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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960910010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896091001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896091001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-09
- Tag 1896-09-10
-
Monat
1896-09
-
Jahr
1896
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In dieser Versammlung, zu welcher dem nächst die Einladungen ergehen, wird die Beratbnng deS Statuts vorgenommen und ein provisorischer Genossenschafts vorstand gewählt. Berlin, 9. September. „Die Lebensversicherung als Mittel zur Tilgung der Grundschuld" ist der Titel einer Darlegung in dem hiesigen Organ des Bundes der Landwirt he. Zn derselben werden den Mitgliedern des Bundes der Landwirthe zwei mit Namen genannte Ver sicherungs-Gesellschaften hier und zu Halle a. S. besonders empfohlen und zwar zu dem Zweck, durch Lebensversicherung in der Höhe des Betrage- der Grundschulden den Nach kommen das Anwesen schuldenfrei hinterlassen zu können. Zu diesem Ende bieten diese beiden Gesellschaften den Mit gliedern deS Bundes der Landwirthe außerordentliche Vortbeile bezw. Rabatte an. Wir schätzen den von der „Deutschen Tagesztg." empfohlenen Weg der Selbsthilfe und, wenn auch langsam, so doch sicheren Heilung eine- Grundübels, an dem die Landwirtbschaft leidet, hoch genug, um ihn ebenfalls ausS Lebhaf- teste zu empfehlen. Dabei lassen wir eS auch auf sich beruhen, daß die genannte Zeitung in eigenthümlichen Widerspruch mit sich selbst geräth, wenn sie auf der dritten Seite dem Landwirth die Uebernahme neuer Verpflichtungen empfiehlt. Aus der ersten Seite wird doch täglich gepredigt, daß dem Landwirth überhaupt nur noch durch große Mittel des Staates, nirgends mehr aus eigener Kraft Hilfe werden kann. Aber wir vermögen die Frage an die von der „D. Tagesztg." namhaft gemachten Gesellschaften nicht zu unterdrücken: auf wessen Kosten können den Mitgliedern des Bnndes der Landwirthe diese außerordentlichen Vortheile zuze- wendet werden? Doch wohl nur auf Kosten der übrigen Versicherten, da dock die Gesellschaften nach einem bestimmten Plan arbeiten müssen nnd die materielle Grundlage für diese besonderen Vortheile nicht aus der Lust nehmen können. Sind aber dazu die Gesellschaften überhaupt den übrigen Versicherten gegenüber berechtigt? Wir glauben, die Frage enthält die Antwort bereits in sich selber. 0. H. Berlin, 9. September. Don 750 000 organisirten Gewerkschaftlern haben die socialdemokratischen Agitatoren unausgesetzt in den Gewerkschaftsversammlungen gefabelt, eine jetzt erschienene von der socialdemokratischen Generalstreikcommission gemachte Zusammenstellung ergiebt nun, daß die Gewerkschaften 1895 insgesammt 259 175 Mit glieder zählten und daß hierunter 6905 weibliche waren. 1894 wollen die Gewerkschaften 246 494 Mitglieder gezählt haben, eS wäre demnach ein Zuwachs von 12 681 Mitgliedern zu constatiren. Sehen wir uns die von der Generalstreik- commission gemachte Aufstellung genauer an, so ergiebt sich, ein wie winziger Theil der Arbeiter in den einzelnen Ge werken socialdemokratisch organisirt ist. Wir zählen ins gesammt 1250 socialdcmokratische Bäcker, die in der Presse und in den Versammlungen ein Geschrei machen, als wenn alle Bäcker Deutschlands der rotben Fahne folgten; wir finden von der gesammten Gärtnergehilfenschaft nur 300 nur Ausbietung des „Landsturmes" zum Zwecke einer allgemeinen Schlächterei zu geben. Auch wir hosten und erwarten, daß ein solcher Druck auf den Sultan ausgeübt werde; aber wir können nicht glauben, daß damit die Thätigkeit der Mächte sich erschöpfe und die türkische Frage abermals der völligen Versumpfung anheim falle. Das freilich ist ausgeschlossen» daß die Mächte die „Rolle der rächenden Nemesis" übernehmen und den Frevel der unerhörten Schlächterei durch neue Blutströme zu sühnen suchen werden. Nicht einmalEntschädigung wird man den Hinterbliebenen der unschuldig Ermordeten zu sichern vermögen, da alle Mittel und Wege fehlen, die Schuldfrage zu lösen. Aber die Vermehrung der Stationsschiffe wird nur Gelegen heit geben, neue Wirren vor allzugroßer Ausdehnung zu bewahren; ihre Entstehung werden die Bot schafter auch dann nicht verhüten können, wenn sie ihre Drohungen auf eine Flottenmacht stützen. Solche Wirren sind unausbleiblich, so lange das türkische Reich in seiner jetzigen Gestalt besteht. Die Armenier sind nicht zufrieden gestellt, sie sind nur von dem starken Blutverluste betäubt, während andererseits der türkische Pöbel darum noch nicht seine Gefährlichkeit verloren hat, weil er gegenwärtig die Ruhe der Sättigung beobachtet, wie die Riesenschlange, die ihr Opfer verschlungen hat. Die Schwierigkeiten auf Kreta werden erst wieder recht beginnen, wenn man an die Durch führung der Reformen geht. Zur durchgreifenden Besserung der verworrenen Verhältnisse in Makedonien ist die Pforte nicht im Stande, und die griechischen und bulgarischen Agi tatoren werben immer wieder einen gut vorbereiteten Boden für die Saat des Unfriedens finden. Die größten Schwierigkeiten lassen sich durch einen Staat überwinden, der thatkräftig geleitet und wirthschaftlich wenigstens erträglich gesund ist. Aber Thatkraft und orientalischer Fatalismus sind Gegensätze in sich, und der wirthsckaftliche Zustand der Türkei wird ein immer traurigerer. Es ist ein bezeichnendes Symptom eines zerfallenden Staates, wenn man Ursache und Wirkung von Uebelständen nicht mehr unterscheiden kann, d. h., wenn jeder Uebelstand, der einen andern erzeugt oder verstärkt, zugleich aus diesem entspringt oder von ihm verstärkt wird. Dann ist eben Alles faul, und jedes Einzelne vergiftet sich am Andern und wird durch dasselbe noch mehr vergiftet. In der Türkei ist die schreckliche Finanznoth zum Theil eine Folge der kost spieligen und den Wohlstand zerstörenden unaufhörlichen Un ruhen, und diese wieder sind zum Theil eine Folge der Finanz noth, die zu einem System rücksichtsloser Erpressung durch die Beamtenschaft und das Militair, die sonst aus Mangel an Bezahlung verhungern müßten, führt. Die Türkei ist bekanntlich schon vor Jahrzehnten der „kranke Mann" genannt worden; gewiß war sie damals krank, sie ist es aber bereits seit Jahrhunderten. Ihr innerer Zerfall begann, als das Erstarken Oesterreichs nnd Rußlands der Ausdehnung des türkischen Reiches ein Ziel setzte, ebenso wie der Zerfall Polens begann, als nach dem Tode des letzten Jagellonen (1572) der Höbepnnct der Aus dehnung Polens überschritten war. Beide Völker konnten eben nur erobernde, nicht staatenbildende Völker sein. So bald bei Beiden durch den Druck mächtiger Nachbarn die weitere Ausdehnung unmöglich gemacht war, begann die Fäulniß: bei den Polen zeigte sich die Uneinigkeit, die Türken verfielen in ihre orientalische Schlaffheit, die zum Pascha regiment und zur Mißwirtschaft führte. Ein Staat aber, der von einem Volksstamme, der zur Staatenbildung nicht befähigt ist, beherrscht wird, muß unter gehen. Gegen diese geschichtliche Nothwendigkeit wirken alle künstlichen Mittel ebensoviel undebensowenig,wiedieMorpbium- einspritzunz bei einem tödtlich Erkrankten: das Leben wird ein wenig länger erkalten, der Collaps tritt aber dann um so plötzlicher ein. Ein solches plötzliches Ende aber wäre eine eminente Gefahr für den europäischen Frieden, und des halb dürfen die Großmächte nicht die Hände in den Schoß legen, dürfen die türkische Frage nicht „versumpfen" lasten, sondern müssen eine vorschauende Politik treiben und baldigst zu einer Einigung über die Zukunft zu gelangen suchen, damit bei dem Hinscheiden des „kranken Mannes" die Erbregulirung glatt vor sich gehen kann. Und wenn nicht alle Anzeichen trügen, so ist der Versuch, zu einer solchen Einigung zu gelangen, unter den meistbetbeiligten Mächten im Gange. Die Schwierigkeiten, die zu überwinden sind, sind groß, aber jedenfalls kleiner als die, welche ent stehen würden, wenn die Mächte sich überraschen ließen. artnergehufenjchast nur socialdemokratisch organisirt, die Condiloren stellen 330 Mann zu den socialdemokratischen Kerntrnppen, die! Stuckateure nur 475, die Vergolder 705, die Barbiere 679,1 die Bureau-Angestellten 179. Die stärkste socialdemokratische I Gewerkschaft sind die Metallarbeiter; sie bringen 33,297 l Mann; nach ihnen kommen die Holzarbeiter mit 29 992 Mann, I die Buchdrucker mit 19 209 Mann, die Textilarbeiter mit! 17 000, die Maurer mit 14 860, die Tabakarbeiter mit 14 138. I So obne Weiteres sind ja auch, wie die jetzigen Kämpfe in I dem socialdemokratischen Buchdrucker-Fachverein gezeigt haben, I die Buchdrucker den socialdemokratischen Gewerkschaften nickt I zuzurechnen. Ein ganz klägliches Resultat haben, wie die I Aufstellung der Generalstreikcommission ergiebt, die Versuche I der Genossen, die Frauen in die Fachvereine zu treiben, I gezeitigt; nur 6905 Frauen sind, wie schon mitgetbeilt, gewerk-! schaftlich organisirt; fast die Hälfte davon sind Tabak-1 arbeiterinnen, Schneiderinnen finden wir nur 438; der Central-! verein der Plätterinnen bat sich in Folge geringen Mitglieder-1 bestandes aufgelöst; die Ihrer, Baader, Zetkin und Genossinnen I haben also mit ihren ungezählten Versammlungen so gut wie I Nichts erreicht. Auch männliche Organisationen sind wieder I eingegangen; mit süßsaurer Miene schreibt die Generalstreik- I commission: „Der Verband der Schlächter kann, da er seit I Jahresfrist kein Lebenszeichen mehr gegeben hat, nunmehr I wohl auch als von der Bildfläche verschwunden betrachtet I werden." Auch mit anderen Organisationen ist es der Social-1 demokratie nicht viel besser gegangen, so mit dem Verbände I der Schiffer, von dem es beißt, daß er nur ein Sckeindasein I ühre und keine nennenSwerthe Mitgliederzabl habe. Mit I Recht darf man daher von den socialdemokratischen Organi-1 ationen sagen: Viel Geschrei und wenig Wolle. * Berlin, 9. September. Im Verlauf der gestrigen Hand-1 werkerconferenz bemerkte der Vorsitzende Foster, daß auf! dem südwestdeutschen Handwerkertage in Heidelberg eine völlige I Uebereinstimmung in der Beurtheiiung des Entwurfes zwischen! der süddeutschen und der norddeutschen Handwerksinnungs-! gruppe erzielt worden sei. Er bat die anwesenden Vertreter,! nicht den weitergehenden Wunsch des Handwerkes, den Be-I fähigungsnackweis, in die Debatte zu ziehen, sondern sich I auf die Kritik des Entwurfs und auf Verbesserungsvorschläge für denselben zu beschränken. In dem allgemeinen Meinungs austausch bedauerte Baumeister Fe lisch-Berlin, daß der Ent wurf nickt dem alten Grundsatz entspricht: lehren darf, wer etwas gelernt hat. Mit der Beschränkung des Rechtes, Lehr-! linge zu halten, auf geprüfte Meister würde die alte goldene! Dreihei: wieder hergestellt sein: Meister, Geselle und Lehrling. DerObermeister der Innung derFriseure und Perückenmacher in München, B aum, sprach sich dagegen in hohem Grade anerkennend und dankbar für den Entwurf auS. Die süddeutschen Hand werker ständen vollständig (?) auf dem Boden der Vorlage und hätten den Redner beauftragt, der preußischen Regierung für den Entwurf ihre hohe Befriedigung und ihren besten Dank auszusprechen. Dagegen urtbeilte Reichs- und Land- tagSabgeordneter Metzner sehr abfällig über den Entwurf. Derselbe leide an den alten Fehlern, an denselben Fehlern, wie der Handwerkskammerentwurf deS Ministers v. Berlepsch. Zwang und Aussicht sei der springende Punct in der Vor lage. Man halte eben den Handwerker, wie es scheint, für dumm und faul, für unfähig, etwas Selbstständiges für Hebung seiner Lage zu leisten. Diese Ansicht finde auch auf Seite 80 der „Begründung" ihre Bestätigung. Die Ne gierung solle dem Handwerker mehr Vertrauen entgegen bringen. Auch Pfeiffer-BrcSlau (Delegirter deS ostdeutschen Handwerkerbundes) beklagte es, daß man die Handwerker zu wenig an der Vorberathung deS Entwurfs habe theilnehmen lassen. In zweiter Linie wendete er sich gegen die „manchester- liche Tendenz" deS Entwurfs; dieser enthalte nichts, was wirklich geeignet sei, die wirthschaftliche Lage des Handwerkers wirksam zu heben. Obermeister Haendel-Breslau widersprach dem und bemerkte, baß Pfeiffer nicht im Namen der BreSlauer Handwerker gesprochen habe. Metzner aber hält diese Kritik für den Ausdruck der Stimmung weiter Kreise. Trotz aller Bemängelungen stellen sich indeß alle anderen Redner auf den Boden deS Entwurfs und versprechen, an dessen Annahme mit zuwirken. Die Vertreter der Regierung griffen in den Meinungsstreit nicht ein und beschränkten sich darauf, zur Berichtigung von Jrrthümern oder zur Belehrung über gesetzliche Bestimmungen das Wort zu nehmen. Die Abänderungsvorschläge deS Centralausschusses setzen bei tz 82 ein. Dieser Paragraph führt 60 Gewerbe an, für welche Innungen zu errichten sind, und sieht die Möglichkeit einer Erweiterung deS Verzeichnisses für einzelne Lankestbeile vor. Die Couferenz beschloß auf Antrag des Centralausschusses, dem Verzeichniß noch folgende Gewerbe generell zuzufügen: Chirurgische Instrumentenmacher, Damen mäntelschneidcr, Fischer, Gürtler, Holzbildhauer, Leder zurichter, Köche, Messerschmiede, Pfefferküchler, Photo graphen, Seiler und Reppschläger, Schwertfeger, Zahn künstler nnd Zeugschmiede. Zu streichen seien die Sonuen- unv Negenschirmmacher. In Anbetracht der Wichtigkeit des Verzeichnisses und angesichts der durch die Flüssigkeit der Grenzen einzelner Gewerbe sehr schwierigen Begriffsbestimmung wurde die endgiltige Beschlußfassung über tz. 82 noch aus gesetzt und eine Comm ission beauftragt, weitere Ergänzungs oder Abänderungsvorschläge zu machen. Der ß. 82b, die Mitgliedschaft, die Zugehörigkeit zur Innung, betreffend, giebt Anlaß zu folgender Beschlußfassung: „In Bezug auf den Begriff „Fabrik" ist entweder in dem Gesetze selbst oder in den Motiven ausdrücklich auszusprechen, daß die Ver wendung von Maschinen und die Anzahl der beschäftigten Gesellen allein noch nickt genügen, um einen Betrieb zu einem fabrikmäßigen zu stempeln, lange und lebhafte Debatten Anträge wurden gestellt, die zurückgezogen. (Nat.-Ztg.) T Berlin, 9. September. deS Geburtstages des tSrofihcrzogs von Baden bringt der „ R e i ck s a n z e i g e r " einen Artikel, der bervorhebt, daß ans Blättern der verschiedensten politischen Richtungen dem edlen Fürsten ein cinmütbiges Lob vorbildlichen Lebens und Wirkens entgegentönt. Tiefer aber noch als die Zeitgenossen werde die Nachwelt es begreifen und durck den Mund der Geschichte aussprechen, wie viel das neuaeeinte Vaterland dem echt deutsch gesinntenHerrscherBadensschulde. Auf der ehrfurcht gebietenden Gestalt, welche heute über die Schwelle des Greisenalters schreitet, ruht der Abglanz der milden Weis heil des ersten Kaisers, welchem der Großherzog Friedrich neben dem unvergeßlichen Fürsten, der denselben Namen trug, ein zweiter Sohn war. Möchte es ihm beschieden fein, bis zu der Grenze menschlicher Lebensdauer die treuen Augen über das Wohl teö blühenden Landes und die Geschicke des jungen deutschen Reiches wachen zu lassen. — Es wird behauptet, Kaiser Nicolaus beabsichtige, bei seiner Rückkehr nach Rußland den deutschen Kaiser noch mals und zwar in Potsdam zu besuchen. Wir halten das für sehr unwahrscheinlich. — Herr Ribol, einer der Secretaire der französischen Botschaft, ist, wie die „Voss. Ztg." berichtet, aus Breslau nach Berlin zurückzekehrt. Das große Interesse, das die französische Negierung an der Kaiserznsammenkunft in BrcSlau genommen hat, geht aus dem Umstande hervor, daß Herr Ribot, natürlich nur als Privatmann, sich veranlaßt gefühlt hat, den Kaisertagen in Schlesien seine Aufmerksamkeit zu schenken. — Dem internationalen Congreß für Frauen werke und Frauenbestrebungen, der vom 19. bis 26. September im Bürgersaale des Rathhauses tagen soll, werden unter Anderm vier Armenierinnen beiwohnen. Aus Bosnien wird eine staatlich angestellte Aerztin, Or. weck. Theodora Krajawskaja, erscheinen, um über die dortige ärzt liche Praxis zu schrecken. Italien entsendet eine junge Aovocatin, Signorina Dottoressa Montessori, welche über die sociale Lage der Frau und über die Arbeiterinnen sprechen wird. Auch Künstlerinnen werden sich an dem Congresse betheiligen. Die bekannte Malerin und Schriftstellerin, Frau Hermine Telmann von Preuscken, wird über das Kunft- I studium der Frau sprechen; Fräulein Anna Haverland über I „Frauen auf der Bühne". — Wie die „Berl. N. N." zuverlässig erfahren, ist die I Meldung über die bevorstehende Berufung des Majors I Grafen Hutten-CzapSki in das Colonialamt zur I Bearbeitung der Personalangelegenheiten der Schutztruppc ! unbegründet. — Tie Einsetzer (Tischler) haben den Beschluß gefaßt, I von der für dieses Jahr geplanten Lohnbewegung ab- ! zusehen und erst zum nächsten Frühjahr Forderungen zu ! stellen. * Königsberg i. Pr., 8. September. In der Börsen- I zarten-Afsaire erfährt die „K. Hart. Ztg.", daß durck I Commandanturbefehl den Reserveofficieren, soweit I sie nicht verwandtschaftlich oder gesellschaftlich zu der Börsen gesellschaft in Beziehungen stehen' mitgetheilt worden ist, daß I ibnen am besten das Verhalten der activen Officiere als Richtschnur dienen könne. Von den Burschenschaften list zu der Börsengarten - Affaire keine Stellung genommen I worben. Pose», 8. September. Der „Goniec WielkopolSki" I hält eS für zeitgemäß, sich in seiner Nummer vom 8. Sep tember mit den mutbmaßlichen Grenzen deS künftigen ! Polenreichs eingehend und an hervorragender Stelle zu I beschäftigen. Das künftige Polen, an dessen Wiederherstellung I mit Gottes Hilfe der „Goniec" nicht zweifelt, müsse als l Grenze im Norden die Ostsee und im Süden das ISchwarze Meer haben. Hinsichtlich der Grenzen im I Westen und Osten ist sich der „Goniec" noch nicht ganz I klar, er will sie aber nicht zu eng gesteckt wissen. I Ter beste Punct, von dem das zukünftige Polenreick aus I zu regieren sei, würde aus natürlichen Gründen I Lemberg sein, denn in der Nähe LembergS, das selbst aller I dingS an keinem Flusse gelegen sei, befänden sich die Quellen I der großen Ströme, die, wie der Pruth (der in die Tonau- I mündung fällt), der Dnjestr rc., nach dem Schwarzen Meere I strömten oder wie die Weichsel, der Njemen (der Goniec I faßt die „Umgebung" LembergS sehr weit auf) rc. der Ostsee I zueilten. Die Deutschen hätten die Losung: „Vom Fels zum I Meer", die Polen sollten an der altpolnischen Parole: „Polen l von Meer zu Meer" (von der Ostsee bis zum Schwarzen I Meere) festhalten. l Äera, 9. September. Wie da« „AmtS-Derordnungs- I blatt" meldet, ist der Staatsminister vr. Vollert auf sein : I durch Gesundheitsrücksichten begründetes Ansuchen unter dank- . I barer Anerkennung der von ihm geleisteten langjährigen treuen Die Wirren in der Türkei. * Die von den verschiedensten Seiten ausgegangenen , Schätzungen der bei den Unruhen in Konstantinopel zum l Opfer Gefallenen schwanken zwischen sieben- und acht- 1 tausend. Die Ziffer ist eine erschreckend hohe und legt die Vermuthung nahe, daß sie noch hinter den Thatsachen ! zurückbleibt. „Es gehört" — so schreibt man der „Kreuz zeitung" — „ein hoher Grad von Optimismus dazu, ein solches Blutbad nnr als eine Revolte anfzufassen, die durch eine augenblickliche Erregung herbeigeführt worden sei, und zu glauben, daß nach einer solchen Metzelei das Vertrauen zur Ruhe sobald wiederkehren könne. Die Blutrache, die ohnehin auch in ruhigen Zeiten in den türkischen Provinzen eine so große Rolle spielt, schließt dies aus und ebenso die Haltung der türki schen Truppen, besonders der irregulären, wie das ganze türkiscke Militairwescn überhaupt. Von Soldaten, denen der Sold schuldig geblieben wird, kann mau nicht er warten, daß sie sich eine Gelegenheit, die sich ihnen zum Raube bietet, entgehen lassen werden. Diese Verhältnisse lassen nicht nur den Zustand'in Konstantinopel als einen andauernd unsicheren erscheinen, sondern rechtfertigen auch die Bedenken wegen der Gestaltung der Dinge aus Kreta. Wenn berichtet wird, daß die Mohamedaner auf Kreta nach wie vor eine drohende Haltung gegenüber den Christen beobachten und von den aufgebotenen Truppen nicht bewältigt werden können, so bedeutet daS nichts Anderes, als daß die mohamedanischen Soldaten mit ihren Religionsgenossen fraternisiren. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn die Kreter, obgleich sie sich mit den Zu geständnissen anscheinend zufrieden gegeben haben, ihren weiter gehenden Bestrebungen nicht entsagen und zu erkennen geben, daß die Loslösung von der Türkei ihr eigentliches Ziel sei, von dessen Erreichung sie allein ihre künftige Sickerheit er warten. Man betrachtet aus Kreta das bisher Erreichte nur als eine Abschlagszahlung, nur als eine Etappe für die An gliederung an Griechenland, für welche man in den kretischen Kreisen den Moment mit dem Zerfalle der Türkei kommend, cracktet." Trotz dieser Lage der Dinge, die neue blutige Wirren in Aussicht stellt, glaubt die „Köln.Ztg." nicht nur vor der Annahme warnen zu müssen, „daß die Mächte der civilisirten Welt nunmehr die Nolle der rächenden Nemesis für jene unerhörte Schläch terei übernehmen werden, die sich diesmal im hellsten Lichte der Oesfentlichkeit, unter den Augen Europas vollzogen haben", sondern sie spricht auch die Ueberzeugung aus, „daß die Sache bald in das Stadium der Versumpfung geratheu und keineswegs Folgen haben werde, die irgendwie auch nur im Entferntesten einer Genugthuunz unseres sittlichen Empfindens ähnlich sehen dürften." Zur Begründung dieser Ansicht führt das rheinische Blatt Folgendes aus: „Was nämlich zunächst die offenkundige Thatsacke anlangt, daß die Metzeleien planmäßig angelegt und dnrchgeführt worden sind, so legt sich die Pforte, oder hat es vielmehr schon gethan, ganz einfach aufs Leugnen. Die einzelnen Hülle, wo Lurch europäische Zeugen festgestellt ist, daß Polizei und Truppen die gedungenen Mörder ruhig walten ließen, behandelt sie als Ausnahme, als Folge der Pflichtverletzung der Behörden, die Lurch den eingesetzten außerordentlichen Gerichtshof ihre Sühne finden werde. Dieser Gerichtshof wird außer den Hunderten von verhafteten Armeniern, die vor ihn geführt werden, auch ein paar türkische Polizisten und Knüppelmänner, die vielleicht nach dem osfmellen Schluß der Schlächterei noch weiter gemordet und geplündert haben, in sum marischem Verfahren rasch aburtheilen. Diese Urtheile werden Len Vertretern der Mächte mit wichtiger Miene unterbreitet werden, und damit dürfte dann weiteren Vorhaltungen von dieser Sette her die formelle Grundlage entzogen sein. GS darf dann weiter nicht übersehen werden, Laß die türkische Regierung mit Fug daraus Hinweisen kann, sie befände sich im Zustande der Noth- wehr, es seien thatsächlich revolutionäre Umtriebe im Gange, deren Umfang sich gar nicht übersehen lasse, das Manifest des Revolutions ausschusses habe ihr gewissermaßen den Krieg bis auss Messer erklärt, und gegenüber außerordentlichen Gefahren müßten auch außerordentliche Mittel angewendet werden. Die Mächte würden ihr unmöglich das Recht bestreiten könne», im eigenen Hause nach eigener Art Ordnung zu schaffen. Die anarchistische Gefahr sei eine allgemeine; anstatt der rächenden Gerechtigkeit in dem Arm zu fallen, sollten die Mächte es lieber aufgeben, offenbaren Umstürzlern Unter- schlupf zu gewahren, durch ihre Zugeständnisse für die Kreter habe die Pforte ihr Entgegenkommen bewiesen u. s. w. Aus alle diese AuSsührungen werden die Mächte nicht viel erwidern könne». Recht und Unrecht sind aus beiden Seiten in so unentwirrbarer Weise unter einander verschlungen, daß sich kaum die Handhabe dazu bieten dürfte, in den unglückseligen Kampf, in den der Sultan mit dem armenischen Volke gerathen ist, von außen her einzugreifen, ganz abgesehen davon, daß gegen ein solches Eingreifen, wenn es nicht als Einleitung zu einem Kriege dienen soll, wie es z. B. bei der Eröffnung des Krimkrieges der Fall war, die schwersten politischen Bedenken bestehen. Es wird also höchst wahrscheinlich sich bald Herausstellen, daß die Armenier ihrem Schicksale überlassen werden müssen. Auch die Geschichte europäischer Staaten weist eine Reihe von Beispielen auf, wo despotische Regierungen gewisse Lheile ihrer Unterthanen unuachsjchttich verfolgten, ausrotteten, unter den rücksichtslosesten Formen zur Auswanderung trieben und wo auch die größte Sym- pathie, die den Verfolgten außerhalb gewidmet wurde, ihr Schicksal höchstens mildern, aber nicht ändern konnte. ES liegt hier eine grausame Nothwendigkeit vor, aber eine Notwendigkeit, Vie sich aus dem berechtigten staatlichen Egoismus ergiebt, und wenn kirchlich gesinnte Kreise entrüstet darauf Hinweisen, daß in dem sogenannten finstern Mittelalter ähnliche Christenverfolgungen, wie wir sie schaudernd jetzt erleben, die ganze Welt des Westens in Waffen brachten und die Kreuzzüge entfesselten, so vergessen sie, daß die christlicheWelt damals instaatSrechtlicherBeziehnng eine Einheit bildete, so wie sie heute eine Vielheit ist, daß die damalige Staats- idee die Pflege und Ausbreitung der Herrschaft des Kreuzes war, Laß also eine derartige Christenversolgung al- solche schon als eine Kriegserklärung gelten mußte. Wir glauben daher, daß alle Erörterungen, die die Nothwendigkeit einer großmächtlichen Inter vention zu Gunsten der Armenier vom Gesichtspunkte der Gemein samkeit der christlichen Interessen zum Ergebniß haben, wirkungslos verhallen werden. Sie sind gut gemeint, aber unpraktisch." DaS Einzige, was die „Köln. Ztg." als Folge deS Blut bades in der türkischen Hauptstadt erwartet und empfehlen zu dürfen glaubt, ist ein energischer Druck der Mächte darauf, daß der Sultan die Genehmigung zur Vemehrunc der Stationsschiffe ertheilt und dadurch den Botschaftern die Möglichkeit giebt, in Zukunft ein Machtwort gegen die
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