83 bei entschieden jede Einseitigkeit und Willkürlichkeit des philoso phischen Constructionsverfahrens von uns ab, indem wir blos aus der einfachen Natur der Sache selbst den richtigen Weg zur Lösung jenes Problemes aufzufinden versuchen. In der Geschichte der Philosophie haben zuerst die Pytha- goreer sich mit der Frage nach der allgemeinen Einheit und Ord nung des Wirklichen beschäftigt. Ihnen galt zunächst die Zahl als der oberste Ausdruck oder als das Symbol aller weiteren geistigen Ordnung der wirklichen Dinge. Wir erblicken in diesem Gedanken die erste noch unvollkommene Ahnung einer tiefen und umfassenden wissenschaftlichen Wahrheit, die theils bis jetzt schon durch viele Entdeckungen ihre Bestätigung gefunden hat, theils später vielleicht noch in weiterem Umfange bestätigt werden wird. Es wird wohl so sein, dass alles Geordnete und Organische in der Welt zuletzt mit auf Zahlenverhältnissen beruht oder von der Art ist, dass es an und für sich auch mathematisch bestimmt und berechnet werden kann. Der Umfang dieses mathematischen Elementes in der Wirklichkeit ist vielleicht noch ein grösserer als jetzt von uns angenommen oder vermuthet wird. Die Zahl ist unter allen Umständen immer das festeste und bestimmteste Element alles wissenschaftlichen Erkennens. Alle andere Ordnung im Wirk lichen ist wahrscheinlich zuletzt auch eine mathematisch bestimmte und es hat insofern der Gedanke nichts Auffallendes, dass auch das Kunstwerk oder das Schöne als der ideale Ausdruck aller anderen Ordnung in der Natur etwas in seinen Verhältnissen an und für sich mathematisch zu Bestimmendes oder zu Berechnendes sei. Auch die Pythagoreer seihst haben durch die mathematische Be stimmung der Intervalle der Töne zuerst diesen Weg der wissen schaftlichen Erkenntniss des Schönen betreten. Es ist aber vor Allem nothwendig, sich über die mögliche Stellung und Bedeutung dieses mathematischen Elementes in der Einrichtung aller wirklichen Dinge eine sichere Rechenschaft abzulegen. Alle Beschaffenheiten der wirklichen Welt zerfallen ebenso wie diejenigen des Kunstwerkes in die beiden allgemeinen Kate- gorieen der Qualität und der Quantität oder der Art und des Maasses. Jeder Theil eines natürlichen Ganzen aber besitzt ein bestimmtes Maass und es ist dieses überall seinem besonderen innerlich qualitativen oder Artcharakter gemäss. Zwischen den Be schaffenheiten der Qualität und denen der Quantität in den Dingen 6*