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— 48 — thümlichen Geistes, um sie übergehen zu können. Die Erzeugnisse dieser Kupferstecher, dieser ^Goldschmiede, wie die der Keramiker, der Schlosser, Schreiner (die einen theils aus dem 16. Jahrhundert, andere vom Ende und Anfang des 17. Jahrhunderts) sind historische Beweise, dass das Niveau der Ornamentik sich im Korden auf einer Höhe erhalten hat, die sie in Italien nicht mehr hatte, wo sie in eine Maniersucht verfiel, die unter- (Angeliänge von Gilles l’Egare (XVIII. Jahrb.). IMotiv nach -Tanssen. Riechfläschchen in ciselirtem Gold. (Franz. Arbeit aus dem 17. Jahrh.) (Aus den Arts au Moyen äye.) geordnete Nachahmer des erhabenen, aber verzwungenen Stils von Michel Angelo aufbrachten, und deren Anblick, wie man sagt, das Ende dieses grossen Mannes betrübte. Italien fädelte so den Barockstil ein, dessen bequeme und lockere Principien ein Jahrhundert später in Frankreich den Stil Ludwigs XV. herbeiführten. Die glorreichen Erinnerungen seines goldenen Jahrhunderts gaben ihm aber noch einen Schein und sicherten ihm noch eine Überlegenheit, welche nicht mehr so gerechtfertigt war wie in der Vergangenheit. Man sah es wohl, als später, unter Ludwig XIV., Bernini der damals einen europäischen Ruf genoss, nach Frankreich kam, wohin er durch den König zur Beendigung des Louvre berufen war. Mit grossem Lärm angekommen, wurde er bald verabschiedet, mit Geschenken und Schmeicheleien überhäuft; als man ihn an der Arbeit gesehen und im Wettstreite mit dem ebenso pompösen als soliden Genie der französischen Künstler, war die Illusion vorbei. Gegen das Ende des sechszehnten Jahrhunderts und im Anfang des siebzehnten, wurde der unabhängige Charakter, den vollsäftige, originelle Künstler in der Anwendung der durch die Renaissance zu Ehren gebrachten Principien zu bewahren wussten, geschwächt durch eine genauere, aber ängstlichere Nachahmung der direkten Vorbilder des Alterthums, welche in grösser Menge ausgegraben wurden und die allgemeine Bewunderung erregten. Von hier an datirt sich, die unglücklichen Zeiten trugen noch dazu bei, eine relative Trockenheit und Unergiebigkeit, denn, nach dem Ausdruck eines neueren Kritikers (Gnilmard, Histoire generale de hörne rnen t): „das Alterthum war zu jener Zeit schlecht studirt, man hatte mehr den Willen, es nachzuahmen, als „das Können, und war weit entfernt, dessen wirkliche Kraft und ausgesuchte Reinheit zu verstehen.“