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In den verschiedensten Bundesstaaten, auch in Preußen, sind oftmals prononzierte Führer der nationalliberalen Partei, nicht selten aus den Bänken des Landtages heraus, als Minister oder in leitende Stellen von Ministerien be rufen worden. In dem „vom Zentrum regierten" Bayern kommt es höchstens vor, daß ein früherer liberaler Abge ordneter Bundesratsbevollmächtigter in Berlin wird. Und wenn ein seiner Gesinnung nach dem Zentrum nahestehender Ministerialdirektor des Verkehrsministeriums in einer Rede vor christlichen Arbeitern der Provinz in ernsten Farben die Gefahren des religiösen und sittlichen Umsturzes schil dert, dann richtet der „Heuchler Liberalismus" sofort an die Krone selbst die lärmende Aufforderung, den Attentäter zur Strafe in den Ruhestand zu versetzen oder wenigstens öffentlich zu koramieren. Eine Maßregelung, die das angeblich „herrschende" Zentrum nur durch Aufwendung seiner ganzen Energie hintanhalten kann. Das nennt der Liberalismus „Zentrumsherrschaft in Bayern!" Man braucht sich nur für einen Augenblick auszumalen, wie ec in Bayern aussähe, wenn der Liberalismus auch nur für kurze Jahre über eine absolute Mehrheit im Landtage verfügte." — Die Unterstützung der Tabakarbeiter. Im Reichs- scliatzanite fanden am Donnerstag Verhandlungen zwischen den Vertretern der Arbeiterorganisationen im Tabakge werbe und den Vertretern des Neichsscl-atzamtes unter Lei tung des Staatssekretärs Wermnth statt. Die Negierung hat die Absicht, die Unterstützungssätze in der allernächsten Zeit zu ermäßigen und begründet dies damit, daß die Mit tel des Reiches es nicht gestatten, die bisherigen Sätze noch weiter zu bezahle». Für Freitag sind die Vertreter der Unternehmer zu einer Konferenz eingeladen. An Unter stützungen für die infolge der Wirkung des Tabaksteuerge setzes geschädigten Tabakarbeiter wurden bisher bezahlt (in runden Summen): Vom 18. August bis Ende Oktober 1009 710 >100 Mark, im Monat November 1000 810 000 Mark, im Monat Dezember 1000 337 000 Mark, im Monat Januar 1010 187 000 Mark, im Monat Februar 1010 812 000 Mark, ini Monat März 1010 710 000 Mark, im Monat April 1010 701 000 Mark. Insgesamt wurden also bis Ende April dieses Jahres an Unterstützungen 4 112 386,17 Mark aus- bezahlt. Ta im Monat Mai die Unterstützungssumme mutmaßlich nicht erheblich geringer sein dürfte als im Mo nat April, wird auch die vom Reichstage über den Betrag von I Millionen hinaus bewilligte Summe von 780 000 Mart Mitte Juni völlig anfgezehrt sein. Es ist ganz aus geschlossen, daß diese hohen Summen allein infolge der hohen Steuern nötig werden: denn heute schon raucht alles wie zuvor, namentlich die Zigarrenhändler sind es, die be stätigen, daß der Konsum nicht zurückgegangen ist. Für die Arbeitslosigkeit müssen also ganz andere Gründe vorliegen. Um den nicht vorhandenen schwarz-blauen Block kümmert sich die „Freis. Ztg." noch zu Tode: sie redet den Liberalen ab, doch ja nicht die Wahlreform zu machen, weil sie unbedingt unter die Räder kommen müßten. „Dem schwarz-blauen Block kann die Gruppe Bneck-Beumer, ver treten durch die „Rheinisch-Westfälische Ztg.", gar nicht bei treten. Das macht schon die ununterbrochene und unver söhnliche Gegnerschaft zwischen Liberalen und Klerikalen im vielgestaltigen Detail des rheinisch-westfälischen Lebens unmöglich. Auch mit den Ehristlichsozialen können sie sich nicht einigen, weil die Herren Liz. Mumm und Genossen sich auf die Arbeiter stützen wollen und zu diesem Zwecke in sozialistischer Agitation an den Arbeiter herantreten. Das Dränge» jener Gruppe nach Annahme der Herrenhcius- beschliisse ist nur ein Ausfluß des Wunsches, mit der Ne gierung zu gehen, auch des ferneren Wunsches, die pluto- kratische Wirkung des jetzigen Wahlrechtes nicht durch eine Reform zu verringern. In Rheinland-Westfalen würde eine Abschwächnng des plutokratischen Charakters dem Zentrum zugute kommen. Nun kann man also nicht ännehmen, daß die Rechtsnationalliberalen Rheinland-Westfalens sich dem schwarz-blauen Block, d. h. dort also dem Zentrum, an- schließen werden, weil eine weitergehende Wahlrechtsreform dem Zentrum nützen würde. Das wäre absurd. Also die schwere Industrie fällt nicht ab." Da sieht man, welche Motive das freisinnige Blatt den Nationalliberalen bei der Wahlreform unterstellt. ^Tas Blatt sagt aber auch, warum es die Liberalen in der Opposition halten will: „Für die Liberalen kommt jetzt alles anf die nächsten Reichstags- Wahlen an. Hier fällt die Entscheidung für lange Zeit. Tie Volksstimmnng ist stark gegen die Schwarz-Blauen. Mag anch das Zentrum sich erhalten, die Konservativen werden so geschwächt werde», daß sie mit dem Zentrum keine Mehrheit mehr bilden können. Und mit frischen Kräf te» in diesen Kampf zu ziehen, müssen sich auch die Natio- nalliberaleu vor zwecklosen Nachgiebigkeiten hüten. Nicht jedes Kompromiß kann ihnen znm Vorwurf gemacht wer den. Bringen sie die geheime Abstimmung und die Neu- cinteilnng der Wahlkreise in die Scheuer, so wird das Bild ein anderes. Aber für die Winzigkeiten der Herrenhaus- beschlüsse, die mit einer Sprengung des schwarz-blauen Blocks nichts zu schaffen haben, den Anschluß an die ver hängte Kraft des Kampfes gegen diesen Block zu verpassen, das wäre doch wohl ein unverzeihlicher Fehler. Man würde damit die werbende Kraft der Wahlrechtsfrage einbüßen." — Daß die Nationalliberalen aber dies nicht schaffen wer den, ist auch klar. Ter Liberalismus ist aber in der Hoff nung, auch wenn er bei jeder Wahl unterliegt. Ein Kartell von Ttnatsangkstelltrn und Staats- arbritrrvcrbäudcu ist vor kurzem in Frankfurt a. M. ge gründet worden. Tie Gründungsversammlung war vom Gesamtverbande der christlichen Gewerkschaften Deutsch lands einberufen worden. Vertreten waren 38 000 Mit glieder von Eisenbahner-, Postbeamten-, Militär- und anderen Staatsarbeiterverbänden Nord- und Süddeutsch lands. Das Kartell hat die Aufgabe, die sozialpolitischen Angelegenheiten der beteiligten Verbände zu bearbeiten. Die Geschäftsführung wurde dem Zentralverbande deutscher Eisenbahuhandwerker und Arbeiter, Sitz Elb-'rfeld, über geben. Tic christlichen Gastwirtögchilscn Deutschlands haben keinen einheitlichen Verband, wie es in Oesterreich der „Bund der österreichischen Gastgewerbeangestelltcn" dar stellt. Wohl bestehen in einer Reiht von Orten Lokal vereine von Kellnern, die zu einem Reichsverbande zu sammengeschlossen sind. Derselbe hielt vor kurzem in Er furt seinen 4. Verbandstag ab. Diese Tagung bedeutet einen entscheidenden Schritt in der Ausgestaltung zur Zentralgewerkschast. Es wurde beschlossen, Wochenbeiträge einzuführen und Kranken- und Sterbegeld an die Mit glieder auszuzahlen. Dem Verbände sind 23 Vereine ange schlossen. Der Reichsverband deutscher Kellnervereine ge hört dem Gesamtverbande der christlichen Gewerkschaften Deutschlands an. — Die evangelischen Arbeitervereine Deutsqlavdr traten in Elberfeld zu einem Kongreß zusammen. Das Haupt thema betras die Frage: „Wie können nie die handarbeitende Jugend unseres VclkeS für Christentum uno Vaterland retten?" Die Referenten besprachen dabei das Gesamt- gebiet der christlichen Juzendsürsorge unter Betonung der Notwendigkeit religiös-sittlicher Erziehung. Belgien. — Tie Kammerwahlen beginnen am Sonnabend. Die vereinigten Gegner der katholischen Mehrheit machen ver zweifelte Anstrengungen, um eine Bresche in die Regie- ningsmauer zu schießen und sich endlich, nach 26 Jahren vergeblicher Hoffnungen der Früchte zu bemächtigen, die ihnen niemals verführerischer und begehrenswerter erschie nen. Die Liberalen und Sozialisten haben bisher den Wahlkampf geführt, ohne sich deutlich über ihr Programm zu äußern. Sie mußten jedoch die glänzende Finanzwirt schaft der katholischen Regierung anerkennen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als den erheblichen Budgetüber- schuß von 7^ Millionen Franken, sowie den beständigen Fortschritt des Handels als Tatsachen anzuerkennen. Die Sozialdemokraten geben im Wahlkampfe den Ton an. Die Führer rufen den Liberalen zu, daß sie keine Bedeutung haben, wenn sie nicht den roten Fahnen folgen. Die So zialdemokraten fördern die Speisung und Kleidung aller Schulkinder. Der Militärdienst soll allgemein sein und auf cchs Monate herabgesetzt sein. Die Seßhaftigkeit beim all gemeinen und gleichen und direkten Wahlrechte darf nur sechs Monate betragen. Für die Arbeiterpensionen soll der Staat aufkommen, der Senat müsse verschwinden. Diese? Programm stellte Vandervelde auf. Es rief bei den Libe ralen ein Grauen hervor, denn es würde ihren sofortigen Untergang bedeuten. Der sozialistische Führer selbst sagte, daß die Katholiken bei der Abschaffung des Pluralwahl rechtes nichts verlieren würden, Wohl aber die Liberalen alles. Bei Betrachtung der Wahlchancen erscheint es aus geschlossen, daß die Opposition Sitze gewinnt. Freilich würden ihr schon fünf Sitze genügen, um ihr eine Mehrheit von zwei Stimmen zu verschaffen. Dazu ist aber zu be merken, daß die katholische Partei im Senate über eine feste Mehrheit von 16 Stimmen verfügt. Die liberal-sozialistische Entente steht auf sehr schwachen Füßen und der geringste Anlaß würde sie zerstören. Da der Zusammenhalt der ka tholischen Wähler in Belgien ein großer ist, so steht zu hoffen, daß die katholische Regierung ihr silbernes Jubiläum überdauern wird. Ter belgische Wähler ist zu vernünftig, als daß er sich in Abenteuer stürzen würde. (England — Tic Beisetzungsfeierlichkeiten in London. Das Wetter am Freitag war schön. Zur Spalierbildung wurden 38 000 Mann Truppen und die ganze Polizei Londons auf- geboten. Nur der Kaiser, der König, die Königin-Mutter, die Kaiserin-Mutter von Rußland und der Herzog von Eonnanght betraten die Westminsterhalle, die anderen fürst lichen Herrschaften blieben aus den Pferden bezw. in den Egnipagen. Nach einem kurzen Gottesdienste wurde der Sarg hinausgetragen, wobei ihm der Kaplan des Erz bischofs von Eanterbnry mit einem großen goldenen Kreuze voranschritt. Um -A 10 Uhr wurde der Sarg durch einen Offizier und zwölf Mann von der Garde aus der West- minster Halle getragen und auf eine Lafette gesetzt und Krone, Regalien und die Insignien des Hosenbandordens anf das Bahrtuch gelegt. Der Trauerzug setzte sich hierauf in Bewegung. Musikkapellen der Gardekavallerie eröffneten ihn: es folgten Abteilungen der Territorial- und Kolonial- lrnppen, der indischen und regulären Armee, sowie der Ma rine. Sodann kamen die Abordnungen fremder Heere und Flotten. Hinter ihnen folgten die Feldmarschälle Lord Kit- chener, Sir Henry Wood, Lord Roberts, die zwei komman dierenden! Admirale und schließlich 63 Flügeladjutanten des verstorbenen Königs, das Gefolge König Georgs, die königlichen Prinzen und die obersten Hofbeamten. Sodann kam die von acht Pferden gezogene Lafette mit dem Sarge. Hinter dem Sarge ritt Admiral Prinz Louis Battenberg, sodann die königliche Standarte, hinter der das Leibroß König Eduards geführt wurde. Nun folgte zu Pferde K ö - nig Georg. Zu seiner Rechten ritt der deutsche K aiser , zu seiner Linken der Herzog von Connaugh t. Tann folgten zu dreien, ebenfalls zu Pferde, die Könige von Norwegen, Griechenland, Spanien, Belgien, Bulgarien, Dänemark und Portugal, Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich, der türkische Thronfolger, Prinz Fushima von Japan, Großfürst Michael Alexandrowitsch, Herzog von Aosta, Prinz Rupprecht von Bayern, der Kronprinz von Griechenland, der Kronprinz von Rumänien, Prinz Hein rich der Niederlande, Herzog Albrecht von Württemberg, der Kronprinz von Serbien, Prinz Heinrich von Preußen, der Großherzog von Hessen, der Großherzog von Mecklen- burg-Strelitz, Prinz Johann Georg von Sachsen, der Her- zog von Sachsen-Koburg-Gotha, Fürst von Waldeck-Pyr- mont, der Herzog von Fife, Prinz Georg Wilhelm von Eumberland, Prinz Alexander von Battenberg, sowie eine große Anzahl weiterer Fürstlichkeiten. Sodann folgten in Wagen die Königin Alexandra, die Kaiserin-Mutter von Rußland, die Prinzeß Royal und Prinzessin Viktoria, die Königin Mary, die Königin Maud von Norwegen und die übrigen fürstlichen Damen. Im siebenten Wagen saßen die Vertreter Chinas, im achten Roosevelt, Pichon und die Ver treter Persiens. In den übrigen Wagen folgten die Ver treter der Kolonien, sowie die Herren und Damen deS Hofes. Polizei und Feuerwehrabteilungen schlossen den Zug. Auf der Station Paddington wurde der Sarg von der Lafette gehoben und in den Sonderzog gesetzt, worauf die Fahrt nach Windsor um 12 Uhr angetreten wurde. Die Fürstlichkeiten nahmen im Zuge Platz. Bei der Ankunft in Windsor wurde der Sarg von Gardeunteroffizieren au^ dem Wagen gehoben, auf eine Lafette gesetzt und mit einem Bahrtuche von rotem Samt und dann mit der königlichen Standarte bedeckt, auf die die königlichen Insignien nieder gelegt wurden. Der Lafette mit dem Sarge, die von einer Abteilung von Seeleuten gezogen wurde, folgten die Fürst lichkeiten zu Fuß in derselben Ordnung wie in London, hinter ihnen ebenfalls zu Fuß Roosevelt, Pichon, der Ver treter Persiens, der türkische Minister des Aeußern, Rifaat Pascha. Nur die Equipage der Königin Alexandra folgte im Zuge. Die übrigen fürstlichen Damen fuhren direkt zur Kapelle. Nach einer anderen Gruppe von Hofbeamten folgten die auswärtigen Botschafter und die Gesandten. An der St. Georgskapelle wurde der Sarg von den Erzbischöfen von Canterbury und Aork. den Bischöfen von Windsor und Oxford und dem Dekan von Windsor mit der Geistlichkeit und den Beamten der Kapelle empfangen und bis vor den Altar getragen. Nachdem König Georg zu Häupten des Sarges getreten war, begann die kirchliche Trauerzeremo nie. Nach deren Beendigung trat der erste Ätappenkönig des Hosenbandordens vor und verkündete mit den herkömm- liehen feierlichen Worten den Heimgang König Eduards und forderte die Versammelten auf, den Segen des Allmäch tigen auf den neuen Herrschet herabzuflehen. Türkei. — Die Pforte hat eine neue Note an die kretischen Schutzmächte gerichtet, worin sie insbesondere auf die Rück wirkungen hinweist, welche die Fortdauer der Kretakrise in Bulgarien Hervorrufen könnten, da die mazedonischen Elemente bereits jetzt dahin drängen, die Schwierigkeiten der Türkei auszunutzen. Sachlich steht die Pforte nach wie vor auf dem schon nach der Zurückziehung der Fremden detachements von Kreta betonten Standpunkte, daß sie .Kreta im besten Falle nur eine Autonomie mit deut licher Betonung der türkischen Souveränität eventuell unter einem türkischen Gouverneur gestatten könne. Die Pforte plant eine Flottendemonstration vor Kanea mit einer etwaigen Ausschiffung von Truppen. — Die Lage in Albanien ist durch Verquickung mit der kretensischen Frage verwickelter und schwieriger gemacht. — Die zum Vormarsch in das Drinitzatal aufgebotenen Truppen rücken langsam gegen Dschakowa an. Neue Gefechte wurden bis jetzt nicht geliefert. Man erwartet demnächst die Ankunft des Kriegsministers in Dschakowa, wohin sich der verwun dete Albanesenhäuptling Jssa Baletinatz geflüchtet hat. Amerika. — Zwei amerikanische Kanonenboote mit 160 Mann Besatzung sind zum Schuhe amerikanischer Interessen vor Bluefields angekommen. Sie haben Marinesoldaten ge landet. um die amerikanischen Interessen zu schützen und einen Kampf im Wsichbllde der Stadt zu verhindern. Aus Stadt und Land. Dresden, den 2t. Mai ISI?'. —* Der Verein sächsischer Gemeindebeamten hat eine Eingabe an die sächsische Staatsregierung gerichtet, in der er folgende Fragen durch Landesgesetz zu regeln bittet: 1. Er richtung einer Landekpenstonskasse im GesetzeSweqe, die auch dann noch zu erstreben sei, wenn der freiwillige Zu sammenschluß der Gemeinden zur Tragung der Pensions- lasten zustande kommen sollte; 2. Eclangung des passiven Wahlrechts für die Gemeindevertretungen: 3. Stellungnahme gegen die Bestrebungen des Bundes der Militäranwärter, die Militäranwärterim Gemeindedienstebesserzu stellen, als die auS dem Zivildienste hervorgehenden berufsmäßigen Beamten; 4. Schaffung eines Gemeindebeamtengesetzes; 8. Erhöhung der Witwen- und Waisenpension. Die Petition soll auch dem nächsten Landtage zugehen, und zwar haben schon eine ganze Anzahl von Abgeordneten sich mit den Forderungen der Staatsbeamten einverstanden erklärt. —* „Platzkarten für den Himmel." Unter diesem Titel erzählt die „Wiener Allgem. Ztg." und nach dieser sächsische Blätter folgende Geschichte: „In einem Dorfe bei Noznau in Mähren erschien vor einigen Wochen bei einer Witwe ein Mann, stellte sich als der heilige Petrus vor und erklärte ihr, er wolle ihr anläßlich des voraus sichtlichen Weltunterganges am 19. Mai gegen entsprechende Bezahlung einen guten Platz im Himmel sichern. Natur- lieh ist ein guter Platz im Himmel nicht billig, aber der heilige Petrus mußte sich mit einer Anzahlung von 10 Kronen begnügen, da die Witwe erst Geld aus der Spar kasse holen wollte. Bein: Beheben des Geldes klärte man das arme Weib über den Schwindel auf und veranlaßt«: die Verhaftung des heiligen Petrus." — Pfarrer Pribyl im Kurort Noznau, der schon 34 Jahre in der Gegend wirkt und jedes Torf um Noznau kennt, schreibt dazu der Zentral-Ausknnftsstelle, daß von der ganzen Geschichte in der ganzen Gegend nichts bekannt ist. Auch die katho lischen Lokalblätter haben die Erfindung als solche bezeich net. Anf diese Weise ist manches abergläubische Stückchen dem katholischen Volke angedichtet worden. —* Unterirdische Gänge in Sachsen. In der Nacht znm Pfingstsonnabend versank in Glauchau plötzlich ein Teil des Straßcndammes an der Einmündung der Markt- straße auf den Marktplatz, was den Bruch der Schleuse, Gas- und Wasserleitung und die sofortige Räumung eines drei stöckigen Eckhauses zur Folge hatte. Zweifellos ist wieder einmal einer der vielen unterirdischen Gänge eingestürzt, mit denen mehrere Städte unserer Gegend, vor allem Lich tenstein, fast völlig unterminiert sind und von denen sich manche viele.Kilometer weit verborgen durch das Land hin ziehen. Denn von vielen ist die Ausdehnung und die Rich tung ebenso unbekannt wie der Zweck, dem sie früher dien ten. Der längste von allen ist wohl der sogenannte „Sach- scnstollen". der sich etwa 28 Kilometer lang von Freibcrg bis nach Scharfenberg an der Elbe (oberhalb Meißen) hinzieht, so daß er die einst wichtigen Silberbergwerke an beiden Endpunkten miteinander verbindet. Ebenso mögen auch noch viele andere solche Gänge im Interesse des Bergbaues angelegt worden sein, mit dem sie dann wieder verfielen. Auch die „Prinzenhöhle" bei Stein-Hartenstein an der Zwickaner Mulde ist in Wirklichkeit gar keine Höhle, son dern der Ausgang eines solchen Stollens, durch den ver mutlich die Prinzenräuber Mosen und Schönfels — die Ge nossen Kunzens von Kaufungen — mit dem Altenburger