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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.12.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981231010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898123101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898123101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-12
- Tag 1898-12-31
-
Monat
1898-12
-
Jahr
1898
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Li« Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhf. dir Abrnd-Au-gabe Wochentag- um 5 Uhr. Filialen: ktl» Klemm's Tortim. (Alfred Hahn), IlniversitätSskraße 3 (Paulinus), Loui» Lösche. Katbarinensir. 14. Port. und Körigsplatz 7. Ne-action und Erve-Morr: JetzanueSgafle 8. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen ge-ffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. «<z»g^Prei» hl der Hau-terpediUou oder de« im Gtabi» betziri und den Bor orten errichteten Au-- «aoestrlleu ab geholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Han« X 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung in« Ausland: monatlich 7.50. Morgen-Ausgabe. UchMr TaMaü Anzeiger. Ämtsökatt des königlichen Land- nnd ÄNtlsgerichles Leipzig, -es Mathes und Molizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. AnzeigenPreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg, Rrclamrn unter demRedaction-strich (4g» spalten) 50^, vor den Familirnnachrichw» (8 gespalten) 40^. 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LuKoImann, Colonialwaarenhandlung, Schützenstrahe 5 Herr «lul. 8elril»rlolieii, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr L. vlttriok, Cigarrenhandlung, Aorkftrahe 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. Lletr, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Strahe 35 Herr V. LÜ8tvr, Cigarrenhandlung, in Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung sür das I. Vierteljahr 1899 Laldgesälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 50 durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 6 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgaffe 8, die Filialen: Katharrnenftratze 14, Königsplatz V und Universitiitsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr L. 0. Llttol, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr Meoä. Leier, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 O. L. 8edudei't'8 Xaellkolger, Colonialwaarenhandlung, frankfurter Straste (Tbomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto LrauL, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Läurrrü Letrer, Colonialwaarenhandlung, Naschmarkt 3 Herr L. 0. 8edul2v, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. L. Aldreellt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Oreliier, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau Llseker, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert ALner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Altiier, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenarr Herr Aldert 4,1näner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt 8edelt'8 Anuoneen-Lxpeältton, Eisenbabnstraße I, Die angebliche Maßregelung des vr. Lunhe. Angesichts der groben Entstellungen, mit welchen in der Presse seil einigen Tagen daS Ausscheiden VeS Assistenten Vr. Kuntze aus der Verwaltung der Bereinigten staatSwissen- schaftlichen Seminare der Universität Leipzig besprochen wird, sehe ich mich zu folgender Klarstellung des Sachverhaltes genöthigt. Am 8. December d. I. bat mich vr. Kuntze, der seit 4>/, Jahren dem Seminar angehört (früher als Mitglied, jetzt als Bibliothekar und Assistent), um einen eintägigen Urlaub, den er zu einer Reise nach Berlin benutzen wollte, von wo ihm durch den Director der Central stelle für Borbereitung von Handelsverträgen vr. VoS- berg-Reckow am 3. d. M. telegraphisch angeboten worden sei, unter vortheilhaften Bedingungen in diese Ccntralstelle cinzutreten. Nach dem, was mir bis dahin Vr. Kuntze über seine ferneren LebenSpläne mitgethcilt hatte, mußte mich diese Mittbcilung überraschen. Auf weiteres Befragen sagte mir Herr Kuntze, daß er die Verbindung mit Herrn VoSberg einem Artikel verdanke, den er über dessen Schrift „Die amtliche Statistik VeS deutschen AnßrnbandelS" in der „Zeitschrift sür die grsammte Textil industrie" veröffentlicht habe. Am 11. December erschien vr. Kuntze wieder bei mir, um mir zu eröffnen, daß er mit der Centralstelle zu einem Abkommen gelangt sei und de-halb seine Assistentenstelle zum 1. April 1899 kündigen müsse. Man habe in Berlin gewünscht, daß er sofort als Hilfsarbeiter bei der C.-St. eintrete; er habe indeß mit Rücksicht auf die zwischen uns bestehende Verpflichtung zu vierteljähriger Kündigung darauf nicht eingeyen können. Eine briefliche Zusage für die ihm auf 1. April in Aussicht gestellte feste Anstellung babe ihm die Direction der Centralstelle freilich nicht geben können, da erst im Februar der Ausschuß über die Crrirung der neuen Stelle beschließen müsse. Ich hatte auS dieser Unterredung den Eindruck gewonnen, daß vr. Kuntze, um sich den Posten bei der Centralstelle zu sichern, lieber sofort in Berlin eingetreten wäre, unb stellte ihm demzufolge am nächsten Tage frei, schon am 3l. December d. I. auS dem Seminar auSzuscheiden. Bis dahin hatte ich von dem Artikel, der die Veranlassung zu der Wegberufung meine- Assistenten geworden war, keine Kenntniß genommen, vr. Kuntze hatte sein Amt immer tadellos und mit voller Hingebung verwaltet; er hatte sich nebenbei schriftstellerisch beibatigt und ich selbst hatte seine Verbindung mit der Zeitschrift vermittelt, in der jener Artikel er schienen war. Ich würde wohl auch ferner keine Veranlassung ge funden haben, mich damit zu befassen, wenn mir nicht am 14. De cember früh durch einen Collegen, Herrn Professor vr. Stieda, die Mittheilung gemacht worden wäre, daß zufolge eines freundschaftlichen Privatbriefes des Directors deS kaiserlichen statistischen Amtes in Berlin, GrheimrathS vr. von Scheel, an ihn (Stieda) ein vou der Central stelle für Vorbereitung von Handelsverträgen in Broschüren form heranSgegebener Sonderabdruck de» Kuntze'schen Auf satzes verbreitet werde, auf welchem die Eigenschaft deS vr. Kuutze als Assistent der Vereinigten staatSwiffenschast- licben Seminare, offenbar zu agitatorischen Zwecken, besonder- hervorgehoben sei. Nunmehr war sür mich die Notbwendigkeit gegeben, der Sache amtlich näher zu treten, um so mehr, als Berliner Blätter (z. B. die „Vossische Zeitung") mich persönlich für die Arbeit meine» Assistenten in Anspruch nehmen zu wollen schienen. Ich ließ mir darum von vr. Kuntze ein Exemplar jenes Sonderabdrucks vorlegen, und in der That erweckte dessen Titelblatt auch mir den Eindruck, daß hier das von mir verantwortlich geleitete akademisch« Institut in da» wüste Treibe« eine» mit allen Mitteln geführten wirthschastspolitischen Jntereffenkampfe» hineingezerrt werden sollte, um dem Verfasser in den Augen de» Publicum« größere Autorität zu verleihen, als ihm sonst wohl gezollt worden sein würde. Dieser Eindruck wurde noch durch die Erwägung verstärkt, daß ich im letzten Semester im Seminar de« Einfluß der Zollreform von 1879 auf die deutsche Waaren-Ein- und -Ausfuhr von de« Mitgliedern hatte untersuchen lassen und di« Arbeit de- vr. Knntze leicht nach außen al» ein unter meiner Mitwirkung zu Staude gekommene» Ergebaiß dieser Uatersuchuugen erscheinen konnte. Ick» ent nahm daran» Veranlassung, Herrn Kuntze meine Mißbillig««- darüber auSzusprechrn, daß er seine amtliche Stellung und die Anstalt, der er seine wissenschaftliche Ausbildung verdanke, dem Vertreter einer Jntrrrffentrncoalition zu AgitationSzwecken ?reisgebe, und ich glaube dazu um so mehr Grund gehabt I m haben, als mein Assistent wissen mußte, daß ich niemals! Mitglieder im Seminar geduldet habe und auch nie dulden, werde, welche sich in Versammlungen oder Druckschriften an wirthschastS- ober socialpolitischer Agitation betheiligen. Weiter erklärte ich Herrn Kuntze: nachdem er einmal sich zur Betheiligung an einer seit Wochen mit maßloser Ge hässigkeit betriebenen Agitation babe verleiten lassen, müsse ich fürchten, daß er sobald nicht wieder davon loskominen werde. Ich könne mir unter diesen Umständen von seiner ferneren Wirksamkeit '«< Seminar, soweit seine Assistententhätigkeit in Frage komme, nicht viel Ersyri chc mehr versprechen und müsse ihm darum dringend ratben, bei der Centralstelle anzufragen, ob er seine dortige Thärigkeit nicht bereits am 1. Januar 1899 beginnen könne. Herr Kuntze versicherte mich darauf, daß die Angabe seiner amtlichen Stellung auf dem Titelblatt der Agitationsbroschüre ohne sein Vorwiffen erfolgt sei. Da dem einerseits die Worte „Mit Genehmigung deS Herrn Verfassers" auf jenem Titel blatt, andererseits der Umstand zu widersprechen schien, daß die Centralstelle unmöglich den im Abdrucke der „Zeit schrift f. d. ges. Textilinvustrie" nicht angegebenen und auch nicht gerade gewöhnlichen Titel des „Assistenten an den Vereinigten staatSw. Seminaren der Universität Leipzig" auS den Fingern gesogen haben konnte, nachdem sie tele graphisch d«e „Genehmigung des Verfassers" zum Wieder abdruck eingeholt hatte, so beschloß ich, mich um Aufklärung des für die diSciplinarische Behandlung des Falles wichtigen Zeitpunkte» der Ausgabe der Broschüre in Berlin nun meinerseits an Herrn Geh. Rath von Scheel zu wenden, und entband Herrn Kuntze für die Zwischenzeit von der Verpflichtung, den alle Wochen zweimal stattfindenden Seminarsttzungen beizuwohnen. Ich glaubte damit einem Wunsche de» Herrn Kuntze entgegenzukommen, da ich annabm, daß in der Zeit, wo eine amtliche Untersuchung über Hm schwebte, ihm das nahe persönliche Zusammensein mit mir vor den Augen der Seminarmitglieder peinlich sein könnte, die von allen diese» Vorgängen nicht» wissen konnten. Ich war darum nicht wenig erstaunt, al» ich eine Stunde später durch meinen um Beistand angegangenen Collegen Stieda erfuhr, daß vr. Kuntze die so sehr in der Natur der Dinge liegende Entbindung von einer seiner Ver pflichtungen al- eine schwere Kränkung und als eine Art AuSstosiung auö dem Seminar ansehe, obwohl ihm doch kein Zweifel darüber gelassen worden war, daß er seine sonstige Thätigkeit für da» Institut sortzusetzen babe. Ich habe daraufhin bereits am gleichen Nachmittage jene Maßregel zurückgenommen, und als mir vr. Kuntze kurz darauf mittheilte, daß die Centralstelle ihn am 1. Januar nicht einstellen könne, ihm bedeutet, daß eS sonach beim 1. April als AuStrillStermin sein Bewenden behalte. Daß ich mich gerade an Herrn von Sckeel, mit dem ich seit vielen Monaten keine Zeile gewechselt batte, um Aufklärung wandte, hatte nicht sowohl darin seinen Grund, daß durch ihn die Thatsache der Verbreitung jener Broschüre bekannt geworden war, als darin, vaß ich dem Director de» kaiserlichen statistischen AmteS, da» von jeher dem Seminar das größte Wohlwollen be wiesen hatte, indem eS das für dessen Arbeiten ewthige officielle Material in weitgehender Liberalität zur Verfügung gestellt hatte, die Versicherung schuldig zu sein glaubte, vaß ich persön lich au der Arbeit deS vr. Kuntze und der damit getriebenen Agitation unbetheiligt sei. Von einer öffentlichen Erklärung gleichen Inhalt», welche ich für den Fall in Aussicht nehmen mußte, daß die Andeutungen der oben erwähnten Berliner Blätter eine Berichtigung auf Grund von tz 11 des PreßgesetzeS zu fordern gestatteten, erklärte ich zunächst abseben zu müssen. Die Auskünfte deS Herrn Geb. Rath von Scheel über den Tag, an welchem der Sonderabdruck der Kuntze'schen Arbeit zuerst in Berlin verbreitet worden war, lauteten zu meiner großen Erleichterung sür Herrn Kuntze günstig; eS lag in der That darnach die Möglichkeit vor, daß die agitatorische Ausnutzung seiner amtlichen Stellung auf dem Titelblatte ohne sein Vorwissen erfolgt war, und ich begann bereit» mich mit dem Gedanken vertrant zu machen, daß — trotz der im Verlause dieser Dinge immer intimer ge wordenen Beziehungen meine» Assistenten zu einem so rücksichtS- nnd skrupellosen Jntereffenvertreter und Agitator wie vr. VoSberg-Reckow — wenn auch nicht da- alte Berlrauen-verhältniß, so doch ei« leidlicher moclug viveuäi mit vr. Kuntze bis zum 1. April nächsten Jahre bestehen würde. Da theilte mir Kuntze nach einigen Tagen mit, daß sich durch Vermittlung der Eentralstelle sür Vorbereitung von Handelsverträgen ein Abkommen babe treffen lassen, nach welchem er bis zum 1. April eine günstige Stellung bei einem mit der Centralstelle in Verbindung stehenden Verbände von Textilindustriellen er halten könne, nnd erbat meine Zustimmung zu seinem Aus tritt au» dem Seminar bereits sür den Schluß dieses Jahres, welche ihm auch bewilligt wurde. Damit schien die Angelegenheit in einer für beide Tbeile befriedigenden Weise erledigt zu sein. Da wurden am ersten Weihnachtsfeiertage gleichzeitig im „Berliner Tageblatt" und der „Voss. Ztg." Artikel veröffentlicht, die von einer Maß regelung zu berichten wußte, w lcke durch mich als Direktor deS Se.ninarS auf eine Beschwerde „zweier hoch- gestellter Persönlichkeiten" an meinem Assistenten vr. Kuntze vollzogen worden sein soll. Die Maßregelung soll darin bestehen, daß dem vr. Kuntze seine hiesige Stellung plötzlich gekündigt worden sei mit dem Hinweise, daß er durch seine an den handel-statistischen Zusammenstellungen deS Reichsamts de- Innern in einem Artikel der „Ztschr. f. d. ges. Textilindustrie" geübte scharfe Kritik „sich an Parteibestrebungen betheiligt" habe. Der Wort laut der Artikel ist nicht ganz der gleiche; aber darin stimmen sie doch überein, daß sie mir die Infamie zutrane», ich habe mich zum Werkzeuge der kleinlichen Rachsucht zweier hoher Beamten gemacht und den vr. Kuntze wegen eines wissenschaftlich gehaltenen, in einem Fachblatte veröffentlichten Aufsatze» seiner Stellung und seines Ärode» beraubt. Mir kamen diese Artikel erst am letzten DienStag zur Kenntniß. Ich sandte zu Vr. Kuntze, um ihm die Sache mitzutheilen, weil ich e» für selbstverständlich hielt, daß er jene lügenhaften Behauptungen richtig stellen würde, vr. Kuntze war jedoch an diesem Tage nickt in Leipzig, sondern in Berlin, und so mußte ick die Unterredung mit ihm auf den nächsten Tag verschieben. Noch bevor diese stattfand, empfing ich einen Brief von vr. VoSberg-Reckow, in welchem dieser mir u. A. mittbeilt, daß Vr. Kuntze am DienStag ihn aus gesucht habe, um von ihm den Autor deS Artikels im „Berliner Tageblatt" zu erfabren. „Herr vr. K. scheint gewillt zu sein", schreibt Hr. VoSberg weiterhin, „seiner seits zu erklären, daß ihm nickt gekündigt sei, ich (VoSberg) habe ihm da- jedoch widerrathen müsse», weil die Gewährsmänner des mir ferne stehenden Tageblatte- genaue Kenntniß davon haben, daß die Kündigung nickt nur thatsächlich zunächst erfolgt ist, sondern daß auck Erwägungen gepflogen worden sind, ob man nickt eine Erklärung deS dortigen Seminars erlassen solle". Im ferneren Verlauf de» Briefes wird mir zuge- muthet, die infamen Angriffe des „Berl. Tagebl." unbeant wortet zu lassen, und für den Fall, daß eine Erklärung meinerseits erfolge, mit „öffentlicher Nennung der beiden Berliner Herren" gedroht. Merkwürdiger Weise war vr. Kuntze, der am DienStag in Berlin Herrn VoSberg gegenüber aus eigenem Antriebe „gewillt zu sein schien, zu erklären, daß ihm nicht gekündigt sei", am Mittwoch in Leipzig mir gegenüber nicht mehr ge willt, daS Gleiche zu erklären. Ick habe darauf meinerseits eine Erklärung aufgesetzt, Herrn vr. Kuntze gebeten, diese» Schriftstück in Ruhe vurchzulrsen, nnd als er mir dessen Richtigkeit mündlich bestätigte, ihn gebeten, dies auch schrift lich auf dem Concept zu thun. Er that dies mit der Bitte, seine Unterschrift nicht dem „Berliner Tageblatt" mit zu übersenden, was ich zusagte, um ihn in seiner schwierigen Lage so lange al- möglich zu schonen. Nachdem nun aber da- „Berliner Tageblatt" meine von Herrn Kuntze al- richtig anerkannte Erklärung mit einer Reihe neuer Angriffe beantwortet hat, welche in einzelnen Wendungen und Sätzen eine merkwürvige Aehnlichkeit mit dem Briefe des „dem Tageblatt fernstehenden" vr. VoS- berg-Reckow aufweisen, und nachdem ick mich habe über- zeugen müssen, daß die ganze Preßsebde ans Mit- theilungen zurückzebt, welche von vr. Kuntze an letztgenannten Herrn gemacht worden sind, sebe ich mich zu meinem tiefsten Bedauern außer Stande, länger Schonung walten zu lassen. Ich beklage e« auf» Schmerzlichste, daß der jetzt 23jäbrige junge Mann, der mir in schwierigen Lagen ein treuer Gehilfe und Vertrauter ge wesen ist, nicht die Serlenstärke bat finden können, der Wahrheit in der Oeffentlickkeit die Ebre zu geben, selbst ans die Gefabr bin, daß er damit eine gute Versorgung zunächst gefährdete; aber ich finde eS begreiflich nnd entschuldbar. vr. Kuntze will nach seinen letzten Aenßeruiigen an jenem 14. December, an welchem ich ibm meine Mißbilligung auS- sprack, rnehrereStunden lang in dem Glauben besangen gewesen sein, cS sei, statt seiner früheren Kündigung auf den 1. April, nun von mir eine solche auf den 1. Januar ausgesprochen worden. Da sich auf diesen Punct vermuthlich die weitere Preß polemik des Herrn VoSberg stützen wird, so sei hier nur so viel constatirt, daß on jener Auffassung des vr. Kuntze be züglich des Termins seines Austritts weder Herrn Professor Stieda noch mir in den zahlreichen Unterredungen mit ihm bis zum 28. December etwas bemerkbar geworden ist und daß ick zu einer Kündigung auf einen früheren Termin ..iS den l. April ga.- nickt berecht.gt gewesen wäre. Ich will aber zugcben, daß es bei den scharfen Auseinander setzungen, zu welchen die agitatorische Mißbrauchunz des von mir geleiteten Institut- mir Anlaß gab, leicht zu Miß verständnissen kommen konnte. Willman in derThatsacke.daß ich gegen die Ausnützung einer amtlichen Stellung zu Agitation-Zwecken tadelnd eingeschritten bin, eine „Maßregelung" erblicken, so bekenne ich mich gern derselben schuldig. Aber die Schuld trifft dann mich allein, nicht etwa Herrn von Scheel, dessen Mittbeilunzen indirecl dazu führten, daß mir der agitatorische Unfug überhaupt bekannt wurde. Ihn oder mich weiter zu rechlfertigen, habe ich keinen Anlaß. Ich darf ohnehin annchmen, daß der Vor wurf, ich ließe mich in meinen amtlichen oder außer amtlichen Handlungen durch Einflüsterungen „hochgestellter Persönlichkeiten" bestimmen, für alle Diejenigen, welche mich kennen, eines Beigeschmacks von grotesker Komik nicht entbehren wird. Aus die neuerlichen Angriffe dek „Berliner Tageblatt-" zn antworten, halte ich unter meiner Würde. Nur da- Eine will ich noch auSsprechrn, daß ich auch fernerhin Laö von mir geleitete Institut von den Einflüssen bezahlter Interessenvertretung und wirthschastSpolitischer Agitation rein zu halten wissen werde. Leipzig, den 30. December 1898. Der geschäftsführende Director der Derrinigten staat-wissenschaftlichen Seminare der Universität Leipzig. Professor Vr. Karl DÜcker. Deutsches Reich. -n- Leipzig, 30. December. An der Hand unumstößlicher Thatsachen haben wir kürzlich ven Nachweis geführt, daß der „Polnische Jndustrieverein" in Leipzig mir der Industrie gar nichts zu schaffen hat, dagegen um so mehr sich die Pflege großpolnischer Ge sinnung angelegen sein läßt. Schneller als wir geglaubt, bringt die in Posen erscheinende polnische Presse selbst eine willkommene Erhärtung unserer Beweise. So bekundet der „Orendownil" große «Henugthuung darüber, daß von allen polnischen Vereinen in Leipzig gerade der Industrieverein in jüngster Zeit am meisten zur „Hebung des polnischen Geistes" beigetragen und viel „fruchtbringende Arbeit" geleistet habe. So habe beispielsweise dieser polnisch« Verein den Todestag Joseph Poniatowski's, „dieses tapferen und edlen polnischen Kriegers", durch Niederlegung eines Kranzes an dessen Denkmal gefeiert. Selbstverständlich habe es sich der „Jndlistrie"-Berein auch nicht nehmen lassen, den hundertjährigen Geburtstag des polnischen Nationaldichters Adam Mickiewicz festlich zu begehen, der bekanntlich, getreu dem Nationalcharakter der Polen, in einer seiner bedeutendsten epischen Erzählungen, dem „Konrad Wallenrod", die Heuchelei und den Verrath glorificirt hat. Es seien von Mitgliedern, meist Handwerkern und deren Töchtern und Frauen, Mickiewicz'sche Lieder und Declamationen vor getragen, sein Lebenslauf und sein Einfluß auf die Revolution von 1830/31 geschildert worden. Die „Perlen der Feier" waren, wie der Gewährsmann des „Orendownik" hervorhebt, die patriotischen Vorträge der kleinen Töchter der Herren Nondlerski (etwa ein früherer deutscher Rondler?) und Hajdrych. Denn für einen Polen gäbe es nichts Schöneres, al» ein kleines un schuldiges Mädchen „patriotische" Lieder singen zu hören! Der großen Begeisterung, die diese Kindervorträge hervorriefen, gab der Vorsitzende eines anderen, bei der Feier ebenfalls vertretenen polnischen Vereins, der „Unitas", dadurch Ausdruck, daß er ein Hoch auf diejenigen Eltern ausbrachte, welche ihre Kinder so schön polnisch gelehrt hätten. „Beifall klatschten" ihm — so heißt es weiter in dem Bericht — „alle Polen, welche diesen weittragenden, in die Herzen der Jugend eingeimpften patriotischen Parteigeist (.') gut begriffen haben. Glücklich sind die Polen in Leipzig, weil dort Leute sind, die mit Selbstverleugnung für die polnische > Allgemeinheit ehrlich arbeiten und dir Kinder polnisch lehren".
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