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V'84 ««sucht werde» muß und daß daher, wie auch die an« scheinend erfolgte vorläufige Anerkeuaung durch den spanischen Ministerpräsidenten erkennen lietz, der spanischen Regierung die Ersatzpflicht obliegt. In anderen ähnlich liegenden Fasten hat die deutsche ReichSregierung stet« die Hand zu Gunsten einer schnellen Erledigung im Interesse unserer Landöleute geboten, und man kann sich die lange Verzögerung nur durch die lange Dauer der Friedensverhandlungen erklären. Jetzt, nach Abschluß derselben, dürfte die deutsche ReichSregierung wohl einen geeigneten Weg ausfindig zu machen wissen, um den Rechtsansprüchen unserer Landsleute auf Cuba An erkennung zu verschaffen. Vorausgesetzt, daß die Geldrnt» machunz der Ansprüche von der betheiligteo Seite in ein- wandSfreier Weise stattgefunden hat, wird die Vertretung derselben durch das Auswärtige Amt jedenfalls in nachdrück licher Weise geschehen. Ueber Rußlands Absichten auf Abessinien wird uns aus Petersburg geschrieben: Die neuesten aus Abessinien hier ein getroffenen Meldungen haben an den maßgebenden Stellen insofern eine unangenebme Ueberraschung hervorgerufen, als sie bestätigen, daß wischen dem Negus Menelik und dem RaS Mangascha doch ernste Gegensätze besteben. Man batte bisher angenommen, daß Menelik die scheinbare Unbotmäßigkeit Mangaschas nur zum Vorwand nehme, um eine starke Kriegsmacht sowohl in dem den italienischen Besitzungen nahegelegenen Theile seines Reiches aufzustellen, als auch nach dem Sudan hin seine Besatzungen zu ver stärken. Jetzt hat man jedoch sehr zuverlässige Mittheilungen darüber erdalten, daß sich gegen Menelik eine all gemeine Erhebung vorbereitet, an der nicht nur Mangascha, sondern auch einige andere RaS betheiligt sind. Es ist dabei zu bedenken, daß Abessinien selten ein völlig geschlossener Einheitsstaat war, sondern die Unterkönige gewöhnlich fast selbstständig waren, während heute Menelik denselben nur die Stellung abhängiger Unterführer ein geräumt hat. Eine Auflehnung gegen diesen Zustand liegt daher wohl im Bereiche der Möglichkeit, sobald einige RaS von auswärtiger Seite hinlänglich mit Waffen versehen werden, nm einen Kampf gegen daS Heer Menelik'S wagen zu können. Augenblicklich würde zwar dieser Fall den Absichten Rußlands widersprechen, weshalb man von Petersburg auö den in Abessinien befindlichen Vertretern Rußlands tue Weisung gegeben hat, wenn möglich eine Vermittelung zwischen Menelik und Mangascha zu übernebmen. Sollten jedoch die Gegner Menelik'S eine bedeutendere Machtstellung gewinnen, so würde gewiß auch Rußland keine Veranlassung nehmen, eine Auflösung des abessinischen Reiches zu ver hindern, da ja die einzelnen Glieder noch eher dem russischen Einfluß unterworfen werden könnten, als daS geschloffene einheitliche Reich. Die „Peking and Tientsin Times" bringt einige nähere Angaben über die zum Schutze der Gesandtschaften nach Peking geschickten Abtheilungen von Seesoldaren. Wie schon auf telegraphischem Wege bekannt geworden ist, verlangten die Gesandten Deutschlands, Englands und Rußlands, die Truppen sollten von Tientsin mit der Eisenbahn nach der Hauptstadt befördert werden. Die chinesischen Behörden in Tientsin weigerten sich zurrst hartnäckig, die Erlauhniß hierzu zu geben, weil keine Einwilligung deS Tsung li yamen da wäre. Nun lag die Frage nabe: haben die zuständigen Gesandten versucht, diese Einwilligung zu erlangen? Hierauf giebt das genannte Blatt folgende Antwort, die Jedem, der nicht weiß, wie seltsam hohe Man darinen zuweilen handeln, ganz erstaunlich vorkommen muß: „Die Gesandten gaben sich Mühe genug, die Genehmigung deS Tsung li yamen zu erhalten. ES war aber alles vergebens. Ihre wiederholten Gesuche wurden nicht beantwortet, und als sie end lich ein Ultimatum schickten, erfuhren sie, daß keiner von den hohen Beamten im Damen erschienen wäre, eS zu empfangen. Die alten Herren batten sich also nach bekannter chinesischer Art allen unliebsamen Folgen des unbequemen Anliegens ein fach dadurch zu entziehen gesucht, daß sie sämmtlich durch Ab wesenheit glänzten! Kein Wunder also, daß keine Erlaubniß eiugrholt werden konnte, weil Niemand da war, sie zu geben." Schließlich hat man die Erlaubniß dann doch noch ertheilt, al- man gar nicht mehr anders konnte. Es ist erfreulich, daß die Gesandten auf ihrem Willen bestanden haben. Ohnehin mag daS chinesische Volk wohl schon geglaubt haben, die Fremden zitterten vor dem bloßen Worte deS Vicekönigs in Tientsin und wagten nicht, dagegen zu handeln. Trotz des unangenehmen mehrtägigen Wartens herrschte aber unter der kleinen Schaar, wie die „Peking and Tientsin Times" hervorhebt, die größte Ordnung; Osficiere wie Soldaten fanden sich geduldig in ihr Schicksal. Als die Truppen endlich abfahren konnten, übernahm der russische Oberst Wogack al» der älteste im Eommanvo deren Führung. aufgehende Mond stieg aus einer dunkelen Wolke und zog lang sam seine Bahn auf dem azurblauen Himmel. Fast unter dem Fenster rauschte der Fluß und widerspiegelte das silberfarbige, fahle Mondlicht. Es lag etwas Mystisches in dieser stillen Ruhe, die Zweige der gegenüberstehenden Bäume hoben sich effectvoll gegen den Himmel ab; ein Boot glitt geräuschlos auf der Wasser fläche dahin und nahm sich wie ein vorüberhuschender Schatten auf der glänzenden Wasserfläche aus, einige Sterne leuchteten am Firmamente auf; es war ein wunderbares, nächtliches Bild, von dem sich Capri garnicht zu trennen vermochte. Plötzlich fiel ihr ein, wie entzückt Marc davon wäre, wenn er es sehen könnte. Armer Marc! Sie hatte sich heute so glücklich gefühlt, ohne ihm auch nur einen Gedanken zu gönnen. Wie undankbar und egoistisch war sie doch! Sie sah seine vorwurfsvollen Blicke, den ent täuschten Ausdruck seines Gesichts, als er das letzte Mal Abschied von ihr nahm, vor sich auftauchen und ein leichtes Frösteln über lief sie. Sie seufzte schwer auf und schrak zujammen, als Mrs. Lordson die Hand auf ihre Schulter legte und lächelnd ausrief: „Träumerin! Wissen Sie nicht, daß nur Verliebte den Mond anschwärmen?" „Die Nacht ist so wunderbar!" entschuldigte sie sich. „Alle jungen Leute finden die Mondscheinnächte wunderbar, weil sie noch nicht wissen, was Neuralgie ist." Capri lachte hell auf und lietz sich von ihrer Herrin in einen warmen Shawl hüllen. Kurz darauf fuhr auch der Wagen vor und sie traten die Rückreise an. Der Mond stieg immer höher, die Landstratze sah wie ein breites, weitzes Band aus, auf das hier und da die Bäume tiefe Schatten, warfen. Alles in der Natur schien zu schlummern, nur die Hufschläge der Pferde und daS Rollen des Wagens unterbrach die Stille der Nacht. Em leichtes Lüftchen wehte, daS von den Wohlgerüchen, die das Heu und die bescheidenen Feldblümchen ausströmten, geschwängert war. Newton citirte Shelley und Byron, Mrs. Lordson lauschte andächtig seinen Worten und nickte dabei ein. Capri verhielt sich schweigsam, und Harrick wagte nicht, sie zu stören. Sie be dauerte, datz dieser Sommertag, der genußreichste, seitdem sie ihre geliebte Heimathsinsel verlassen, so schnell zu Ende ging; er hatte ihr Herz mit kindlicher Freude erfüllt, sie der Alltagssorgen ent hoben, wer weitz, was ihr die Zukunft vorbehielt! Die Auf regung war vorüber und sie durchlebte in ihren Gedanken noch einmal alle Ueberraschungen deS TageS. Lord Harrick war deS Schweigen» müde, er rückte näher zu Capri, so datz er bei jeder Bewegung, die er machte, ihren Körper streifen mutzte, was ihm ein ungeheurer Vergnügen bereitete, und fragte in so leisem Tone, kaß es die Anderen nicht hören konnten: Deutsches Reich. /?. Berlin, 2. Decrmber. (Professor G. Schmoller über die „Gedanken und Erinnerungen" de» Fürsten Bismarck.) In der letzten Nummer der „Socialen Praxis" veröffentlicht Prof. G. Schmoller «inen acht Spalten füllenden gedankenreichen und begeisterten Artikel über da politische Testament deö Fürste» Bismarck. Er sagt, er habe in der Lectüre nicht mehr enden können und daS Werk ver schlungen, über da» er u. A. auSführt: „Der ungeheuere dramatijche Eindruck des Werke» scheint mir wesentlich darauf zu beruhen, daß eS bei aller Schlicht heit und Realistik, bei dem gänzlichen Mangel jede» Posiren» und jeder Teclamation die innere Tragik deö wrltgejchicht- lichen Helden erzählt, der alles Große für sein Vaterland nur erreicht durch innere Erregungen und äußere Kämpfe so bitterer und so heftiger Art, daß all seine Macht, sein äußerer Glanz ihn nicht über seiue Einsamkeit und Nichtanerkennung trösten können. So sehr für diese Stimmung seine Entlassung 1890 mit« und nachgewirkt haben mag — er vermeidet in vornehmer Weise, sie zu besprechen — so wenig ist diese doch offenbar di» Grundursache dieser durchschimmerndrn Stimmung. Auch Alles, was er vorher erlebt hat, seine ganze politische Thätigkeit von 1862 an, tritt unS in der Beleuchtung eines erschöpfenden Kampfe» und eines Martyriums entgegen. Und dabei ist daS, was an seinem Herzen nagt, was seine Nervenkraft rrjchöpst, nicht die Reibung mit seinen Feinden: die belebt, erfreut und erfrischt ihn. Nein, die Loßreißung erst von Gerlach, Stadl, Wagner, später von der ganzen conjervativen Partei, von seinem Verwandten Kleist-Retzow, seinem Freunde Blankenburg und halb auch von Roon, die Kämpfe mit den Generalen, dir ihn, den Begründer all ihres Ruhmes, 1870 von jeder Berathung ausschließen, weil er, wie der Kaiser zu Gras E. Stolberg sagte, 1866 immer Recht in seinem Votum gegen sie gehabt habe, die Reibungen und Kämpfe mit den anderen Ministern, der erschöpfende Kampf gegen die Hoscamarilla, über die er nie ganz Herr wird, die bittere Empfindung, daß bei seiner Entlassung 1890 durch alle Ministerien die Stimmung einer Befreiung von schwerem Joch laut durchbricht, und zuletzt freilich am meisten, daß er auch mit seinem vielgeliebten Kaiser nur durch Kämpfe der erschütterndsten Art hin durch auskommt, daß dieser z. B. nach der Kaisrrproclamation in Versailles ihn ignorirt, an ihm vorbei geht, den Generalen die Hand giebt, weil der König und er die Tage vorher sich über die Art der Kaisertitulation nicht hatten einigen können, — das sind die bittersten Tropfen in dem Leidrnskelch, de» er dann zuletzt mit der Entlassung bis auf die Hefe leeren muß." Der letzte Eindruck der „Erinnerungen" wird, so meint Schmoller, nach dem ersten tragischen der versöhnliche sein, und zwar wegen der Art, wie Biömarck sein Ver- bältniß zu Wilhelm I. schildert. „Auch was über Kaiser Friedrich gesagt wird, ist in ähnlichem Geiste gehalten." Schmoller schließt: „So klingt das politische Testament BIsmarck's harmonisch aus. Es wird dadurch dem deutschen Volke um so mehr ans Herz wachsen; es wird Tausende seiner Gegner entwaffnen, di» mristen übrrraschrn durch die olympisch» Ruhr und Vermeidung jeder Pikanterie. Wir Socialpolitiker, die wir in manchen Punclen seine Gegner waren, haben ihm zu danken, daß er auf diese strittigen Fragen gar nicht eingeht; Las Werk gewinnt dadurch an geschloffener Größe. . . Ich kenne von keinem großen Manu der Geschichte ein ähnliches Testament — außer von Friedrich dem Großen. . . Stets hat sich bisher eine Summe von Legenden wie ein Nebel vor daS Bild der großen Staatenlenker gelagert. . . Hier wird zum ersten Male sofort nach dem Tode dieser Nebel zerrissen durch ein authentisches Dokument, das unS den deutschen Helden unseres Jahrhunderts in seiner ganzen Thatkrast, seinem Muth, seinem Patriotismus, seiner Schlichtheit, seiner Mäßigung, seinem durch dringenden Scharfsinn, seinem unbegreiflichen Augenmaß für di« wirklichen Kräfte deS staatlichen Lebens zeigt. Es ist ein Werk, dessen Wirkung man kaum überschätzen kann. Es wird noch nach Jahrhunderten und Jahrtausenden gelesen und studirt werden." * Berlin, 2. December. Aus den Conferenren im Reichspostamt werden jetzt ausführliche Mit- theilungen gemacht, von denen Folgendes von all gemeinem Interesse ist: Tie Einführung von Post anweisungsformularen mit einem zweiten Abschnitt für die Einlieferungsbescheiniguug wurde, entgegen den Ansichten der Conferenz vom vorigen Jahre, als nicht empfehlenSwerth bezeichnet, da dann, nach Einfübrung der Zehnpfennig anweisung, sechs verschiedene Formulare am Schalter verlaust werden müßten. Dagegen wurde angeregt, die Annahme von Postanweisungen mittels Verzeichnisses, wie sie jetzt von Behörden geschieht, auch auf vertrauenswürdige Privat personen auszudehnen. Zur Einführung von Postanweisungen mit Empfangsbestätigung liege em Bedürfniß nicht vor. Die Frage, ob Anträge der Absender von Nachnahme sendungen auf Streichung, Ermäßigung oder Erhöhung deö „Sind Sie schon müde?" „Nein, ich fühle mich nur zu glücklich! — Haben Sie noch nie empfunden, daß Worte die Glücksempfindung stören können?" „Doch." „Der heutige Tag machte mir so viel Freude", fuhr sie fort und nickte ihm dankbar zu. Im Mondenlicht konnte er bemerken, wie fröhlich ihre Augen strahlten. Dann trat wieder eine längere Pause ein. „Miß Capri Capri", begann er und neigte sich zu ihr herab, „ich wollte. Sie würden mir öfter gestatten, Ihnen einen solchen Tag zu bereiten." — „Sie sind zu liebenswürdig", unterbrach sie ihn leise. Er erfaßte mit seiner freien Hand di« ihrige und drückte sie immer fester und fester, am liebsten hätte er gleich seinen Arm um ihre Gestalt geschlungen und sie an sein wildpochendes Herz gedrückt. Sie blieb bewegungslos, starrte vor sich hin und be merkte deutlich eine Heerde Kühe, die ganz hinten auf dem Felde im Grase ruhten und ein kleines Bächlein, das ihr zuzulispeln schien: „Jetzt ist der Moment gekommen! Wie vermagst Du ihm mit dieser steinernen Ruhe entgegenzusehen!" Sie wunderte sich über sich selbst. War es die Ruhe des Triumphes? Da sie ihr Ziel so gut wie erreicht hatte, brauchte sie ja nicht mehr aufgeregt zu sein. „Ich wollte — ich wollte", stammelte der Lord wieder, „Si« würden mir erlauben, Sie öfter spazieren zu fahren, — vielleicht wären Sie mir dann ein klein wenig gut." „O, ich bin Ihnen ja so dankbar!" „DaS ist nicht das, waS ich wünsche. Sie sollen mir g u t sein, — ich meine besser als allen anderen Männern, die sie ken nen", sagte er rasch und mit einem Ernst, der sie überraschte. Sein Gesicht war jetzt ganz nahe dem ihrigen; sie fühlte, datz der Arm, der sie umschlang, heftig zitterte und seine liebeglühenden Augen die ihrigen suchten. Sie antwortete nicht gleich, sondern blickte verschämt zur Seite. „Capri, können Sie mich nicht ein wenig lieb haben?" fragte er bebend. „Ja", kam es leise von ihren Lippen, und sie erwiderte den Druck seiner Hand. „Ja? Sie sind mir wirklich besser, als allen anderen Män nern auf der Welt? — Und lieben mich, wie ich —" Weiter kam er nicht, denn in diesem Augenblick scheuten die Pferde vor einem weißen Meilenstein und jagten in einem rasen den Galopp davon. Capri vermochte sich nur mit Mühe auf ihrem Sitz zu behaupten, der Wagen schwankte bald nach recht», Nachnabmebetrage» zuzulassen seien, wurde bejaht. Al» wünscheaSwerth wurde bezeichnet, daß Packete, die al» „dringende" bezeichnet sind, immer durch Eilboten abgetragen werden, was jetzt nicht geschieht. Die KioSke zum Verkauf von Postwertbzeichen in den Schalterstellen großer Postämter haben sich bewäbrt und wesentlich zur Entlastung der Schalter beamten beigetragen. Gegen die Aufhebung der Vorschrift der Postordnung, daß Postkarte», die nach Beseitigung der ursprünglichen Aufschrift oder der ursprünblichen Mittlreilungen auf der Rückseite neu beschrieben sind, nicht befördert werden dürfen, wurden Bedenken nicht geäußert. — Wie s.Z. gemeldet wurde, hat der Kaiser bei seiner Anwesenbeit in Bethlehem eine besondere Ansprache an die Geistlichen gehalten. Wie die „Hilfe" nachträglich mit- tbeilt, enthielt diese Ansprache folgenden politisch wichtigen Say: „Alle anderen wollen vom türkischen Besitz etwa» haben, wir aber wollen nichts." — Die vereinigten Ausschüsse deS Bunde»rathS für Handel und Verkehr, für Justizwesen und für Rechnungs wesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für daS Landheer und die Festungen hielten heute Sitzungen. — Im ReichStagSgebäude bat beute Mittag, wie ei» Berichterstatter erfährt, eine Conferenz zwischen Vertretern der verbündeten Regierungen und Männern aus gewerblichen Kreisen über socialpolitische Fragen rc. stattgefunden. Eine ähnliche Zusammenkunft hat vor etwa zwei Wochen stattgefunden. — Die nationalliberale Fraktion des Reichs tags hält ihre erste Sitzung am nächsten Montag 7 Uhr Abends ab. — Zur lippischen Frage berichtet das Organ der Detmolder Negierung bitteren Tones, daß daS Tragen der lippischen Einzugsmedaille in Preußen verboten worden sei. — Angesichts der vielbesprochenen Thun'schen Er klärung in der österreichischen Kammer ist wobl nach stehende Berliner Meldung der „Magdeb. Ztg." nickt ohne Bedeutung: In Erwiderung auf eine Ansprache deS Führers der hiesigen österreichisch-ungarischen Colonie hob der Bot schafter Szögyenyi hervor, hier könnten Alle bewußt werden, wie das Bündniß mit Oesterreich, dessen Wohl- thaten aller Welt zu Gute kämen, fest, innig und nach seiner tiefsten Ueberzeugung auch wohlbegründet sei für eine ewige Dauer. — Ueber die in Berlin eingerichtete Auskunftsstelle sind bereits io Rom in der Conferenz gegen den Anarchis mus von den deutschen Mitgliedern eingehende Mittheilungen gemacht worden. Dem „Börs.-Cvur." wird hierüber auS Rom geschrieben: „Obwohl die Sitzungen der „Conferenz zum Schutze gegen die Anarchistengefahr" hinter ver schlossenen Tbüren stattfinden und die Sitzungsprotokolle in einem dreifach verschlossenen Geldschranke aufbewabrt werden, veröffentlicht der socialdemokratische „Avanti" (also der römische „Vorwärts") doch fast jeden Abend einen kurzen und, wie eS scheint, zutreffenden Bericht über die Beratbungen der Conferenz. Nach dem genannten Blatte soll beschlossen worden sein, daß die Auslieferung eines Anarchisten an sein Heimatbland nur dann stattzusinden habe, wenn der be treffende Anarchist schon wegen gemeiner Verbrechen bestraft sei. Am Montag bat sich die Conferenz mit dem Projecle einer internationalen Auskunftsstelle über Anarchisten beschäftigt. Der deutsche Delegirte gab ausführliche Nach richt über die in Deutschland demnächst einzurich- teode Auskunftsstelle dieser Art. Die anderen Dele- girten erkannten die Nützlichkeit der deutschen Einrichtung an, hielten sie aber für ungenügend. Im Princip wurde Vie Errichtung einer internationalen Auskunftsstelle beschlossen." — Die internationale europäische Fahrplanf- Conferenz zur Berathung des Sommerfahrplanes 1899 wird am 7. und 8. December in Nizza tagen. An derselben nehmen Vertreter der meisten europäischen Eisenbahn-Ver waltungen theil. — Eine Mittbeilung, daß die ReichSvertrelung beabsich tige, für eine CollectivauSstellung des deutschen Weinbaues auf der Weltausstellung in Paris einen Zu schuß von 50 000 zu leisten, beruht, der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge, auf einem Jrrtbum. Die für diese Aus stellung reichsseitig ins Auge gefaßte Forderung bestehe viel mehr in der Ueberlassung der Räume im Untergeschoß des deutschen Repräsentationsgebäudes, welche für die Weinaus- stcllung und eine damit verbundene Kosthalle unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. — Bezüglich der Suluinseln sind von der ReichS regierung Ermittelungen nach dem Umfange der dortigen deutschen Interessen emgeleitet. — DaS Reichspostamt hat verfügt, daß im Jahre 1899 eine eingehende statistische Erhebung innerhalb der Po st und Telegraphenverwaltungen stattzusinden habe, um über die Einwirkung der verschiedenen Beschäftigungs arten im Post- und Telegraphenbetriebr auf den Gesund- heitüzustaud deSPersonalS einen Ueberblick zu gewinnen. bald nach links, der Vicomte stieß einen derben Fluch aus und faßte die Zügel straffer, bald gelang es ihm, die Pferde zum Stillstehen zu bringen, doch waren di« Thiere so aufgeregt, daß sie nicht mehr im Trapp lausen wollten, sie rasten über das schlechte Pflaster der Vorstädte, bis sie endlich schnaubend vor Mrs. Lordson'S Wohnung vorfuhren. Da Harrick seine Auf merksamkeit den Thieren hatte schenken müssen, war sein Liebes rausch verflogen, die Beiden sprachen kein Wort mehr, bis er Capri wieder sehr sorgsam vom Bocke half. Er drückte ihr warm die Hand und sagte bloß: „Gute Nacht!" „Gute Nacht!" entgegnete sie und ließ ihre Hand länger als gewöhnlich in der seinen ruhen. „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!" flüsterte sie, als sie an jenem Abend zu Bette ging. Siebzehntes Capitel. Um zehn Uhr begannen sich die Gäste zu versammeln. Die Hausthüre stand weitgeöffnet, ein türkischer Teppich erstreckte sich bis über den Bürgersteig; große Wachskerzen in hohen Cande labern beleuchteten die Vorhalle und die breite, mit kostbaren Läufern belegte Treppe, deren beide Seiten von Palmen, Myrten bäumen und anderen tropischen Pflanzen umsäumt waren. Der von rosafarbenen Kerzen erleuchtete Salon rief eine geradezu feenhafte Wirkung hervor, die matten Lichtstrahlen fielen auf die unzähligen Bilder an den Wänden und die weichen, wolligen orientalischen Teppiche und Vorhänge. In den Ecken standn große koreanische Vasen, mit dem geheiligten Tong-Hoang, blühenden Pfirsich- und Orangenbäumchen decorirt. Vor dem prachtvollen Marmorkamin hohe, gelbe Rosenstöcke, deren Duft daS ganze Zimmer erfüllte. Wer dieses mit all seinen Kunst werken und Dekorationen, den niedlichen Stühlchen, den blühen den Blumen einmal gesehen, konnte eS sobald nicht wieder ver gessen. Alle Londoner Dichter und Musiker von Rang und Namen und auch viele minder bekannte erhielten zu dem großen Gesell- schaftSabend Einladungen, denen sie freudig nachkamen, denn sie wußten, daß sie in dem Salon der Kunstliebhaberin nicht nur College», sondern auch Leute treffen würden, die ihnen von Nutzen sein konnten. Mrs. Stonex stand in der Nähe der Thür, um sofort ihre eintretenden Freunde empfangen zu können. Sie sah in dem eleganten, blaßbernsteinfarbigen Faillekleid überaus dortheilhaft auS; weite griechische, mit weißem AtlaS gefütterte Aermel Keßen ihren vollen, runden Arm zur Geltung kommen, eine gelbe Rose tag -wischen Spitzen halb versteckt an ihrem Busen, eine —- Ueber die Mission de» Prof. Frbra. v. Hertliag in Rom weiß der römische Correspondent de» „B. T." Folgende» zu berichten: Frhr. v. HerUing wurde von de» deutsche» Katholiken »ach Rom rntsandt, um de» Papst davon in Krnutuiß zu setzen, daß sie die Reich-Politik durchaus billigen und von dem französische» Protektorat im Orient nicht» wissen wollen. Freiherr v. Hrrtling versicherte, daß die Haltung de» Cardinal» Rampolla von den deutschen Katholiken nicht gebilligt wrrde. Die Antwort de» Papste» war durchaus befriedigend, ebenso war die Aufnahme deS Frhrn. v. Hertling bei alle» vatikanischen Peesünlichkeiten sehr schmeichelhaft. Bon sämmtlich«» Eardinülen, mit denen Freiherr v. Hertling zusammentraf, wurde ihm direkt di« Mißbilligung der Rampolla'schrn Orieutpolitik ausgesprochen. Die Nachricht klingt sehr unwahrscheinlich. Un» erscheint eine frühere Meldung viel glaubhafter, Frhr. v. Hertlina sei zur Vorbereitung eine» in München abzuhaltenden katholischen CongresseS nach Rom gereist. — Der CultuSminister I)r. Boss« ist heute nach Minden ab gereist. — Der rumäuijche Besandte vr. zur. Beldiman hat sich mit Urlaub nach Bukarest begeben und wird während seiner Ab wesenheit durch den LegationSrath Cuciuranu al» Geschäftsträger vertreten. * Hannover, 2. December. Ueber die schon gemeldeten, am Mittwoch Vormittag erfolgten Verhaftungen von Personen, die anarchistischer Umtriebe verdächtig er scheinen, berichtet der „Hannov. Courier" noch Folgende»: Nach zuverlässiger Angabe haben am genannten Tage in ausgedehntem Umfange Haussuchungen und Vernehmungen in den Wohnungen solcher Personen stattgefunden, die ver dächtig erschienen, sich gegen tz 128 des Strafgesetzbuches (Theilnabme an geheimen Verbindungen) vergangen zu haben. Ferner sind mehrere derselben, in denen mau die Führer und geistigen Leiter der hiesigen Anarchisten vermuthel, in Haft genommen worden. Ihre Entlassung ist, entgegen anderen Meldungen, noch nicht erfolgt. * Detmold, 2. December. Der Redacteur der „Lipp. Tageszeitung", Willy Bruder, wurde gestern wegen MajestätSbeleivigung von der Strafkammer des fürst lichen Landgerichts zu sechs Wochen Festung verurtheilt. Die „Lipp. Tgsztg." ist daS Organ, welches seit Beginn deS lippischen ThronsolgestreiteS die Interessen der Schaumburger Linie vertritt. Die Beleidigung wurde gefunden in einem Artikel „Die Pürsch nach dem Attentäter", in welchem der Graf-Regent zu der Veröffentlichung der Kaiser-Depesche in Beziehung gebracht, und die Denkschrift des Graf-Regenten an die Bunvesfürsten abfällig kritisirt wird. U Wen, 2. December. Der Stellung des Essener Berg baulichen Vereins in Sachen der Schaffung eines unteren Aufsichtsapparates im Bergwerksbetriebe, wie sie in einer seinerzeit veröffentlichten Denkschrift zum Ausdruck kam, bat sich der Oberschlesische Berg- und Hütten männische Verein angeschloffen. Bekanntlich hat sich der Essener Verein gegen die Betheiligung der Arbeiter an der Aufsicht ausgesprochen. * Erfurt, 2. December. Dem AuSgewiesenen Hasert ist auf dem Regierungspräsidium mitgetheilt worden, daß die AuSweisungsversügung gegen ihn vorläufig wieder auf gehoben sei. * Altenburg, 2. December. Thüringer Blätter verzeichnen daS in Altenburg seit einigen Wochen verbreitete Gerücht, daß sich Herzog Ernst, der jetzt im Alter von 72 Jahren steht und vor Jahresfrist seine Gemahlin, die ältere Schwester des Prinzen Friedrich Karl von Preußen dv'-ch den Tod verlor, noch einmal ver mählen wm und zwar wird die jüngste Tochter seiner Cousine, Prinzessin Mary von Hannover, Schwester des Herzogs von Cumberland, als die Fürstin be zeichnet, auf die des Herzogs Wahl fallen würde. Prinzessin Mary, die im December Vas 49. Jabr vollendet, lebt mit ihrer Mutter in einer Villa am Gmundener See. Herzog Ernst weilte kürzlich in Gmunden. Zur Zeit hält sich der Herzog bekanntlich in Leipzig auf. Dor Kurzem hat Herzog Ernst auch sein einziges Kind, die Prinzessin Albrecht von Preußen, durch den Tod verloren. Thronfolger ist sein Bruder Prinz Moritz (geboren 1829), beziehungsweise dessen Sohn Prinz Ernst, der gegenwärtig in Potsdam in Gar nison steht. * BrcSlau, 2. December. Die Handelskammern von Breslau, Posen, Oppeln und Schweidnitz haben die Anregung gegeben, zur Stärkung ihres Einflusses auf die Gesetzgebung und Verwaltung eine freie Vereinigung der östlichen Handelskammern zu begründen. Oesterreich-Ungarn. Kaiser-Jubiläum. * Wien, 2. December, Abends. (Ausführl.) Von herrlichem Wetter begünstigt, gestaltete sich die heutige Illumination der Haupt- und Residenzstadt Wien zu einem wahrhaft groß artigen Schauspiel. Die Stadt bot im Schmucke von Milliarden von Lichtern einen feenhaften Anblick. Bis in die entferntesten Vororte waren sämmtliche Fenster erleuchtet. andere in ihrem reichen braunen Haar. Freundliches Lächeln umspielte ihre Lippen, ruhiges Licht glänzte in ihren Augen und ein rosiger Hauch lag auf ihren Wangen. „Wie gut Mrs. Stonex heute wieder aussieht!" bemerkte Lady Everfair ohne jeden Neid zu ihrer Nachbarin, der Baronin Frumage. Si« wußte, daß auch sie ihren „denn jour" habe, hatte doch ihre Kammerzofe über zwei Stunden damit verbracht, der Natur zu Hülfe zu kommen. „Außerordentlich gut", bestätigte die Baronin und setzte bos haft hinzu: „Es ist erstaunlich, wie gut manche Frauen ihr jugendliches Aussehen zu erhalten verstehen. Ich vermochte es nie und sah stets älter aus, als ich war, selbst in meinen besten Jahren." „Sie haben sich eben einer schlechten Angewohnheit hin gegeben, meine Liebe." „Deren Resultate ich noch verspüre; nun ich wirklich alt bin, sehe ich doch nicht jung aus. Da ist zum Beispiel Lady Gabriel Folks —" „Die jugendlich aussieht, trotzdem sie in Wirklichkeit alt ist, was nach all' Dem, was sie mitgemacht hat, zu bewundern ist. . ... Ich hätte die Qualen eines Ehescheidungsprocesses nicht überlebt!" „Sie ist jetzt eine vortreffliche Gattin." „Weil sie alt und häßlich und eine alte Betschwester geworden ist. Sie müßten sie nur über den armen Lord Rockstrand sprechen hören, der nahe daran war, eine Bigamie einzugehen", flüsterte Lady Everfair, deren größte» Vergnügen darin bestand, ihre Freunde anzuschwärzen. Was wäre die Freundschaft, wenn man sich nicht bei jeder Gelegenheit diese kleine Freiheit herausnehmen dürfte! „Ich weiß, sie ertheilt gern Rathschläge." „Die so langweilig sind wie eine Sonntagspredigt." „Pst, da kommt sie." „Ah siebe Lady Gabriel, wir haben eben von Ihnen ge sprochen ... Ich freue mich herzlich, Sie hi«r zu treffen.-Wie gut Sie heute wieder auSsehen! Hat Sie all' die Plage, die Sie mit dem Zustandekommen des Concerti für die chinesische Mission hatten, nicht zu sehr angestrengt?" „Nicht im Geringsten. Der große Erfolg hat mich reichlich für meine Mühe belohnt. Denken Sie, wir erzielten einen Rein- gewinn von 200 Pfund, die wir dem Missionsfond» zuschickten. Laut den letzten Nachrichten haben 16 Kinder de» Reiche» der Mitte dem Spiel für immer entsagt." „Wie tröstlich!" (Fortsetzung folgt.)