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Nr. 6 — L<». Jahrgang *4- Sonnrag den 8. Januar 1V11 4 Erscheint tüglich nachm, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Ausgabe I mit »Die Zeit in Wort und Bild" viertetilibrlich ÄIV In Dresden durch Boten L IO In ganz Deutschland frei Haus s KS in Oesterreich 4,4it u. AuSgabe I> ohne illustrierte Beilage vierlellSdrtich l.tsv In Dresden durch Boten 8,1« In gang Deutschland frei HauS 8,SÄ in Oesterreich — trinzet-Nr. 1« 4 Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht unö Freiheit Inserate werden die »gespaltene Pelitgeiie oder deren Ra»m mil 15 4. Reklamen mit kt» z die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt Bnchdrniferet, Ncdaktio» und tticschäftsftellei Dresden, Pili,riqer Strafte S!t. — Fernsprecher ISS« Für Rückgabe »»verlangt. Schrlftstüikc keine Perbiudltchkeit Redaklion«.Sprechstunde: I I bis IS Uhr Lssts övxuj-nguslls! i,z? VorLiixlloliv llvus und AvdrLuokto, Li Io liolr- und Ldllkrrvo uowi« nLek LoivtlQiiol; n ^ «FIOA I 11 FI 8 von 60 LN LivZi^o 2LkIvkoi«6, kokoi 8VOILNXNN«« : lodLno-Usorxeo-III«« 18 Drei Zahre Volkswart Eine opfervolle, aber erfolgreiche Arbeit hat der „Volkswart", das Organ des Verbandes der Männerverein,; zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit geleistet, eine Arbeit, die ein Wort der Anerkennung auch an dieser Stelle rechtfertigt, zumal das Ziel all dieser Arbeit die Erhaltung der körperlichen und sittlichen Gesundheit der Nation darstellt. Alis interkonfessioneller Grundlage sind die 14 Vereine aufgebaut, die sich znm genannten Verbände vereinigt haben, an dessen Spitze ein katholischer Rechts anwalt in Köln und ein protestantischer Pfarrer in München steht. Weiten Kreisen unseres Volkes mns; die Arbeit dieser Vereine schon darum willkommen sein, weil hier Angehörige beider Konfessionen in edlem Wettbewerb miteinander I'-Ug sind, um die Gesundheit des deutschen Volkes zu ret. ,>; gerade in unserer Zeit ist ein solcher idealer Treff- und Sammelpunkt besonders zu begrüßen. Es war im Jahre« 1003 ein gewagtes Unternehmen, als Organ für die junge, viel angefeindete Bewegung den „Volkswart" ins Leben zu rufen; aber unter der trefflichen Redaktion von Schriftsteller I. Pappcrs zu Köln hat er sich vorzüglich entwickelt und ist nun Ende 1010 durch eine Ge sellschaft auch finanziell gesichert worden. „Was wir wollen?" hieß es in der ersten Nummer, »ud man fand die Antwort: „An alle unsere werten Freunde, sowie an alle unsere Brudervereine, ob interkonfessionell oder konfessio nell, richten wir die dringende Bitte, uns durch Gewinnung weiterer Mitarbeiter, durch Uebcrmittlung guter Beiträge, durch möglichst schnelle und genau orientierende Bericht erstattung über die Tätigkeit der Vereine, über charakte ristische Einzelfälle und ihre Erledigung, über wichtige Er eignisse, behördliche Maßnahmen, Gesetzentwürfe usw. zu unterstützen. Wenn alle mittun, wird das gesteckte schöne Ziel sicher erreicht werden! . . . Unser Korrespondenzblatt soll ihnen an der Hand von Tatsachen zeigen, welche Be deutung unserer Organisation für die sittliche Gesundung unseres öffentlichen Lebens inne wohnt, ihnen beweisen, daß unsere Arbeiteransschüsse nicht die Hände in den Schoß legen, daß vielmehr tüchtig gearbeitet und in beharrlicher Arbeit mancher Erfolg errungen wird. Instruktivere Artikel allgemeineren Inhaltes sollen die verschiedenen un heimlichen Gebiete der öffentlichen Unsittlichkeit beleuchten, ihren ursächlichen Zusammenhang mit anderen Zeit erscheinungen Nachweisen und praktische Vorschläge zur Be seitigung der bloßgelegten Schäden bieten. Endlich er hoffen wir durch unser Organ auch eine gewisse Stärkung des persönlichen Mannesmutes, an welchem es hier und da trotz großer Worte bedenklich gemangelt hat, zum Nutzen derer, die selbst aus dem Schandmal unserer Zeit ein Ge schäft zu machen wußten." Dieses Ziel ist in dreijähriger harter Arbeit ganz energisch angestrebt worden und schon viel wurde erreicht. Um nur eines herauszugreifen: wie ganz anders vollzieht sich die parlamentarische Behandlung dieser Fragen als vor Rom unk der Orient. Papst Pius X. hat ein Rundschreiben an sämtliche apostolisckst! Delegaten der orientalischen Kirchenprovinzen gerichtet, das in lateinischer Sprache in Nr. 3 des „Osser- vatore Romano" veröffentlicht ist. Im Eingang gibt das Rundschreiben einen Ueberblick über die Bestrebungen, die seit dem Ansgang des 9. Jahrhunderts bis zur Stunde zur Wiedervereinigung der orientalischen Kirche mit Rom ge macht wurden. Dann fährt der Papst fort: „Von nicht geringerer Sehnsucht sind Wir, ehrwürdige Brüder, wie ihr wohl wißt, erfüllt, daß bald der Tag ans- leuchten möchte, von so vielen heiligen Männern in heißem Gebet ersehnt, wo jene Mauer, welche die beiden Völker schon so lange trennt, von Grund aus falle, und den durch e i n Band des Glaubens und der Liebe umschlossenen, end lich der Friede aufblühe und e i n Schafstall und e i n Hirt sei. „Bei dieser Unserer Gesinnung wurde Uns unlängst ein Aufsatz in der ncugegründeten Zeitschrift „Noma e I'Oriente" zum Gegenstand großer Trauer mit dem Titel Uankicko» stur 1a giiontian ckc> I'uninn cka» I-lxli»«-«. Tenn er enthält so viele und so schwere theologische und historische Jrrtümer, daß kaum eine größere Anzahl auf wenigeren Seiten zusammengcstcllt werden konnte. „Dort wird ebenso kühn als falsch der Ansicht Raum gewährt, das Dogma von der Hervorgehung des Heiligen Geistes aus den: Sohne könne keineswegs aus den Evan- gelten und aus dem Glauben der alten Väter bewiesen einem Jahrfünft und einem Jahrzehnt? Ter einst so billige Spott ist verschwunden und die weitesten Kreise sind vom hohen Ernst dieser Bewegung ergriffen worden. Rettung des Volkes vor dem Schmutze! ist zu einer internationalen Forderung geworden und alle Kulturinächte haben sich auf Anregung unseres Auswärtigen Amtes zu einem gemein samen Vorgehen bereit erklärt. Wer hätte diesen Erfolg bei der Obstruktion anläßlich der Ler Heinze vorausgesehen? Ein aufmerksames Studium der drei Jahrgänge verpflichtet auch zu einem Worte der Anerkennung gegenüber dem Reichsgerichte, das sich vorzüglich in den Geist des Gesetzes eingelebt hat und dessen Entscheidungen die Polizeiorgane und die Staatsanwaltschaften ermuntern müssen, auf diesem Gebiete nicht milde und schonend vorzngehen. Die Samm lung dieser höchstrichterlichen Urteile in einer besonderen Rubrik ist sehr praktisch und wird namentlich den mit der Ausführung des Gesetzes betrauten Organen willkommen sein. Die einzelnen Abhandlungen der monatlich erschein- nenden Zeitschrift (Jahresabonnement 2 Mark) sind mit hohem Verständnis und großer Wärme für das Gedeihen des Volkes geschrieben; das ganze weite Gebiet der Be kämpfung dieses Krebsschadens wird in den Bereich der Er örterungen gezogen. So hat man nicht nötig, dem „Volkswart" einen be sonderen Nenjahrswunsch mit ans den Weg zu geben; er bahnt sich diesen ganz von selbst, denn schon in 300 Städten und Orten hat er Leser. Nur Justiz- und Polizeiver- waltnngen seien darauf hingewiesen, daß ihnen dv'se Zeit schrift höchst wertvolle Dienste bei ihrer nicht leichten, aber so notwendigen Neinignngsarbeit leisten wird. Jede einzelne Lokalinstanz sollte daher ans Amtskosten diese billige Zeitschrift halten und besonders da, wo Ortsvereine bestehen, mit diesen Hand in Hand arbeiten. Dann wird sich gar bald das nächste Ziel des Verbandes, die Schaffung eines Gcneralsekretariates, erreichen lassen. M. Erzbcrger. M. d, N. Der Kampf gegen die Schundliteratur. (Nachdruck Vorboten.» 01?0. Berlin, den 6. Januar 1S11. In der Vortragsreihe anläßlich der Ausstellung gegen die Schundliteratur im Reichstage hielt am Donnerstag Dr. Schnitze seinen einleitenden Vortrag über die Ge schichte und die Verbreitung der Schnndliteratnr. Der größte Saal in den oberen Räumen des Reichstages erwies sich als fast zu klein, um die Masse der Hörer zu fasse». Am Frei lag behandelte der Generalsekretär der Gesell schaft für Verbreitung van Volksbildung Joh. Lews das Thema: „Tie Erziehung der Jugend nnd des Volkes für den Gennß guter Literatin." Einleitend stellte der Vor tragende fest, daß Schundliteratur nicht nur das sei, was in der Ausstellung znm abschreckenden Erempel gezeigt werde, sondern auch alle Lueratur, in der die Verfasser mit der Miene des Arztes und Erziehers des Volkes, in Wahr heit als Lakaien einer dekadenten Gesellschaft, mit Wollust die Laster nnd Gebrechen unserer Zeit schildern. Tie Schnndliteratnr ist eine Ware, die gefragt und angeboteir wird. Würde sie nicht mehr verlangt, würde auch das An gebot lstild anfhören, dann wäre der Kampf gegen dis Schnndliteratnr entschieden. Wir können das Bedürfnis wie nach schlechten so auch nach guten Büchern in der Jugend wecken. Aber jeder im ganzen Volke muß dazu Mitwirken, Wie Viole Kinder leben ohne Heim, sind ihren Eltern fremd, auch in den höheren Ständen. Wir müssen mit den Kindern leben, müssen besonders auch »ist ihnen werden. In gleich höchst unkluger Weile wird in Zweifel gezogen, ob die heiligen Dogmen vom Fegfeuer nnd von der Unbefleckten Empfängnis der allerseligsten Jungfrau Maria von den Heiligen der früheren Jahrhunderte aner kannt worden seien. Wo von der Verfassung der Kirche die Red«' ist, wird der von unserem Vorgänger Jnnocenz X. bereits verurteilte Irrtum wiederholt, wonach der hl. Pau lus als ein in jeder Beziehung gleicher Bruder des hl, Pe trus anznseben sei. Ebenso falsch wird die Behauptung aufgestellt, die Regierung der katholischen Kirche sei in dem ersten Jahrhundert nicht Einzelhcrrschaft, d. h. Monarchie gewesen oder der Primat der römischen Kirche werde nicht durch beweiskräftige Stützen getragen. Auch die katholische Lehre vom allerheiligsten Altarssakrament wird dort nicht unversehrt gelassen, da bündig erklärt wird, cs könne die Meinung angenommen werden, bei den Griechen hätten die .Konsekrationsworte ihre Wirkung durch das Gebet, welches sie Epiklese nennen, während doch bekannt ist, daß der Kirche auch nicht das geringste Recht z» irgend einer Aende- rnng hinsichtlich der Substanz selbst der Sakramente zu steht. Ebenso widersprechend der katholischen Lehre ist die Behauptung, die Firmung, von jedem beliebigen Priester gespendet, müsse als gültig angesehen werden. „Ans dieser summarischen Uebersicht der Jrrtümer. mit welchen jener Aufsatz gespickt ist, ist auch leicht ersicht lich, ehrwürdige Brüder, wie großes' Aergernis den Lesern erwachsen ist und Uns selbst schmerzliches Erstaunen, daß mit unzweideutigen Worten die katholische Lehre so auf dringlich (praeacitar) entstellt und die meisten geschicht- lesen. Auch die Schule muß mehr mit den Kindern lesen. Die Jugend muß hineinwachse» in die gute Literatur. In jeder Klasse muß mit den Kindern ein gutes Buch gelesen werden. Der Lehrer muß jeden: Kinde zur häuslichen Lek türe das Buch geben, das gerade für dieses paßt. Aber dieses Bedürfnis nach guter Lektüre muß auch in den Jahren nach dem Schulbesuch weiter gepflegt werden. Dazu dienen Lesevereine, Volksiinterhaltnngs- nnd Eltern abende. Die Dichtung muß im Volke leben. Der kleinste GntShof muß eine Volksbiliothek besitzen. Der Gutsherr, der das versäumt, vernachlässigt eine wichtige soziale Pflicht. In Betracht kommen für kleinere Gemeinden be sonders die Wanderbibliotheken. Auch der Staat hat die Pflicht, hier zu helfen. Preußen gibt heule für die Volks bibliotheken die lächerlich geringe Summe von 100 000 Mark, dagegen für den Ankauf antiker Münzen sechsmal so viel. Im großen nnd ganzen sind heute die Volksbibliotheken nur ans private Leistungen angewiesen. Es existiert auch bereits eine große Zahl von Veröffentlichungen guter Volksliteratnr Aber es ist auch bereits unter dem Aus hängeschild: Kampf gegen den Schund! eine echte Schund literatur entstanden. Man kan» oft de» Einwand hören, die Sache werde übertrieben. Wer durch die Schundliteratur z» Verbrechen! veranlaßt werde, der würde auch eii: schlechter Kerl ge worden sein, Iren» es keine Schundliteratur gebe. Dos mag richtig sein, aber diese Auffassung verfehlt das Pro blem, Nicht darum handelt es sich, daß und ob ein einzelner verdorben wird, sonder» daß die Gesamtheit Schaden leidet. Die Millionen Schulkinder, die Millionen aus dem Volke büßen durch die Schnndliteratnr von ihrem Besten ei», und das ist das Schlimme. Alles Gute und Edle liegt in der Literatur, aber auch alles Gemeine und Niedrige. Sorgen wir, daß unser Volk das Große und Schöne in der Literatur sucht, nnd nicht das Häßliche. Denken wir auch daran, unsere guten Dichter zu unterstützen, deren Ruhm meistens größer ist als was sie znm Leben haben. Gute Bücher kaufen für sich selber und für andere — das muß unser Entschluß sein. Politische Rundschau. Dresden, den 7. Januar l!)lt. Dir Eintragiingr» in das Rrichsschnldbuch haben am l, Fannar eine Milliarde erreicht, das ist 22 Prozent der gesamte» eintragungsfähigen Neichsschnld. — Auch der konservative „Rrichsbotc" erhält ab und zu Knltnrkampsanwandlnngen. So schreibt er im An schlüsse an die Nenjahrspredigt am Hofe: „Seit Jahrzehnten hat Nom nicht in ähnlicher Weise den Charakter der vnclc-mn militnim herausgekehrt, wie in der allerjüngsten Zeit, Die schmähliche Demütigung eines deutschen Königssohnes ist davon nur ein Symptom geringerer Tragiveite, das mehr das betreffende Königs haus angeht, als das deutsche Volk. Aber das Gefühl tiefer Beschämung vermag man vor diesen: neuen Canossabild? unmöglich zu unterdrücken, um so weniger, als die Ein drücke der Borroinänsenzvklika im evangelischen Volke noch! nicht verwischt sind, sondern durch weitere Handlungen Noms noch eine Vertiefung erfahren Huben." Der „Neichsbote" verbreitet sich dann über die Beden- tnng des Antimodernistcneides, gegen den er „alle Kultur staaten der Erde" aufrnfen möchte, nn: schließlich dis Frage anfzuwerfen: Welche diplomatischen Rücksichten sind liche» Tatsachen hinsichtlich der Ursache der orientalischen Spaltung allzu kühn wahrheitswidrig verdreht wurden. Zunächst werde» fälschlicherweise die heiligen Päpste Niko laus 1. nnd Leo IX. angeklagt, als ob ein großer Teil der Schuld an der Spaltung dem Hochmut und dem Ehrgeiz jenes nnd de» scharfen Schinähworten dieses zukomme. Als ob der apostolische Eifer des erstercn in Verteidigung heiligster Rechte ans Rechnung des Hochmutes zu setzen und des letztere» Eifer bei der Abwehr von Beleidigungen Grausamkeit zu nennen sei. Auch wird den geschichtliche::! Tatsachen Gewalt angetan, wenn jene heiligen Unter nehmungen. die sogenannten Kreuzzüge, gleichsam als Raubzüge dargestellt werden, oder, was noch schlimmer ist. die römischen Päpste beschuldigt werden, ihr Eifer für die Wiedervereinigung der orientalischen Völker mit der römi schen Kirche sei der Herrschaft zuzuschreiben, nicht ihre:» apostolischen Eifer für die Herde Christi. „Und nicht geringes Staunen verursachte die Behaup tung, die Griechen seien in Florenz von den Lateinern ge zwungen worden, die Unionsformel zu unterschreiben, odeS sie seien durch falsche Argumente zur Annahme des Dogmas vom Hervorgchcn des Heiligen Geistes aus dem Sohns veranlaßt worden. Ja. sogar so weit ging man, daß unten Vergewaltigung der geschichtlichen Tatsachen in Zweifel ge zogen wurde, ob die allgemeinen Konzilien, welche naH Trennung der Griechen gefeiert wurden, also vom achte» bis znm Vatikanum, als wirklich ökumenische anzusehen seien. Demgemäß wird der Plan einer phantastischen Unio» vertreten, wonach künftig von beiden Kirchen nur da? all