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WscheUolkszeitlMg I«,»aab« ^ mit j »««den und tn Oesterreich I«»«,,be0 vei»,»pr«t»i dtertel »L0F, In! Hau» 'F»b»0 dIerteII-hrHch I.8«^ In LSrrU LA ^ I kochentag« I «achi»iUag»st, die Zeitung regelmäßig in den ersten I Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Nnterhaltung.brilag» vi« illustrierte Zeit ^ tUr-i« für die Detit-SvaUzetle ÄO Im Neüametetl OV ^ I gab. -ingelas!dter d^st I wortSporto beijusügen.! r. 2V3 O-Ich»»»!«-»« IM» Redaktion Dre»de«-U. 1«, Holb eiastratze 46 Sonnabend den 4. September 1915 Fernsprecher 213S6 orrellan ^ ilssKristall ^nKLuser reacti^ u. rn«eeer«a»NK»cho LSm^ota-Mr-lSernL« «1n»vn-, HVirtsolrntt»., Ller-, «lucker-, Zckürrsn.L' Xellnerinnen - ^ ^ » 6 NM I ^ » > ^»s-lllWI Svklsg«^, 2.SS I SS SS PF. ies»avd«rxi«e LarnnasNllnNa » )>e Huldigung der Ungarn und Kroaten (Ein Stimmungsbild.) tzin schöner Herbstabend. Der 1. September. Ein rasch It„Mnder Himmel wölbt sich mit matt aufschimmernder Ltcmmdecke über Wien, er scheint draußen am freier und WMÜ-iiier werdenden Ende des Wiener Bezirkes gleichsam «cr über dem weitläufigen massiven Hallenbau des Ost- pchichofes zu liegen. Festesgetriebe von eigenem Gepräge herrscht dort: Herzlichste Willkommsfreude, die in einem wahren Farben- Imsch zu beredtem Ausdruck gelangt. Ein Meer rot-weiß- ^riiner und rot-weiß-blauer Fähnchen bauscht sich im leichten Nendwiud wie zu rollenden, leuchtenden Wogen, die heute Wien durchfluten. Und lausende und Abertausende Mm den mächtigen Bahnhofsplatz und die ihm sich an- Wdemden Parkanlagen. Die Reichshaupt- und Residenz- Mt erwartet seltene Gäste: die Huldigungsvertreter aus km Ländern der heiligen Stephanskrone. Und da die ersten Mürrischen Munizipalvertreter ihre Wagen besteigen, Lungen laute und nichtendenwollende Hochrufe durch die vöniiiiernde Luft und hin und wieder auch ein manchmal M nicht ganz sprachreines, aber desto aufrichtiger ge- Rintcs „Eljen" oder „Zivio". In langsamer Fahrt halten die Magnaten und hohen Herren ihren Einzug in Wien. Begrüßt und bejubelt, und lgcuide jetzt in schworen und großen Vaterlandstagen als das Mimt, was sie sind: echte Freunde auch in den Stunden M Not. Die ersten Schritte in der Kaiserstadt, in der Nropolc der Donaumonarchie bringen ihnen Liebe und iTmk. Brausender Zuruf schallt ihnen aus allen Schichten m Bevölkerung Wiens entgegen. Der ritterliche, für Herz- Weit so empfängliche Sinn des Magyarenvolkes wird diesen Jubel Wiens nie und nimmer vergessen können. Und die Loten des huldigenden Ungarlandes, mögen sie nun vom Ölgetränkten Karpathenboden, aus dem fruchtbaren Alföld, Theißgau, dem Szokler- oder Siebenburgenlande ge kommen sein, sich ihrer Nation nach um das -rot-weiß-grllne M> das rot-weiß-blaue Banner scharen, sind heute im Jahre : schwersten Heimsuchung, die dem Habsburgischen Reiche sät seinem Bestände beschieden, Verkünder einer restlosen Verbrüderung, die auf den ruhmbedeckten Schlachtfeldern in heldenhafter Art bezeugt wurde und wird. Wienerische Gastfreundschaft gesellt kaum nach ihrem Eintreffen die Vertreter des ungarländischen Huldigungs- Wes zusammen. Und die tiefempfundenen, aus bester eiterkenntnis geborenen Worte der Begrüßungsreden, die ns dein Munde der beiden höchsten Regiorungsvertreter erklingen, bilden nur den Beweis für das einzige und heute hiibm wie drüben der Leitha gewonnene Bewußtsein: daß W in der treuen brüderlichen Vereinigung aller Länder der Anarchie der Erfolg unseres Krieges und die Zukunft des Vaterlandes.erstehen kann — Sieg und Glück der Habs- mger Monarchie . . . Der Hochstrahlbrunncn rauscht in nächster Nachbarschaft ks Palastes, in dSssen prunkenden Sälen sich Gastgeber und hebe Gäste vereinigen. Ein Bild zauberhafter Schöne. Wie airige Lohe schlagen die farbenbunten Wasser zum bestern- Nachthimmel empor. Bald ist es ein milchiges Weiß, ein gleißendes Türkisblau oder sanftes Violett. Mer neist in sinnfälliger rascher Abwechselung taucht der male- ! Dreifarbenton Rot-Weiß-Grün auf: Ganz Wien, nein, Wz Oesterreich will heute ungarisch sein und empfinden. Farbenfrohe Pracht und blendender Prunk alt- Mischen Herrentums ersteht auf der feierlichen Huldi- "gsfahrt nach Schönbrunn. Goldverschnürter Attila, zbesetzter Dolman, reiherumnickte Kalpaks, edelstein- edle Säbel — die Tage Maria Theresias sind wieder er- "dm. In stattlichem Zuge wallen Ungarns Bannerherren d Magnaten hinaus zum kaiserlichen Lustschloß Schön en. Dem Beispiele ihrer Ahnen folgend, geben auch sie großer, schwerer Vaterlandszeit an den Stufen des roneS die Versicherung einer restlosen Opferwilligkeit und gebenden Treue Ungarns und Kroatiens. Und wieder M der Ruf: „Moriamur pro rege nostrol" Und elndes „Eljen" wie „Zivio" grüßt den edlen gütigen Lehk'.V/okIauf Hsnckscbuks ' Ai WM « M (Tagesbericht siehe Seite 2) Friedmann gestorben Berlin, 4. September. Der einst sehr gesuchte Ber liner Verteidiger Fritz Friedmann, dessen verfehlte Speku lationen einen Zusammenbruch herbeigeführt hatten, ist nach längerem Siechtum gestern in Berlin, 63 Jahre alt, gestorben. Verurteilt Laut „Berl. Tagebl." wurden mehrere Pariser Brief- marken-Großhändler wegen Einschmuggelns deutscher Brief marken mit dem Aufdrucke „Belgien" zu insgesamt 38 000 Franks Geldstrafe verurteilt. Die russischen Verluste Berlin, 4. September. Nach verschiedenen Morgen blättern betragen laut „Bas. Nationalztg." die russischen O ffi z i e r s v e r lu st e bis 16. August 223172, wovon 43 124 getötet wurden. Der G e s a m t v e r l u st an Mann schaften beträgt schätzungsweise 6 ZH Millionen. Russische Geldnot Nach verschiedenen Blättern beträgt die Londoner Reise des russischen Finanzministers ausschließlich die Geld beschaffung für die am 1. Januar fälligen Zinsen der russi schen Staatsschuld. Wie berichtet wird, sei Rußland außerstande, sich bei dem niedrigen Rubelkurs die nötige Summe in Pfund Sterling oder in Franken zu be schaffen. Englische Plünderungen Wie dem „Lokalanzeiger" mitgeteilt wird, ist kürzlich in Drontheim die Nachricht eingetroffen, daß die deutsche Meteorologische Station auf Spitzbergen von 'den Eng ländern vollständig geplündert und teilweise zerstört worden sei. Die deutsche Besatzung sei gefangen genommen worden. Gegenwärtig liegen 8 englische Kriegsschiffe an der Spitze von Spitzbergen. . Leutnant Freiherr v. Forstner ist vor dem Feinde gefallen. Der „Berl. Lokalanz." schreibt dazu: Sein damaliges energisches Auftreten bei den antinationalen Ausschreitungen hat sich später als durchaus gerechtfertigt erwiesen. Holländisches Ausfuhrverbot Haag, 3. September. (W. T. B.) Die Ausfuhr von Hammelfleisch ist verboten worden. Ein polnisches Schloß zerstört Der „Deutsch. Tagesztg." wird aus Lemberg berichtet, die Rüssen hätten ohne die geringste militärische Notwendig keit das alte Sobieski-Schloß und das Schloß bei Voleska, eines der ältesten polnischen Schlösser, Geburtsstätte des Königs Johann Sobieski zerstört. Explosion Paris, 3. September. Der „TempS" meldet: In der Gasfabrik auf dem Manöverfelötz von Jssy les Moulineaux platzte gestern ein Apparat zur Herstellung von Wasserstoff. Ein Arbeiter wurde getötet. Vier andere wur den schwer verletzt. Kämpfe bei Skutari London, 3. September. (W. T. B.) Me „Times" meldet aus Athen vom 31. August: Nach einer Depesche aus Skutari fand ein heftiger Kampf zwischen Truppen Essad Paschas und Miriditen statt. Diese waren siegreich. Sie machten 600 Mann zu Gefangenen. Essads Verluste werden mit 216 Mann angegeben. Monarchen. Treue im wahrsten, heiligsten Sinn hat Oester- reich-Ungarns Wehrmacht dem Monarchen geleistet und un- zählige Helden verstorben niit lächelndem Munde auf dem Felde der Ehre für Vaterland und Herrscherhaus — Oester- reicher und Ungarn. . . . . Wie in früheren Tagen erheben die Mumziplyn m » in Vertretung aller Ungarn ihre Stimme vor dem König. Und diese Stimme erhebt sich jauchzend in schwerer Zeit und stolz auf die Gräber so vieler heldenhafter Söhne der unga- rischen Völker blickend, um dem vielgeliebten Herrscher Treue zu entbieten, Treue, gleich der der Soldaten, Treue ganzer Völker, Treue bis in den Tod. Und so wird die Huldigungssahrt der Vertreter Ungarns und Kroatiens nicht nur in kurzem Gedenken der Augenzeugen, sondern ewig in den Annalen der vaterländischen Geschichte fortleben als Symbol für die unzertrennbare und in Kampfes- und Sturmzeit eine solch glänzende Feuerprobe bestehende Ein tracht, die der Donaumonarchie wahrstes Wesen und stärkste Kraft ist. Lieber den Einzug der Deutschen in Vialystot schreibt der Kriegsberichterstatter des B. L.-A.: Bein: Einzug der Truppen in die Stadt sind noch alle Läden geschlossen, doch die unternehmenderen Straßen- Händler knüpfen sehr schnell Verbindungen mit den neuen Herren der Stadt an, und bald blüht ein lebhafter Handel in Zigaretten, Obst, Weißbrot und anderen Lebensmitteln. Als dann die Händler sehen, daß alles mit gutem Gelde bezahlt wird, öffnen sich langsam die Ladentüren, und eine allge meine Anpreisung der Güter beginnt. Unter den ersten Läden, die ich offen sah, war ein Korsettgeschäft und ein Modeladen. Doch die Läden erfreuten sich keines Zuspruches, und die Besitzer, die augenscheinlich hofften, daß die deut schen Offiziere gleich den russischen ihre Damen mitschleppen, standen mit etwas enttäuschten Gesichtern vor ihren Ge schäften. Unsere Truppen wurden augenscheinlich vom großen Teil der Bevölkerung freudig ausgenommen. Soll doch die Lage insbesondere der Juden, die den größten Teil der Be völkerung Bialystoks bilden, in den letzten Tagen sehr un sicher gewesen fein. Gestern abend begannen Kosaken in den äußeren Stadtteilen schon zu plündern und zu morden. Ein Ausbreiten des beginnenden Pogroms wurde nur da durch verhindert, daß den Truppen wegen des Abtransportes mit der Bahn das Signal zum Sammeln gegeben wurde. Trotzdem sieht man hier und da Spuren der beginnenden Plünderung, zerbrochene Scheiben, aufgebrochene Türen und einige Wohnungen in heilloser Unordnung. Wie in anderen geräumten Städten haben auch hier die Russen alle Glocken weggefchafst, und bei den Kirchtürmen sieht man überall die Holzgerüste, an denen die Glocken heruntergelassen wurden. Die öffentlichen Gebäude sind im Innern vollständig auSge- raubt; alles, was nicht fortzuschaffen war, wurde zer trümmert. Besonders wüst sieht es aus im Schloß von Bialy- stok, wo in den vollkommen leeren Sälen des hübschen, isn französischen Stil gehaltenen Baues nur Trümmer zer brochener Spiegel, zerrissene Bilder und beschmutzte Bücher herumliegen. Gegen abend beginnt dann die große Völler wanderung der Landbevölkerung, die sich während der letzten Tage, aus ihreü Dörfern samt Hausrat und Vieh von den Russen vertrieben, in den Sümpfen und Waldungen Bialy- stoks aufhielt und jetzt, da weit und breit kein Russe mehr zu sehen ist, in ihre Dörfer zurückzieht. Zaghaft kriechen sie aus ihren Verstecken hervor und setzen sich langsam in Be- wegung, um nach Westen zu ziehen, dorthin, wo ihre Dörfer liegen. Einen schweren Kampf haben sie mit sich selber aus- zukämpfen gehabt, bevor sie den Entschluß faßten. Die russischen Offiziere, die den Befehl gaben, sie aus den Dör fern samt Hab und Gut fortzutreiben, sagten ihnen, daß die Deutschen alles niedermorden, was ihnen entgegen kommt. Unter diesem Vorwand trieb man sie auch aus ihren Dörfern auf die breite, endlose Landstraße. Nun aber wollen sie es doch versuchen, zurückzukehren auf die Scholle ihrer Väter, und koste cs das Leben. Es ist ein herzzer reißender Anblick, diese armselige Völkerwanderung, die sich da entlang der Chaussee wälzt. Tausende und Aber tausende Fuhrwerke sind es, die alle, wie von einem einzigen