63 erkennen, sondern er hat auch an sich und hiervon abgesehen einen tieferen Werth und eine reine oder ideale geistige Bedeutung für uns. Die Farbe ist uns an sich blos das Medium für die Er- kenntniss.der Grenzen der Dinge, aber sie bildet auch als solche und hiervon abgesehen eine Art von Sprache der äusseren Welt für unseren Geist. Die Natur hat uns die Dinge durch die Farbe nicht blos gezeigt, sondern sie hat sie auch in einer passenden, tiefen und sinnvollen Weise für unser Verständniss illustrirt. Die Farbe ist nicht in dem Sinne künstlerisch werthvoll und bedeutsam für uns wie der Ton, der in der Musik den Stoff für eine eigene und selbstständige Kunstgattung bildet. Es sind bei der Musik nicht sowohl die einzelnen Töne als vielmehr die ganzen Verhältnisse und die Reihen derselben, an welche sich unser Interesse und Wohl gefallen anknüpft. Dagegen hat dort mehr die einzelne Farbe als solche ein tieferes und lebhafteres Interesse für uns. Der Ton ist im Ganzen etwas Vorüberrauschendes, die Farbe dagegen etwas Dauerndes und Bleidendes für uns. Die Farbe wird daher auch leichter zum Ausdruck oder Symbol von etwas Bleibendem für uns als der Ton. Es giebt allerdings auch eine Lehre von der Har monie der Farben ebenso wie eine solche von denen der Töne, aber wir sind hier doch gegen das Unpassende nicht in dem gleichen Grade empfindlich als dort. Auch die Zusammenstellungen der Farben baben oft einen gewissen mittelbar bedeutsamen oder sym bolischen Werth, indem sie uns an irgend ein Verhältniss mit ihnen verwandter Gegenstände zu erinnern scheinen. So bedeutet gleich sam Grün und Weiss Sommer und Winter, Weiss und Gelb Silber und Gold, Schwarz und Weiss Pfeffer und Salz, Weiss und Roth Milch und Blut u. s. w. Das was wir für gewöhnlich einfach ge schmacklos finden, hat oft zugleich irgend einen tieferen objectiv sachlichen Grund, der mit dem Wesen oder der Bedeutung der Farbe zusammenhängt. Der Thür eines Zimmers oder Hauses geben wir in der Regel einen braunen, weissen oder schwarzen Anstrich; eine blaue Farbe würde hier absurd sein schon deswegen, weil Blau die Farbe des Himmels ist, also des schlechthin Schranken losen, während die Thür gerade die Bestimmung einer Grenze oder einer Schranke für uns hat. Auch das Absurde kommt allerdings wohl in Sphären der niedrigen Geschmacksbildung vor, so wie wir uns selbst erinnern, eine derartige Thür in einem Bauernhause gesehen zu haben. Das menschliche Leben bietet hierin einen reichen