-H der Konservativen Beweise gebracht. Das Wort von oer „gräßlichen Flotte" lst noch nicht vergessen. Und es ist nicht zu ver- kennen, daß es ganz logisch gedacht ist, wenn die Konservativen in der Ex pansion, auch der wirtschaftlichen, ihren Autoritätsidealen feindliche Ge. walten sehen. Nach diesen Betrachtungen muß jedem der Widersinn einleuchten, der in einem konservativ »nd von Konservativen regierten Reiche liegt. Dabei kann dem Reiche unmöglich sein Recht werden. Und wir sehen denn auch auf den verschiedensten Gebieten die Maßnahmen konservativer Parteiweisheit das Leben des Reiches einschnüren. Besonders auf dem Gebiete der Steuer-, Zoll- und Verkehrspolitik herrschen die Grundsätze des gemäßigten Rückschritts. Und wenn wir trotzdem vorwärts gekommen sind, so liegt das nur daran, daß das Leben stärker ist als Grundsätze, und daß der Racker von Reich nicht tot zu regieren ist. Die Liberalen haben ihrer alten Liebe, dem Reich, so viel Opfer gebracht, sind des wegen auch oft genug so ziemlich in allen Bundesstaaten, in Prenßen unv Bayern, wie in Sachsen, mit kluger partikularistischer Berechnung der Unzuverlässigkeit geziehen worden, daß es geradezu unverständlich ist, wie sie sich die systematische Zurücksetzung im Reich haben gefallen lassen können. Wenn der Block noch einen Existenzwert für den Libe Sonrrabend 17. August 1907. raliSmus hat, nach diesem Ministerschub, so muß er das in einem ganz wesentlich gesteigerten Einfluß des Liberalismus auf die Neichsgeschäfte nun endlich beweisen. Diese ewige Bescheidenheit in Personenfragen, aus denen doch schließlich die Richtung der sachlichen Politik resultiert, muß dem entschiedenen Verlangen weichen, bei dec Besetzung der entscheiden den Stellen die konservative Gesinnung nicht mehr conckitio sino qua non sein zu lassen, damit es für die höheren Funktionäre der Regierung nicht mehr amtlichem Selbstmord gleichkommt, wenn sie sich unterfangen, liberal sein zu wollen. Auf diese Weise ist es allein möglich, den Libe ralen ihr natürliches und historisches Recht auf doS Reich und seine Politik allmählich zu sichern. Ein liberaler Mann an entscheidende: Stelle ist praktisch unter Umständen mehr wert, als ein liberales Gesetz. Dev Lall RoLnhansev. Eine der letzten Taten des Kultusministers Studt war die unter besonderen Umständen erfolgte Berufung des Professors Bornhäuser aus Halle-Greifswald nach Marburg. Die „Frkft. Ztg." schreibt über diese unerhörte Vergewaltigung der akademischen Freiheit: „Eswirder- zählt, daß sie sogar über den Kopf des allgewaltigen Ministerialdirektors Althoff hinweg auf das Drän gen einer kirchlichen Autorität erfolgt sei. Jedenfalls ist der Vorgang ein bezeichnendes Beispiel dafür, welcher Behandlung eine Fakultät und Universität in Preußen ausgesetzt ist. Wie die in Marburg erscheinende „Christliche Welt" berichtete, wurde die Universität und Bürgerschaft Marburgs eines Tages dadurch überrascht, daß Professor Bornhäuser von Halle in Marburg eine Woh nung suchte. Bornhäuser war früher Garnisonpfarrer in Rastatt, wurde von dort aus plötzlich außerordentlicher Professor der Theologie in Greifswald und dozierte, ohne daß er damit aus dem Greifswalder Ver band geschieden wäre, aushilfsweise anderthalb Semester in Halle. G e - schrieben hat er so gut wie nichts; jedenfalls nichts, was ihn vor der Wissenschaft auswiese. Einige Tage nun nach jenem Wohnungsinserat erfuhr die theologische Fakultät zu Mar burg auf telegraphische Anfrage in Berlin, daß Herr Bornhäuser zu ihrem Ordinarius ernannt sei, obwohl ein Ordinariat bei ihr gar nicht zur Besetzung stand. Aber eine Vorgeschichte hat dieses neugegründete Ordinariat doch. Vor 1b Jahren, als in Preußen an den evangrlisch- theologjlchen Fakultäten das Institut der „S t r a s p r o f e s s o r e n" aufkam, erhielt auch Marburg einen solchen. Pfarrer Cremer aus Lich, der Sohn des bekannten theologischen Schulhauptes von Greifswald, wurde als Extraordinarius nach Marburg berufen. Der Versuch miß lang; Cremer jun. trat wieder in das Pfarramt zurück. Eine Art Nach folger sand er an dem Kirchenhistorikcr Wiegand aus Erlangen; aber dieser wurde wegen seiner wissenschaftlichen Tüchtigkeit, und weil er mit Zustimmung der Fakultät berufen war, nicht eigentlich als Strasprofessor empfunden; auch er bekleidete ein Extraordinariat. Als er im Frühjahr 1906 nach Greifswald avancierte, trat eine Pause ein, bis jetzt plötzlich mit der Berufung Bornhäusers die Strasprofessur wieder auftauchte, und zwar in verbesserter und verschärfter Gestalt. Denn ihn wollte man offenbar dem Fiasko von Cremer Sohn nicht wieder aussetzen, und so schuf man für ihn ein Ordinariat, gleich für zwei umfassende Haupt disziplinen: Systematik und praktische Theologie. Man befestigte seine Stellung auch noch dadurch, daß man ihm den Auftrag erteilte, in beiden Hauptdisziplinen zu prüfen. Aber vielleicht dürfen wir nicht einfach als bekannt voraussetzen, was eine „Strafprofessur" ist. Es handelt sich dabei um Ergänzung frei gerichteter Fakultäten durch orthodoxe Mitglieder, die den Fakultäten oktroyiert werden. Tas Recht, ohne Wissen und Wollen der Jakul- täten Professoren zu ernennen, steht dem König zu; der Kultusminister ist also immer in der Lage, diesen Weg zu beschreiten; nur wenn es sich um eine außerordentliche Stelle handelt, bedarf er oer lnachträglichen) Genehmigung durch den Landtag. Womit hat nun die Marburger Fakultät ihren Strasprofessor ver dient? Ist sie extrem „liberal"? Das kann niemand behaupten. Professor Herrmann, der Dogmatik und Ethik vertritt und die größte Zugkraft ausübt, ist ein kirchlicher Theologe von pietistischer Frömmig- keit, was ihn freilich nicht hindert, zu den historisch.kritischen Fragen die unbefangenste Stellung zu behaupten. Jülicher, der sich auch inner halb der profanen Gelehrtenwelt eines ausgezeichneten Rufes erfreut, ist zwar auch in seinen Forschungen zum Neuen Testament von rücksichts losem Wahrheitssinn, vertritt aber gegenüber der sogenannten reli- gionsgeschichtlichen Richtung der Jüngeren einen konservativen Standpunkt. (Man überzeuge sich davon aus seinem „Paulus und Jesus", erschienen unter Schieles religionsgeschichtlichcn Volksbüchern.) Budde, der Bruder von dem preußischen Eisenbahnminister guten An gedenkens, vertritt das Alte Testament im Geiste Wellhausens, ist aber noch mehr als Jülicher den modernsten Drängern abhold. Mirbt hat niemals, Weiß längst nicht mehr irgend welchen Anstoß ge geben. Und Achelis, der Veteran der Fakultät, lehrt die praktische Theo logie inanerkanntkonservativem,wennauchhi st orisch- kritisch orientiertem Sinne. Alles in allein eine jolidc und mit jeglicher Besonnenheit dem religiös-wissenschaftlichen Fortschritt dienende Fakultät. Niemand wird das leugnen. Die beste Anerkennung dieses Charakters der Fakultät ist ihre Frequenz. Marburg hatte in den letzten Sommersemcstern 150, 176, 144 und 169 rito immatrikulierte Theologen, in den immer schwächer besuchten Wintersemestern 91, 117, 106 und 103. Es steht damit an der Spitze der kleineren Universitäten und hat Göttingen und Greifswald kräftig überflügelt. Der Herkunft nach aber ist die stark fluktuierende Hörerschaft ganz wesentlich zusam mengesetzt aus Nichthessen, unter denen Schweizer, Briten und Ameri kaner einen großen Bruchteil bilden. Und was zieht denn alle diese Fremden nach der kurhessischen Fakultät? Daß sie wissen, es ist dort zu finden, was sie brauchen: oruckitic» und pistax, Wissenschaft und Religion, beides im guten Bunde. Und an dieser blühenden Fakultät muß nun der preußische Staat mit einer höchst zweifelhaften Ergänzungsprofessur herumexperimen tieren? Wir sind nicht der Ansicht, die Professor Rade in der „Christ lichen Welt" vertritt, daß das Zusammenarbeiten von Dozenten ver- schiedener kirchlicher Richtung in einem Fakultätskörper vom Uebel sei. Im Gegenteil, wir sehen einen Gewinn dabei. Aber freilich setzen wir um so mehr voraus, daß der Staat keinen Professor um seiner Richtung willen einer Fakultät aufnötigt, dem die wissenschaftliche Qualifikation fehlt, oder der sie wenigstens noch nicht nachgewiesen hat. In diesem Falle wird diese Aufnötigumg zum blinden Gewaltakt. 101. Jahrgang. Die Oesfentlichkeit, und besonders die Universitätskreise, haben alle Ursache, aus den Marburger Vorgang zu achten. So brüsk und willkürlich wie in diesem Falle weiland Studt ist der preußische Kultusminister noch kaum vorgegangen. Und was den Theologen heute geschieht, wird morgen den Nationalöko- nomcn widerfahren. Was heute aus kirchlichen Rücksichten recht ist, wird morgen aus politischen Rücksichten billig sein. Der Deutsche Hoch- schullehrertag hätte alle Ursache, sich mit solchen Vorkommnissen zu be schäftigen. EsmüßtevorallemdenaufderartigeMotive hin berufenen Männern das Gefühl dafür gestärkt werden, daß sie sich zu solchen Schiebungen nicht her- geben sollten. Einem orthodoxen Theologen freilich mag es nahe liegen, in rnasorein zrloriarn eoolosiao die Stimme seines Innern, die gegen die Annahme eines derartigen Rufes spricht, zum Schweigen zu bringen. Er mag an die kirchliche Mission glauben, die er gegenüber einer vor lauter Wissenschaft verweltlichten Fakultät zu erfüllen habe. An den Schaden, den er dem Ansehen der theologischen Fakultäten vor der Gesamtheit der akademischen Welt durch sein Verhalten zusügt, denkt er nicht. Nun, man wird dem weiteren Lauf der Dinge in Marburg ruhig zusehcn können. Daß ein Bornhäuser den wissenschaftlichen Charakter der Fakultät zu ändern vermöchte, befürchten wir nicht. Aber auch die Marburger Theologie-Professoren könnten aus dieser Erfahrung eine Lehre nehmen. Sie gehören zu den vornehmen Gelehrten, die von aller kirchenpolitischen und politischen Bewegung sich fernhalten. Es wird auf die Dauer mit dieser edlen Zurückhaltung nicht gehen. Die Männer ans der andern Seit: sind nicht so skrupellos. Sie agitieren und intri gieren, wo sic können. Und darum sollten auch die Dozenten einer freien wissenschaftlichen Theologie sich der notwendigen kirchenpolitischen Arbeit nicht entziehen." Deutsches Reich. Leipzig, 17. August. * Ter Ka ser in WilücluiShöhe. Zur Abendtasel sahen die Majestäten den Reichskanzler bei sich, ver später nach Norderney abrcisle. Morgens gegen 8 Uhr unternahmen die Majestäten einen Spaziergang in den HabichtSwald. Um '/ZtO Uhr hörte der Kaiser den Vortrag deS CbefS des ZiviltabinettS. Zur Frübstückstafel waren bei Ihren Majestäten gelaven OberhofpredPw Müller, Oberlandesgerichtsrat Dr. Sonnn-r und Professor Knackkuß. * LpahnS Flottcn-ReSe. Tie „Köln. Volksztg." schreibt: „Die Rheinbacher Rede deS Abg. Dr. Spahn gibt der Blockpresse noch immer Anlaß ru allerhand willkürlichen Kombinationen und Auslegungen. Einige Blätter meinen, das Zentrum wittere Morgenluft, es sei zwischen ihm und der Neichöregierung eine „Entente", wenn nicht bereits abgeichlossen, so doch angesponnen; es warte sehnsüchtig aus ten Augenblick, da der Block infolge prinzipieller Schwierigkeiten und Gegensätze in Trümmer gebe, um wieder regierungsfähig zu werden. Andere lesen mit Genugtuung aus der Spahnschen Rede heraus, daß das Zentrum sich in einer Art Flottenbegeisterung befinde und neuen Marineforderungen bereitwillig zustimmen werde. Die freikonser- vatioe „Post" macht gar den Abg. Spahn zum Vertrauten des Reichs kanzlers und führt die genaue Kenntnis der neuesten Marineanträge, die demnächst an den Reichstag kämen, auf diese Vertraulichkeit mit dem Fürsten Bülow zurück. All diesen Folgerungen aus der Spabn- fchen Rede fehlt die reale Grundlage. Abg. Spahn gehört nicht zu den Vertrauten des Reichskanzlers und ist seit Monaten ohne alle Beziehungen zu ihm wie zu den anderen für eine Flotten vorlage in Betracht kommenden Faktoren. Er hat seinen Wählern lediglich seine Auffassung von der inländischen und ausländischen Politik vorgetragen und hat es getan in der Ueberzeugung, daß Politik «reiben vorhersehen heißt. Wollen wir mit möglichster Sicher heit erkennen, wohin bei uns in Militär- und Marinefragen die Reise geht, >o brauchen wir nur genau zu verfolgen, wie es in anderen großen Staaten in dieser Beziehung zurzeit steht. Das hat der Abg. Spahn getan, er bat die auf Flotte nnv Lanvheer bezüglichen Bestrebungen in England, Frankreich, Amerika und Japan geprüft und hat danach gl» w sscrmaßen aus ter internationalen politischen Lage heraus seine Folgerungen für das Deuttche Reich gezogen. Ob diese Folgerungen in allen Stücken sich mit den wirklichen Dingen decken, und welche Stellung die Partei und die Fraktion des Zentrums dazu einnehmen werden, das tonnte er weder bestimmt sagen, noch hat er es gesagt." — Meisterhast verklausuliert! Gan; Zentrum! * Tnrbincn-TorpeSoboot „(i 137". Es sind gerade drei Jahre her, daß das erste deutsche Turbinen-Torpedoboot „8 125" seine Probe fahrten machte. Jeder, der nur ein balbwegS gutes Gedächtnis hat, wird sich der immer wieberkehrenden Nachrichten von dem „gänzlichen Zusammenbruch der Turbinenanlage" nnd dem „völligen Fehlschlägen" der Versuche mit Turbinen erinnern. Schon damals wiesen wir darauf bin, daß über den Wert oder Unwert der Turbinen nur die praktische Verwendung entscheiden könnte. „8 125" stellte sich als ein gutes Boot heraus, daö eine Fahrgeschwindigkeit von 28,5 Seemeilen erzielte; die Turbinenanlage war verbesselungsbedürftig. Jetzt macht das zweite deutsche Turbinen - Torpedoboot, „6 137", Probefahrten. Schon auf dem flachen Wasser der Eckernsörder Bückt lief eS fast 32 See meilen in der Stunde, obwohl vertraglich nur eine Fahrgeschwindig keit von 30 Seemeilen vereinbart war. Auf dem liefen Master an der Neukruger Meile in der Danziger Bucht lief .6 137" aber im Mittel 33,6 Seemeilen und erzielte sogar eine Höckstgeschwindig- keit von 33,9 Seemeilen in der Stunde. Dabei bandelt es sich nickt um eine Schauleistung für irgend einen bestimmten Zweck, sondern um Probe- fabrtsergcbnisse, die mit Marinebesatzung bei völlig ausgerüstetem Boote erreicht wurden. Niemals zuvor ist e ne solche Fahrgeschwindigkeit von einem deutschen Schiffe vollbracht. Die Turbine beginnt zu erfüll «, was ihre Freunde vorhergesagk haben: durch sie kommen wir zu Fabr- geschwindigkeiten, die mit den Kolbenmaschinen nickt zu leisten sind. In kurzer Zeit wird der zweite Turbincnireuzer zur Probefahrt bereit sein. Vielleicht bringt er einen ähnlichen Erfolg. * Nuntiatur in München. Das päpstliche Leibblatt „Defesa" teilt mit, daß Monsignore Aversa, bisheriger Delegat auf Kuba, wahrscheinlich den Monsignore Caputo als Nuntius in Müncken ersetzen werde, dessen Gesundheit zerrüttet sei. Der Münchener Posten verlange wegen der Beziehungen zur Berliner Regierung eine äußerst fähige Kraft. Unterrichtete Kreise in Rom dagegen behaupten, der Abgang de» München» Nuntius sei durch die von ihm in der Affäre Schell an den Tag gelegte Unfähigkeit bewirkt worden. * Kirchliche Nachrichten ans Schlesien. Die „Schl. Volks;." ver öffentlicht ein Schleiden des Kardinals Dr. Kopp an den Reichstag-«
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