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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.12.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981219026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898121902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898121902
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-12
- Tag 1898-12-19
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Monat
1898-12
-
Jahr
1898
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»Htt, in Mittelasien oder in Ostasten: überall trifft Rußland in erster Reih« auf wirkliche oder angrmaßte englische Interessen. Bisher konnten die officiösen Berichte au» Athen nicht genug die große Befriedigung constaliren, mit welcher die kretische« Mohamedaner angeblich die Ernennung deS Prinzen Georg vou Griechenland zum Ober-Co mmissar der Insel ausgenommen hätten. Für Jedermann, der die Berhälrnisse auf Kreta nur oberflächlich kannte, war c» aus gemacht, daß diese Darstellung mindestens allzu sehr optimistisch war. Zn der Thal wird nun von Athen auS iu der officiösen „Pol. Corr." zugestandeu, daß sich bei einem Tyeile der Mohamedaner aus Kreta, insbesondere in Candia, eine sehr lebhafte Unzufriedenheit über die Berufung deS Prinzen Georg an die Spitze der kretischen Verwaltung kundgiebt. Es sei daher nicht ausgeschlossen, daß sich beim AmtSantrittte deS neuen Ober-CommissarS unangenehme Demonstrationen und vielleicht selbst neue Reibungen zwischen Mohamedanern und Christen ereignen werden. In diplomatischen Kreisen soll man indeß keine Besorgniß hegen und überzeugt sein, daß der Prinz mit Hilfe der ihm zur Seite stehenden Rathgeber — Numa Droz hat bekanntlich abgelebnt, das schwankende Schiff zu betreten — bald Herr der Schwierigkeiten werden wird. Zwei Dutzend Bataillone wären zur Erreichung dieses Zieles wohl werthvoller als noch so viele Rathgeber. Es ist aber immerhin bezeichnend, daß man in diplomatischen Kreisen endlich ein gesteht, daß die großen Schwierigkeiten auf Kreta erst in dem Augenblicke beginnen werben, da Prinz Georg seinen Fnß ans die Insel setzt. Sollte eS ihm doch gelingen, sie zu lösen, so bliebe dann immer noch zu hoffen, daß dir Erfolge des kretischen Aufstandes den unruhigen Völkerschaften auf dem Balkan nicht als eine Prämie für die Empörung gegen den Sultan erscheinen und sie dadurch ermuntert werden, den gleichen Weg einzuschlazeu. Daß hier ein Problem zu lösen ist, hat Staatssecretair v. Bülow iu seiner Reichstagsrede vom 12. d. M. angedeutet, indem er denjenigen für einen feinen Kopf erklärte, der ihm zu sagen wüßte, wie sich in Makedonien die Ansprüche der verschiedenen Nationalitäten und Consessionen befriedigen ließen. An Aufreizungen von außen wird «S ja nach wie vor nicht mangeln. Deutsches Reich. (D Berlin, 18. December. (Boni Hofe.) Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein und Gemahlin trafen gestern Mittag in Potsdam ein, stiegen nach erfolgter Be grüßung deS Kaiserpaares im Stadtschlossc ab und nahmen an der Mittagstafel Tbeil. Nach der Tafel arbeitete der Kaiser allein. Um 6 Uhr 15 Minuten begab sich der Kaiser nach Berlin, empfing im Schlosse zu Berlin um 7 Uhr den österreichisch-ungarischen Botschafter von Szvgyöny und wohnte von >/r8 Uhr ab im Ofsiciercasino des Garde- Füsilier - Regiments einem dort veranstalteten Herren abend bei. Tie Nackt verblieb der Kaiser in Berlin. Heute früh erfolgte um 9 Uhr die Rückfahrt nach Potsdam. Um 10 Uhr wohnte der Kaiser dort, wie gemeldet, der Wieder einweihung der restaurirten Hof- und Garnisonkirche bei, empfing später im Stadtschlvsse den Wirklichen Geheimen Kriegsrath Lehmann und hörte daran anschließend einen Vortrag über den Berlin-Stettiner Großschiffsahrte-Canal im Beisein des Herzogs Ernst Günther, des Grafen Udo zu Stollberg und anderer Herren. Berlin, 18. December. (Einwanderung mittel- loserPersonennachDeutsch-O st-Afrika.) Dem Eolonialrath war eine Denkschrift über die Beschränkung der Einwanderung mittelloser Personen nach Deutsch-Ostafrika zur Kenntnißnahme und mit der Bitte um gutachtliche Aeußcrung zugcgangen. Die Anregung dazu ist, dem Vernehmen nach, von dem Gouvernement von Deutsch-Ostafrika gekommen. Den Anlaß dazu hatte der Umstand ergeben, daß mit dem steigenden Aufschwung der Colonie allmählich, namentlich aus Südafrika, immer mehr Europäer zuwandertcn, von denen aber eine große Anzahl nicht nur ohne bestimmte Beschäftigung, sondern auch ohne Mittel war. Um das Ansehen der Europäer nicht vor der einheimischen farbigen Bevölkerung zu Schaden kommen zu lassen, hat das Gouvernement diese Leute, soweit Gelegenheit dazu war, angemessen beschäftigt und, wo Arbeitsgelegenheit war, verpflegt. Bei weiterer Zuwanderung solcher Leute stehen aber Lasten in Aussicht, die das Gouvernement nicht tragen kann, j In Folge dessen möchte das Gouvernement solche Bestimmungen treffen, wie sie für die Marschallinseln zur Verhinderung des Zustromes solcher Europäer bereits im Juli 1889 erlassen worden sind. Um diese in Rücksicht auf die gesammten südafrikanischen Verhältnisse recht schwierige Frage eingehender zu behandeln, hat der Colonialrath diese Denkschrift einer Commission über wiesen, die aus den Herren Rechtsanwalt vr. Scharlach, Staudinger, Strandes und Woermann zusammengesetzt ist unk deren Vorsitz Geh. Regierungsrath Simon führt. Im Anfang des kommenden Jahres wird diese Commission zur Berathung zusammentreten. * Berlin, 18. December. (Das HauS Braunschweig- Lüneburg im Gothaischen Hofkalender.) Zu der Neuerung im Jahrgang 1899 deS Gothaischen HofkalenderS, wonach die cumberlandrsche Familie, die bisher unter Groß ¬ britannien verzeichnet stand, al« selbstständiges Hau- Braun- schweiq-Lüneburg aufgesührt ist, bemerkt Prof. Kahl im „Loc.-Anz.", daß gegen diese Aenderung formell absolut nickt» einzuwenden sei. „WaS da» Herzoathum Braunschweig-Lüneburg betrifft, so ist hier ebenso wie in Bayern die Thronfolgeordnung und da« Thronfolgerecht deS Herzogs Ernst August von Cumberland nicht in Frage gestellt. Nur die Ausübung diese« RechleS ist durch den bekannten Beschluß deS BundeS- rathcS gehemmt, da der Protest des König» Georg von Hannover gegen die Einverleibung Hannovers in das preußische Staatsgebiet vom 23. September 1866 feiten» deS Herzog- Ernst August noch nicht zurückgezogen wurde." Dann fährt Prof. Kahl fort: Dunkler stellt sich diese Angelegenheit allerdings dar, wenn erwogen wird, daß es der Redaktion des Gothaischen Hof- kalenderS erst zum Jahrgang 1899 beliebte, den Herzog Ernst August ausdrücklich als Ches des Hauses Braunschweig.Lüneburg zu placiren. Herzog Ernst August betrachtet sich und gilt formal schon seit seinem Rundschreiben vom 11. Juni 1878, also seit mehr als 20 Jahren, als berechtigter, wenn auch durch ernsteste politische Gründe behinderter Thronfolger im Herzog, thum. Er hat mit den« vorerwähnten Schreiben auch den Titel „Herzog zu Braunschweig und Lüneburg" angenommen, und doch hat der Gotbaische Hoskalender den Herzog Ernst August noch im Vorjahre unter das englische Königshaus rin« gereiht. Geheimrath Kahl bezeichnet als seinen Eindruck, daß hier etwas geschehen sein müsse, diese formal unanfechtbare Neuerung im Hoskalender zu veranlassen. „Daß im Laufe dieses Jabres die Chancen der Thronbesteigung des Herzogs oder seines Sohnes vielfach wieder zur Diskussion gestellt wurden, ist ja bekannt. Und diese Bestrebungen erscheinen politisch allerdings mehr als fragwürdig. Wenn auch dec Herzog oder sein Sohn den besten Willen nach Braunschweig mitbrächtrn, so ist doch kaum zu zweifeln, daß bald die bedenklichsten Elemente sich vordrängen, vereinigen und Unruhe schaffen würden. Es wäre politisch mit solchem Vor» gange kein Streit aus der Welt geschafft, sondern neuer Streit in die Welt getragen." — In der Reichstagssitzung vom Donnerstag hat der Kriegs Minister von Goßler dem Abgeordneten Bebel daS Concept seiner Hetzrede zumeist dadurch verdorben, daß er einen von diesem angeführten Erlaß für nickt existireub erklärte. Herr Bebel ist schon oft von der Unwahrheit seiner Angriffe gegen das Heer überführt worden, er hat in der vorigen Session selbst einmal bekennen müssen, daß er betreffs der von ihm behaupteten Mißhandlungen getäuscht worden sei; vorsichtiger aber und loyaler ist er dadurch nickt geworden. In illoyaler Weise sucht auch der „Vorwärts" die Erklärung des Kriegsministers als ungenügend hinznstellen; der Minister habe lediglich erklärt, daß er den Erlaß „nicht gefunden". Tatsächlich bat der Minister dem Stenogramm zufolge, welches der „Vorwärts" selbst zum Abdruck bringt, gesagt: „Ta schon heute Morgen aus einer Notiz des „Borwärts" zu entnehmen war, daß die Angelegenheit heule hier zur Sprache kommen werde, habe ich mich über dieselbe des Näheren orientirt, nur bin ich außer Stande gewesen, einen derartige» Erlaß auszu» finden. (Heiterkeit rechts.) Das wundert mich auch gar nicht; denn es ist für Jeden, der sich mit derartigen Sachen beschäftigt, von vornherein klar, daß ein solcher Erlaß nicht wohl vom Kriegs- Minister und vom Chef LeS Militaircabinels gemeinschaftlich gezeichnet werden kann. DaS wäre eine Verwirrung der Ressorts, die man meinem hochverehrten Herrn Amtsvorgänger und dem vortrefflichen Chef deS MilitaircabinetS nicht zumulhen kann. In welcher Weise Herr Bebel getäuscht worden ist, weiß ich nicht. Jedenfalls find die Ausführungen, die er dieserhalb gemacht hat, vollständig hinfällig." Für jeden ehrlichen Menschen ist dieses Dementi deutlich genug. — Am 10. December hat in Berlin die Stipendien- fondS-Commission des Ostmarkenvereins getagt und im Ganzen 10 Stipendien in Höbe vou 1700 be ¬ willigt. Mehrere der Stipendiaten erlangen dadurch die Möglichkeit deS Besuchs einer Bauzewerksckule, andere den einer Schneidcrakademic, einer Klempuerfachschule und einer landwirthschaftlichen Winterschule. Einem Sattlermeister wurde die Erlernung der Wagenbauerei und einem Maler meister eine gründlichere Ausbildung in seinem Beruf gewähr leistet. Einem Taubstummen wurden die Mittel gegeben, um einen mechanischen Cnrsus durchzumachen. WaS die Herkunft der Gesuche anbelangt, so verteilen sie sich ziemlich gleich mäßig auf die beiden Ansiedelungsprovinzen. — Der „Reichsanzeiger" theilt die Abberufung des bis herigen Ministerresidenten am luxemburgischen Hofe, LegationS- rath vr. Grasen Henckel von Donnersmarck, behufs anderweiter dienstlicher Verwendung mit. — Aus dem Bunde der Landwirthe in der Pro vinz Brandenburg sind, wie nach den „Berl. N. N." verlautet, die sämmtlichen antisemitischen Mitglieder auSgeschieden, bezw. zum Austritt veranlaßt worden. — DaS ReichS-Versicherungsamt hat an die Vorsitzenden der auf Gründ dcS InvaliditätS- und Alters ¬ versicherung-gesetzt» errichteten Schiedsgerichte ein Rundschreiben gerichtet, in welchem Grundsätze zur Herbei führung einer einheitlichen Behandlung der vom ReichS- VersicherungSamt an die Schiedsgerichte zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesenen Sacken' in den IahreSgeschäslSberichten und in den Proceßlistea aufgestellt werden. — Die Stadtgemeinde Spandau hat, wie wir meldete», von Neuem an den Reichstag die Bitte gerichtet, die Ge ineindesteuerpflicht deS FiScu» gesetzlich festzulegen. Die „N. A. Ztg." bemerkt zu dieser Petition: Aehnliche Petitionen haben der deutschen Volksvertretung in früheren Tagungen schon vielfach Vorgelegen. ES ist darüber nicht bloS im Reichstage verhandelt worden, e- sind auch in Folge dieser Erörterungen commissarische Berathungen zwischen den Ver tretern der an der Frage bethriligtrn RrichsressortS ringeleitet ge wesen. Die Verhandlungen haben indessen zu einer legislatorischen Maßnahme nicht geführt, und es ist auch kaum anzunehmen, daß die Schwierigkeiten, die in der Materie liegen, sich jetzt eher als früher werden bewältigen lassen. Vielleicht ließe sich aber ein Ausweg finden, wie er schon für andere, in ähnlicher Lage befindliche Gemeinden geschaffen ist. Mit Spandan traten früher fast regelmäßig auch die Gemeinden Gaarden und Ellerbeck, die durch die Kieler Werstanlagen in eine ähnliche Lage wie Spandau durch die Militairwerksläiten gebracht waren, an den Reichstag heran. Wenn dies jetzt nicht mehr geschieht, so liegt dies daran, Laß ihnen seitens der Marine- Verwaltung bestimmte, im Etat auch besonders ausgeworsenr Summen zum Ausgleich ihrer vergrößerten Ausgaben gewährt werden. Lägen, waS sich nicht ohne Weiteres übersehen läßt, die Verhältnisse in Spandau thatsächlich genau so, wie in den Kiel benachbarten Gemeinden, so würde möglicherweise aus ähnlichem Wege zum Ziele zu gelangen sein. Danach ist für Spandau also Aussicht vorhanden, daß eS eine Unterstützung erhält; an welcher Stelle deS Etats diese gebucht wird, kann ihm Wohl gleichgiltig sein. — Die ministerielle „Berl. Corresp." hebt in einem längeren Artikel die stetige Fürsorge deS Reiches und de« preußischen Staates für die Beamtenschaft hervor, warnt jedoch im Anschluß daran namentlich die Uulerbeamteu, durch Agitation weitere Aufbesserungen ge wissermaßen erzwingen zu wollen. Die Belheilignng an solchen agitatorischen Bestrebungen sei nicht geeignet, der Erfüllung der von den Uuterbeamten gehegten weiteren Wünsche die Wege zu ebnen. Auch für die Hebung der Lebenshaltung der Beamtenschaft gebe eS eine Grenze, die namentlich durch die Höbe der für solcke Zwecke zur Ver fügung stehenden materiellen Mittel des Staates gezogen sei. Keine Agitation werde die Negierung veranlassen können, diese Grenze zu überschreiten, die um so sorgfältiger inne gehalten werden müsse, als eS sich bei allen Aufwendungen zur Verbesserung der materiellen Lage der Beamtenschaft stets um dauernde -Ausgaben bandele, von denen der Staatshaushalt auch in Zeiten stärkster finanzieller Be dräng» iß und tiefster wirthschaftlicher Depression niemals wieder entlastet werden könne. — Dir Kronprinzessin von Schweden und Norwegen hat in Begleitung der Hofdame Baronin Aströmer und des Kammer- Herrn de Byron gestern Abend Berlin verlassen und sich zunächst nach Frankfurt a. M. begeben. Von dort gedenkt sie zu längerem Aufenthalt nach Baden-Baden zu reisen und alsdann den Winter an der Riviera zuzubringen. — Der Präsident des Reichstages Graf Ballestrem, hat sich auf sein Gut nach Oberschlesien begeben. — Der deutsche Bot schafter in Wien, Gras Eulenburg, ist gestern früh aus Wien hier ringetrofsen. — Aus der italienischen Botschaft hier und in Petersburg haben die Botschafter Graf Calvi und Melegari ihr» Stellen vertauscht. Herr Melegari hat bereits seinen hiesigen Posten angetretcn. * Königsberg i/Pr, 18. December. Der Chefredakteur der konservativen „Ostpr. Ztg.", Bley, und der dkdacteur der socialdemokratischen „Volkstribüne", Rahult, welche anläßlich der letzten NeichStag-wahl den Landratb Hüllcsem durch Zeitungsartikel einer schweren amtlichen Wahlbeein- flußung zu Gunsten deS Grafen Dönhoff-Friedrickstein gegen den Grasen Dohna-Wundlacken beschuldigt hatten und von dem Landratb verklagt waren, wurden von der Strafkammer freigesprocheu, da der Wahrheitsbeweis für erbracht erachtet wurde. V. Erfurt, 18. December. Wie bestimmt verlautet, haben zwischen einem Beamten der Intendantur deS 4. CorpS und dem hiesigen Magistrat Verhandlungen stattgefunben wegen Erbauung einer neuen Cavalleriecaserne in Erfurt. Diese Verhandlungen sind resultatloS ver laufen, weil der Magistrat sich geweigert haben soll, die mit dem Caserneubau verbundenen Opfer zu übernehmen. Die Sache wird voraussichtlich zum Gegenstände energischer Interpellationen im Stadtverordnetencollegium gemachtwerden. Darmstadt, 18. December. Abg. Ulrich und Genossen richten an die Negierung die Anfrage, ob sie Kenntniß habe von der Ausstattung von Leumundszeugnisse» mit Be ¬ merkungen wie „Vater ist Socialdemokrat* und ob sie gedenke, dem entgegenzutreten. * Bon der französischen Grenze, 18. December. Zu dem erwähnten Zwischenfall an der deutsch-französisch-luxem- burgischen Grenze wird nunmehr auS Deutsch-Oth berichtet, daß ein Arbeiter tobt geblieben ist, einer erhielt «inen Schuß in die linke Hüfte, ein dritter bekam zwei Kugeln durch den Arm und einen Schuß in die Wange, ein vierter, den die französischen Gendarmen mit sich nahmen, soll einen gefährlichen Stich erhalten haben. Angeblich soll auch der eine Gendarm gefährlich verletzt sein. Die verwundeten Arbeiter sollen alle Luxemburger sein. * München, 18. December. Die Hertling'sche Ablehnung der Berufung nach Bonn bedeutet eine Erhöhung der Gehaltsbezüge de- Herrn v. Hertling in München, da e» hier üblich ist, daß den UniversitätSprvfessoreu, die einen Ruf von auswärts erhalten, der Gehalt erhöht wird. Frankreich. Spionage; Dreyfns-Asfaire. * Paris, 18. December. Wie die Blätter melden, sind di« in der Spionage-Angelegeuheit Verhafteten ein gewisser Decrion, welcher als Geheimagent im Dienste des hiesigen militairi scheu Nachrichtenbureaus und der Polizeipräfectur stand, ein Artillerie-Corporal Groult in Givet, welcher dem Decrion die Bestandtheile des neuen Gewehrs oder Geschütze- verschaffen sollte, sowie zwei junge Leute, Bonasse und Lerendu, angeblich Helfershelfer Decrion'-. "Parts, 19.December. (Telegr.) Die„Petite Röpublique" leitet eine Sammlung für die Hinterbliebenen der bei dem Ein stürze deS Hauses in der Rue deS AppenninS Verunglückten ein und erklärt, eS sei das für Frankreich eine Ehrenpflicht zu einer Zeit, in der die Feinde der Republik den Fälscher Henry zu rehabilitiren suchten.— „Siöcle" verlangt, der Krieg-Minister Freycinet solle gegen jene Officiere entschreiten, die an der Sammlung für den Proceß der Frau Henry sich betheiligt haben. (Fortsetzung in der 1. Beilage.) Loo. 8vknoi«>oi*, IVovkG. k'ernspr. 1998. Am 4. Advent-Soiltttag wurden aufgeboten: Thomaskirche. 1) O. Klügling, Tischler hier, mit M. L. B. verw. Gries heim geb. Goltinger von hier. 2) F. W. Schumann, Sergeant in Möckern, mit F. A. C. Berrouschot, Webermeisters in Rein harz hinter!. Tochter. 3) K. O. Enkhardt, Schmied hier, mit A. L. C. Müller aus Stolberg. 4) F. R. Gebauer, Fabrik besitzer und Premierlieutenant der Reserve in Charlottenburg, mit M. I. I. Schmidt, Fabrikbesitzers in Frohburg Tochter. 5) I. F. Kittler, Bahnarbeiter hier, mit C. M. E. Richter, Handarbeiters in Wehrsdorf Tochter. Nicolaikirchc. 1) M. E. Meisel, Preßvergolder in L.-Volkmarsdorf, Mit C. A. S. Beerbaum, Zimmerers hier Tochter. 2) R. R. Müller, Cigarrenhändler hier, mit H. M. Weber, Schuhmachermeisters hier hinter!. Tochter. 3) E. O. Klickermann, Markthclfer hier, mit H. M. Stichler, Kammmachers in Halle a. S. Tochter. 4) H. A. W. Dieterichs, Kaufmann in Dresden, mit A. M. Herrmann, Kaufmanns hier Tochter. Matthäikirche. 1) I. E. Seifert, Postsecretair hier, mit E. I. M. E. Portaszewicz, Postsecretairs hier Tochter. 2) M. I. Rocke, Versicherungsbeamter hier, mit E. H. D. Spangenbcrg, Musikers in Eisleben hinter!. Tochter. 3) E. B. Böttcher, Brauer hier, mit A. Hauser, Zimmerers in Laaber in Bayern hinterl. Tochter. 4) O. P. E. Häufigen, Radfahrlehrer hier, mit H. E. Wittke, Kürschners in Markranstädt Tochter. 5) F. H. Rothe, Maurer hier, mit M. Stcinecke, Handarbeiters in Poserna hinterl. Tochter. 6) K. I. Kühne, Wollsortirer hier, mit P. C. C. verw. Schirmer geb. Kohlbach hier. 7) O. L. A. Rinck, Schneider in L.-Reudnitz, mit M. W. A. Apel, Schäfers in Berka bei Sondershausen Tochter. 8) H. O. Benedix, Schneider hier, mit B. M. Schumann, Fuhrwerksbesitzers in Gautzsch bei Leivzig hinterl. Tochter. Lutherkirchc. E. H. F. R. Kleinhans, Tischler hier, mit M. A. Risse, Schänkwirths hier hinterlassene Tochter. AnSreaSkirche. 1) A. R. Mäder, Schriftsetzer hier, mit B. A. Jllige in L. -Sellerhausen. 2) R. E. Müller, Jalousienarbeiter hier, mit E. M. Prautzsch, Handarbeiters in Welbsleben bei Aschersleben Tochter. 3) C. N. Röse, Viehhandlungsgehilfe hier, mit A. M. Levy, Schuhmachers hier hinterl. Tochter. Repertoire der Leipziger Stadttheater. DienSwg, den 20. December 1898. Neues Theater: HauS Heilt»». Anfang 7 Uhr. Altes Theater: Der kleine Lor». Vorher: Ich heirathe meine Tochter. Anfang '/°8 Uhr. Zweites Capttel. Sonnengluth lag über dem sandigen Wege, der von der Bahn station nach Herkersdorfs führte. Der Wanderer, der auf dem schmalen Rasenstreifen dicht neben dem Graben, welcher die Straße begleitete, schnellen Schrittes vo.wärtsstrebte, athmete tief und erleichtert auf, als der nahe Waldesschatien ihm winkte. Die Hitze sch'-n ihm nicht zu behagen, obgleich die tiefgebräunte Gesichtsfarbe des jungen Mannes vermuthen ließ, daß er aus sehr südlicher Geg ud, wenn nicht geradewegs aus tropischen Landen, herkomme. Nun schritt er im Schatten des hochragenden, sorg fältig gehegten Tannenwaldes dahin. „Hellersdorffer Forst, wenn ich nicht irre", murmelte er; „nun habe ich noch die Fähre zu passiren, und dann kann der Gutshof nicht mehr fern sein." Er blieb einen Augenblick lang stehen und zog den würzigen Harzduft in langsamen Athemzügen ein. Ein glückliches Lächeln bezeugte, daß der Zauber der schönen Natur voll auf ihn einwirkte. Ginks vom Wege hatte man den Blick in ein Thal und drunten wandt sich ein silberhelles Wasievband Mischen satt grünen Uferstrecken dahin. „Die Aa — die alte wohlgekannte livländische Ao", sprach der Wanderer und leise recitirte er: Es rollt di« Aa die blauen Wogen Durch dunkle Tannenwälder hin Ich komm' daher des Weg's gezogen, Mir wird so märchenhaft zu Sinn. Irgendwo hatte er kürzlich diese aus einer baltischen Feder stammenden Verse gelesen. Sie waren in seinem trefflich ge schulten Gedächtnifi hasten geblieben, und fanden, weil sie zu seiner augenblicklichen Stimmung paßten, einen lebhaften Wider hall in ihm. Wie hieß es doch weiter . . . ? Ich kehrte heim auS fernem Süden, Mein theurer Heimathsgau, zu Dir, Gieb' meinem Herzen Ruh und Frieden . . . Nun ließ ihn sein Gedächtnis doch im Stich — träumerisch Wiederholte er: Gieb meinem Herzen Ruh und Frieden . . . Er war ja hinausgezogen in die weite Welt, um die Ruhe und den Herzensfrieden, welche er verloren, wiederzufinden . . . War ihm das gelungen? In seinen feinen, wenn auch nicht gerade sehr regelmäßigen Zügen lag nichts, waS auf Trübsinn und heimliche Seelenqual deutete. Seine dunklen Augen blickten lebhaft, nicht selten ironisch und überlegen. Nun schritt er wiederum rüstig vorwärt». Nach einer Biegung des Waldweges führte dieser scharf bergab; er verlief sich dann in weißen, schweren Ufersand, und nun stand der fremde Wan derer dicht vor der Fähre, die, von zwei stämmigen Letten bedient, hier über den Strom geführt wurde. Bald sah sich der Wanderer am jenseitigen Ufer gelandet. Eine einzelstehende Ulme, ein Prachtexemplar ihrer Gattung, neigte sich dort über den Wasserspiegel. Mit dem Interesse des Naturfreundes und Botanikers betrachtete der Fremde den selten schönen Baum. „Ein Jammer", sprach er zu sich selber, „daß die Wurzeln dieser Ulme bald vom Strome unterspült sein werden." Dann ging er weiter, die Uferböschung hinauf. Noch eine kurze Strecke weit dehnte sich zu beiden Seiten des Weges der Tannenwald, dann machte derselbe grünenden Feldern Platz. Das Winterkorn stand Heuer Prächtig, man schrieb Mitte Juni, und der Monat war eln für die Felder fruchtbarer und gesegneter. „Harald scheint ein guter Wirth zu sein", dachte der Fremde, „oder er besitzt einen tüchtigen Gutsinspector. Doch warum sollte meine erste Annahme nicht richtig sein? In Harald's innerstem Wesen lag stets eine Dosis Thatkraft und Energie, welche Tante Herminens Herrschsucht nicht ganz auszurotten und zu unter drücken vermochte. Am Gängelbande ließ er sich freilich von seiner lieben Tante führen, das ist nicht zu leugnen. Wie freue ich mich, meinen alten Harald wiederzusehen", setzte der junge Mann sein Selbstgespräch fort, — „zuletzt trafen wir einander auf dem Commers in L. O! jene unvergeßlich schönen Tage, als wir miteinander aus dem Borne der Wissenschaften schöpften! Dann zog Harald, mein liebster Klassenkamerad und späterer Com- militone, mit seiner unvermeidlichen Tante Hermine in das Krähwinkel, wo er, zum Glück für ihn, nicht lange zu bleiben brauchte. Jetzt kann ich den lieben Menschen auf seinem eigenen, stolzen Besitz begrüßen. Ja, ja, Manchen giebt's der liebe Gott im Schlafe. Der Harald hat eben ein Glück gehabt, das Seines gleichen sucht: über Nacht Erbherr auf und zu Hellersdorff zu werden. Und zu all' den irdischen Glücksgütern bekommt dieses Sonntagskind noch eine reizende Frau. Reizend ist sie — äußer lich wenigstens, dem Bilde nach zu urtheilen, welches Harald mir von ihr geschickt. In seinen Briefen, er war nie sehr schreib lustig, was Briefe anbelangt, hat er sich eigentlich nie besonders ausführlich über seine Frau ausgesprochen. Doch Harald war immer ein verschlossener Mensch, der über sein Seelenleben nicht viel Worte machte. Natürlich liebt er seine Frau und ist glücklich mit ihr. Beneidenswerther!" Ein eigener Zug von Resignation trat in da» Antlitz de» Mannes, der, am Ende der Zwanzig stehend, durch diesen Gesichtsausdruck plötzlich wie um Jahre älter erschien. „Ein Narr, der sein Lebensglllck von dem Besitze eines Weibes abhängig macht, ein Narr, der an Beständigkeit eines Mädchen herzens glaubt. Welche Widersprüche in mir eben noch pries ich Haralds Geschick, ihm ist durch rin Weib viel geworden — denn daß Frau Irene gut und treu ist, das sagen mir ihre Augen auf ihrem Bilde. Nicht Allen ist es beschicken, durch ein treuloses Mädchen zu leiden, doch, nun ist's ja überwunden. Wie konnte ich nur in diese elegische Stimmung hineingerathcn . . . ? Wie mahnet mich des Waldes Weise An altes Glück — an alte Qual — Und meine Lippen flüstern leise: „Dich grüß' ich, Livland, tausend Mal!" Der Wald hat es mir angethan — die alte traute Heimath. Ein wegmüder Wandrer, kehr' ich heim, doch nicht lebens-, nicht schäffensmllde. Nun will ich wieder festen Fuß fassen auf heimischem Boden. Ach — da wäre ich ja fast am Ziele meiner heutigen Wanderung; dort liegt der Park von Hellersdorff vor mir, und da rechts, über den Bäumen, weht die Fahne vom schlanken Thurm, welcher das Herrenhaus flantirt. Welch' eine wonnige Kühle — oh! — Wie köstlich ist dieser Parkodem!" Schöne, wohlgepflegte Wege durchzogen den Hellersdorffer Park, der mit uralten Linden und Eichen geschmückt war, und in welchem es an Aussichtspunkten, schattigen Sitzplätzen und Statuen verschiedener Griechen- und Römergottheiten nicht fehlte. Sogar ein chinesischer Pavillon befand sich im neueren Theil des Parkes. Der Wanderer gelangte nun in eine breite, von herrlichen Linden eingefaßte Allee. Am Ende derselben schimmerte es weißlich — di« Veranda des Herrenhauses, nach dem Parke zu ge legen, war von einer Weißen Steinballustrade umgeben. Breit auslaufende Stufen führten zu dem kiesbestreuten Parkweg hinab; um die weißen, schlanken Pfeiler, welche das Dach der Veranda trugen, rankte sich in üppiger Fülle wilder Wein. In einem der durch die Pfeiler und das gewölbte Dach gebildeten offenen Rundbögen erblickte der näher schreitende Mann rin fesselndes Bild: eine junge, mädchenhafte Frau saß vor einem Arbeitstischchen, neben sich hatte sie eine altmodische Garnwinde aus dunklem Mahagoni stehen, über welche eine hell blaue Garnsträhne gespannt war. Emsig wickelten die Hände der jungen Frau das Garn zum Knäuel, doch ihre Gedanken waren augenscheinlich nicht bei ihrer mechanischen Beschäftigung, ihr Blick schweifte weit hinaus zu einer Lichtung des Parkes, wo es hellgrün schimmerte. Dort lagen di« Sommerkornfelder. Es war, als ob das Empfinden der jungen Frau sie dort hinaus zu jenem grünen Punct zog, als weile ihre Seele auf jener Lichtung, bei irgend etwas ihr Liebem, von ihr Vermißtem .... Fühlte Irene von Rembden, daß sie beobachtet wurde, daß, keine zwanzig Schritte von ihr entfernt, ein Mann stand, dessen Auge mit unverhohlener Bewunderung an ihr hing . . . Lang sam wandte sie den Kopf und Befremden malte sich in ihren Zügen. Wie kam der Mann dort in den Park? Ein armer Reisender, der um eine milde Gabe bittet, war der Fremde in Hellem Tou ristenanzug, mit dem Krimstecher über der Schulter, nicht; eine entschieden distinguirte Erscheinung — nun kam er näher, nicht mit dem zagenden Gange Solcher, welche ein Anliegen haben, sondern sicher und selbstbewußt, und jetzt wußte Frau Irene, wen sie vor sich hatte —'Arend Baron Nydegg, den ältesten Jugend freund, den liebsten Schulkameraden ihres Mannes, der vor Jahren, aus Gott weiß welchen Gründen, über welche er sich nie recht ausgesprochen, nach Afrika gegangen; er hatte sich einigen Forschungsreisenden angeschlossen. Nun war er seit Kurzem wieder in seiner baltischen Heimath und hatte, einer Auf forderung seines Freundes folgend, sich brieflich in Hellcrsdorff angesagt. Doch so früh hatte man ihn hier nicht erwartet, viel mehr eine zweäte, telegraphische Anmeldung seinerseits voraus gesetzt. Nun stand er plötzlich vor der jungen Herrin von Hellers dorff; sie hatte ihn nach der vorzüglichen Photographie, welche Harald von ihm besaß, sofort erkannt. Sie trat ihm bis zu den Verandastufen entgegen und bot ihm die Rechte. „Seien Sie herzlich willkommen, Baron Nydegg, wie wird mein Mann sich freuen. Sie schon heute begrüßen zu können; er erwartete sie erst in der nächsten Woche, um so größer wird seine freudige Ueberraschung sein. Doch warum sandten Sie uns keine Depesche? Nun haben Sie den heißen Weg von der Bahnstation zu Fuß zurücklegen müssen." „Ich bitte lausend Mal um Vergebung, gnädige Frau, daß ich Ihnen so unerwartet ins Haus falle; wie ein rechter Wege lagerer komme ich daher. Das steckt mir im> Blute. Ich pflege immer gerade das zu thun, was Andere nicht bei mir voraus setzen. Fast fürchte ich, Ihnen ein lästiger, unruhiger Haus genosse zu werden. Ich bitte im Voraus um Nachsicht von Ihrer Seite. Harald kennt mich übrigens als einen Patron».der seine Eigenheiten besitzt, und wußte genau, wen er sich ins Haus lud; aber Ihnen, gnädigste Frau, fürchte ich, unbequem zu werden." (Fortsetzung folgt.) Lind Man we die S Teleph. 497 der 1. GeldI in Meißen Cigarrenhai Weihnachts» in Zahlung 1» MN und nat Nlomk bei fr Ls« Akt! Gratis vräp. Blatt, kenntniß sos Schnellzeichi L>v» »r Lvrdr Malfarben Vorlagen r Holzr Katharine KIlIM für Ball Saison, DS in KIl nnvcrgii Präpar MM. in höchst Keb! Blumen /Mr /M-Ii
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