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Sächsische Volkszeitung : 29.11.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190511291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19051129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19051129
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-11
- Tag 1905-11-29
-
Monat
1905-11
-
Jahr
1905
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.11.1905
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Iich nur noch Rußland hier in Frage kommen und zu Be denken Veranlassung geben könne. Nach dem Korreferenten sprachen noch MagistratSrat Dr. Beckh-München, der im Rückgang des Viehbestandes die Schuld an der Teuerung erblickt. In der Diskussion fand der Bürgermeister von Weißenfels eine sehr ungnädige Aufnahme, als er gegen die Oeffnung der Grenzen sprach und tvarnte, der Städtetag möge sich nicht in das Fahrwasser schrankenlos kapitalistischer Interessen begeben, sondern auch in wirtschaftspolitischer Beziehung einen nationalen Standpunkt einnehmen. — Ter bisherige Äolonialdirektor Tr. Stübel soll der „Deutschen Tageszeitung" zufolge an die Spitze der neu zu errichtenden deutschen Gesandtschaft in Norwegen berufen werden. — Ter Flottenaufruf an die Schüler höl>erer Lehr- Anstalten, welcher von den Primanern des Kaiser-Wilhelm- Gymnasiums in Hannover ausgegangen ist, macht bereits die Runde. Er verlangt 50 Pfennig zu einer Flotten- Spende, welche dein Kaiser zur silberneu Hochzeit überreicht werden soll. Hierzu bemerkt sehr richtig der „Neichsbote": „Gleichzeitig möchten wir aber die Hoffnung aussprechen, daß unsere großen Schiffahrtsgesellschaften, sowie die Groß industrie, insbesondere die Auslandsindustrie, für deren Schutz die Flotte besonders bestimmt ist, ihre PorteuwnnFes auftun möchten, die reichlicher gefüllt sind, als die unserer Primaner. Da sie durch die Vorlage nicht mit einer Sonder- steuer bedacht sind, weil man die Flotte mit Recht als eine Sache der ganzen Nation ausieht, so wäre es um so schöner und erfreulicher, wenn diese Herren, deren Interessen die Flotte vorzugsweise zu dienen berufen ist. freiwillig sich zu einer reichlichen Flottenspeude für den Ausbau der Flotte bereit erklärten. Das würde einen guten Eindruck machen und beweisen, daß noch etwas von dem alten patriotisch» Hansageist in unseren Handelsstädten lebt." Ja, wo bleibt die Flottenspeude der Handelsstädte und Groß industriellen. die beim Ausbau der Flotte zunnMt interessiert sind? -- Tie kirchliche Mittelpartei in der preußischen Landeskirche rüstet sich gleichfalls zu weiterem Vorgehen; besonders bedeutsam sind die Hoffnungen, tvelche die „Voss. Ztg." mit dem Anschlüsse der Führer der modernen Theo logie an die Mittelpartei verknüpft. Sie erblickt in der auf diese Weise reorganisierten Mittelpartei einen Schutz der Landeskirche gegen „ihre Vergewaltigung durch die Orthodoxie", sie hofft, daß diese „jüngere Mittelpartei" sich in deni Kampfe gegen den gemeinsamen Feind, gegen „Posi tive Intoleranz und Kulturfeindschaft" immer enger an den kirchlichen Liberalismus lehnen werde, und begrüßt deshalb ihr neues Organ, die am l. November ins Leben getretene „Preußische Kirchenzeitung" mit den frohesten Erwartungen. Weiter ist bedeutsam, was über das Verhältnis der alten Mittelpartei zum Evangelischen Bunde gesagt wird. Bctz- fchlag war einer der populärsten Vertreter dieser Gruppe. Diese Gründung sicherte Betzschlag die Stellung eines der geschicktestci' kirchenpolitischn und politischen Taktikers. Die Gründung des Evangelisch» Bundes erfolgte zu einer Zeit, in der die von den politischen und kirchenpolitischen Mittel- Parteien vertretenen Anschauungen in den weitesten Kreisen ihre Anhängerschaft verloren hatte. Vom Kulturkämpfe, der diese Parteien groß gemacht hatte, wollte man nicht inehr viel wissen. Betzschlag erkannte mit scharfem Blicke, daß eine Erneuerung des .Kulturkampfes eine Lebensfrage für die Mittelparteien sei und ihnen am vorteilhaftesten sein werde, wenn es gleichzeitig gelinge, in die positiven und konser- vativen Kreise den Keim der Zwietracht zu tragen. Um dies Ziel zu erreichen, scheute Betzschlag selbst einen Kampf mit Bismarck nicht. So lange dieser Staatsmann lebte, wurde der Evangelische Bund in den Kreisen der politischen und kirchlichen Rechte mit Mißtrauen beobachtet. Aber seit dem Tode Bismarcks nahm der Bund an Anhängerschaft stetig zu, und jetzt ist er in der Tat dem Ziele, das jenem Tl)eologen vor Augen schwebte, wesentlich näher gekommen. Die Stimmung für eine Erneuerung des Kulturkampfes ist getz>achsen, auch Positive und konservative Kreise haben sich ihr willfährig gezeigt, und dadurch ist in ihre Reihen der Keim der Zwietracht getragen worden. Diese Ausführungen, di« wir der „Kreuzzeitnng" entnehmen, sind besonders lehr reich. — Trr Ttzllnbus ist bekanntlich ein Hauptkampfmittel gewisser Kreise des Evangelischen Bundes; einmal benützen ihn diese, um zeigen zu wollen, daß das Zentrum einen An trag wie der Toleranzantrag nach dem Stzllabns gar nicht «inbringen dürfe; dieselben Redner aber scheuen sich nicht, auch anszusprechen, daß der Toleranzantrag darauf hinaus- gehe, die Sätze des Stzllabns durchzufi'ihren. Das sind zwei Behauptungen, die sich rundweg widersprechen. Aber das tut nichs, 05 Prozent von jenen Protestanten, die über den Stzllabns reden, haben ihn noch nie in der Hand gehabt. Nun hat der bekannte Freiburger Kirchenrechtslehrer Pro fessor Dr. Heiner ein sehr dankenswertes Buch über den Stzllabns in „»ltramontaner und antinltramontaner Be leuchtung" geschrieben. Man sollte meinen, daß die pro testantische Presse sehr begierig nach diesem greife! Aber keine Spur! Während früher keine antikatholische Ver sammlung gehalten wurde, iu welcher man nicht gegen den Stzllabns donnerte, schneeigen jetzt alle Wälder. Um so be deutungsvoller ist es. wenn die protestantische „Neue Preuß. 'Kreuz-) Ztg." unter dem 17. d. M. über das genannte .Heinersche Werk schreibt: „Das Werk dient in erster Linie polemischen Zwecken, die Katholiken zu stärken, die Prote stanten von den traditionellen Jrrtümern über Inhalt und Bedeutung des Stzllabns zu befreien. Als Protestant sin- det man eine sonst uns nicht so leicht zugängliche Belehrung wie bei Heiner. These für These wird der Stzllabns abge druckt. übersetzt und mit Erläutenmgen versehen. Vielen Protestanten wird es ganz nützlich sein, sich hier zum ersten Male zu überzeugen, was eigentlich der Stzllabns enthält. Große Sorgfalt ist auf die politischen Abschnitte verwandt, deren Inhalt in letzter Zeit am stärksten zu wüster Agita tion benutzt wurde. Die sittliche Pflicht, zuvor kennen zu lernen. Nxis man bekämpfen will, wurde vielfach nicht be herzigt. Namen brauchen hier nicht genannt zu werden. Di« Weltanschauung des Stzllabud ist der eines konservati- ven, evangelischen Blattes durchaus entgegengesetzt, viel- mehr als den Idealen der Demokratie. Um so stärker empfinden wir — unsere Leser wissen das — die Pflicht der Gerechtigkeit gegenüber einen: von seiner Weltanschau- ung überzeugten Gegner. Es sind die Fragen rwch der Kultur- und Staatsfeindlichkeit der katholischen Kirche, die liberalerseits auf den Syllabus beantwortet zu werden pfle- gen. Aus dem Heinerschen Kommentar kann sich jedermann über den Sinn und die Tragweite der Sätze nach katholischer Interpretation unterrichten ... es verdient, auch an die ser Stelle als ein Hilfsmittel im politischen und religiösen Kampf, an dem so viele heute-irgendwie teilnehmen, ge nannt zu werden." Wir wollen diese Gelegenheit benützen, um namentlich alle gebildeten Katholiken auf dieses Buch aufmerksam zu machen und es ihnen zum Studium drin- gend zu empfehlen. — Neber den Ausfall der badischen Landtagswahlen hat sich der Geh. Rat Wacker bereits ani 3. November in Free- bürg ausgesprochen: der „Bad. Beobachter" verbreitet nun die Rede im Wortlaute! Der Schlußteil hat allgemeine Be deutung und deshalb sei er auch hier wiedergegeben I Der Redner führte aus: „Man ließt uns und unsere Sache. Feinde haben Nur, nicht bloß Gegner. Und tvarum haßt man uns so sehr? Mehr als früher hat sich dieser Haß jetzt gezeigt. Es ist wiederholt von der christlichen Weltanschauung die Rede gewesen. Als Vertreter der christlichen Weltanschauung, die auch im öffentlichen Leben, in Gemeinde und Staat zur Geltung kommen sollen, als solche Vertreter haßt und be kämpft man uns niit der ganzen Glut der Leidenschaft. (Sehr richtig!) In diesem Wahlkampfe, namentlich auf den zweiten Wahlgang hin, ist eine Rücksichtslosigkeit und Gewalttätigkeit zu tage getreten, wie sie ärger nicht hätte sein können. In diesem Wahlkampfe hat die bewußte Verletzung der Wahr leit, die Entstellung und Lüge eine ganz unheimliche Rolle gespielt. (Sehr richtig!) Wenn mau sich daran machen wollte, alle die Verdrehungen und Entstellungen aufzudeckeu und zu widerlegen, man wüßte nicht, wo anfangen. Wer da meinen wollte, Noblesse und andere Tugenden, die man auch in den politischen Kämpfen nicht vermissen sollte, hätten eine Heimstätte bei den Nationalliberalen, der hat sich gründlich getäuscht. Hoffentlich ist dieser Glaube, soweit er überhaupt noch Anhänger hatte, in Zentrumsreihen gründlich ge schwunden, um nie wieder aufzuerstchen. Es wird aber auch unerläßlich sein, daß wir uns allen Ernstes fragen, was sich während dieses Wahlkampfes als besserungsbedürftig im eigenen Lager gezeigt und erwiesen hat. Und da können wir uns nicht verhehlen, daß es nicht überall bis ins kleinste gestimmt hat." Dann empfahl der Redner den Ausbau des Vereinswesens und die Ausbreitung der Zentrumspresse; das sind zwei unerläßliche Bedingungen, falls wir allen Geg- nern stand halten wollen! — Eine Revolutions„heldin". Rosa Luxemburg, die seit der Aussperrung der ethisch-ästhetischen Vorwärtsredaktion in dieser das blutig-revolutionäre Szepter mit einer solchen Begeisterung schwingt, daß man eigentlich annehmen müßte, sie stiege lieber heute noch als morgen auf die Barrikaden, erfährt durch den sozialdemokratischen Münchener Arbeiter sekretär Johannes Timm eine recht zutreffende Kennzeich nung. In einer Versammlung in München-Capua, die sich mit dem „Vorwärts"-Skandal befaßte, widmete er nach der sozialdemokratischen „Münchener Post" (Nr. 265) ihr fol gende Denksprüche ins Album: „Rosa Luremburg, die beim Parteivorstand seit Jahren gegen die polnische sozialdemokra tische Pattei hetzt, halte ich die Genossin Golde entgegen. Ge nossin Golde hat ihren sicheren Platz verlassen unid sich dorthin gestellt, wohin sie gehört. Nicht aber imponiert mir Rosa Luxemburg, die Heine und Frohme empfiehlt, nach Ruß land zu gehen, während sie selbst in der sicheren Redaktion des „Vorwärts" bleibt, um Parteimeinung zu machen. Sie sollte sich sagen: Deutschland war unser Asyl, als wir aus sichtslos kämpften, aber jetzt, wo die ganze russische Arbeiter- sckxrft sich zur Verfügung stellt, da ist unser Platz in Rußland. Es ist traurig, daß derartiger Radikalismus immer noch ernst genommen wird. (Stürmische Zustimmung, vereinzel ter Widerspruch.) Von solchen Leuten habe ich das Gefühl, daß sie, wenn es bei uns ernst würde, nach Zürich oder Paris gehen würden. Es lxmdelt sich bei der ganzen Affäre nicht lediglich um die Vorwärtsgeschichte, es handelt sich darum, daß die Unfehlbarkeit Kautskys, Mehrings, Stadthagens, No'a Luxemburgs proklamiert, eine einheitliche Meinung er zwungen werden soll." Auch der Redakteur der sozialdemo kratischen „Bergarbeiterzeituug", Genosse Leimpeters, meint in den „Sozialistischen Monatsheften", ob im Falle eines Generalstreiks, der in Deutschland zum Zusammenstoß mit der bewaffneten Macht führen dürfte, in der revolutionären Rosa die Jungfrau von Orleans ihre Auferstehung feiern würde, sei doch Nwhl noch nicht ganz sicher. Auch wir glau ben, der Satz hinter dein warmen Ofen in der „Vorwärts". Redaktion ist dem sozialdemokratischen „Heldenweib" lieber als der Kugelregen auf den Barrikaden. Mittlerweile er bauen sich aber alle „vernünftigen" sozialdemokrati'chen Ar beiter an der Geisteskost, die Rosa feige aus dein Hinterhalt i» den Spalten des „Vorwärts" serviert. „Es ist traurig, daß . . . ." — Der NeichStagsabgeordncte Storz, der bekanntlich die Parlamentarische Afrikareise mitgemacht hat. gibt jetzt im Verlage von Heß in Stuttgart ein Buch heraus mit dem Titet: „Reisebriefe aus Westafrika und Beitrag zur Entwicklung der deutschen Kolonien in Kamerun und Togo." Der Verfasser tritt in dom Buche lebhaft für den weiteren Ausbau unserer Kolonien ein. Storz gehört bekanntlich der deutschen Volkspa-tei an. Was er bei den paar Tagtzn Aufenthalt von der Entwicklung der Kolonien gelernt bat. wollen wir abwarten. Wie hoch aber solche Gelegenheit«, schriften zu schätzen sind, hat der Abgeordnete Dr. Paascho vor vier Jahren erlebt. Er besuchte im Aufträge einer Zuckergenosscnschaft Kuba und Jamaika und berichtete in einer Schrift: „Im Fluge durch Kuba und Jamaika", daß der deutsche Zuckerrübenbau von dieser Konkurrenz in ab sehbarer Zeit nichts zu fürchten habe. Heute schon ist eS ganz ander« geworden, was unsere Rübenbauer bestätigen werden. Wenn «8 Herrn Storz nur nicht auch so geht! Oesterreich-Ungarn. — Die Eisenbahnarbeiter der Privatbahnen in Prag beschlossen, falls nicht bis zum 1. Dezember 20 Prozent Lohnzulage bewilligt werde, am 1. Januar mit verstärkter passiver Resistenz zu beginnen. — Ebenso beschlossen die Post hilfSbeamten, an den Handelsminister eine Deputation wegen einer 20 prozentigen Teuerungszulage zu entsenden. Auch sie wollen in die Passive Resistenz eintreten, wenn threr Forderung nicht entsprochen wird. «»«. — Der Spezialgesandte des Heiligen VaterS, Mons. O'Csunel, wurde am 22. d. M. in Begleitung seiner beiden Sekretäre in Tokio vom Kroupriuzeu empfangen. Ein Buddhist hat durch Vermittlung des Bischofs O'Lonnel dem Heiligen Vater 3 Acres Land in schönster Lage bei Jodsu -um Bau einer Kathedrale angeboten. Der Premier- minister hat zu Ehren der päpstlichen Mission an, 26. No vember ein großes Abschiedsbankett gegeben. Entgegen der früheren Absicht des Bischofs O'Conuel, nach Portland heimzukehren. wi.d er nochmals nach Italien reisen und von dort erst die Rückfahrt antreten. Der Bischof über bringt zwei Handschreiben an den Heiligen Vater. Frankreich. — Die letzte Szene im Drama des Abbruchs der diplo- matischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl uud Frankreich teilt der „Gaulols" mit. Sie besteht in der letz ten Unterhaltung Pius X. mit dem Botschafter Nisard. Die historische Szene kommt um so mehr zur Bedeutung, als sich der Senat gerade anschickt, die Separationsvorlage zu vo tieren. Mr. Nisard bemühte sich umsonst, den Heiligen Vater zu bewegen, daß er Kardinalstaatssekretär Merrtz del Val desavouiere und die bekannte Protestationsnote gegen die Nomreise Loubets zurückziehe. „Wenn Ew. Heiligkett das nicht tut," sagte der Botschafter, „wird das Konkordat gekündigt." „Herr Gesandter," erwiderte der Papst, „wenn das Konkordat verschwindet, werden also die Ketten der Kirche Frankreichs mit ihm brechen." „Heiliger Vater," fuhr Nisard fort, „der Auflösung des Konkordats kommt die Unterdrückung des Kultusbudgets gleich." „Sprechen wir nicht von Geld in einer Angelegenheit von so hoher Be deutung. Die französische Regierung behalte das Geld und gebe der Kirche die Freiheit." Der „Ganlois", der bisher entschieden gegen die Separationsvorlage auftrat, will die Beschreibung von einem Prälaten erhalten haben, der Kar- dinalstaatssckretär Merrtz del Val nahesteht. Das Blatt führt noch eine andere Unterhaltung an, um darzutun, daß der Heilige Vater das Konkordat als eine Fesselung der Kirche auffasse. Er soll vor einigen Monaten zu dem Kapi- tularvikar von Versailles, Abbä Genty, gesagt haben: „Wir können nicht glauben, daß die französische Negierung ernst- hast die Abschaffung des Konkordats will, weil das Konkor dat uns die Hände bindet." Will der „Ganlois" mit seinen Angaben die Senatoren zum Nachdenken anregen und ihnen klarmachcn, daß die „Blockleute" das Konkordat nicht ab- schaffen, mn der Kirche die Freiheit zu geben, sondern mit dem Papste brechen, um die Kirche noch ärger knebeln zu können? Anders verstehen wir das neuerliche Verhalten des „Goulois" nicht. Norwegen. — Zu Ehren des Königs und der Königin fand beim Staatssekretär Michelsen und seiner Gemahlin ein Fest mahl statt. In einem Trinkspruche sprach der Minister herzlichen, ehrerbietigen Glückwunsch zum Geburtstage der Königin aus und schloß mit einem Hoch auf den König und die Königin. Der König dankte und brachte ein Hoch auf Norwegen aus. Dann hielt der StaatSmin'ster Michelsen einen Trinkspruch auf den Prinzen Heinrich von Preußen, in dem er den Prinzen bat, dem Kaiser Wilhelm den heißen herzlichen Dank des norwegischen Volkes für das große Wohlwollen und die Aufmerksamkeit, welche der Kaiser in diesen Tagen wieder Norwegens Volk und König gezeigt, zu überbringen. Prinz Heinrich drückte in seiner Antwort seine Freude ans, bei den geschichtlichen Begeben heiten dieser Tage in einem Lande zugegen gewesen zu sein, für das Kaiser Wilhelm so große Sympathien und so großes Interesse hege. — Am Montag fand im Storthing die Eidesablegung des Königs statt. In der Diplomatenloge hatten Prinz Heinrich von Preußen und die fremden Admirale Platz ge nommen. Als Prinz Heinrich den Storthing bettat, um der Eidesleistung des Königs beizuwohnen, erhoben sich die Stortbingsmitglieder von ihren Plätzen. Noch der Rückkehr ins Schloß hielt der König den ersten Staatsrat ab, in welchem die bisherige Negierung ihre Aemter in die Hände des Königs legte. Der König ernannte sie in ihrer bis herigen Znsamniensetzung zu seinem Staatsrat. Rußland. — Vor Schluß des Semstwokongrefses nahm dieser ein stimmig eine Resolution an, in welcher Maßnnhmen verlangt werden zur Verhinderung der Wiederkehr der Judenhetzen, durch die nach Veröffentlichung des Manifestes vom 30. Ok- tober gegen 60 von Inden bewohnte Orte hein^esucht und die teilweise von den Verinaltiingbeliörden organisiert wor den seien, sowie zur Ausrottung der Anschauungen von der Rechtlosigkeit der Juden. Die Gleichberechtigung der Inden erscheine jetzt gls eine Maßnahme der praktischen Politik; die Aufhebung aller beschränkenden Gesetze. — Unter den ans Japan zurückgekehrten Soldaten inacht sich in Wladiwostok zunehmende Gärung bemerkbar. Sie sind unzufrieden, weil sich bei der großen Menge ihr Rücktransport in die .Heimat verzögert, ^in Soldat auS Port Arthur, der sich demonstrativ weigerte, einen Offizier zu grüßen und ibn beschimpfte, wurde von dem Offizier niedergestochen. Um ihren Kameraden zu rächen, versuchten die Soldaten, das Offizierskasino anzuzünden, in dem sich vier Offiziere befanden, die von ihren Revolvern Gebrauch machten. Drei Offiziere wurden getötet, einer verwundet. Die Zahl der verletzten Soldaten ist nicht bekannt. Kosaken stellten die Ruhe wieder her. — Auf der Versammlung in den Marinekasernen iu Sewastopol waren Deputierte vom Panzerschiff „Pantelei- mon" (früher „Potemkiü") und vom Kreuzer „Otschakow" anivesend; andere auf der Reede liegende Kriegsschiffe ließen die von den Meuterern signalisierte Aufforderung, sich anzu- schließen, unbeantwortet. Das Regiment Brest sagte sich von den Meuterern loS und marschierte nach dem Lager, wo alle treuen Truppenteile zusammengezogen sind. Gegen wärtig herrscht in der Stadt Ruhe. Die Offiziere und Mannschaften des Kreuzers „Otschakow" sind gezwungen worden, daS Schiff zu verfassen. Ein Bataillon Reserve
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