71 etwas Typisches für unser Empfinden in ihnen enthalten. Sie lassen sich selbst zum Theil auf bestimmte Typen und Vorbilder des natürlichen Lautes zurückführen. Es dürfte bedenklich sein, ohne Weiteres eine bestimmte Analogie zwischen dem System der einzelnen Farben und demjenigen der articulirten Laute nachweisen zu wollen. Jede einzelne Art des Aesthetischen ist gewissermaassen etwas Besonderes und Eigenartiges für sich. Jedenfalls aber schhesst sich der sprachliche Ton oder das articulirende Lautelement näher an das Wesen und den Charakter der Farbe an als der modulirende Ton des Gesanges und der Musik. Dieser letztere ist weit mehr im eigentlichen Sinne des Wortes fliessend oder in specifisch zeit licher Weise ausgedehnt und gegliedert als jener. Zwischen Musik und Farbe steht der sprachliche Laut gewissermaassen als etwas Verbindendes in der Mitte. Die Sprache selbst ist gleichsam ein Lautgemälde der äusseren Welt und ihrer Auffassung durch die Begriffe und das Denken des menschlichen Geistes. Sie ist nicht m dem Sinne etwas eigentlich Künstlerisches wie auf der einen Seite die reine Kunst des Tones oder die Musik und auf der anderen die Malerei oder diejenige der Farbe. Aber ihre Elemente haben doch auch an sich immer einen bestimmten ästhetischen Werth und es ist keinesweges allein das Gebiet des eigentlich Schönen und der Kunst, auf welches sich die Anwendung und das ganze Interesse des ästhetischen Erkennens unserer Seele bezieht. Es ist überhaupt theils eine Erweiterung, theils eine Um- gestaltung des ganzen Begriffes der Aesthetik, welclm hiermit von uns anzubahnen gestrebt wird. Das Schöne ist an sich blos das jenige Sinnliche, welches eine ganz besonders edle und erhabene Empfindung oder ein Gefühl des speeifisclien Wohlgefallens und der höchsten inneren Befriedigung in uns hervorzurufen geeignet ist. Auch alles andere niedere und gemeine Sinnliche aber hat an sich einen Werth oder eine Bedeutung für unser Empfinden. Es ist daher falsch, das Schöne allein und ohne Weiteres als Gegenstand oder Object der Wissenschaft vom Empfinden zu bezeichnen. Es giebt noch einen weiteren Vorliof anderer an sich unbedeutenderer Gegenstände und Wahrnehmungen unseres empfindenden Erkennens- In gewissem Sinne aber ist allerdings alle Empfindung eine Art von dunkler Vorahnung der höheren, vollkommeneren und klareren Er kenntnissweise des Denkens. Alles menschliche Erkennen nimmt seinen Anfang mit den Eindrücken, welche wir durch das Empfinden