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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.02.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050220017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905022001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905022001
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-20
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
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BrznflS-PreiS ttc der Hauplexpedttion oder deren AuSgabv» stellen abgedolt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in-Hau» 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch. land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, sür die übrigen Länder laut ZeitunqspreiSIiste. Diese Nummer kostet auf allen Bahnhöfen und III bei den ZeitungS-Verkäusern i * Redaktion und Expedition: 153 Fernsprecher 222 JohanniSgasse 8. Haupt-Filiale Dresden: Mariensiraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin. CarlDuncker, Herzg t.Bayr.Hosbuchhandlg* Lupoivuraße 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 46031 Morgen-Ausgabe. Amtsblatt des Äönigk. Land- und des Königs. Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. An zeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, Geschästsanzrigen unter Text over an beionderer Stelle nach Tarif. Die »gespaltene Reklamezeile 75»L. Annahmeschlutz für ttnzetgen: Ab end-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Inh. 1)r. L.,R. L W. Siinkhardt). Nr. 92. Montag den 20. Februar 1905. 99. Jahrgang. Vas Wichtigste vom Lage. * Das Totenamt zum Gedächtnis des Großfürsten Sergius findet am 23. Februar in Moskau statt. (S. letzte Dep.) * General Stoessel ist gestern in Konstantinopel eingetroffen und nach Rußland weiter gereist. (S.LetzteDep.) * In einigen Teilen Sibiriens herrscht Hungersnot. (S. letzte Dep.) * Die Ermordung der Attaches von Gilgenbeimb und de Cuverville wird von amtlicher französischer Seite bestätigt. (S. Letzte Dep.) Da; Evangelium eines Milliardärs. Unter der rmi fang reichen Literatur über Amerika, die uns in letzter Zeit beschert worden ist, fällt durch die Eigenart seines Inhaltes wie seines Verfassers ein Buch des amerikanischen Krösus Carnegie auf, das soeben ein junger Leipziger Verleger in autorisierter Uebcr- setzung unter dem Titel „Das Evangelium des Reichtums und andere Zeit- und Streit, fragen" auf den Markt bringt.*) Zu den zahlreichen Schriften Deutscher und Deutsch-Amerikaner, in denen die Ergebnisse besonderer Studienreisen oder dauernder Beobachtung amerikanischen Wesens und amerikanischer Verhältnisse in systematischer, mehr oder weniger wissen- schaftlicher Weise dargelegt werden, gesellt sich damit ein Buch, dessen Bedeutung nach seiner Entstehung wie den darin behandelten Dingen und der Form ihrer Behand lung in einer ganz anderen Richtung liegt. Als eine Sammlung gelegentlicher Vorträge und Aufsätze, die sich, meist aus besonderen Anlässen hervorgegangen, an die Zuhörerschaft von Damen und Herren eines Vereins oder an den Leserkreis einer Zeitschrift oder Zeitung wenden, gibt es, mehr i n Gesprächstone, in einfacher, anschaulicher, oft auch humorvoller oder sarkastischer Weise, die Erfahrungen und Ansichten Carnegies als Mensch, Arbeiter und Unternehmer, Volkswirt und Staatsmann wieder; dabei findet auch eine Reihe sozialer, wirtschaftlicher und politischer Fragen mit Erörterung, die 'dein Bucke ihren Gegen ständen nach im Hinblick auf die jüngsten Ereignisse in Dautsch-Südwestafrika. Lstasien, Rußland und Rhein- land-Wcstfalen noch eine besondere, aktuelle Bedeu tung verleihen. Wie kein zweiter verkörpert Carnegie den Typus des erfolgreichen, dank seiner raschen Auffassung, seiner Strebsamkeit und seinem Erwerbssinn unter der Gunst besonderer Verhältnisse von Nichts zu unermeßlichem Reichtum aufgestiegenen amerikanischen Geschäfts- und Jinanzmonnes. Mit 14 Jahren vom Fabrit'jungen, Heizer und Schreiber — wir erfahren dies aus seiner als Einleitung bcigegcbencn Selbstbiographie — bereits zu einem Telegraphenboten aufgerückt, lernt er in der ihm fremden Stadt alle Firmen der- Geschäfts straßen mit geschlossenen Augen den .Hausnummern nach vor- und rückwärts aufsagen, schlüpft frühmorgens, ehe die Telegraphisten kommen, auf die Sessel zu den In strumenten, uni zu üben, hilft ihnen gelegentlick, lernt Telegramme nach dem Gehör aufnehmen, was damals noch ungewöhnlich war, wird dadurch bekannt und avan ciert schließlich selbst zum Telegraphisten und Eisenbahn- angestellten. „Ein sehr wichtiges Ereignis meines Lebens trat ein", erzählt er, „als eines Tages im Zuge ein netter, fremd aussck)aucnder Herr an mich herantrat und mir sagte, er habe vom Schaffner erfahren, daß ich Beziehungen zur Pennsylvani'chen Bahn hätte, und möchte mir gern etwas zeigen. Er zog aus einer kleinen grünen Tasche das Modell des ersten Schlafwagens her vor. Es war Mr. Woodruff, der Erfinder. Tie Sachs leuchtete mir sofort ein. Ich bat ihn, die folgende Woche noch Mtoona zu kommen, waS er tat. Mr. Scott (der Inspektor) nahm den Gedanken mit seiner gewöhnlichen Schnelligkeit auf. ES wurde mit Mr. Woodruff ein Vertrag abgeschlossen, nach dem er versuchsweise zwei Wagen auf der Pennsylvanischen Dahn einstellen sollte. Bevor er Altoona verließ, kam er zu mir, um mir eine Beteiligung an dem Unternehmen anzubieten, worauf ich sofort einging." DaS Geld zur ersten Rate gewährt ihm der Bankier des OrteS gegen monatliche Abzahlung, indem er ihm auf die Schultern klopft und sagt: „O, ja, Andy, Sie haben ganz Recht." Die späteren Zahlungen erfolgen aus den anteiligen Einkünften von den beiden Wagen, unld bald schließt fick, wiederum mit Zuflucht zur Bank, eine ähnliche persönliche Beteiligung an den ersten Eisenbrücken - Werken an. „Dies war mein Anfang als Fabrikant, und ans diesem Anfänge sind alle unsere anderen Werke hervorgcwachsen, indem die Ge winne deS einen die andern begründet haben." ') Andrew Carnegie. DaS Evangelium des Reich tums und andere Zeit- und Streitfragen. s'I'be Oospcl cck IVesltb onck olb«;r tiinelz- Os*a.v--si Autorisierte Ucbersctzung von Tr. P. L. Heubner, .Handelskammersekretär in Leip zig. Leipzig (Verlag von Joh. v. Schalscha-Ehrenseld) 1905; brosch. 5 ^l., geb. 6 Wenden wir uns von dieser Probe aus der Ein leitung zu dem ersten Aufsatz der Sammlung selbst, der ursprünglich in der amerikanischen Presse unter dem Titel „Reichtum" erschien, in England als „Evan gelium des Reichtums" großen Anklang und Verbrei tung fand, und schließlich der vorliegenden, vom Lon- doner bez. Leipziger Herausgeber erworbenen Samm lung als Titclaufsatz den Namen gegeben hat. Tie Ent- stehung riesiger Vermögen ist danach eine unvermeidliche Folge der für die Gesamtheit und den .Kulturfortschritt segensreichen, für uns und noch viele Generationen durch nichts Vollkommeneres ersetzbaren kapitalistischen Gesellschaftsordnung mit dem ökonomischen Prinzip des freien Wettbewerbs, das den seltenen, zur Gründung und Führung großer Unternehmungen geschaffenen Talenten, „gleichviel wo und unter welchen Gesetzen und Bedingungen, stets einen außerordentlich hohen Lohn" und damit ein ihren Aufwand übersteigendes, sich zu Kapital häufendes Einkommen sichert. Sei auch der Preis, den die Menschheit für die Vorteile der modernen Volkswirtschaft, Verbilligung der Jndustrieerzeugnisse, Erhöhung der allgemeinen Lebenshaltung und den Fort- schritt der Kultur zahle: die Verschiebung des Verhält. nisscS zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die durch den Wettbewerb bedingte knappe Bemessung der Löhne, die daraus erfolgenden Reibungen und Kämpfe, wie überhaupt die verminderte Homogenität der mensch lichen Gesellschaft, zweifellos hoch, so seien die LebcnSbedingungen der Menschheit auf dieser Grund lage dock besser als auf irgendwelchen andern, die man zu sckxiffen versucht habe oder in absehbarer Zeit schaffen könne. „Ebensogut wie die Ausrottung des Indivi dualismus, des Privateigentums, der Gesetze der Kapitalanhäufung und des freien Wettbewerbes, könnten wir die Ausrottung der höchsten auf der Erde vor- kommenden Menschengattung betteiben, weil sie unfer Ideal zu erreichen Verfehlte; denn diese Einrichtungen und Gesetze sind der höchste Erfolg menschlicher Ersah- rung, der Boden, auf dem die Gesellschaft bisher die besten Früchte hervorgebrackt hat, so ungleich oder so ungerecht, wie sie wirklich zuweilen wirken." Von solchen, mehr theoretischen, inhaltlich nicht neuen, aber durch ihre Form interessierenden Darlegungen und dem tatsächlichen Stand der Dinge ausgehend, der der Ge samtheit förderlich sei, Reichtum aber nur Wenigen be schere, gelangt nun Carnegie — und von jetzt an spricht er als Praktiker und Mann der Tat, zu seiner bekannten Forderung, große Vermögen nicht ungeteilt oder geteilt in der Familie fortzuvererben, was oft dem Wohl der Kinder nicht diene und nur aus Eitelkeit oder falsch ge leiteter Liebe geschehe, sie auch nicht erst beim Tode für öffentliche Zwecke zu vermachen, da das beabsichtigte Gute damit meist nicht gestiftet, sondern der wirkliche Zweck des Erblassers durch falsche Benutzung der Legate vereitelt werde, sondern sie schon bei Lebzeiten unter eigener, persönlicher Mitwirkung und Kontrolle zum Besten des Gemeinwesens zu verwalten, aus dem sie ge flossen sind. „Als Pflicht des reichen Mannes ist cs zu, erachten, daß er unter Vermeidung von Pomp und Uebertreibung ein Beispiel bescheidenen, prunklosen Lebens gibt, maßvoll für die berechtigten Bedürfnisse der von ihm Abhängigen sorgt und hiernach alle ihm zu fallenden, überfchießeuden Einkünfte bloß als anver traute Fonds betrachtet, welche er zu verwalten berufen und pflichtgemäß so zu verwalten gebunden ist, wie cs ihm für daS Wohl der Gesamtheit am geeignetsten er scheint." Taß Carnegie dieses Evangelium nickt nur verkündet, sondern durch die Verwendung seiner Reichtümer auch danach handelt, 'bezeugen seine fortgesetzten Stiftungen im Betrage von Millionen und Millionen, deren Ziele und Nutzen auch der, der dem Zustandekommen des unermeßlichen Vermögens und den Handlungen und Ansichten Car negies im übrigen skeptisch gegenübersteht, anerkennen muß. Für welche Zwecke und in welchen Formen Zuwen dungen solcher Art nur im einzelnen erfolgen sollen, und wie sie am zweckdienlichsten zu organisieren und zu ver walten sind, wird in einem zweiten Aufsatz besprochen, auf den hier nickt näher eingegangen werden kann. Ebenso hängt inhaltlich mit dem „Evangelium des Reich tums" ein weiterer Aufsatz zusammen, 'der die in der Oeffentlichkeit erfolgte Kritik und Polemik in Bezug auf die Earnegieschen Anschauungen und Forderungen wiedergibt und Aeußerungen hervorragender Staats männer, Gelehrter und Prediger in origineller Weise gegeneinander auSspielt. Diesen drei Artikeln folgen dann ein solcher über Aktien-, Kartell- und Trust wesen, sowie ztvci über Arbeiterverhältnisse: „Eines Arbeitgebers Ansicht über die Arbeiterfrage" und „Die Ergebnisse des ArbeitSkampfes", die gerade jetzt besondere Aufmerksamkeit erwecken dürften und in der TageSpresse Rheinland-Westfalens zum Teil schon eingehend disku tiert worden sind. Carnegie äußert sich darin über Arbeiter- und Unternehmerverbände, auch über Waren häuser und Konsumvereinigungen, ferner über Fragen wie Gewinnbeteiligung, Lohnformcn, Lohnhöhe, Arbeitszeit usw., über die Gründe, die Entstehung und den Verlauf von Arbeiterbewegungen, die Bedeutung des Aktienwofens, der öffentlichen Meinung und des Staates für die Arbeiterfrage und Aebnliches. Eine Stunde Höflichkeit auf Seiten der Arbeitgeber, bemerkt er einmal, würde manchen Ausstand verhindern. „Ob «die Leute in der richtigen Weife Unterredungen nach suchen oder alle Regeln der Etikette beobachten, ist un wesentlich. Von der wahrscheinlich besser unterrichteten, das Kapital vertretenden Partei darf man in dieser Be ziehung viel mehr erwarten, als von der Arbeit; und cS ist von Leuten, die mit der Verwaltung großer Anlagen betraut sind, nickt zuviel verlangt, daß sie den Gründen deS Mißvergnügens unter ihren Leuten nachforschen und den Arbeitern in dem Bestreben, vorhandene Mißstände zu mildern, mehr als halben Weges entgegenkomnwu sollten." Tie zweite Hälfte des Buches, auf die wir rasch noch einen Blick werfen wollen, besaßt sich in acht verschiedenen Vorträgen und Abhandlungen mit Fragen der äußeren und der inneren Politik. Ter hinter den Kulissen stehende, mit den Lenkern der Staatsmaschine enge Füh lung pflegende demokratisch-liberale, aber von stärkstem britisch-amerikanischen Patriotismus beseelte Staats bürger und Politiker Carnegie schildert und kritisiert hier in großen Zügen die Verfassung, das Wahl- recht, das Partei- und Parlaments wesen, die Gesetzgebung und Rechtspflege in Amerika, Großbritannien und ihren Einzelstaaten, die Kolonial-, Zoll- und Handelspolitik beider Länder, ihre allgemeine wirtschaftliche Entwickelung, ihre gegenseitigen diploma tischen Beziehungen und gelegentlichen Ver stimmungen, die Konstellationen der Welt mächte und der Weltpolitik, die Möglichkeiten und Folgen von Verwickelungen in Ostasien. Dazu kommen dicBestrebungen und Aussichten Britanniens und seiner der Reihe nach zu politischer Mündigkeit reifenden Tochternationen als einer trotz alledem einheitlichen, in ihren gesamtenKnlturintcrcssen eng verbundenen, in allen ihren Gesetzen und Einrichtungen sich von selbst immer mehr assimilierenden „e n g l i s ch - s P r e ch e n d en Rasse". Jedenfalls dürften auch diese Artikel, wie die oben besprochenen, gleichviel wie sich einer zu den darin verkündeten Anschauungen im einzelnen stellen mag, weitere Kreise interessieren, und dem Bucke, das übrigens von einem Bildnis und einer persönlichen, autographisch vervielfältigten Widmung 'des Verfassers für die deutsche Ausgabe begleitet ist, manchen Freund gewinnen. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei schließlich noch bemerkt, daß die vorliegende Sammlung mit der schon früher unter dem Titel „Kaufmannsherrsckgcwalt" erschienenen nichts zu tun hat, sondern durchweg andere Aufsätze enthält. Vie klmordimg der grssslürsten Zergius. Prinz Friedrich Cespol- verweilte, wie dem „L.-A." aus Petersburg gemeldet wird, am Zarenhof, gerade an dem Tage der Ermordung des Grotzfürsten Sergius. Er überbrachte dem Zaren einHand - schreiben Kaiser Wilhelms, dem von Personen, die dem Hofe nahcslehen, große Bedeutung bcigelegt wird, wie es auch aufsällt, daß der Zar persönlich den Prinzen am Bahnhof empfangen und der Bruder des Zaren, Großfürst Michael, abends dem Gaste das Geleit bis Gatschina gab, von wo ein Sonderzug diesen wieder nach Berlin brachte. Die schnelle Abfahrt des Prinzen wollen viele mit der Schreckensnachricht aus Moskau in Verbindung bringen. Tatsächlich aber verlief der Aufenthalt nach dem vorher be stimmten Programm und ist nicht um eine Stunde ver kürzt worden. Nur das Familiendiner siel aus. Der Prinz speiste allein mit dem Zarenpaar. Die fürstlichen Verwandten. Die „Köln. Ztg." meldet aus Kiel: Ter Bombenanschlag in Moskau versetzte den Prinzen und die Prinzessin Heinrich in große Trauer. Die für die Provinz anfangs März im Schloß vorgesehenen Ballfestlichkeiten find abgesagt worden. — Die Prinzessin Heinrich ist eine Schwesterder Großfürstin Elisabeth, der Gemahlin des ermorde ten Großfürsten Sergius. — Nach einer Meldung aus Karlsruhe ist durch den Tod des Großfürsten Sergius, des Neffen der Prinzessin Wilhelm, auch das badische Fürstenhaus in Trauer versetzt. Prinzessin Wilhelm, Prinz Max und Gemahlin haben ihre bereits zugesaate Teil nahme an der Festveranstaltung der Ortsgruppe deS Schiller verbandes deutscher Frauen zurückgezogen. Der Ltn-ruck in Ruhlan-. DaS Attentat, welchem Großfürst Sergius zum Opfer fiel, ist, nach der „N. Fr. Pr.", keineswegs überraschend. Das Revolutionskomitce hatte infolge der Ereignisse vom 6. De zember, da er die Studentenvemonstrationen mit größter Strenge unterdrückt und vom Militär auf Studenten und Studentinnen hat cinhauen und auf sie schießen lassen, den Großfürsten Sergius zum Tode verurteilt. Bei Nieder werfung der Studentenunruhen wurden zahlreiche Personen getötet. Zweimal hat daS Komitee den Großfürsten von dem gegen ihn beschlossenen Todesurteile verständigt, das erste Mol im Dezember, daS zweite Mal am 8. oder 10. Februar. Aus den Aussagen der verhafteten Attentäter gebt hervor, daß daS Attentat im Dezember, welches man gegen General Trepow gerichtet glaubte, in Wahrheit gegen den Großfürsten Sergius unternommen wurde, welchen General Trepow damals zur Bahn geleitete. — Nächst dem Groß fürsten Alexis, dessen im Verein mit den Herren Alexejew und Bezobrasow abgeschlossenen mantschurischen Waldkäufe den ersten Anstoß zum Kriege gaben, galt, nach der „Voss. Ztg.", Großfürst Sergius als derjenige, der mit bei den dortigen Spekulationen beteiligt gewesen war, und bei den Straßenausläuscn, die cs in Moskau schon in den Monaten Oktober und November gab, wurde bereits laut der Ruf gehört, daß Rußland mit seinem Blute die Hypertrophie der großfürstlichen Kaisen bezahlen müsse. Es war kein Ge heimnis, day er der Führer der unbeugsamen Hospartei war. Zu dieser Partei gehörten — und gehören auch jetzt noch — neben Pobjedonoszew, der Palastkommandant General von Hesse, der Obersthofmarschall der Kaiserin-Witwe Gras Benckendorff und Fürst S ch i s ch a w a d z e ; sie er hielten den Großfürsten, wenn er in Moskau weilte, auf dem Laufenden, und sie führten am leidenschaftlichsten den Krieg gegen Swiatopolk-Mirski. Die Nestabttitirung -es Groszsürsteir j)anl 2Ilexan-r»w!tscst. Großfürst Paul, der jüngste Onkel des Zaren, der, wie er innerlich sein wird, wegen keiner Heirat mit der geschiedenen Frau von Pistohlkors seines militärischen Amtes entkleidet wurde, mit dem Befehl, Rußland zu verlassen, ist rehabilitiert worden. Der Zar verlieh ihm den Rang eines General adjutanten. Großfürst Paul Alexandrowitsch wird alsbald seinen Dienst als General und Flügeladjutant in Petersburg antreten und an der Be- stattuug wines Bruders in Moskau teilnehmen. Seiner Ge mahlin ist inzwischen der Titel Gräfin von Höhens elfen zuerleilt worden. Großfürst Pau! ließ, trotz seiner jahre langen Feindschaft mit seinem Bruder Sergius, dessen Recht schaffenheit stets Gerechtigkeit widerfahren. Wenn man in intimem Kreise Sergius den Ueberzaren nannte, begnügte Großfürst Paul sich damit, bestätiget zu lächeln. Dann und wann erzählte er den Einfluß Sergius' illustrierende Anekdoten, aber ohne jode Bosheit. Er ist der jüngere Bruder des ermordeten Großfürsten Sergius und wurde am 3. Oktober 1860 zu Zarskoje Sielo geboren. Er war in erster Ehe mit Alexandra Georgicwna, Prinzessin v^on Griechenland, vermählt, nach deren Tode er am 9. Sep tember 1902 zu Livorno eine nicht ebenbürtige Ehe mit Olga Valerianowna, gesch. Pistohlkors, geb. Karnowitsch, einging, die durch den Prinzregenten Luitpold von Bayern 1904 zur Gräfin von Höhenfesten erhoben wurde. Aus der ersten Ehe des Großfürsten Paul sind zwei Kinder vor handen, die 1890 geborene Großfürstin Maria Paulowna und ihr Bruder lKroßfürst Demetrius Pawlowitsch, geboren am 18. September 1891 zu Jlinskoje bei Moskau. vir Wsir in Russland. Entlassung un- Verhaftung. Zwei während der Petersburger Unruhen verhaftete Ar beiterführer, der Stadtverordnete Kedrin und der Journa list Kolomin, sind in Freiheit gesetzt worden. Dagegen wurde wie der „L.-A." aus Petersburg meldet, der juristsiche Ratgeber der dortigen Arbeiter, Rechtsanwalt Morgu- lias, verhaftet. Die Unruhen in Nnssisclj-jsselen. Zwei Streikbrecher, darunter der Bergmann Eduard Stadolkiewitsch von der Niskagrube, wurden in der Nähe der Katharincnhütte bei Tosnowice der „Katkow. Ztg." zufolge erschossen. Bei den Leichen wurden Zettel, in denen die Mordursache angegeben war, aufgefunden. Im Sosnowicer Bezirk besteht wenig Aussicht auf baldige Beendigung des Streiks. Nachträglich sind noch 14 Ar beiter gestorben, io daß die Gesamtzahl der Opfer vor der Katharinenhütte 60 beträgt. Bei Huldschinski und Fitzner K Gamvcr erschienen Arbcitcrtabordnungen und erklärten sich bereit, Montag die Arbeit wieder aufzuneh men, wenn das Militär die Fabriken räumt. Da dies zu gesagt wurde, werden schon morgen die Ocsen ungeheizt. Das Militär verbleibt in Sosnowice bis Mitte Mac. In Dom- browa hat die Koblcnverladung begonnen. — Bei den Straßendemonstrationcn in Nowvrokicz wurden, der „Kattow. Ztg." zufolge, durch das Militär 18 Personen erschossen. — Aus Lodz wird berichtet: Die großen Fabriken Poznanski, Gayer, Grohmann, Richter, Heinzel und Steigert sind bis aus weiteres geschlossen worden. Den Streikenden wurden ihre Papiere zurückgegeben; allen Mittel losen werden kleine Unterstützungen von 2—4 Rubel ausge zahlt. — 300 Angestellte von Warschauer Apotheken über mittelten ihre Forderungen den Apothekenbesitzern und ver ließen alle den Dienst. — Gcneralgöuvc.meur Tschertkow ist krank; er begibt sich Mitte März nach Nizza. Sonstige Ulel-nngen. In Suchum-Kale (Gouvernement Kutais) bewarf nachts eine aus etwa 500 Handlungsgebüstcn und Arbeitern be stehende Menge die Wohnung eines Mannes, den sie im Ver dacht der P o litis ch e n Angeberei hatte, mit Steinen. Die Ruhestörer widersetzten sich der Polizei, die gegen sie einschritt, mit Revolvern und anderen Watten. Ein Polizist wurde getötet und zwei schwer verletzt: auch wurde ein Ar beiter getötet und zwei verwundet. — Ans Tiflis meldet di: „Petersburger Telegraphen-Agentur": Die Nachrichten cng- lischerBlätter von bedeutenden Unruhen in der hiesigen Gegend sind übertrieben. Die Gerüchte, daß die Arse nale geplündert worden seien und der Bahnvcrkehr eingcstelst sei, sind unbegründet. veulscves steicb. Leipzig, 19. Februar. * Die neue Verschärfung deS Hochschulstreits. Zu den tele- graphisch gemeldeten, schweren Disziplinarstrafen gegen Studierende der Technischen Hochschule in Hanno ver schreib! unser dortiger Korrespondent: „Der friedliche Ausgleich, den man hier cn der Hoch- schnlbewegnng erhottte und den Ministerialdirektor Alt - hoff in der Budgetkommission schon als vollzogen erklärt hat, ist nach den letzten Maßregeln der aka- demischen Behörden ferner denn je, nachdem der Disziplinar ausschuß die Relegation über den Studenten Heile ausge sprochen hat. Dieter batte in der Akadcmikervcrsammlung die Stellungnahme deS Rektors beleuchtet und sich auch nicht zu einer Zurücknahme bereit finden lassen, sondern den Wahrheitsbeweis sür seine Erklärungen angeboten. Unter den Mißgriffen, dce bisher von der akademischen Behörde in dieser Sache gemacht find, ist dieser wahrscheinlich der größte, und cs. wäre jedenfalls richtiger gewesen, einen Wechsel im Rektorat vorzunehmen. Wie weit man diese Mittel anzuwenden gedenkt, geht darau» hervor, daß man
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