43 menschlichen Seelenlebens zur Folge. Die Function und Leistung des anderen unversehrten oder vorhandenen Sinnes wird hierdurch nothwendig eine ausgedehntere und grössere. Beim Taubstummen befindet sich das mechanische Formengeschick, beim Blinden das Gefühl für Musik in vergleichsweise günstigeren Bedingungen der Ent wickelung. Es muss dort die Function des Auges zum Theil die jenige des Ohres, hier aber die letztere die ersterc mit übertragen. Das ganze Seelenleben des Taubstummen ist auf die Basis der Wahrnehmungen durch das Gesicht, dasjenige des Blinden auf die von denen durch das Gehör gegründet. Jener lebt an sich nur in äusscrlichcn oder sichtbaren Bildern und Anschauungen, dieser aber in innerlichen subjectivcn GefühlsvorsteHungcn oder Empfindungen. Das ganze Seelenleben des Taubstummen muss sich wesentlich ent wickeln in der Kichtung von Aussen nach Innen, das des Blinden aber in der von Innen nach Aussen. Jenem ersteren müssen unter Anschluss an die sichtbaren Dinge zuerst die Vorstellungen von den Begriffen und Worten der Sprache beigebracht werden, dieser letztere muss sich auf Grund geistiger Mittheilungen ein inneres Bild von einer sichtbaren oder körperlichen Welt zu erschaffen versuchen. Bei dem vollsinnigen Menschen aber ergänzen sich überall beide Gattungen von Wahrnehmungen oder Eindrücken zu der Entstehung seines Gesammtbildes von einer sinnlichen und geistigen Welt. Der Sinn des Gehöres aber ist an sich der im specifisclien Sinne des Wortes geistigen oder subjectiven, der des Gesichtes dagegen der sinnlichen oder objcctiven Seite des den Menschen umgebenden Daseins zugewandt. Die Menge der auf den Menschen cindringendcn Wahrnehmungen durch die Farbe ist an sich überall eine unendlich grössere als diejenige der Wahrnehmungen durch den Ton. Unsere ganze Communication mit der Natur beruht hauptsächlich auf den Wahr nehmungen durch das Gesicht oder die Farbe. Nur durch die Farbe * empfangen wir im Allgemeinen ein vollständiges Bild von dem Ganzen der uns umgebenden wirklichen oder natürlichen Welt. Alle anderen Sinne ergänzen hier zuletzt nur dasjenige, was uns durch die Farbe oder das Gesicht zugeführt und mitgetheilt wird. Jedes einzelne Ding in der Natur wird durch die Vermittelung der Farbe in seiner äusseren Erscheinung von uns erkannt, während die Thätig- keiten der übrigen Sinne sich überall nur auf vereinzelte und unter geordnete Phänomene in der natürlichen Wirklichkeit beziehen. Die