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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981022019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898102201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898102201
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-10
- Tag 1898-10-22
-
Monat
1898-10
-
Jahr
1898
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7S04 freuden verminderten sich, als nicht nur der Reichskanzler, Minister, Grafen und Fürsten mit ihren Hausofficianten der dritten Classe zug«wi«sen wurden, sondern wenige hundert Meter weiter in anderen Wahlbezirken „Plutokraten" mit einem Steuer betrag von 66 c/t in der ersten Abteilung aufmarschiertcn. Nun ist aus Köln die Nachricht gekommen, auch der Herr Cardinal-Erzbischof habe es dem Centrum zu danken, daß er mit seinem Küster in einer Linie in der dritten Ab teilung zieht, und damit ist über Nacht denn doch die Er- tenntniß gekommen, daß der hoffnungsvolle Sprössling klerikaler Gesetzgebung, bei Licht besehen, «in gräulicher Wcchsekbalg ist. Und so kommt jetzt die Entschuldigung, man habe das ja gerade bezweckt, um — „die Absurdität des Dreiclassenwahlsystems handgreiflich vor Augen zu führen", der Wechselbalg sei ein beabsichtigter Wcchselbalg und darum ein „Verdienst". Zu gegeben, es sei so, wie steht dann die Sache? Der nächste Landtag soll ein neues Wahlgesetz machen, «in Wahlgesetz, das den Einfluß verthcilt, je nach dem Interesse am Staat, je nach den Leistungen für den Staat und je nach dem -Verständniß für den Staat. Um dafür „Bahn zu brechen", hat also das Centrum Wahlbedingungen geschaffen, die nicht nur auf diese drei Anforderungen eines verständigen Wahlrechts einfach ein blutiger Hohn sind, sondern gerade zu den Kreisen, die an einer verständigen Neuregelung am meisten interessirt sind, die Wahlarbeit, die für diese Neuregelung ein geeignetes Ab geordnetenhaus schaffen soll, aufs Aeußerste erschweren. Es verlohnt nicht der Mühe, diesen Ausbund politischer Weisheit des Näheren zu beleuchten; es genügt die Erinnerung, wem der große Dank dafür gebührt. Das deutsche Bllrgerthum muß nun dafür sorgen, daß eigene Energie und Rührigkeit in der Wahlbewegung die ihm aufgedrungenen ungünstigen Be dingungen nach Möglichkeit unschädlich machen. Berlin, LI. October. (Angriffe auf die zwei jährige Dienstzeit.) Bekanntlich ist im Jahre 1893 die zweijährige Dienstzeit für alle Truppen mit Aus nahme der Kavallerie und der reitenden Feldartillerie für eine Probezeit von 5 Jahren, also bis zur Einstellung der Re kruten (einschließlich) im Herbst 1898, gesetzlich sestgelegt worden. Demnach ist spätestens in der Reichstagsscssion 1899/1900 die Frage der Dienstzeit aufs Neue zu entscheiden. Je näher dieser Zeitpunct 'heranrückt, desto eifriger nimmt die „Kreuzztg." den Kampf gegen die zweijährige Dienstzeit auf. Nun ist es ja selbstverständlich, daß solche technische Car- dinalfragen nicht einseitig nach der Weisheit einer parlamenta rischen Mehrheit, sondern nur nach der Einsicht militairischer Fachmänner entschieden werden können. Stellt man sich auf diesen Standpunkt, dann darf man erst recht von den Gegnern der zweijährigen Dienstzeit überzeugende Beweis« für die Schädlichkeit der zweijährigen Dienstzeit verlangen. An solchen Beweisen aber läßt es die „Kreuzztg." in den bisher er schienenen Stücken einer Artikelserie vollständig fehlen. Dafür entschädigt sie den Leser durch die Bekundung subjektiver Senti ments, die nicht aus die Kenntniß bestimmter Thatsachen, son dern auf gewisse, an Äußerlichkeiten haftende Eindrücke zurück gehen. Was beweisen z. B. Fragen wie die, ob wir wirklich mit Sicherheit darauf rechnen dürfen, daß unsere Corps im nächsten Feldzuge hinsichtlich der Märschtüchtigkeit auftreten, wie das V. Corps im Jahre 1866? Was beweist die weitere Frage: „Ist unser Menschenmaterial kräftiger und von Hause aus durch seine Erziehung der Mannszucht zugänglicher geworden, um die ver kürzte Gewöhnung an diese ohne Bedenken zu ertragen?" — Was beweist der Ausruf, man könne es sich schwer vorstellen, daß nach Größe und Breite an Cadetten einer Voranstalt erinnernde Sol daten mit voller Ausrüstung nach 30 Kilometer Marsch in die Schlachtordnung einrücken? Mit der Wiedergabe so allgemeiner Empfindungen ist es nicht gethan, man weise an bestimmten Einzelheiten nach, daß die Marschtüchtigkeit gelitten hat, daß zu schwache Rekruten eingestellt worden sind, daß die Widersetzlichkeit socialdemokratischer Elemente binnen zwei Jahren nicht zu bän- Vigen war, daß die Leistungen im Schießen schlecht sind u. s. w. Derartige, mit Zahlen und mit den Namen der Regimenter be legte Angaben könnten als Material zur Beantwortung der hoch wichtigen Frage nur dankbar willkommen geheißen werden. So lange an Stelle solcher Mittheilungen nur vage Aussprüche ge boten werden, lassen wir uns nicht beunruhigen und warten die Erfahrungen ab, die mit der durch die zweijährige Dienstzeit ge gangenen Landwehr werden gemacht werden. Darauf kommt es wesentlich an; aber selbst im Jahre 1899 giebt es noch keinen einzigen Landwehrmann dieser Art. Daß die Kriegsverwaltung zur dreijährigen Dienstzeit zurückkehrt, ehe sie die Landwehr der gedachten Art geprüft hat, dürste ebenso ausgeschlossen sein, wie die verfassungs mäßige Festlegung der zweijährigen Dienstzeit, bevor jene Landwehr Gelegenheit hat, zu zeigen, was sie ist und was sie kann. L. Berlin, 21. Oktober. (Das Fortschreiten des In transigente nthumS bei den Polen.) In den letzten Monaten bat die polnische Volkspartei beachtenSwerthe Fort schritte gemacht. Bei den Reickstagswablen fehlte nur ein Ge ringes daran, daß in der Stadt Posen der volksparteiliche Kandidat an Stelle des Bewerbers der Hofpartei gewählt worden wäre. Bei den Landtagswahlen haben den Volks parteilern Candidaturen eingeräumt werden müssen, so daß woh' der eine oder andere polnische Volksparteiler in den Landtag einziehen wird. Sodann hat soeben der Abgeordnete von DziembowSki-Pomian sein Mandat auf Andrängen der Volkspartei niederlegen müssen, weil er angeblich nicht ordnungsmäßig aufgestellt worden ist. Aus alledem ergiebt sich, daß die polnische Hofpartei vor der Volks partei, die ursprünglich verspottet wurde, zurückzuweichen beginnt. Die Fortschritte der intransigenten Richtung sind Wohl auf die schärfere Polenpolitik der preußischen Re gierung zurückzuführen. So lange die compromißfreundlichere Hofpartei Concessionen für ihre Zustimmung zu Forderungen für Heer und Marine herauszudrücken vermochte, konnte sie die Volkspartei niederhalten. Seitdem aber die Regierung sich nicht mehr auf Compromisse mit den Polen einläßt, ist der Nimbus derHofpartei geschwunden. Vom deutschen Standpunkt aus kann eS nur erwünscht sein, wenn die polnischen VolkS- parteiler zu größerem Einfluß in der polnischen Bewegung gelangen. Einmal nämlich öffnet die rücksichtslose Betonung der polnischen Ziele auch solchen Deutschen die Augen, die in nationialen Fragen an merkwürdiger Kurzsichtigkeit leiden, zweitens aber wird durch das Anwachsen der Volkspartei dem bisher überwiegenden Einflüsse veS polnischen Abels ein Paroli geboten, denn die Volkspartei recrutirt sich vorwiegend aus dem Kleinbürgerthum und dem Bauern- stanve. Der polnische Adel aber war bisher neben der pol nischen Geistlichkeit der gefährlichste Gegner der Germanisirung. Wird der Einfluß des einen dieser Faktoren durch die Polen selbst labmgelegt, so wird damit um so mehr gewonnen, als dann auch die Geistlichkeit in ihrem Einflüsse gemindert wird, weil sie zwischen zwei feindlichen Lagern steht. Bei der ReichStagSwahl in Posen hat es sich bereits gezeigt, daß die VolkSparteiler sich auch dem Einflüsse der bisher allmächtigen polnischen Geistlichkeit zu entziehen beginnen. (-) Berlin, 2l. Oktober. (Telegramm.) Gegenüber der Meldung deS „Confectionär", an zuständiger Stelle sei der gegenwärtige Zeitpunct nickt geeignet für die Ein führung der 1 Kilogramm - Packctc mit ermäßigtem Porto, erfährt die „Nordd. Allg. Zeitung", die fragliche Angelegen heit sei im RcichSpostamte überhaupt noch nicht ein gehend erörtet worden, sie werde erst in gründliche Erwägung gezogen werden, nachdem die zur Zeit in Be- rathung befindlichen Reformen zu Ende geführt seien. Oderlin, 21. Oktober. (Telegramm.) Gegenüber der Meldung der „Times", der Hilfsgeneralpostmeister der Unionsstaaten habe in seinem Jahresberichte vorgeschlagen, sofort mit England, Frankreich und Deutschland Verhandlungen zur Einführung de» Pennh-Porto» anzu knüpfen, stellt die „Nordb. Allgrm. Ztg." fest, daß an amt licher Stelle hier über einen solchen Vorschlag uoch nicht bekannt ist. 8. Berlin, 21. Oktober. (Privattelegramm.) Die Nachrichten über einen neuen Ausstand in Deutsch-Südwest- afrika scheinen so übertrieben gewesen zu sein, wie meistens die englischen „Schiffernachrichten" aus den deutschen Colonien. Londoner Blätter melde» jetzt, daß die Ein geborenen ihre Gewehre zu der vorgeschriebenen Stempelung vorlegen und daß die Unruhe vorüber sei. — Zur Statistik der Unfallversicherung bringt der „Tiefbau" mit Rücksicht auf die stetige Vermehrung der Unfälle eine beachtenSwerthe Uebersicht der an einem einzigen Tag« bri dem Vorstände der Tiefbauberufs genoffenschaft gemeldeten Unfälle Die Zunahme an ich geht — unabhängig von der Versicherungspflichtigkeit — chon daraus hervor, daß di« Zähl 'dir Meldungen bis Ende September 1897 im Ganzen 3953, 1898 aber schon 4594 an Demselben Termin betragen hat. Wenn man auch die geringe Zunahme der Mitglieder im letzten Jahre (ausschließlich der Versicherungsanstalt) um 120 (2,5 v. H.) und die der versicherten Arbeiter um etwa 2000 (1,25 v. H.) in Betracht ziehen will, ist die Steigerung d«r Unfallzcchl um etwa 18 v. H. doch immer verhältnißmäßig hoch. Der 8. Oktober dieses Jahres war der Tag, an dem alle einlaufenden Unfallmeldungen nach Anordnung des Vorsitzenden sorgsam zusamimngestellt wurden. Es ergaben sich in der Zeit von 8 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags im Ganzen 36 Meldungen, unter denen sich allerdings ein sog. Massenunfall mit drei Tobten und neun Verletzten befunden hat. In der Tabelle darüber findet man angegeben: den Tag des Unfalles, die mit dem Unfall zusammenhängende Betriebsart, den äußeren Anlaß und die Art der Behandlung. Aus den einzelnen Angaben erficht man, mit welchen Schwierigkeit«» die Vorstände der Berufsgenossenschaften zu kämpfen haben, indem hier von den 36 Unfallmeldungen vom 8. Oktober nicht weniger als 23, d. h. 63 v. H., verspätet «ingegangen sind! Der Massenunfall vom 28. September kam erst 10 Tage später zur Kenntniß des Vorstandes, zu einer Zeit also, wo wrnig mehr geschehen konnte, die Sachlage im Augenblick des Unglücks — in diesem Falle eines Eisenbahnzusammenstoßes — genau feft- zustellen. Ebenso schwer ist es, sich zu überzeugen, ob sofort alles für die beste Heilung Erforderliche geschehen sei. Andere am 8. Oktober eingegangene Meldungen betrafen Unfälle vom 24. August und vom 31. März! Nimmt man dazu, daß sehr oft Verletzungen aus Bauunfällen Lurch dir Ortsbchördcn zu nächst bei einer verkehrten Genossenschaft zur Anzeige kommen, so erklären sich daraus di« von den Vorständen selbst am meisten bedauerten Verzögerungen des Heilverfahrens und der Renten zahlung, die überdies durch allerlei Rückfragen die Verwaltung unnütz belasten. — Der Verein für Socialpolitik hatte den Minister der öffentlichen Arbeiten um die Ermächtigung gebeten, in bestimmten Bezirken unter Mitwirkung der königlichen Eisen bahn-Direktionen eingehende Erhebungen über die Arbeits-, Lohn- und Lebensverhältnisse der Unterbeamten und Arbeiter durch Ausgabe von Frage bogen und ergänzende mündliche Vernehmungen des Personals anstelle» zu dürfen. Wie nunmehr die „Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltunzen" mittbeilt, hat der Minister sich grundsätzlich außer Stande erklärt, diesen Anträgen zu entsprechen. Im preußischen Ministerium für öffentliche Arbeiten scheint man ein Bedürfniß zu solchen Erhebungen für den preußischen Staatsbahnbereich nicht anzuerkenne», da die Verwaltung in den EtalS, sowie namentlich in ihren Berichten über die Betriebsergebnisse alljährlich ein aus führliches Material über die Anstellungs- und Einkommens verhältnisse ihrer Bediensteten, über die Dienst- und Ruhe zeiten, über die bestehenden Wohlfahrtöeinrichtungen u. s. w. bekannt giebt. * Danzig, 20. Oktober. Oberpräsident vonGoßler hat den Danziger Vertreter der „Elb. Ztg." ermächtigt, zu er klären, daß auf seiner Reise in das rheinisch-westfälische In dustriegebiet die Frage deS Mittellandkanals weder in der Rheinprovinz noch in Berlin auch nur andeutungsweise be rührt worden sei und daß bei dem Plan, gewisse In dustriezweige nach den östlichen Provinzen zu ver pflanzen,. für Danzig folgende HauptgesichtSpuncte in Betracht kommen: 1) billiger Grundstückserwerb; 2) DanzigS Lage am großen Wasser mit glücklicher Verbindung über See; 3) eine verhältniß- mäßig billige Kohle, da im Osten die schlesische mit der englischen Kohle in Wettbewerb trete; 4) der Bezug des schwedischen Eisens, das für viele Erzeugnisse die Grundlage bildet, ist im Osten leichter als im Westen, da die Frachten geringer sind; 5) die Arbeitskräfte sind billig, die weiblichen sind überhaupt noch nicht in Anipruch genommen; 6) die Arbeitskräfte spielen insofern eine Rolle, als die russischen Flachse bei billigem Preise im Osten entsprechend billig verarbeitet werden können. Die Maßnahmen, die für die Hebung der Industrie des Osten« in Aussicht genommen sind, erstrecken sich hauptsächlich auf die Leinen- und Textilindustrie, gegebenenfalls Porzellanfabrikation und Maschinenindustrie, we niger auf Bergbau, da nach den neuesten Untersuchungen die Tucheler Heive nach dieser Richtung hin wenig günstige Aus sichten bieten soll. Alles dies, waS in Aussicht genommen ist, kann nach Ansicht des Herrn v. Goßler nicht von beute zu morgen geschehen, aber er hegt die Hoffnung, daß einige Hanptvertreter der westlichen Industrie nach dem Osten kommen werden, eS soll dies schon in nächster Zeit geschehen, um sich über die dortigen Verhältnisse zu unterrichten. Herrn v. Goßler sind auch größere Capitalien in Aussicht gestellt worden. * Solberg, 20. Oktober. Die konservative „Kolberger Volkszeitung" bringt folgende auffallende Mittheilung: „Wie uns eine Zuschrift des Postamtes in Kolberq mittheilt, ist „höheren Orts" bestimmt worden, daß Zeitungs-Extrablätter nur bei außergewöhnlich wichtigen Veranlassungen (z. B. in Kriegs- zeiten) zur unentgeltlichen Versendung und Bertheilung durch die Post und zur Bertheilung an die Zeitungsbezirher zugelassen werden dürfen. Zwecks Versendung eines Extrablattes sollen sich daher die Zeitungs-Expeditionen vorder „im Benehmen mit den Postämtern darüber Gewißheit verschaffen, ob die Versendung erfolgen kann." Auch wird gebeten, „von jedem zur Versendung durch die Post bestimmten Extrablatt« den Postämtern vorher ein Probe-Exemplar zur Ansicht zugehen zu lassen." Hierzu bemerkt das konservative Blatt: Man weiß in der That nickt, waS man hierzu sagen soll, und kommt fast auf die Vermuthnng, daß man bei unS zu Lande die Censur wieder einfübren wolle! Jedenfalls muß man erstaunen, wie apathisch man sich „höheren OrtS" gegen die Erfordernisse des modernen Verkehrs verhält! * Pofen, 20. Oktober. Die Meldung des „Dzienn.Pozn.", betreffend das Gerücht von dem bevorstehenden Rücktritte deS Oberpräsidenten Frhrn. von Milamowitz- Möllendorff, wird ergänzt durch nachstehende Zuschrift, die der „Nat.-Ztg." von hier zugeht: „Kürzlich richteten die „Dtsch. Volkswirthsch. Torr." und mehrere Blätter überaus heftige Angriffe gegen den hiesigen Oberpräsidenten Frhrn. v. Milamowitz-Möllendorfs, die eigentlich gegenstandslos waren. Denn es stand schon damals fest, daß der Obrrpräsident nach den Landtagswahlen seinen Abschied nehmen werde. Aus unserer Kenntniß der Verhältnisse heraus müssen wir sagen, daß seit dem Tode der Freifrau v. Wilamowitz der Rücktritt nur noch eine Frage der Zeit war, zumal da der Oberprüsident nie an seinem Amte gehangen hat, daS seinen Neigungen und Wünschen wenig entsprach. Jetzt vollends sind zahlreiche Gründe vorhanden, einen Rücktritt wünschen-werth zu machen. Sir liegen ausschließlich auf persönlichem Gebiet und wir nehmen deshalb Anstand, sie zu erörtern." Nach anderen Blättern soll auch der Oberpräsidialrath Thon anS seinem Amte ausscheiden. * Hof, 19. Oktober. Der hiesige Magistrat hat, wie die „A. Abdztg." meldet, gestern einstimmig beschlossen, sich der Fürther Petition an da» StaatSministrrium um Oeffnung der italienischen Grenze für die Einfubr von Schlachtvieh und um Verlängerung der Schlachtfrist für au» Oesterreich eingesührte» Vieh anzuschließen. E» wurde dabei ausdrücklich hervorgrboben, daß die jetzigen Absperrungs maßregeln nach den gemachten Erfahrungen keinen Schutz gegen die Einführung von Seuchen gewähren, daß sie aber, auch hier die Fleischpreise auf eine Höhe getrieben haben, die einer rationellen Ernährung der weniger bemittelten Claffen direkt gefährlich ist. Ferner wurde beschlossen, der Neu- Ulmer Petition um Verlegung der sogenannten Feier tage zweiten Ranges auf die Sonntage zuzustimmcn, obwohl in unserer rein protestantischen Gegend ein eigent- icheS Bedürfniß zur Regelung dieser Frage nicht vor handen ist. * Ans Württemberg, 20. Oktober. Der demokratische „Beobachter" hat nach seiner Meinung als Vertheidiger seiner Ansichten und Principien jetzt keinen Geringeren gefunden als — den Papst. Dieser sprach «bekanntlich zu französischen Pilgern von der christlichen Demokratie, die dem Vaterland Frieden und Glück bringen kann. Dieses Wort fängt der sonst nickt gar „christliche" Beobachter gierig auf und schreibt: „Man höre endlich auch auf, die Freunde -der Demokratie zu ver dächtigen, als ob sie in dieser ihrer politischen Ueberzeugung nicht auch gute Christen sein könnten. Die Worte des Papstes werden Denjenigen künftig den Mund stopfen, welche glauben, damit politische und konfessionelle Geschäfte machen zu können, daß sie monarchisch« und kirchliche Gesinnung als sich deckende Begriffe ausschreien." Zu diesem Erguß ist nur zu bemerken, daß der Papst von einer Demokratie spricht, die christlich sein muß und nicht zum Socialismus und zum Umsturz hinneigt, wodurch Knechtschaft und Elend entstehen würden. * Straßburg, 19. Ortober. In einer Correspondenz des „Moniteur Universel" aus Elsaß-Lothringen wird auf den für Frankreich höchst ungünstigen Eindruck hingewiesen, den die DreysuS-Sacke hier zu Lande bervorgerufen hat. Dies zeige sich auch auf wirtbschaftlichem Gebiete durch Zurück ziehung der Einlagen auS Elsaß-Lotbringen in ostsranzösischen Banken (und wohl auch in Sparkassen), durch den Rückgang der finanziellen und kommerziellen Beziehungen zwischen Elsaß-Lothringen und Frankreich. Außerdem habe der Besuch französisch-« Gymnasien und dergleichen auS Elsaß-Lothringen abgenommen, jener der elsässischen UnterrichtSanftalten durch Eingeborene merklich zugenommen. * Augsburg, 19. Oktober. Prinz Max von Sachsen hielt hier im katholischen Verein „Lätitia" einen Vortrag über die katholische Kirche in England, in der er besonders die Freiheit bervorhob, deren sich diese Kirche in England erfreue, „eine Freiheit der Bewegung, wie man sie in keinem Lande der Welt gewohnt sei, weil die Engländer Allen die Freiheit lassen. Der Staat kümmere sich um die Kirche gar nicht." So berichtet freudestrahlend die «Augsb. Postztg.", die wohl nicht mit Unrecht aus dem Vortrage schließt, der Prinz wünsche, daß auch in Deutschland der Staat der Kirche völlig freie Hand lasse. Oesterreich-Ungarn. Zur iuucren Lage. * Wie», 21. Oktober. (Telegramm.) Kaiser Franz Josef ist heute früh hier eingetroffen. (Wiederholt.) * Wien, 21. Oktober. (Telegramm.) Die Absicht, den NcickSrath baldigst zu vertagen, scheint um so mehr festzustehen, als sich die Regierung mit der Rechten über die Forderungen aller ihrer Gruppen bisher nicht einigen konnte und in der Vertagung des Parlaments den einzigen Ausweg erblickt, allen weiteren Verlegenheiten zu entgehen. Die Officiösen erhielten die Weisung, zu erklären, cs sei die Schuld der Linken, wenn die Regierung gezwungen sei, auf die parlamentarische Erledigung deS Ausgleiches zu ver zichten. (Voss. Ztg.) * Wie», 21. Oktober. (Telegramm.) Seit zwei Tagen werben, wie auf Verabredung, in allen officiösen und Mehrheitsblättern scharfe Angriffe gegen die deutsche Opposition gerichtet, weil diese im AuSgleichSausschusse lange Reden halte, wodurch es klar werde. Laß sie den Ausgleich verhindern wolle. Zugleich wird neuerdings mit einer baldigen Vertagung des ReichSrathS ge droht. (Mageb. Ztg.) >.. a. ,e - - - - s Streik. * Steyr, 21. Oktober. (Telegramm.) Der theilweise Streik in der Oesterreichischen Waffenfabrik dauert fort. Etwa 600 Arbeiter haben die Arbeit eingestellt. Sechs Haben sie gestern wieder ausgenommen. Frankreich. Drohende Stimmen. * Paris,21.Oktober. (Telegramm.) DiePatrioten- liga erläßt folgenden Aufruf: „Die Vaterland-freunde, sicher, daß daS Ministerium fallen wird und das kommende Ministerium ein Interesse daran hat, über die wirklichen Ge sinnungen deS Pariser Volkes unterrichtet zu sein, beschließen, am Tage der Kammereröffnung zum Concordienplatz zu ziehen, um ihre Treue gegen die Republik, ihr Vertrauen zum Heer und ihre Abneigung gegen die Verräther zu bekunden. Kein aufrührerischer Schrei soll auSgestoßen, aber keine Beschimpfung Frankreichs geduldet werden. Es lebe die Republik! Hoch das Heer! Nieder mit den Ber- rälhern!" Dieser Aufforderung gegenüber nimmt auch der socialistische Beobachtungsausschuß Stellung; er beruft seinen Heerbann für denselben Tag auf den Con cordienplatz ein mit der ausdrücklichen Weisung, den Todt- schlägerbanden der Patriotenliga daS Handwerk zu legen. Die Regierung, auS beiden Lagern gewarnt, wird natürlich umfassende Vorsichtsmaßregeln treffen, um die Umgebung deS Palais Bourbon freizuhalten und Straßenauftritte zwischen Patriotenligabanden und socialistischen Haufen zu verhüten. (Voss. Ztg.)s Faschoda. * Paris, 21. Oktober. (Telegramm.) Eine der „Agence Havas" au» Kairo zugegangene Depesche meldet, Capitain Baratier sei bei seiner Ankunft in Kairo von dem Personal der französischen Agentur erwartet worden. Baratier habe berichtet, die Mission Marchand habe keinen Officier und keinen Soldaten verloren. Der Gesund heitszustand sei vortrefflich. Die Verproviantirung bereite keine Schwierigkeiten. * Part», 21. Oktober. (Telegramm.) Der Minister deS Aeußeren DelcassS empfing heute Nacht telegraphisch au» Kairo den Bericht de» Majors Marchand. Man begann sofort, ihn zu dechiffrirrn. Die Entzifferung ist bisher noch nicht beendet. Orient Katserbesuch * Konstantinopel, 21. Oktober. (Telegramm.) Zu der Fahrt des Kaiserpaares auf der ana- tolischen Eisenbahn nach Hcreke hatte die Bahnverwaltung ein reichbesetztes Büffet, sowie rin Blumenarrangement aufgestellt, das ebenso wie ein von dem Maler NaoS mit Ansichten «bemalter Fächer den ung-theilten Bei fall des Kaiserpaans fand. Di« Majestäten, die sich größt«n- theils im letzten Aussichtswagrn aufhielten, ließen sich im Vorbei fahren bei Gübzeh «das Grab Hannibal's zeigen. Der Kaiser erkundigte sich nach dem Einflüsse, den di« anatolische Bahn, besonders aus di« Landwirthschast, ausübe. Aus der festlich geschmückten Station Pendik wurde ein kurzer Aufenthalt ge nommen. Der Empfang, den «die Majestäten am Mittag bei ihrer Ankunft in Hereke fanden, war glänzend. Man hatte eine Triumphpfort« errichtet, und «in« Abtheilung Marin«trupp«n bildete Spalier und erwi«s die Ehrenbrz«ugung«n. Der Minister der Civilliste Johannes Esfendi und der Direktor der Fabrik empfingen die hohen Herrschaft«» und übernahmen die Führung. Die Majestäten ließen sich mit großem Interesse über die Ma schinen, die Einrichtung, die Herstellungsart der Teppiche und di« Arbeit d«r in der Fabrik beschäftigten 800 Kinder berichten. Die Kaiserin unterhielt sich mit vielen Kindern. Sodann be sichtigten die Majestäten di« Ausstellung von Teppichen, ins besondere des Nissenteppichs, den der Sultan dem Kaiser zum Geschenk machte. Bei dieser Gelegenheit errichteten die kaiserlichen Majestäten eine Stiftung für die Mädchen, die an diesem Teppich gearbeitet haben, eine Stiftung, aus der di« jungen Mädchen bei ihrer Berheirathung eine Aussteuer erhalten sollen. An dem Frühstücke, das in dem neuerdauten großen Kiosk am Mrere veranstaltet war, nahmen 70 Personen Theil. Das Kaiserpaar stattete d«m Sultan für den ihm bereiteten Empfang seinen herzlichen Dank in einem Telegramm ab, das der Sultan sofort freudig beantwortete. Die Rückfahrt gestaltet« sich zu einer großen Kundgebung, indem die am Ufer versammelten Arbeiter und Arbeiterinnen, sowie zahlreiche türkische Frauen den Majestäten ihr stürmisches „TschekIascha" zuriefen und dabei in die Hände klatschten. Diese Kundgebung dauerte un unterbrochen etwa 20 Minuten an, bis «das Stationsschiff „Loreley" sich in Bewegung setzte. Das Kaiserpaar dankte sicht lich gerührt. Um 7 Uhr Abends -langte -das Kaiserpaar hier wieder an und nahm um 8 Uhr das Diner im Merassim- Kiosk ein. (Wiederholt.) * Konstantinopel, 20. Oktober. In dem Botschafts palais batte der Botschafter Freiherr v. Marschall zu Ehren des StaatSsecretairS v. Bülow eine Tafel veranstaltet. — Morgen, Freitag, wird daS Kaiser paar zwischen 9 und 11 Uhr Vormittags die Sofien - Moschee und daö Museum, sowie die von dem BotschaftSdragoman v. Eckardt für die Kaiserin in der Botschaft ver anstaltete Ausstellung türkischer Erzeugnisse in Augen schein nehmen. Um 1 Uhr wird die Truppenschau stattfinden. Nachmittag werden die Majestäten das deutsche Krankenhaus besuchen. Am Abend findet im Aildiz-KioSk eine Galatafel statt, an der auch das diplomatische Corps Theil nehmen wird. — Während der Eisenbahnfahrt hat der Kaiser dem Direktor der deutschen Bank, Or. Siemens, den Kronen-Orden, dem Vorsitzenden der Direktion der anatolischen Bahn, Zander, den Titel eines Geheimen Ne- gierungsrathS, dem Vicepräsidenten Hugürin und dem Be triebsdirector Hagenbeck den Rothen Adler-Orden 4. Classe verliehen. * Pera, 21. October. (Telegramm.) Die deutsche Colo nie veranstaltete gestern Abend in den prächtigen Räumen der „Teutonia" zu Ehren des deutschen Geschwaders einen großen Festcommers, an dem fast alle veutschen Marine- Osficiere theilnahmen. Baurath v. Kapp führte den Vorsitz und eröffnete die Feier mit einem Hock auf den Snltau. Das Fest erreichte seinen Höhepunkt mit dem Kaisertoast deS Vorsitzenden v. Kapp, der ungefähr Folgendes ausführtc: Der Kaiser habe leider die „Teutonia" nicht besuchen können. Die Colonie habe aber die große Freude, eine große Zahl tbeurer Gäste, die die Kaiserreise hierher geführt, in ihrer Mitte zu begrüßen. Die im AuSlaude lebenden Deutschen ständen den in der Heimath wohnenden an vaterländischer Gesinnung nicht nach. Wohl verschwinde im Auslände jeder Stamniesunterschied, aber gerade die im Auslande gegebene Möglichkeit, daß Angehörige aller Stämme des Vaterlandes nebeneinander leben und mit ihrer Eigenart auf einander einwirken, sodann die Entfernung von den Partei- und Intereffenkämpsen in der Heimath, das Leben inmitten anderer Nationen, der friedliche Wettbewerb mit den fremden Colonien, alle diese Umstände trügen dazu bei, auS den Deutschen im Aus lande in der Regel treue Anhänger des Kaisers und deS Reiches zu machen. Obwohl dem öffentlichen Leben d^r Heimath fernstehend, verfolgten die Deutschen im Auslande doch mit größtem Interesse die be deutenderen Vorgänge in der Heimath. So habe nirgends die dem Kaiser zu verdankende Vermehrung der Flotte einen so einstimmigen Beifall gefunden, wie bei den Deutschen im Auslande. Speciell berührt seien die Deutschen im Orient durch des Kaisers Freundschaft zum Sultan. Sie habe nack jeder Richtung hin glänzende Früchte ge zeitigt. Möchten sie noch lange zum Besten beider Reiche fortdauern. Ucberall sehe man den mächtigen Aufschwung des deutschen Reiches Dank der Friedenspolitik des Kaisers und seiner mächtigen Individualität, und ein Gefühl des Dankes und des Stolzes für einen solchen Kaiser lasse alle Herzen höher schlagen. Redner schloß: „Daher leben wir Deutschen im Auslande in unbegrenztem Vertrauen, in ehrfurchtsvoller Dankbarkeit, in begeisterter Bewunderung und unentwegter Treue zu Kaiser und Reich". Mit jubelnder Begeisterung stimmte die Festversammlung in das Hoch auf den Kaiser ein. Bahndirector Grosbolz feierte hierauf die deutsche Kriegsmarine, deren Aufgabe im Frieden es sei, die Deutschen im AuSlaude zu schützen und zu fördern. Der Commandant der „Hertha", Corvettencapitain mit Oberstlieutenantörang v. Usedom, betonte dankend, wie sehr die Marine sich dieser Aufgabe bewußt sei, und sprach den Wunsch aus, daß bei allen Deutschen im Auslande ebenso ein lebendiger Sinn zu finden sein möchte, wie bei denen in Konstantinopel. In gehobener Stimmung blieb die Fest versammlung bei Musik- und Gesangsvorträgen bis in die tiefe Nacht hinein beisammen. * Pera, 22. October. (Telegramm.) Man versichert, in deutschen Kreisen herrsche die größte Freude darüber, daß die Majestäten Kaiser Wilhelm und Kaiserin Auguste Victoria durch die Exkursion auf der Ana tolischen Bahn ihr Interesse für dieses bedeutende Unter nehmen bekunden. (Wdrhlt.) Kreta. * Konstantinopel, 21. Oktober. (Telegramm.) Die Pforte hat heute officiell die Collectivnote der vier Bot schafter durch rückhaltlose?! n nähme derBedingun gen beantwortet und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Souverainetät der Türkei respectirt und die Muselmanen geschützt werden. (Fortsetzung in der 1. Beilage.) llotsetiv-kurssu „Vigilrmi" «rtdellt xsvItsonkuN vsrtrsulicbo Xurkvokte (ev. unter <isr»oti«> über Ver russen u. k-»mMenrerkLItllieee, Lkerukter, kut, Llltzist ete., desedeM Neveie- rueteri»! ru k-rocseeeu, XukkILruoz UunÜer kriret- unck k!rd»ck»kt,,llcd«o, deimlicd« Seedeektuuz derxl. rreue r. Lu^estsIIteu, vuttou, Verlobten, Lr- rnittelunz Uiecreter lketur, »oonywer, rerscboUevsr Personen. Linriebunx evetkelkekter porckerun^en eule In- u. XuelenU. kteeckulte» ?«r«on»I. Ver treter »n eilen NeuptpILtren cker Veit. Lrtolxs »IrtenmLeslz. Leuxnlsse au» »Neu lkreieen. kroep. u. Net. grelle. Nur: Urlnrwileelreetr. L8, I. sislentler u. kieullvite» k. 1899 eioxetroffen. Deeorat. 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