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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981028029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898102802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898102802
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-10
- Tag 1898-10-28
-
Monat
1898-10
-
Jahr
1898
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,808« über die Erklärung der schwedischen Minister aus, die eS sogar al- eine brutale Rechtsverletzung und al« einen Hohn für da» ganze norwegische VoN bezeichnet. Norwegen müsse feine eigenen Organe haben, und könne eS diese nicht in der Union bekommen, so müsse dies unter Auslösung der Union geschehen. Die norwegische Linke wird aus dieser Sachlage jedenfalls Anlaß nehmen, von Neuem gegen die Union zu schüren. Möglicherweise versucht nun die Linke eher, als sie beabsichtigte, ihr Linkenprogramm im ganzen Umfange zu ver wirklichen. Deutsches Reich. -A Leipzig, 28. October. Wie wir erfahren, findet in der Strafsache gegen den angeblichen Gärtner Isidor de Coq auS Paris wegen VerrathS militairischer Ge heimnisse am 19. November dieses IahreS Ber- Handlung vor dem vereinigten zweiten und dritten Straf senat de» Reichsgerichts statt. U Vertin, 27. October. (Die Umgestaltung der Altersrente.) Die Altersrente wird nach den be stehenden Bestimmungen in einer besonderen, von den Vorschriften für Invalidenrenten abweichenden, verwickelten Weise berechnet. Dies hat das Bersländniß deS Gesetzes nicht gefördert und sich nicht bewährt. Die dem Bundesrathe vor liegende Novelle zum Invalidität-- und Altersversicherungs gesetz sieht daher eine Vereinfachung in der Berechnung der Altersrenten vor. Cs soll als Altersrente künftig neben dem beibehaltenen festen Reichszuschuß von 50 lediglich der neue Grundbetrag der Invalidenrente gewährt werden. Dieser aber soll nicht mehr,wie es gegenwärtig der Fall ist, für alle Lohnclassen auf den gleichen Betrag von 60.!// bemessen, sondern nach Lohnclassen abgestuft werden. Er soll sich fortan be laufen für die Lohnclasse I aus 60^, für II auf 90 .//, für III auf 120 „L, für IV auf 150 für V auf 180 Sind während der Versicherungsdauer Marken aus verschiedenen Lohnclassen beigebracht, so wird aus diesen Beträgen ein Durchschnitt berechnet. Eine Berechnung nach Beitragswvchen soll fortan bei der Altersrente nicht mehr stattfinden. Die obigen Beträge der Grundrente — welche also fortan neben dem festen ReichSzuschusse von 50 „L die Altersrente bilden sollen — stehen bei den vier unteren Lohnclassen zu einander in dem selben Verhältnisse (2:3:4:5) wie jetzt die Altersrente; die neue fünfte Lohnclasse tritt (mit 6) in dieselbe Stufen reihe ein, und diese wird in der Novelle allgemein, auch bei den neuen Steigerungen der Invalidenrente, sowie bei den Beiträgen zu den einzelnen Lohnclassen durchgeführt. Eine Benachtheiligung der künftig in den Genuß der Altersrente rintretenden Personen wird durch deren anderweite Be messung nicht herbeigeführt, vielmehr werden dadurch die Altersrenten allgemein um rund 6Proc. erhöht. Von manchen Seiten war seiner Zeit eine weitergehende Abänderung dahin angeregt worden, vom 70. Lebensjahre ab einfach die In validenrente, einschließlich ihrer Steigerungssätze, aber ohne Nachweis der Invalidität zu gewähren. Diesen Vorschlag hat der Entwurf nicht ausgenommen. Die Altersrente, als eine unabhängig vom Eintritt der Erwerbsunfähigkeit gewährte Zuwendung, ist ihrem Wesen nach von der Invalidenrente verschieden, und eine völlige Beseitigung der besonderen Voraussetzungen der Altersrente wäre bei jenem Vorschlag doch nicht zu erreichen gewesen. Insbesondere muß an einer langen Wartezeit für die Altersrente um deswillen festgehallen werden, weil diese sonst, im Gegensatz zur Invalidenrente, durch vorübergehenden Eintritt in ein versicherungspflichtiges Verhältnis noch kurz vor dem Eintritt des 70. Lebensjahres würde erworben werden können, was der Spekulation auf Rente Vorschub leisten würde. Der Eintritt in ein bestimmtes Lebensjahr läßt sich im Voraus berechnen, der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit dagegen nicht. DieWartezeit ist deshalb auch nach dem Entwurf für beide Arten von Renten verschieden, für beide aber herunter gesetzt; sie beträgt bei der Altersrente nach dem Gesetz: 30 Beitragsjahre zu 47 Wochen, nach der Novelle: 1200 Beitragswochen (1410 Wochen); bei der Invalidenrente fünf Beitragsjahre zu 47 Wochen (235 Wochen) und 200 Bei tragswochen. Im Uebrigen würde jener Vorschlag eine be deutende Erhöhung der Altersrente herbeiführen, welcher mindestens noch auf lange Jahre hinaus entsprechende Bei tragsleistungen nicht gegenüberstehen, und welche daher schon aus diesem Grund als sachlich berechtigt nicht anerkannt werden konnte. Die noch weiter gehende Anregung, die Altersgrenze für die Altersrente herabzusetzen, hat wegen ihrer großen finanziellen Tragweite unberücksichtigt bleiben müssen. Die Zahl der Altersrenten betrug am 1. Januar 1897 200 492. Bei einer Herabsetzung der Alters grenze von 70 Jahren auf 65 Jahre würde diese Zahl sich um 199 329, bei einer Herabsetzung auf 60 Jahre sogar um 530 189 vermehren. Die jährliche Ausgabe würde sich bei der Herabsetzung auf 65 Jahre um 30 286 050 - 60 - - 80556950 - steigern. Der in diesen Summen enthaltene Beitrag deS Reichs würde für dieses eine jährliche Mehrleistung von etwa 10 Millionen bezw. 26'/r Millionen Mark bedeuten. Gegen über dieser Mehrbelastung konnte die Herabsetzung der Alters grenze im Hinblick auf die finanzielle Lage der ungünstig gestellten Anstatt»» füglich nicht in Vorschlag gebracht werden. * verliu, 27. Ortober. (Zur Kaiserreise.) Maa ist in Berlin ersichtlich bemüht, den Eindruck der Auf nahme des Kaisers in Konstantinopel abzuschwächen. Aus wen man dabei besonders Rücksicht nimmt, ergiebt nach stehende Auslassung der Münchener „A. Z": Die Reise de- Kaisers nach Konstantinopel hat sich nicht nur drin Programm gemäß abgewickrlt, sie hat über das Programm hinaus einen für beide Theile befriedigenden verlaus ge nommen. Die Freundlichkeit des Sultans war eine weit gehende, sie hat allerseits den besten Eindruck hervorgerusen. Daß nach der politischen Seite hin im Zusammenhang mit der Anwesenheit deS deutschen kaiserlichen Paares in Konstantinopel keine Mißdeutungen enstanden sind, wird deutlich durch den Verkehr des Kaisers und des Staatssecretairs v. Bülow mit dem russischen Botschafter in Konstautiuopel, Sinowjew, bewiese». Von irgend welchen Concessionen, die deutscherseits während der Fest tage gemacht worden wären, kann keine Rede sei». Zur Palästinareise weiß übrigens ein Berliner Blatt noch Folgendes zu melden: „Der Sultan hat es nun doch endlich erzielt, die Spesen der Fahrt durch Syrien und Palästina zahlen zu dürfen, nämlich die Rechnung deS ReisebnreauS Cook, dem vom deutschen Kaiser das ganze Arrangement der Ueberlandfahrt anvertraut wurde und welche etwa 300 000 Franken beträgt." — Der BundeSrath bat in seiner heutigen Sitzung den AuSschußanträgcu, betreffend den Etat der Salzstener- verwaltung für das Herzogthum Anhalt, und betreffend den Etat der Grenzzoll- und Salzsteuerverwaltung für Elsaß- Lotbringen, die Zustimmung ertheilt. Den zuständigen Aus schüssen wurden folgende Vorlagen überwiesen: betreffend die Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Landesverwaltung von Elsaß-Lothringen für 1897/98; betreffend den Entwurf von Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Noßbaarspinnereien rc.; endlich die Vorlage von Lippe vom 18. October 1898, betreffend die lippische Thronfolge. Schließlich wurde über eine Reihe von Eingaben Beschluß gefaßt. — Die Antrittsbesuche deS vr. LeydS inBerlin und die Erörterungen der englischen Presse über deren Einzelheiten geben der südafrikanischen „VolkSstem" Ver anlassung zu folgenden Ausführungen: „Daß man in Berliner Regierungskreisen verstimmt wäre über eine vermeintliche Preßagitatio» seitens Transvaals wegen des deutsch-englischen Abkommens, ist möglich. Doch der Widerspruch unseres Gesandten gegen die Annahme, daß diese Agitation von verant wortlichen Beamten Transvaals ausgegangen sei, sollte vollkommen ge nügen, um jedenArgwohn zu beseitigen. In der That sind die Beweise von Sympathie für die Afrikaner in den deutschen Prcßorgancn nicht selten und in Pretoria schätzt man diese Beweise aufs Höchste. Doch es ist undenkbar, daß die Regierung zu Pretoria sich der germanischen Preß-Organe bedienen sollte, um einen internationalen Vertrag zu bekämpfen, der unseren Staat in keiner Weise bcnach. theiligen kann, so lange Kaiser Wilhelm seine südafrikanische Politik weiter verfolgt, vr. Leyds hat natürlich auch in Europa zahlreiche Gegner und vielfachen Widerstand zu bekämpfen; er kann noch manche Stöße auszuhalten haben, aber ein Ding ist sicher: er besitzt das volle Vertrauen der Regierung in Pretoria und weiß, was daselbst vorgeht. Der entschiedene Widerspruch gegen die behauptete trausvaalische Preßagitation in deutschen Zeitungen kann als rin abschließendes Mittel angesehen werden, um jeden Argwohn in Berlin zu nehmen. Abgesehen davon, daß unsere Regierung wohl andere Dinge zu thun hat, als gegen ein deutsch-englisches Ab kommen zu arbeiten, wobei unser Staat nichts zu verlieren hat." Demgegenüber ist nur immer wieder zu betonen, daß man in Deutschland in der Hauptsache nicht um die Interessen der Boeren, sondern um die der Deutschen besorgt war. — Für die Ermordung des deutschen Forschuugsreisenden Belckh steht der „Allgem. Ztg." zufolge eine amtliche Be stätigung Hierselbst noch auS. Es liegen einige Anzeichen vor, daß die von den „Times" gebrachte Meldung in der Form nicht zutreffend ist. — Daß der Entwurf eines Hypothekenbank-Gesetzes bei seiner endgiltigen Feststellung für die Berathnngen deS Bundesraths unerwarteten Ausstellungen begegne, ist nach der „Nordd. Allg. Ztg." nicht richtig. Die Vorarbeiten sind allerdings noch nicht beendet. DaS war aber auch nicht anders zu erwarten. Die Bundesregierungen haben sich noch nicht alle zu dem Entwurf geäußert, die Aeußerungcn werden aber voraussichtlich in Kürze eintreffen. Es hat uie im Plane gelegen, den Entwurf in den Reichstag gleich nach Lessen Eröffnung zu bringen. Es wird also nichts Ungünstiges daraus geschlossen werden dürfen, wenn die Vorlage erst später dem Reichstage zugehen wird. — Im CultuSministerium ist zur Sprache gebracht worden, ob die Patronate der nichtstaatlichen, vom Staate nicht unterstützten Anstalten, welche verpflichtet sind, die Remuneration für wissenschaftlichen und Zeichenunterricht nach de» für die staatlichen Anstalten bestimmten Sätzen zu bemeffen, auch da, wo es sich uw di« Reuruneriruug von Elementar- und sonstigem technischen HrlfSuater« richt handelt, an diese Festsetzung der Höh« der Remune ration gebunden sind. Der CultuSminister hat nuu ent schieden, daß weder sonst eine gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung dieser Sätze ausgesprochen ist, noch daß sie sich aus den im Gesetze über daS Diensteinkommen der Lehrer an den nichtstaatlichen höheren Schulen enthaltenen Vor schriften über die Besoldung der technischen, Elementar- und Borschullehrer herleiten läßt. Immerhin erschein» e» dem Minister dringend erwünscht, daß hier ein Unterschied nicht gemacht wird. Er hat die Provinzial-Schulcollegien ange wiesen, vorkommenden Falles nachdrücklich darauf hmzuwirken, daß der fragliche Hilfsunterricht bei den nicht unterstützten ! nichtstaatlichen Anstalten nach demselben Satze remunerirt wird, wie er für die übrigen Anstalten vorgeschrieben ist. — Der „Nationalliberalen Correspondenz" zufolge soll sich die Staatsregierung vor einiger Zeit schlüssig gemacht haben, zur Hebung der Volksschule» in de» gemischtsprachigen Provinzen besondere Mittel aufzuwenden. — Der hiesige italienische Botschafter Graf Lanza hat Berlin mit kurzem Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit sungirt der Bvtschasts-Secretair Mattioli Pasqualini als Geschäftsträger. — Der hiesige jchivedisch-norwegijche Gesandte von Lag erbe im ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen. — Der Bevollmächtigte zum Bundesrath anhaltischer Staatsminister vr. v. Koseritz ist gestern aus Dessau und der Vice-Admiral Valois aus Wilhelmshaven hier an gekommen. — Dem sächsischen Staatsangehörigen Naturforscher Paul St au ding er zu Berlin ist der Krouenorden 4. Classe verliehen worden. * Rostock, 27. October. Zu Ehren des entschlafenen Alt reichskanzlers Fürsten Bismarck fand gestern Mittag von Seiten der hiesigen Landesuniversität in der Aula deS UnivcrsitätsgebäudeS eine Gedächtnißfeier statt, die s. Z. wegen der bereits begonnenen Universitätsferien hinaus geschoben worden war. Zu dem feierlichen Act hatten sich außer dem Vicckanzler der Universität und den Lehrern der Hochschule viele Studirende und eine größere Zahl geladener Gäste versammelt. Die Feier ward durch eine vom akade mischen Gesangverein vorgetragene Motette eingeleitet. Die Gedächtnißrede hielt Professor vr. Schirrmacher. * Fric-richS» uh, 27. October. Vom Bau derBiSmarck- gruft im Sachseuwalde weiß die „N.-Ostsee-Ztg." noch Folgendes zu berichten: Der Bau besteht in einem romanischen Capellenbau, der seiner Vollendung entgegengeht und der mit seinem Thurm die stattliche Höhe von 27 m erreichen wird. Den Unterbau bilden mächtige Felssteine, die aus dem Sachsen walde selbst stammen nnd die von den Bauleuten Cyklopensteine genannt werden. Ueber diesem kraftvollen Fundament strebt der würdig ernste Bau in geschliffenem Sandstein empor. Er ist vom Eingang ans, der an der Waldseite liegt, drcitheilig gedacht: znr rechten Hand die Capelle, in der Mitte eine Grifft für später abscheidende Glieder der Familie und links die Stätte, wo der „treue deutsche Diener Kaiser Wilhelm's I." neben seiner vorausgegangencu Gemahlin ruhen wird, ein ewiges Vorbild deutscher Reichs- und deutscher HauStreue. Bunte Fenster werde» vielleicht über seinem Haupte das ein fallende Licht des TageS dämpfen, so daß die Waller zu seinem Grabe hier von einer ähnlich feierlichen Stimmung des Lichts werden empfangen werden, wie von dem tröstlich ruhige» Blau in der Gruft zu Charlotteuburg. * Bon», 27. October. Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen ist heute hier eingetroffen und hat sich bei der Universität zur Aufnahme als Studirender der Rechts wissenschaft gemeldet. * Karlsruhe, 27. October. Die Zeichnungen für das Bismarckdenkmal haben jetzt den Betrag von 21 000 überschritten. Der „Schw. Merk." bemerkt dazu: Zahlreiche kleinere Beiträge zeugen davon, daß die Spenden in weiten Kreisen als eine Pflicht ter Dankbarkeit für den Mitbegründer deS Reichs angesehen werden. (-) Straßburg, 27. October. Der LandeSauSschuß nahm beute in zweiter Lesung daS EinsührungSgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch«: an. * München,27.October. Die„A.Z."schreibt: Zumdritten Male taucht in der Presse das Gerücht von einer Verlobung deö präsumptiven österreichischen Thronfolger-, Erzherzogs Franz Ferdinand, mit einer bayerischen Prinzessin auf. Diesmal wird die drittälteste Tochter deS Prinzen Ludwig, Prinzessin Mathilde, genannt. Ganz abgesehen von der Unwahrscheinlichkeit, daß angesichts der tiefen Trauer im österreichischen Kaiserhanse jetzt eine derartige freudige Familienfeier bevorstebe, ist nach unseren Informationen daS Gerücht wieder nichts weiter, als eine müßige Combination. * RadolfSzell, 25. October. In der Cent rumS- druckerei von Moriell ist, wie daS Fachblatt der Buch drucker mittheilt, ein Conflict auSgebrochen, weil daS Personal sich weigerte, Klosterfrauen zu Concurrentinnen auszubilden. Da der Principal auf wiederholte Vorstellungen, er möchte sich zuerst in dieser Angelegenheit an das Tarifämt wenden, erklärte, er pfeife auf daS Tarifamt, er mache, waS er wolle, erklärten ihrerseits die Gehilfe», daß sie, falls er auf seiner Absicht bestehe, ihre Kündigung einreuhen müßten. Oesterreich-Ungar«. Spalt««« Ser Deutschen. * Wie«, 27. October. Der BerbandderDeutschen BolkSpartei beschloß heute einstimmig Folgendes: In Er wägung, daß in der letzten Sitzung des AusgleichSauSschuffes zwei von den in 'der Obmännerconferenz der Linken vertretene Parteien in einer wichtigen und praktischen Frage sich von den übrigen Parteien der Linken getrennt haben, und daß daher die Obmännerconferenz ihrer Aufgabe, «in einheitliches Vorgehen aller Parteien der Linken zu erzielen, nicht entspricht, hat die Deutsche Volkspartei beschlossen, ihre Vertreter auS der Ob männerconferenz zurückzuziehen. Selbstverständlich wird die Deutsche Volkspartei nach wie vor bestrebt sein, in allen natio nalen Angelegenheiten ein einiges Vorgehen aller deutschen Par teien herbeizuführen. Die christlich-sociale Ver einigung beschloß ihrerseits Folgendes: Indem die christlich sociale Vereinigung den Austritt der Deutschen Vollspartei mit Bedauern zur Kenntniß nimmt, erscheint nunmehr die deutsche Gemeinbürgschaft aufgehoben. Die christlich-sociale Vereinigung behält sich vor, theilweise mit den Obmännern 'der übrigen deutschen Parteien hinsichtlich eines gemeinsamen Vorgehens in Verhandlungen zu treten. Die katholische Volkspartei beschloß Folgendes: Sie erkenne als ihre vornehmste Aufgabe, für 'den kulturellen Fort schritt und die Machtstellung der Gefammtmonarchie jeder Zeit einzustehen und zu diesem Zwecke die religiösen, politischen, wirthschaftlichen und nationalen Interessen 'der Königreiche und Länder, unabhängig von der Regierung, nach jeder Richtung hin, wahrzunehmen und zu fördern. Die katholische Volkspartei werde jederzeit die Regierung unterstützen, so weit dies mit ihren Aufgaben vereinbar sei. Der Club bedauere die nationalen Kämpfe; er stehe auf dem Standpuncte der vollkommenen Gleich berechtigung aller Nationen und werde radikalen und nationalen Strömungen nicht folgen. Der Club werde sich von den An griffen gegen seine Stellung im Reichsrathe, von wem immer sie kommen möchten, in keiner Weise beirren lassen. (Wiederholt.) * Wien, 27. October. In einem heute veröffentlichten Communiqne erklärt die deutsche Fortschrittspartei, sie erachte die Wirksamkeit der Obmännerconferenz als ge meinsames taktisches Organ für erloschen. Sie werde aber auch zukünftig ein gegenwärtig mehr denn je nothwendiges enges Zusammenwirken der gesammten deutschen Linken anstreben. Die Pestgefahr. * Wie», 27. October. Abgeordnetenhaus. (Fortsetzung.) Generalredner Lueger erklärt, die Christlich-Soclalen seien nicht gegen die wissenschaftliche Forschung, sondern gegen Miß- brauche, die unter dem Deckmantel der Wissenschaft getrieben würden. Redner wendet sich dagegen, daß die Kranken in Svitälern zu Versuchszwecken benutzt würden und spricht für die Umgestaltung deS Allgemeine» Krankenhauses entsprechend den Forderungen der Jetztzeit. Karreis weist die Angriffe gegen die Juden und gegen den Hofrath Nothnagel zurück. Nächste Sitzung am 4. November. (Wiederholt.) Frankreich. Ter Drctffus-Procetz vor -em CafsationShof. * Paris, 27. October. Gcneraladvocat Manau führt weiter aus: Henry habe im Jahre 1894 dem General Gonse das Bor dereau übergeben und nicht dcn Namen des Agenten nennen können, von dem er das Bordereau erhalten habe. Henry habe auch Folgendes gesagt: „ES ist unfaßbar, ich werde verrückt werden". Henry sei der Werkmeister des Processes gegen Dreysus gewesen, und Alles, waS Henry gesagt und gethan habe, nm die V e r u r th e i l u n g Dreysus' durchzusetzen, sei verdächtig geworden. Der Fall Henry allein sei schon geeignet, das Revisionsgesuch zu recht- sertigen, dies gelte aber auch von dem Gutachten über das Bordereau. Während im Jahre 1894 drei Sachverständige Dreysus als Urheber desselben bezeichnet hätten, hätten die Sachverständige» des Jahres 1897 die Möglichkeit einer Durch- pausung zugegeben. Manau's Schlußfolgerung lautet aus Zu lassung deS Revisionsgrsuchs. Bard bespricht die An gelegenheit deS Petit Bleu, das in Picquart'S Hände gefallen ist. Er könne aber nicht prüfen, welche Rolle dabei Picquart gespielt habe, da gegen Picquart die Untersuchung schwebe. Bard geht sodann zur Dennnciation Matthieu DrehsuS' gegen Esterhazy über und verliest Briefe Esterhazy'- an den Kriegsminister, der vor der Denunciatio» für die Unschuld Esterhazy's ringetreten sei. Esterhazy habe an das Zeugniß eines fremden Souverains appellirt, dessen Namen zu nennen Bard als unnütz erachtet. Esterhazy habe von dem Souveraine gesagt, er sei Soldat wie er und würde niemals eines Soldaten unwürdige Beziehungen ge- duldet haben. Bard fügt hinzu, es sei bedauerlich, daß da- Kriegs gericht die Angelegenheit mit der verschleierten Dame nicht „Sie waren bei dem Klarmachen des Bootes ebenso thätig wie di« Anderen; wissen Sie, das hat mich gewundert." „Je jo, bat müg woll sie», äwer bat is bi mi nich anners; wat 't ok ümmer is, Mister, ik bin ümmer in den dicksten Hümpel tau finn'n, glikvel, wat ik boräwer denken dauh." „Ich habe Deacon zum Zeugen aufgerufen, daß ich keinen Theil an der mörderischen That gehabt habe." „Ik seih nich in, wat dat nützen könnt", brummte er in den Bart. „Das kann man nicht wissen; jedenfalls liegt für mich kein Grund vor, mich mit Euch Allen hängen ober auf Lebenszeit ein sperren zu lassen, weil Deacon sich in den Kopf gesetzt hat, einen Haufen Gold aus irgend einer Insel vergraben zu haben." „Dat Garn Hal de Düwel!" rief Banyard. „So glauben Sie es also nicht?" „Dat glöwen? Na, rk denk, bat ik dat nich dauh. Ik hew sei dat ok seggt, ik hew mi nich förcht. Deacon weit 't, dat ik nicks dorvon glöw." „Da haben Sie also den Leuten geholfen, sich ber Brigg zu bemächtigen, um einen Schatz zu heben, welcher nach Ihrer Ansicht gar nicht existirt?" Er sah mich mit einem Gesicht an, so störrisch wie rin Maul esel, und sagte: „Glöwen Sei daran?" Ich antwortete vorsichtig, daß ich noch wenig darüber nach gedacht hätte. „Sund Sei up Deck west, as d« Schipper un be Maat in 't Boot set't würd'?" „Ja!" „Worum hebben Sei da nich för sei kämpft?" „Weil ich eS mit der ganzen Mannschaft nicht aufnehmen konnte." „Un ik ok nich!" schrie er; „un dat iS 't, worüm ik «n mür- derischen Seeröwer worben bün." Ich lachte über die Grimasse, mit welcher er diese Worte be gleitete. In diesem Augenblick rief ihm Deacon durch das Ober licht zu, er solle ihn endlich ablösen kommen, und fügte hinzu: „Die Leute verlangen jetzt ihren Rum, si« sind es müde, noch länger auf die Beendigung deS Cajüten - Frühstücks zu warten." Nach einigen Augenblicken begab sich Banyard auf Deck, Deacon kam herunter, setzte sich an seine Stelle und fiel mit Heiß hunger über das Essen her. Seine Augen glänzten in einem ganz eigenthümlichen Licht und «in Lächeln, welches jeder Be- schrribung spottete, la- auf seinem Gesicht; denn nie sah ich ein sonderbareres Gemisch von Schlauheit, Verschmitztheit und Auf geblasenheit. Er atz mit grotzer Hast und fragte mich, wo Mitz Franklin wäre. „Da, wo sie sein mutz", antwortete ich, „und das geht nur mich an. Denk' Du an Dein Gold und bekümmere Dich nicht um meinen Ankheil." „Gott, was für ein Ding ist doch die Eifersucht, dies grün äugige Ungeheuer, das immer nur mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Verstehst Du das?" „Du wirst es mit dem Schönen zu thun kriegen, wenn Du die Leute noch länger auf ihren Rum warten lätzt", erwiderte ich statt aller Antwort. „Warum lätzt Du mich Euch nicht verheirathen?" fuhr er in einem richtigen Bühnenton fort, indem er Messer und Gabel ruhen lietz und mich verschmitzt ansah. „Du hast mich noch nie Gebete lesen hören, was? — Ich versichere Dich, es giebt Nie mand, weder auf der Kanzel, noch im Freien, der mich an Salbung zu übertreffen vermöchte. Das Gangspill würde einen vortrefflichen Altar abgeben, nichts wäre nöthig, als die Flagge darüber zu decken. Wir würden jeden Lappen Flaggentuch hissen und dann einen richtigen Seemannsball veranstalten. Suds würde di« Musik liefern und Mrs. Chadburn sollte einige regu läre Seevergnügungen zu sehen bekommen: Hornpipes, Polkas, Lieder und allerlei lächerliche Geschichten. Was meinst Du dazu, he?" „Ich meine, daß Du «in Narr bist und ich Dir ernstlich rathe. Dich nicht um meine Angelegenheiten zu kümmern. Du weißt, was Du versprochen, solltest Du Dein Wort einmal brechen, dann Gnade Dir Gott!" . Er sah mich groß an, antwortete nichts und setzte sein Früh stück fort. Ich ging auf Deck und sagte, datz jetzt vier Leute zur Der- theilung der Flaschen herunterkommen sollt«». Da keine Aus sicht vorhanden war, sie von ihrem Entschluss, sich in den Besitz des Getränkes zu sehen, ckbzubringen, so war es die beste Politik, mir den Schein zu geben, als stimmte ich mit ihren Wünschen völlig überein. Sie wählten Blunt, W«lchy, Jim und Sam als Repräsen tanten von jeder Wach«. Ausserdem trat der Koch hinzu. In ftierlichem Zug« begaben wir unS nach der Cajüte. Äe wollten allerdings zuerst das Rumfass auf Deck schaffen, da ich aber immer noch etwas mehr Zeit g«winnen wollte, um den Geruch sich mehr verflüchtigen zu lassen, beredete ich sie, lieber zunächst die Flaschen zu besichtigen und zu v«rth«ilen. Alle Spirituosen, die zum Gebrauch der Cajüte bestimmt waren, befanden sich in der Speisekammer. Vier Gestelle, jedes achtzehn Flaschen enthaltend, war Alles, was von dem ursprüng lichen Vorrath übrig war. Die Flaschen enthielten: Rum, Brandy und Wachholderbranntwein. Da sie zur mäßigen Be nutzung für nur drei Personen bestimmt gewesen waren, so hätten sie über und über bis Sydney ausgereicht, jetzt sollte ein einziger Tag si« fast alle leeren. Die Freude der Leute war gross, als sie die Aufstapelung sahen, sie schrien und meinten, solche Ausstellung von Getränken ließe man sich gefallen; laut lachend und scherzend gratulirten sie der Reihe von Gesichtern, die mit gieriger Erwartung durch das Oberlicht herunterblickten. „Hier is gaudes Gedränk naug, Lm alle Trurigkeit tau er- supen", schrie Welchy. „Ja!" brüllte Jimmy,,,un teihnmal sovel is noch unnen in't Fass, Jungs." Die Flaschen wurden nunmehr gezählt. Ich thcilte dieselben nach der Zahl der Köpfe an Bord und rechnet« unter diese auch Miß Franklin mit «in, damit di« Leute wenigstens einige Flaschen weniger in di« Hände bekämen. Hiernach begann der Koch mit der AuStheilung. Blunt sprang auf den Tisch und reichte die Flaschen durch das Oberlicht auf Deck. Es war widerlich anzuschen, mit welcher wilden Hast die Hände darnach griffen, und wie Jeder seinen Anthril strei chelte und zärtlich an sich drückte. Die Leute in der Cajüte steckten die Flaschen, welche ihnen zufielen, in die Taschen und den Busen. Diebe, welche Goldsäcke stehlen, können kaum gieriger ihren Raub ergreifen, wie es hier geschah. Nachdem dieses Geschäft beendet war, befahl ich dem Koch, uns nach dem Rumfatz zu führen. Er zündete eine Lamp« an und wir folgten ihm in den Vorrathsraum. Der Geruch des Rums drang mir stark genug in die Nase, aber vielleicht waren meine Sinne durch das böse Gewissen geschärft, denn die Anderen schienen nichts zu merken. „Kiek't, hi«r iS dat Rumfatt, Jungs", rief der Koch, indem er es mit dem Fuß anstieb. Ein hohler Klang tönte zurück. Der Kerl erschrak und rüttelte an dem Fatz; eS war leicht. „Nu, wat tum Düwel iS denn dat?" murmelt« er kopf schüttelnd und noch einmal den Klang probirend; aber derselbe hohle Ton von vorher hallte wider. Er stürzte dabei an daS andere Fatz und klopfte auch an dieses mit dem Fuhr. ES zeigte sich leer, gleich dem ersten. „'S iS utlopen, all'nS iS w«g!" stöhnte er. „Scheer' Di bi Sid!" brüllte nun d«r Schöne, schlug mit seinen Eisenfäusten wuchtig auf die beiden Fässer und zischle dann vor Wuth mit einem schrecklichen Fluch: „Leer sünd »ei, dat is seker." Ich erinnere mich noch heute des Bildes, welches sich nun in dem Vorrathsraum bot. Die düstere, flackernde Laterne, die zornigen, enttäuschten Gesichter der Männer, die starken Stützen der massiven Deckbalken und die undurchdringliche Dunkelheit der nicht im Lichtkreis liegenden Winkel, ich höre noch heute das Stöhnen und Knarren des Holzwerles und das dumpfe, donnernde Getöse der an den Schiffswänden sich brechenden Wogen. Noch heute fühl« ich das gewisse Gruseln, dessen ich mich damals nicht erwehren konnte, als ich mit meinem bösen Gewissen unter den wild fluchenden Männern stand. Indessen, ich that, als wäre ich genau ebenso verblüfft und enttäuscht wie jeder Andere, und versetzte auch meinerseits dem Fatz einen prüfenden Futzstotz, gerade so, als ob ich keinem anderen Klange, als dem durch mich hervorgerufen«», glauben könnte. Darauf wandte ich mich scharf mit finsterem Blick an den Koch und fragte, ob er Betrug vermuthe. Er blickte mit rollenden Augen auf die Anderen, welche ihn aufgeregt anstarrien, und verschwor sich, er wützte nicht, was er denken solle, gestern wäre das Fatz noch voll gewesen, das wär: Alles, was er sagen könnte. Darauf ritz Blunt ihm die Laterne aus der Hand und forderte die Anderen auf, das Fatz umzukipprn, um den Leck zu suchen. Dies war schnell ausgeführt und jedes Bohrloch wurde sogleich entdeckt an dem kleberigen, schwarzen Fleck, den der ausgelaufene Rum um dasselbe zurückgelassen hatte. „Jetzt iS mi all'ns klar!" schrie nun plötzlich der Koch. „De Schipper was gistern morrn hier unnen. Hei het den Rum an bohrt; hei möt en Vörgefäul hadd h«bben von dat, wat kamen wiird." „So wird es sein", sagte ich. „Es mutz schon längere Zeit her sein, datz daS Auslaufen stattgefunden hat, oder könnt Ihr noch den Dunst riechen?" Dabei schnüfsilte ich mit grotzrm Eifer. Als die traurige Neuigkeit oben bekannt wurde, datz durch des Capitains Bosheit daS kostbare Natz alles vernichtet sei, brach sich die Wuth hierüber in einem wahren Strom von Ver wünschungen und Flüchen Bahn. Da aber hierdurch schließlich die Fässer nicht wieder voll wurden und ausserdem jeder Mann seinen besonderen Trost bei sich trug, so schlug die Stimmung bald in die entgegengesetzte um. (F«r»s«tzung folgt.)
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