45 haltenden W eise für sich in Anspruch als das dem Auge erscheinende Lichtbild oder die Farbe. Wir können schwerer von dem Eindrücke des Tones abstrahiren als von demjenigen der Farbe. Wir sind z. B. bei dem Anhören einer Musik weit mehr die Sklaven unserer sinnlichen Eindrücke als bei der Betrachtung eines Gemäldes oder eines land schaftlichen Bildes. Die Musik und überhaupt der Ton reisst uns an sich gewaltiger und unwiderstehlicher mit sich fort als alles dasjenige, was in sichtbarer Weise unserem Auge erscheint. Hier ist es nur die besondere Bedeutung des Wahrgenommenen selbst, welche unter Umständen einen solchen unwiderstehlichen Eindruck und Reiz auf uns auszuüben vermag, während dort die blosse phy sische Gewalt des Tones an sich sich an unsere Seelen heftet. Ein jeder überflüssige, lästige und unangenehme Ton ist uns daher an sich bei Weitem peinlicher, widerwärtiger und unerträglicher als Alles, was uns durch die Farbe erscheint. Den Eindruck der Farbe auf uns können wir in jedem Augenblick leicht durch uns selbst von uns abstreifen und es stört uns dasjenige, was wir sehen, im Allgemeinen nicht oder nur wenig in der Verfolgung des eigenthüm- liclien inneren Weges des Lebens unserer Seele. Die Gegenstände oder Bilder, die mich in meinem Zimmer umgeben, sind nicht störend für die Arbeit meines geistigen Denkens, während gegenüber dem Geräusch der Strasse, dem Geschrei meines Kanarienvogels u. s. w. cs immer einer gewissen Anspannung oder Abhärtung bedarf, um sich hierbei nicht beirren zu lassen. Der Ton ist an sich überall das Bild einer Unruhe oder Bewegung und ruft daher auch in der Seele immer den Eindruck einer solchen hervor. Die Farbe ist im Allgemeinen etwas Bleibendes und der Ausdruck eines vorhandenen Dinges oder einer feststehenden Beschaffenheit in der äusseren Welt. Es ist an sich vielleicht möglich, dass die Menge des Tones in der Natur ganz die gleiche sei als diejenige der Farbe, d. li. dass so wie jeder Körper uns in einer bestimmten Farbe erscheint oder von dem Auge durch das Licht erkannt wird, so auch jede Bewegung in der Natur an und für sich von einem bestimmten Tone oder Geräusche begleitet sei und daher eigentlich auch von unserem Ohre wahrgenommen werden könne. Es finden aber gewiss auch kleine und unbedeutende Molecularbcwcgungen fortwährend um uns herum statt und es giebt daher wahrscheinlich auch noch bedeutend mehr Geräusche in der Natur als solche wirklich dnreh unser Ohr ver nommen werden. Zunächst ist* nur uns gegenüber die Natur