Volltext Seite (XML)
- 41 — In solchen Händen musste das Ornament einen neuen Charakter annehmen und seine Hei 1 schaft aus dehnen. Es musste versuchen, sich mehr und mehr von den Typen und den mehr oder weniger einförmigen Formeln loszureissen, welche ihm von der beinahe ausschliesslichen Heil schaft dei Architektin odei durch das traditionelle Verfahren der Handwerke aufgelegt waren. Die decorative Kunst musste den Weg einer lelativen Ireiheit betreten, welche schon vorbereitet war durch die Phantasie, die das Ende dei Spitzbogenepoche charakterisirte, namentlich was die Ornamentik der Handschriften betrifft. Zu gleicher Zeit begünstigte die durch die Berührung der schönsten Voibildei \eirollkoinmnete und von den Naivitäten und Unerfahrenheiteii des Mittelalters befreite Zeichnungskunst in den Compositionen jeiiei Epoche öine ausgedehntere Einführung der menschlichen Figur, welche für die Veilniltnisse ihiei Umgebung be stimmend wird. Das Ornament fand sich von da an mit den auf ihre höchste Vollkommenheit getriebenen plastischen Künsten öfter gemischt und zu gleicher Zeit denselben untergeordnet; sie alle theilten ihm etwas von ihren Fortschritten mit. So haben die Italiener während ihres goldenen Jahrhunderts aus der Decoiationskunst eine eihabene und e ücyklopädische Kunst gemacht. Der vollständigen Erbliihung und der definitiven Entwicklung des Renaissancestils gingen eine gewisse Anzahl italienischer Ornamentisten des fünfzehnten Jahrhunderts mit Compositionen voraus, welche als ein Über- !P Laubwerk des fünfzehnten Jahrhunderts. zwischen der Manier des Mittelalters und der, welche das sechszehnte Jahrhundert charakterisirt, betrachtet ei 'den können. . Die dieses Genre darstellende Tafel LI1 ist dem Meister Girolamo da Cremona entlehnt. Sem kräftig ^gefasstes Ornament ist sichtlich von den reichen Formen der römischen Sculptur beeinflusst. Eine üppige I ora, etwas wilde Coloration und Zeichnung sind die besondern Merkmale. Die Combinationen gehen über das -wohnliche Gebiet der Ornamentik der Manuscripte des fünfzehnten Jahrhunderts hinaus. Die Bücher, welchen e entnommen, sind in Wirklichkeit von einem Format, welches dieselben der al fresco Decoratron nähert. Die ntiphonarien und Gradualien sind Chorbücher und enthalten die einen die Antiphonen, die ändern die mit Noten eschriebenen Messen. Man sieht in der Cathedrale von Siena, in der von Iloienz, in dei Ceitosa Ache Chorbücher, welche nicht weniger als l m 25 Höhe haben.