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KiWscheUolkszeitung ^ « ez», »Pr ei», X mit Beilage vierteljährlich tnlLsterrÄ i.A H .... x«,LVL'.«L> >c. — «tn>el.Rmtim«r 10 l Hau» ».«!, ^1 ^ö«ch in 8ÄE°g»sM°.!? Geltung r-geimStzig in den erst«, «r. 283 «S-fchaft-fteLe m»d RoLaM«, Dresden.«. 1«, Holbekrjtratze 4« Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Mit Unterhaltung-beilage Die illustrierte Zeit Freitag de« 10. Dezember 1915 «»»etgeo. «lnnahme van «elchSftSanjeigen bi» IO Uhr, anzeigen bl» II Uhr. Brei, für die Betit-Spaltzeile »O Im «eN don Fanitlien-1 ReklameteU 00 I.I Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aut-1 gegebene «njeigen sinnen wir die Verantwortlichkeit füll die Richtigkeit de« Tezte« nicht übernehmen. gesügNst. Brieflichen vn fragen tslil>üwort»porto beizusügen.1 Fernsprecher 2138« 11. Jahr-. Line beäeuttame Zitrung ürr IONMIwA« Deutscher Reichstag Berlin. 9. Dezember. Im Reichstage ergriff vor vollbesetztem Hanse und überfüllten Tribünen Reichskanzler v. B e t h m a n n - H o l l w e g vor Eintritt in die Tagesordnung das Wort zn folgender Rede: Meine Herren! Ich benutze die erste Gelegenheit, inn Ihnen einen Ueberblick über die Lage zn geben. Kurz nachdem der Reichstag im August auseinandergcgangen war. hat Bulgarien in den Krieg einge' nriffen. Mit allen nur denkbaren Anstrengungen hat die Entente seit Ausbruch des Krieges versucht. König ,Ferdinand ans ihre Seite zn ziehen. Oesterreichisch-unga- riiche, türkische, griechische Gebiete wurden in liberalster Weise versprochen. Aber nicht nur Territorien der feind- lichen und neutralen Staaten wurden vergeben, selbst das verbündete Serbien, für dessen angebliche bedrohte Jnte- luität Rußland den Krieg entfesselt hatte, selbst das ver- bündete Serbien, für das die Entente zu kämpfen vorgibt, wurde nicht geschont. Damit Bulgarien für die Entente fechten sollte, mußte Serbien ihm Gebietskonzessionen wachen von solchem Umfange, daß es sich dazu nicht ver sieben konnte. So wurden die Verbündeten unter sich uneinig, sie berechtigten nationalen Ansprüche Bulgariens ans Mazedonien waren, wie bekannt, nach dem letzten Balkan- inegc zugunsten Serbiens in erheblichem Maße beschränkt werden. Von Rußland im Stich gelassen, mußte Bulgarien, ^ dao die Hauptlast des Krieges getragen hatte, zusehen, wie !die Früchte seiner Siege dem serbischen Nachbar zufielen. Tech jetzt wird König Ferdinand dgs Wort, das er am Ende des zweiten Balkankrieges seinem Volke gab, wahr machen. Tie bulgarischen Fahnen, die damals nach ruhm vollem Kampfe, aber schweren Enttäuschungen zusammen- gerollt wurden, flattern heute frei über dem damals ver lorenen Lande. (Lebhafter Beifall. Liebknecht ruft: „Das Cie damals im Stich gelassen haben!" Große Unruhe und Mise: Ruhe! Ruhe! Abg. Liebknecht wiederholt seinen Zu ruf. Große Unruhe, Lärm und Zurufe: Raus! Raus!) I Anstatt eine Verständigung zu suchen und dem Lande die Tvfer eines neuen Krieges zu ersparen, entschloß sich Ser bien, nicht nur den vereinten Angriffen der deutschen und dcr österreichisch-ungarischen Armee die Spitze zu bieten, sondern auch gegen seinen östlichen Nachbarn vorzugehen. I Jetzt ist das serbische Heer zum größten Teile vernichtet. Ilüergeblich haben die Serben auf die versprochene Hilfe E,ng- Ilonds und Frankreichs gewartet. Zum zweiten Male hat Isich ein kleines Volk für die Westmächte geopfert. (Lebhafte I Zustimmung.) Unsere Truppen haben auch in den serbischen iBeigen unter Ueberwindnng aller Strapazen glänzend ge- Ikouipst. (Lebhafter Beifall.) Unser heißester Dank gebührt Irisieren Kriegern. (Erneuter lebhafter Beifall.) Und I neben ihnen danken wir unseren alten, treuen, bewährten I'osterreichisch-nngarischen Waffenbrüdern (Lebhafter Beifall) Innd auch dem neugewonnenen Freunde, dem bulgarischen löeere. (Lebhafter Beifall.) Durch die Siege in Ser bien ist die Donau frei geworden, Idie Verbindung mit der Türkei hergestellt. Ungehindert Ilöuuen wir unseren türkischen Verbündeten die Hände Ircichen und freuen uns, ihnen in dem heißen Kanipfe in Imchdrücklicherer Weise beistehen zu können als bisher. (Leb- Iliafter Beifall.) Mit heldenmütiger Tapferkeit haben die »Türken die Wacht an den Dardanellen gehalten (Beifall), Ideren schnellen Fall Minister Asquith schon im Sommer Ivrophczeitc. Heute stehen die Dardanellen fester Ido nn je. (Lebhafter Beifall. Abg. Liebknecht: Bagdad- Ibohn! Allgemeines Gelächter.) Dcr offene Weg nach dem Inehen Orient bedeutet einen Markstein in der Geschichte des Krieges. Militärisch ist der direkte Zusammenhang mit der »Türkei von unschätzbarem Werte. (Sehr richtig!) Wirt- Ijchastlich ergänzt die Zufuhr aus den Balkanstaaten und der »Türkei unsere Vorräte in willkommenster Weise. Darüber hinaus aber sind vor allem die Aussichten in die Zukunft Itcrhcißungsvoll. Dank der weitsichtigen Politik König Fcr- Idinands von Bulgarien ist eine feste Brücke zwischen den un- Ilöslich verbundenen Kaiscrmächtcn. dem Balkan und dem Inohen Orient geschlagen. (Beifall.) Was unsere Gegner politisch und militärisch am Balkan eingebüßt haben, suchen tsie jetzt durch Akte der Gewaltpolitik gegen neutrale Staaten Mrettzumachen. (Sehr richtig!) Freilich bleiben sic damit lilnein von Anfang an verfolgten Prinzip treu. (Sehr rich tig!) Zuerst wurde Belgien, dann Serbien bestimmt, unter Meinen Umständen den Wog der Verständigung zu betreten, sslwdern sich dein Kriegswillen der Entente zn fügen und zu Untersccbootbrntc London. 9. Dezember. (W. T. B.) „Lloyds" mel- det: Die britischen Dampfer „V e r i a" und „Goulan- d i s" wurden versenkt. Washington, 9. Dezember. (W. T. B.) Der Kreuzer „Desmoine" bestätigt, daß ein großes österreichisch ungarisches U-Boot am Sonntag im östlichen Mittelmeer den amerikanischen Tankdampfer „Petrolic" beschossen und einen Mann der Besatzung leicht verletzt habe. (Nach einer weiteren Meldung ist der Dampfer entkommen. Jedenfalls hat er auf Anruf nicht gehalten, sondern ist ge flohen. Da es sich um einen Tankdampfer handelte, hatte das U-Boot sicher ein äußerst lebhaftes Interesse daran, zn erfahren, für wen und wohin die Ladung bestimmt war.) Trr türkische Bericht K onsta n tinopel, 9. Dezember. (W. T. B.) Das Hauptquartier teilt mit: An der Jrakfront nimmt der Widerstand des Feindes merklich ab. Unsere Truppen schlu gen die A u s s a l l v e r s u ch e der Engländer blu tig ab. Sechs erbeutete Flugzeuge werden jetzt gegen den Feind benutzt. An der Kaukasischen Front wurde der Feind bei Aleschgnerd znrückgeworfen. An der Dardanellenfront bei Anaforta cröffnete die feindliche Artillerie ans dem Lande und voin Meere her das Feuer nach verschiedenen Richtungen. Unsere Artillerie zerstreute feindliche Trnppen- ansammlnngen und verjagte Transportschiffe in seichte Stellen der Bai von -Kimikli Liman. Bei Ari- Burun ans dem rechten Flügel lebhafte Bombenkämpfe unter Beteiligung eines feindlichen Kreuzers. Ein Panzer schiff, ein Monitor, ein Torpedoboot und ein Ponton des Feindes eröffneten das Feuer zn einer bestimmten Zeit nach vielen Richtungen. Unsere Artillerie zerstörte einen Teil der feindlichen Schützengräben und zwang den Moni tor durch zwei Treffer, sich zurückzuziehen. Bei Seddul- Bahr der gewöhnliche Artilleriekamps. Der Feind richtete Lufttorpedos in größerer Anzahl als sonst gegen unseren linken Flügel. Ein Monitor begann das Feuer gegen diesen. Unsere Artillerie zerstörte einige Bomben- und sonstige Munitionsniederlagen der feindlichen Artillerie. Am 8. Dezember beschädigte unsere Artillerie ein englisches Flugzeug. Flugzeug und . Flieger verbrannten vollständig. Dir Austauschvrrwnndrtrn Aachen, 9. Dezember. (W. T. B.) Heute trafen aus England über Vlissingen 43 Nustauschverwundete, darunter ein Offizier, ferner bisher in England als Gefangene zn- lückgehaltene 69 Sanitätsmannschaften, darunter 3 Sani tätsoffiziere, hier ein. Die Sanitätsmannschaften wurden nach der Sammelstelle an der Düppelstraße gebracht, während die Verwundeten im Lochner-Hause Aufnahme fanden. Vom serbischen Kriegsschauplätze Athen, 9. Dezeinber. (W. T. B.) „Agenze Havas". Ter Mnisterpräsident empfing gestern den italienischen und den russischen Gesandten. — Die Bulgaren geben die Ver folgung der Serben nach Albanien auf und ziehen beträcht- liche Strcitkräfte gegen die Franzosen zusammen. Die Alliierten nehmen eine neue, ihrer Operationsbasis nähere Linie ein. Der bulgarische Generalstab befindet sich in Uesküb. Andanerndrr Rückzug der Entente Athen. 8. Dezember. Reuters Berichterstatter er fährt aus amtlicher griechischer Quelle, daß die englisch- französischen Truppen den Rückzug in der Richtung nach der griechischen Grenze fortgesetzt haben. lleiclmage; opfern. Jetzt soll Griechenland an die Reihe kommen. An fangs behaupteten die Ententemächte, sie feien, als sie ihre Truppen in Saloniki landeten, von Griechenland ge rufen, indessen ist es ja Venizelos selbst, der diese Behaup tungen abgeleugnet hat. (Hört! Hört!) Venizelos hat in der griechischen Kammer ausdrücklich erklärt, die Landung in Saloniki stehe mit seiner früheren Anfrage an die Entente wegen etwaiger Truppenlandungen in keinerlei Zusammenhang. (Hört! Hört!) Dennoch nahmen England und Frankreich Truppenlandungen in Saloniki vor und setzten diese trotz energischen Protestes fort. Wir wohnen dem interessanten Schauspiele bei, daß England die beherrschende Macht der englischen Flotte als diplomatisches Drohmittel gebraucht, um die griechische Regierung zur Verletzung der ihr als neu traler Staat obliegenden Pflichten zu zwingen. (Sehr rich tig!) Zuerst wurde ans diese Weise die wohlwollende Neu tralität erpreßt. Als man sie im Grunde hatte, ging man noch weiter und forderte von Griechenland die Zurückziehung aller griechischen Truppen von Saloniki und Umgebung, freie Verfügung über diese Hafenstadt zwecks Einrichtung militärischer Anlagen, die Ueberlassung aller militärisch wichtigen Straßen für Militärtransportc, Freiheit der mili tärischen Maßregeln aller Art in den griechischen Terri torialgewässer». (Hört! Hört) Das versteht die Entente unter „w oh (wollender Neutralitä t". (Heiterkeit.) Die griechische Regierung ist trotz der schwie rigen Lage, in der sie sich befindet, gewillt, die Neutralität weiter bciznbehalten (Beifall), eine Neutralität, die ihrem ausdrücklich ausgesprochenen Willen entspricht und die sich mit der Würde und Unabhängigkeit Griechenlands und mit seinen Interessen deckt. (Beifall.) Abgeschlossen ist die Angelegenheit noch nicht. Ueber die vermutliche Weiter- entwickelnng der militärischen Operationen auf dem Balkan stelle ich keine Betrachtungen an. Ich versuche nur anszu- führen, wie sich die gegenwärtige Lage darstellt. Im Osten nehmen unsere Truppen zusammen mit den österreichisch-ungarischen eine in das russische Ge biet weit vorgeschobene, gut ausgebaute feste Verteidigungs stellung ein, immer bereit zu einem neuen Vorgehen. (Leb hafter Beifall.) Im Westen haben die mit größter Todes verachtung unternommenen Angriffe der Franzosen und Engländer zwar unsere Stellung an einzelnen Stellen ein gedrückt, aber der Durchbruch, der unter allen Umständen erzwungen werden sollte, ist mißglückt. (Lebhafter Beifall.) Von dem Umfange des gewaltigen Ringens gewinnt man eine Vorstellung, wenn man bedenkt, daß Frankreich allein in der Champagne nicht sehr viel weniger Truppen einge setzt hat, als die waren, mit denen Deutschland den Krieg von 1870/71 geführt hat. (Hört! Hört!) Es kann nicht ge nug getan werden, um die Dankesschuld des Vaterlandes gegen unsere .Krieger abzutragen (Stürmischer Beifall), gegen unsere Kriegei', die trotz eines unerhörten Trommel feuers, trotz einer vielfachen Ueberlegenheit mit ihren Lei bern dem Feinde einen Wall entgegengesetzt haben, den er nicht hat durchbrechen können. (Beifall.) Unvergängliche Ehre dem Andenken aller, die dort ihr Leben für ihre Freunde gelassen haben! Wie an unserer Westfront, ist die österreichisch-ungarische Verteidigungsstellung gegen Italien fest und intakt. (Beifall.) Lassen Sie mich mit einem kurzen Worte unsere Arbeit hinter der Front streifen: In Frankreich und Belgien sind eine ganze An- zahl von Mitgliedern dieses Hohen Hauses tätig. Die Herren werden mir bezeugen, daß wir uns redlich und mit Erfolg bemüht haben, die Kräfte des wirtschaftlichen Lebens wieder zu beleben. Ueberall haben die Etappen hinter der Front geackert und geerntet. In Belgien ist es vielfach gelungen, in der Landwirtschaft annähernd normale Wirt- schaftsverhältnissc wieder hcrzustellen. Auch Industrie und Handel sind, wo es irgend ging, neu belebt. Ins belgische Geldkredit- und Bankniesen ist wieder Ordnung gebracht. Die Verkehrsmittel, Post. Eisenbahn und Schiffahrtswege, sind in Gang gesetzt. Unzählige von dem Feinde gesprengte Brücken sind wieder hergestellt. Im Kohlenbergbau ist fast die normale Zahl der Friedensbeleg, schaft erreicht, so daß im letzten Vierteljahre die Förderung fast 31,4 Millionen Tonnen ausmachte. In Polen, in Litauen, in Kurland fanden wir die entsetzlichsten, von den Russen vorgenommenen Zerstörungen, fanden wir einen Zustand völliger Auflösung vor. Nene Polizei- und Ver waltungsorgane waren zu schaffen. Eine neue Justiz- organisation mußte in? Leben gerufen werden. DaS bis