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Reklamen unter dem Redaction-strich (4,«» spalten) vor den Familiennachrichtea (6 gespalten) 40^. Gröhere Schriften laut unserem Preis- vrrzrichniß. Tabellarischer und Zifiernsatz nach höherem Tarif. Sxtra-Beilagen (gefalzt), nnr mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderun^ 60.—, mit Postbefvrderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von S. P olz in Leipzig S2. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 1. November. Dem Reichstag wird als Hauptaufgabe in der nächsten Session die Militairvorlagc zugehen, wie eS nicht anders sein kann, da daS laufende Militairguinquennat am 31. März kommenden JahreS sein Envc erreicht und daS Heerwesen somit eine neue gesetzliche Basis erhalten muß. So erwacht denn auch die alte Opposition gegen die Wehr haftigkeit deS Reiches aus ihrem sünsjährigen Schlummer und greift nach dem alten Nüstmaterial, der Abg. Eugen Richter nach dem Nechenstift, um dem Steuerzahler zu beweisen, daß eS um die Finanzen zu jämmer lich bestellt sei, und „Genosse" Bebel nach den Heften, in denen geschrieben steht, Laß daS deutsche Reich nur mit einer Miliz sich auf die Dauer im Nathe der Völker behaupten könne und daß in militairischen Fragen außer den socialdemokratischcn Führern allenfalls noch Herr Bleibtreu als Sachverständiger anzusehen sei, alle Anderen aber klägliche Stümper seien. Minder bequem, als diese Gegnerschaft, sind die Mittbeilungen, die über die künftigen Forderungen der Militärverwaltung bereits durch die Blätter gehen und insbesondere bezüglich der Erhaltung der zweijährigen Dienstzeit und der künftigen Präsenzstärke Beunruhigung erregen. Demgegenüber ist die Erinnerung am Platz, daß nach dem Stande der Arbeiten der zu nächst entscheidende Factor, der BundeSrath, bisher noch keine Gelegenheit gehabt hat, sich über die künftigen HeereS- forderunzen schlüssig zu machen. Daraus ergiebt sich, daß die bisherigen Mitthellungen nur Vermuthungen oder An regungen privater Natur sind, da eö den Traditionen der Militärverwaltung nicht entspricht, durch vorzeitige Ver öffentlichung ihrerseits die verfassungsmäßige freie Entscheidung der verbündeten Regierungen zu vinculiren. Den einzigen zuverlässigen Anhalt geben daher vor der Hand die Er klärungen, die der gegenwärtige Krieg-Minister General von Goß ter im Reichstag von Fall zu Fall abgegeben hat. Zunächst über die Frage der zweijährigen Dienstzeit, die mit dem April kommenden JahreS fünf Jahre besteht. Am 14. December 1897, also in der letzten NeichStagSscssion, gab Herr von Goßler im Reichstag die Erklärung ab, daß, soweit die Vorarbeiten zu der neuen Heeresvorlagc gediehen seien, eS nicht in der Absicht liege, die gegenwärtige Dienst verpflichtung zu verändern: „Wir verkennen keineswegs die besonderen Anforderungen, welche die zweijährige Dienst zeit dem AuSbildungöpersonal und auch den Mannschaften selbst auferlegt; aber es sind immerhin Erscheinungen, die eine Aenderung unbedingt nothwcndig machen, nicht hervorgetreten." Weiter äußerte sich der Kriegs minister zu dem geschäftlichen Stande der Angelegen heit zunächst wie folgt hinsichtlich der Infanterie: „ES ist die Befürchtung aufgetreten, eS läge in der Absicht, die Zahl der Jnfänteriebataillone wesentlich zu ver mehren. Die theiiweise Neuorganisation der Infanterie hat erst in diesem Jahre (1897) stattgefunden. Es liegen daher ausreichende Erfahrungen in dieser Hinsicht noch gar nicht vor, und ich glaube nicht, daß man sich zu einer Vermehrung der Zahl der Jnfanteriebataillone entscheiden wird." „Anders aber liegen", so fuhr der Minister fort, „die Verhältnisse bei der Feldartillerie; bei dieser Waffe wird sich das dringende Bedürfniß nach Aenderung der Organi sation kaum noch länger hinausschieben lassen." Näheres über die Aenderung der Organisation theilte er nicht mit. DaS sind bisher die einzigen ossiciellen Mittheilungen über die künftige Militairvorlage und vor der Hand die einzige Grenze für den großen Spielraum, den die Combination auf diesem Gebiete seit jeher gehabt hat und den sie auch für die nächste Zeit behaupten wird, bis die Entscheidung deS BundeSrathes getroffen ist. Freisinnige Blätter und, wie eS scheint, auch die Aachener Centrumsleutc geben sich den Anschein, Conflictsl uf t zu wittern, weil das N eichsjustizamt dem ReichSgerichtsrath Tpah» auf Befragen eröffnet hat, es würde ihm Urlaub zur Ausübung eines prcus;ischc» LaiiötagsmandatS nicht ertbeilen. Der Bescheid ist aber ebenso correct, wie lendenzfrei. Zweifellos bedürfen Neichsbeamte nur zum Eintritt in den Reichstag keines Urlaubes. Zur Unterbrechung der Amtsgeschäfte behufs Theiluahme an den Sitzungen eines anderen Parlaments ist eine Urlaubsertbeilung der zuständigen Behörde nöthig. Das bat auch Herr NeichSgerichtSrath Spahn einmal durch seine Erkundigung, ob er den Urlaub erhalten werde, und zweitens dadurch anerkannt, daß er unter Hinweis auf die Ver weigerung die Aachener CentrumSwähler bat, von seiner Wahl abzuseben. Diese ist gestern dock erfolgt, zu einem Conflict wird eS aber nicht kommen. Em Aachener Wahlmann, noch dazu ein Jurist, hat zwar geäußert, er möchte wissen, ob die Behörde den Mutb finden würde, einen Mann wie Spahn der Thätigkeit zum Wohle seiner Wähler (!) dem Landtage und dem Staate (!) zu entziehen, wir glauben aber, die Negierung würde solhanen bereits gefundenen Muth bekunden, wenn sie in die Lage versetzt würde, was aber ausgeschlossen erscheint. Die Herren in Aachen werden sich wohl einer zweiten Wahl unterziehen müssen und haben dies vielleicht voransgesehen. Einer der Wahlmänner meinte nämlich, man müsse Herrn Spahn schon deshalb wählen, weil ein „kräftiger Protest" gegen die Urlaubsverweigeruna nolhwendig sei. Nun, diesem Bedürfnisse ist mit der ersten Wahl abgeholfen und damit wird die Sache wohl erledigt fein. Es wurde in einer Aachener Wahlmännerversammlnng noch gellend gemacht, laß Herr Spahn als Rcickstagsabgeordneter während der NeichStagS- session sein Landtagömandat ohne Urlaub ausüben könne. DaS ist, wenn man unter „Session" das Stattsinden von Reickstagssitzungen und nicht die Zeit von der Eröffnung bis zum Sckluß des ReickSlazeö versteht, zutreffend und eine Lösung, Vie ausschließlich von Herrn Spahn abbängt. Im Uebrigen wäre, wie gesagt, eine Urlaubsverweigerung rechtlich zweifel los zulässig und überdies durch die bekannte Geschäftslage des Reichsgerichts mehr als gerechtfertigt. Von einer poli tischen Bedeutung Les BesckeideS kann keine Rede sein, und ein freisinniges Berliner Blatt erklimmt den Cbimborasso der Lächerlichkeit, wenn es sich gegenüber der behördlichen Auf fassung von der dienstlichen Abkömmlichkeit des ReicksgerichtS- raths Spahn von der Erinnerung an die in den 60er Jahren von dem Ministerium BorrieS verfügte Verweigerung deS Urlaubes für den in den hannoverschen Landtag gewählten damaligen Justizbeamten Rudolf v. Bennigsen übermannen läßt. In der neuesten Phase des neuen CurfeS ist der Gedanke an die Absicht der Regierung, einen Man» des Centrums zu „drang- saliren", ein wahrhaft grotesker Gedanke. Praktisch bc- merkenswerth ist der ganze „Fall" nur deshalb, weil er die Frage im Allgemeinen angeregt hat, ob Reicks- und Staatsbeamten, die zur Ausübung eines Mandats eines Urlaubs bedürfen, die Bewilligung nicht allgemein durch ein gesetzliches Verbot versagt werden solle. Eine solche Vorschrift hätte Len Vortheil, daß sie eine tendenziöse Vorenthaltung des Urlaubes, wie sie s. Z. Herrn v. Bennigsen und Andere wirklich betroffen hat, auöschlvsse. Brennend ist die Frage aber nicht. Am Montag wird der Pariser Cassationshof daö Untcr- suchungSversabren, dem die drei ersten Tage jeder Woche ge widmet sein sollen, beginnen. Die Untersuchung dürfte sich zuerst auf die Prüfung der angebliche» Geständnisse des Dreyfus erstrecken, weil deren Bestätigung daS Verfahren natürlich abkürzen würde. Als feststehend soll bereits gelten, daß der Hauptmann Lebrun-Renault nur einmal kurze Zeit Gelegenheit hatte, sich mit DreyfuS allein zu Unterbalten. DaS war unmittelbar vor der Degradation, als Hauptmann Bourgignon beide allein gelassen batte, um dem General DarraS Bericht zu er statten. Bourgignon theilte Darras mit, Dreyfus habe seine Absicht bekundet, seine Unschuld laut hinaus zu schreien. Bourgignon befürchtete einen Scandal und bat um Verhaltungsmaßregeln. Darras antwortete: „Ich kann doch nickt seine Stimme durch einen Trommelwirbel ersticken lassen!" Nach dieser Unterhaltung kehrte Bourgignon zu Dreyfus und Lebrun-Renault zurück. Dreyfus schrie bei der unmittelbar folgenden Degradation tbatsächlich seine Un schuld hinaus, eS sei also vornweg unglaublich, daß Dreyfus zwiscken der Bekundung und der Ausführung seiner Absicht ein Geständniß gegen Lebrun machte. Der Cassationshof gebe sich damit jedoch noch nicht zufrieden, sondern werde noch säinmtliche Kriegsminister darüber vernehmen, sowie Lebrun-Renault selbst, sobald die nölhigen Schritte geschehen seien, um die Officiere vom Berufsgeheimnisse zu ent binden. Gestern hat nun der Cassationshof das Gesuch an den Kriegsminister um Aufhebung deS Berufsgeheim nisses für die Officiere gerichtet, die vor dem Cassations hof erscheinen werden. Wie uns auS Paris depesckirl wird, bestätigt eS sich, daß der Cassationshof ein persönliche- Verbör und eine Conscontirung DreyfuS' mit du Paty de Clam und Lebrun-Renault für nolhwendig bält. Im Justizpalast wurde gestern versichert, daß die Schriftcxperten die Echtheit des RohrpostbriefeS, dessen Fälschung Picguart vorgcworfen worden war, feststclltcu. Die englischen Rüstungen, welche mit großer Energie fortgesetzt werden, erregen überall Erstaunen, da der eigent liche Streitpunkt am Nil für den Augenblick ja erledigt ist. Major Marchand ist gestern in Kairo eingetroffen und wird Wohl nicht wieder nach Faschoda zurückkehren, eü sei denn, um seine Leute abzuholen. In Paris verlautete nach Schluß deS gestrigen MinisterratbeS, der sich mit der Fasckoda- aiigelegcnheit beschäftigte, Major Marchand werde m Kairo eine Instruction erhalten, die dahin gehe, den egyptischen Coinmandanten von Faschoda Besitz ergreifen zu lassen. Daß die französische Regierung sich so resolviren würde und müßte, das war schon seit acht Tagen in London bekannt. Weshalb werden also die englischen Rüstungen nicht eingestellt? Will England den Krieg? ES hat nicht den Anschein. DaS dürfte aus folgendem unS heute zugehenden officiösen Telegramm hervorgehen: * LonVon, 4. November. (Telegramm.) Wie das „Reuter'fche Bureau" erfährt, ist jetzt guter Grund zu der Hoffnung vorhanden, daß die politische Lage eine bessere werde. Es könne mit Bestimmtheit behauptet werden, daß, wenn die Ursache der Verstimmung zwischen Frankreich und England be hoben sei, was man in Kürze erwarte, die Thür wieder geöffnet jein werde zur Wiederaufnahme solcher freundschaftlichen Verhandlungen, wie sie dem normalen Stande der Beziehungen zwischen Frankreich und England entsprächen. Hiernach läge eS in dem Wunsche Englands, daß die französische Regierung sich auf AbgrenzungSverbandlungeu einließe, und die englischen Rüstungen erklärten sich dann so, daß man, wie wir schon kürzlich annahmen, auf diese Ver handlungen einen Druck anSüben, und weiterhin, daß mau, da Frankreich mit der Aufrvllung der egyptischen Frage und mit Schwierigkeiten wegen der Telagoabai gedroht hat, aus alle Fälle bereit sein will. Dem entspricht auch unsere nach- tehendc Meldung: * London, 3. November. Wie das „Reuter'sche Bureau" meldet, ist die Lage in China gegenwärtig durchaus friedlich. Des- halb müsse dem Umstande, daß die englische Flotte ,in Wei- hai-wei in Bereitschaft liege, keine unnöthige Bedeutung beigelegt werden. Es könne jedoch nicht daran gezweifelt werden, daß die Geschwader in allen Marinestationen des Kaiserreichs für alle Eventualitäten in volle Bereitschaft gesetzt würden. England ist es also anscheinend nicht, das die Initiative ergreifen will. Freilich wäre jetzt, wo Frankreich wegen seiner inneren Wirren geschwächt und Rußland noch nicht actionSbereit ist, für England der günstigste Augenblick, nicht nur in allen schwebenden Fragen, namentlich in Südafrika, ein Machtwort zu sprechen, sondern auch Egypten als englische Colonie zu erklären und Rußland in Nordoslasien ein Paroli zu bieten — und thatsächlich deuten englische Blätter, sogar der dem Ministerium nahestehende „Standard" die Sache ähnlich — allein in diesem Falle müßte England zu dcni endgiltigen Entscheidungs kampf mit seinen beiden Gegnern, Frankreich und Rußland, entschlossen sein. Dazu ist aber England selbst noch nicht fertig. Die Reorganisation des LandyeereS ist noch nicht in Angriff genommen und der Ausbau des Flottenprogranzmö noch nicht durchgeführt. Erst letzthin klagten fachwffseu- schaftliche englische Zeitschriften über die große Verletzlichkeit der britischen Kriegsschiffe, Vie nur in der Mitte genügend gepanzert sind. Sie würde selbst einem siegreichen England schwere Mannschaftsverluste kosten. Die Forderung der Amerikaner, die Spanier müssen die Philippinen herauSgcben, wenn auch gegen eine „Ent schädigung" von 25—40 Millionen Dollars, welche alS Uebcr- schuß deS WertheS der „Erwerbungen" über die Kriegslasten bezeichnet werden, ist nicht nur für Spanien, sondern für die ganze Welt außerordentlich befremdend. Mit keiner Silbe war bisher von der Angliederung deS ganzen Archipels an die Vereinigten Staaten die Rede. Art. 3 de- Vorsriedens- protokollö bestimmt, allerdings nicht ganz klar, lediglich, daß die Stadt, der Hasen und die Bucht von Manila bis zum endgiltigen Friedensschlüsse von den Amerikanern besetzt bleiben sollen. AuS dieser Fassung schien hervorgeheu zu solle», daß die amerikanische Besetzung nur vorübergehend sein und die Herrschaft Spaniens nicht in Frage gestellt werden solle. Die Amerikaner haben jetzt gezeigt, daß sie absichtlich die un klare Fassung gewählt haben, um sich die Möglichkeit, ihre Forde rungen zu erweitern, offen zu halten. Die öffentliche Meinung in Spanien hatte sich bereits in die Abtretung Manilas als Kohlenstation, vielleicht auch der Insel Luzon, da sie doch an die Aufständischen verloren schien, so ziemlich gefunden. Aber an den Verzicht auf die ganze Inselgruppe hatte bisher Niemand gedacht, zumal da die Mehrzahl der Inseln den Spaniern unbestritten ist. Auch die Unparteiischen können diese neue Forderung der amerikanischen Begehrlichkeit, die als der Louillstsn. Die kleine Lulu. 28s Seeroman von Clark Russell. Nachdruck verboten. In der That, es war mir ein Stein vom Herzen, der Sorge um ihn überhoben zu sein. Ob nun sein Tos wohl die Pläne der Leute ändern würde? Dieser Gedanke war der nächste, den ich faßte; indessen, er be schäftigte mich nicht lange; denn e« war acht Glasen, dazu auch bitter kalt. Ich sah nicht ein, weshalb ich mit dem Gebetbuch in der Hand, bis über die Knöchel im Wasser, länger als nöthig auf Deck bleiben sollte, und ging deshalb eiligst nach unten. SiebzehntesCapitel. Seit wir Bayport verließen, hatten wir fünf Mann verloren, Eapitain und Maat mit eingerechnet. Dies reducirte unsere Zahl auf elf Köpfe, nämlich auf: Voll-Matrosen: Sam, Suds, Savings, Blunt, Billy und Welchy. Schiffsjunge: Hardy. Koch: Scum. Officier und gleichzeitig Zimmermann, Hochbootsmann und Segelmacher: Mr. Banyard. Capitain: Jack Chadburn. Passagier: Miß Louise Franklin. Unsere Zahl war aus diese Weise etwas knapp bemessen. Der alte Windwärts hatte sich niemals zu stolz gezeigt, bei einem schweren Zuge mit seiner Kraft auszuhelsen, ja, er war sogar manchmal ins Takelwerk gestiegen. In Folge dessen war er so gut wie ein Vollmatrose gewesen. Fünf weniger, machen eine große Lücke in einem kleinen Haufen, und nun lag es mir ob, die Brigg aus diesen stürmischen, in Eis erstarrten Breiten her- auszuführen, so schnell wie ich nur irgend konnte, sollte nicht Krankheit unsere schwachen Arbeitskräfte noch mehr verringern. Nach dem Frühstück hotte ich ein Gespräch mit Baynard und stellte ihm eine Vertrauensfrage. „Ich halte Sie für einen ehrlichen Mann, Banyard, und werde offen mit Ihnen sprechen. Ich habe die Absicht, die Brigg zu bergen, d. h., wenn es mir gelingt, sie in einen Hafen zu führen. Wollen Sie das Schicksal der Mannschaft theilen oder wollen Sie mir verstehen?" s Seine ganze alte Schlauheit lag in seinen Augen, als er mich ansah. „Wenn Sei de Brigg bargen künnt, so ward dat en schönes Geschäft sie»; äwer ik müggt'woll weiten, wo Sei dat anfangen wullen?" „Kann ich auf Ihre Hilfe rechnen, wenn sich eine Gelegenheit bietet?" „Seihn Sei, Mister", antwortete er langsam, „ik müggt nich girn en Slag up den Kopp kregen. Sei un ik, wi Beide sünd nich stark naug för die Annern all." „Ich beabsichtige auch nicht, mich auf ein Handgemenge ein zulassen", unterbrach ich ihn lachend; „aber ich habe mir einen Plan erdacht, der uns, wie ich hoffe, die Leute ohne Kampf vom Halse schaffen soll. Wenn die Zeit kommt, werde ich Sie ein- weihen. Was ich jetzt zu wünschen wisse, ist nur: welchem Ende der Brigg gehört Ihr Herz?" „Frielich dem Achterdeck." „Das genügt", sagte ich. „Warten Sei mal en beten. II hew Sei schon mal erklärt, worüm ik mi up de Sak inlaten hew. Ich gah' ümmer dahen, wo de Hümpel am dicksten is. Aewer ik bün kein Perat nich. Ik bün för den Friden un de Anstännigkeit. Da liggt en beten Geld in ein Sporbank, dat gehürt ein Mann, desien Nam' mit en Kreuz unnerschrewt, un de Nam' von dese Mann is: ik. Pi raten sünd dat äwer nich, de ehr Geld in Sporbanken leggen, un för Ihre ollen Däg sorgen. Bringen Sei mi rute ut desen Swindel, un laten Sei d« Polizei weiten, dat ik nix dormit tau dauhn hadd hadd, un dese Arm' steihn tau Ehren Deinsten, un en schön Dank noch dortau." „Schon gut", sagte ich. „Alles, was Sie jetzt zu thun haben, ist zu schweigen und auf das zu warten, was man „gute Gele genheit" nennt." Kein geborener Schotte hätte vorsichtiger sein können, als Banyard, der alte Knauser. Er hatte den Leuten ihren groben Scherz und die allgemeine Mißachtung, die sie ihn fühlen ließen, noch nicht vergeben, und dies war mir eine Bürgschaft seiner Treue für mich; dazu kam noch sein ehrlicher Wunsch, sich von der Meuterei und deren Folgen frei zu machen. Ich hatte ihn schon mehrere Tage beobachtet und bei ver schiedenen Gelegenheiten auSgehorcht und glaubte seine Gesinnung genau zu kennen. Ohnedies würde ich wahnsinnig gehandelt haben, mich in seine Macht zu geben und mein Leben zu riskiren auf seinen guten Willen hin, mein Geheimniß den Leuten zu verschweigen. Jetzt war es das Wichtigste für mich, zu erfahren, welche Ge danken Deacon's Tod in den Leuten erzeugt hatte, und ihre Meinung über die Insel und das Gold kennen zu lernen. Daher ging ich nach vorn und, meinen Kopf in die Luke steckend, fordert« ich sie auf, nach hinten zu kommen und in der Cajiite mit mir eine Berathschlagung abzuhalten. Um auf Deck zu stehen, war es wirklich zu kalt. Keine Hülle wäre warm genug gewesen, die Erstarrung des Körpers zu hindern, wenn man nicht die Beine stark bewegte. In der Cajüte angekommen, nahmen sie am Tisch Platz, und um sie in gute Laune zu versetzen, holte ich eine Flasche Rum hervor — eine von denen, die auf meinen Anthcil gefallen waren — und schenkte der Reihe nach Jedem ein Weinglas voll davon ein. Ihre Augen leuchteten ordentlich vor Vergnügen bei diesem Anblick. Halb verschmachtete, schiffbrüchige Seeleute hätten nicht gieriger nach einem Trunk frischen Wassers greifen können. Ich setzte mich an das obere Ende des Tisches und an der Front schmutziger Gesichter und schwarzer Hände entlang blickend, denen S«ife ein unbekannter Gegenstand zu sein schien, eröffnete ich die Debatte. „Ich habe Euch hierher gerufen, um zu hören, wie Ihr jetzt über die Insel denkt, nachdem sich herausgestellt hat, daß Deacon wahnsinnig war." Nach kurzem Stillschweigen antwortete Blunt: „Wi Hedden uns dat äwcrleggt un wi sünd der sülwigen Meinung as Sammy, dat Deacon's Gschicht doch de Wahrheit sie» künnt'." „Ik hew Sei dat All seggt", sagte Sam zu mir. „Das thatcst Du, aber das war, ehe Deacon tobsüchtig wurde." „Verteil em de Sach' von de oll Frau Lobb, Sam; dat ward em äwertügen", schrie Suds. „Ich habe auch das gehört", sagte ich. „Was ich zu wissen wünsche, ist: habt Ihr Alle noch so viel Glauben an Deacon's Geschichte, daß Ihr entschlossen seid, die Reise nach der Südsee fortzufctzen?" „Na", schrie Blunt, „wo anners segeln wi denn hin? Wi wull'n dat Gold sänken un wi Warden 't finn'n." „Schön, angenommen, es ist wirklich vorhanden, und ange nommen, Ihr findet es, was wollt Ihr dann damit thun?" „Na, wi nähen et in uns' Kledder, un denn lieden wi Schippbruch", erwiderte der Schöne, „dat is doch nich un möglich?" Ein brüllendes Gelächter erhob sich, und Blunt blickte triumphirend umher. „Ihr werdet mich entschuldigen", sagte ich sehr höflich, „wenn ich so viele Fragen stelle; aber bedenkt, mich betrifft diese An gelegenheit so sehr wie Euch, und ich möchte wissen, was aus uns Allen werden soll, wenn ich Euch an das Ziel Eurer Reise gebracht habe." „O, Sei künn'n fragen, so vel Sei lustig sünd", knurrte vcr alte Sam und sog am Rande seines Glases, „wi wullen Sei Allens seggen, wat wi denken." „Gut; wenn nun weder die Insel noch Gold zu finden ist, was dann?" Dies war offenbar eine Annahme, auf die sie nicht Lust hatten, näher einzugehen; denn sie fingen Alle zusammen an, zornig zu schreien und Einer sagte: „Wenn kein Insel nich da is, so warden wi blot weiten, dat Sei nich Lust hebben, ein' tau finn'n." „Wenn sic da ist, werde ich sie finden", antwortete ich kalt. „Du hast kein Recht so zu mir zu sprechen, Billy, bis jetzt habe ich Dich noch nicht betrogen." Aber im Stillen dachte ich, sogar während ich dem Kerl ant wortete, „ob sie da ist oder nicht, finden werde ich sie für Euch"; denn dies war die Voraussetzung, worauf ich meinen ganzen Plan baute. „Nehm' wi an, de Sak is, as Sei seggen", bemerkte Suds, „un et is nix von Gold up de Insel, un Allens sünd Lägen west, ei nu, den warden wi Sccröwer. Dat fall en Leben warden! De Taschen vull Sülwer-Dollars, de »üblichsten Dierns, den feinsten Grog un den besten Tobak." „Holt' Dien Schnut, Du dreimal destillirte mörderische Spitz- bauw, von so'ne Plän!" schrie der alte Sam wüthend. „An- genomm'n, Gold is nich tau finn'n; angenomm'n de See is nich salzig; angenomm'n dese Brigg is up den Grund gähn un wi liggen Alle mang de Muscheln; ik segg, wartet mit Jug ver flüchtigen Unsinn, bet wi weiten, wo de Sak steiht." In seinem Zorn schlug er mit der Faust heftig auf den Tisch. „Mister", wandte sich hier Savings freundlich grinsend an mich, ,,'t wier «voll nich noch ne Buddel Rum in so 'ne Schuw- lad' dort tau finn'n?" „Nein", erwiderte ich kurz, „mehr giebt es nicht. Wenn Dein Magen noch einer Stärkung bedarf, so ist hier die leere Flasche; halt sie Dir unter die Nase und rieche daran. Nun", fuhr ich fort, mich wieder an die Andern wendend, „ich setze voraus, Deacon hat Euch erzählt, daß seine Insel nicht auf der Karte zu finden ist?" „Ja, ja, wi weiten Allens", schrie der Schöne. „Wenn der Mann sich irrte in seiner Berechnung, so werd« ich