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einerseits über den östlichen Korden verbreitete, wo sie den Stil der russischen Ornamente bis auf unsere Zeit bestimmt hat, anderer Seits in unserem Westen, wo sie in Verbindung- mit den eigenartigen Fähigkeiten der keltischen, lateinischen und lombardischen Völker die Hauptelemente des romanischen Genre’s liefern sollte, und endlich, durch eine neue Berührung zur Zeit der Kreuzzüge mit der orientalischen Kunst, hatte sie noch Antheil an der Bildung des Spitzbogenstils. Die Construction des Ornaments ist bei den Byzantinern weniger complicirt als bei den Arabern. Ihre Byzantinische Ornamente. (Theotokoskirche zu Constantinopel.) (Nach Gailhabaud.) Logik ist dieselbe, aber mit wenigeren Consequenzen in der Folge; die Verschlingungen sind viel seltener und den giiechischen Principien annähernder, und begnügt sie sich im Allgemeinen mit einem einzigen Plan. Die palmettenartigen aus den Stengeln hervorspringenden Blumen, deren Geschlechtsart direct von den griechischeil Vasen kommt, sind in ihren Hauptlinien genau dieselben, wie die der Araber; aber ihre gezackte Zeichnung hat nicht die breite Entfaltung, ivelche jene zu finden wussten, und sind sie auch weniger mannig faltig. Ist die Zeichnung des Details auch von geringerer Schönheit, so sind die decorativen Effecte sehr breit aufgefasst und lassen noch die vortheilhaften Folgen der griechischen Principien fühlen. Das polychrome byzan tinische Ornament ist von einfacher Silhouette und vernünftiger Anordnung, in welcher der Grundton viel freier als bei den Asiaten ist, und hat für das Auge immer eine beruhigende Wirkung. Das Schnörkelwerk ist in demselben geläutert und die vegetabilische Entwicklung'den Naturgesetzen angemessen. Die breite, dickbäuchige Flora erhält in demselben oft eine decorative Hauptwichtigkeit. Vergleiche Tafel XXXI, No. 31, 32; Tafel XXXIII, Nr. 9, 14, IS, 19, 23, 24 und Tafel XXXV, Nr. 4. Einfassung aus einem Evangeliarium des 8. Jahrhunderts. (Extrait des Arts au Moueu age, par P. Laeroix. — Paris, Finnin Didot.) Es ist übrigens in diesem Genre eine ausserordentliche Abwechslung, und fühlt man darin, unter der Verschmelzung der beiden Originalkünste, alle Hilfsquellen des Individualismus und die Kenntniss aller Formen. Bald sieht man nach indischer Manier componirte Flächenornamente, Bordüren, mit den einzigen dort vor- komnienden Blumenornamenten; es ist dieselbe Wiederholung derselben Bestrebung, welche von einem einzigen Typus die reichsten Effecte zu ziehen weiss (siehe Tafel XXXIV, Nr. 1, 3, 4, 6, 7, 8). Bald gebraucheil "die Byzantiner neben der die Regel bildenden Regelmässigkeit der Wiederholung, die Symmetrie nach griechischer Weise, wo solche durch das Gleichgewicht der Kräfte hergestellt wird, und nicht mehr durch die integrale ver setzte oder verkehrte Wiederholung (siehe Tafel XXXI, Nr. 30, 32; Tafel XXXV, Nr. 6). In den Mosaiken sind die geometrischen Anordnungen der Byzantiner sehr sinnreich und bemerkenswerth, sie wissen die Monotonie durch Constructionen von kräftig aufgefassten Verwicklungen zu bekämpfen. Dieselben bemhen im Allgemeinen auf einem Spiel dei geraden Linie und dem Winkel. (Siehe diese Constructionen auf Tafel XXXIII, Nr. 1, 5, 6; Tafel XXXVI, Nr. 13, 14, 15, 16 etc., und Tafel XXXVII, Nr. 7 und 23.) Die byzantinischen Mosaiken geometrischer Art unterscheiden sich von den lateinischen Mosaiken durch diese, einen integrirenden Theil des Details bildende Construction. Bei den Lateinern ist die Construction im allgemeinen äusserlich, das heisst mittelst eingeschriebener architektonischer Linien durch ein Mosaik erzeugt, welches nur noch ein Füllwerk und mit dem einfachen Viereck oder dem Dreieck der gewöhnlichen Marquetterie hergestellt ist. Wir geben hier einige Beispiele, welche die Unterschiede begreiflich machen werden. Diese