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Sozialdemokratie und Lebensmittelteuerung. Monatelang, nein, das ganze eben verflossene Jahr hindurch hat die sozialdemokratische Presse, allen voran der „Vorwärts", über „agrarischen Lebensmittelwucher" ge- schrien. Mit immer angestrengterer Lungenkraft hat die ganze sozialdemokratische Agitation, überall wo sie nur hin dringen konnte, es gellend den Massen in die Ohren ge rufen: der „blauschwarze Block", die „Agrarier", das Zen trum und ihre Wirtschaftspolitik sind schuld, wenu die Le bensmittel immer teurer werden. Ja, auf dem „roten" Parteitage in Magdeburg hat „Genosse" Tr. David den Kampf gegen den „Lebensmittelwucher" gegen die „agrari schen" Parteien unter „stürmischem Beifall" der Versam melten als die Parole der kommenden Reichstagswahlen ausgegeben; und im Reichstage wurden die „Genossen" nicht müde, endlose Tauerreden znm Fenster hinauszuhal ten über die Brot und Fleisch verteuernden Zölle des Zen trums und der „Agrarier". Und nun lese man im „Vorwärts", demselben sozial demokratischen Zentralorgan, das in dem Geschrei sonst voranstand, in Nr. 295 (vom 17. Dezember 1910) die Notiz über „die Nahrungsniittelpreise 1910". Da heißt es: „Einen recht bemerkenswerten Gegensatz in der Ent wickelung der Nahrungsmittelpreise im Groß- und Detail- Handel weist das Jahr 1910 auf: im Großhandel haben die Preise einen Rückgang, im Kleinhandel aber eine Steige rung gegenüber dem Vorjahre zu verzeichnen gehabt." Der „Vorwärts" berechnet diese Steigerung gegenüber dem Vorjahre auf durchschnittlich 1 Mark pro Woche. Im übrigen gleitet er sehr leicht und schnell über die Sache hin weg. Und ganz gegen seine sonstige Gewohnheit geht er gar nicht weiter aus die Sache ein. Und wir dächten doch, es wäre den Lesern jedenfalls sehr interessant gewesen, auch zu erfahren, woher dann diese höchst merkwürdige Erschei nung auf dem Preisniarkte kommt. Es scheint uns sogar, die Angelegenheit hätte eine ausgiebige Erörterung ver dient, und zwar nicht nur an der ziemlich versteckten Stelle, an der die Notiz einen Platz gefunden. Auch könnte mau sich füglich wundern, warum, soweit wir sehen, die übrige „rote" Presse, der es Loch sonst an „Raum" zur Hetze gegen die „schwarzblauen Agrarier" nicht gebricht, von der höchst bemerkenswerten Auslassung des „Vorwärts" nicht Notiz genommen. Uns ist das alles freilich sehr begreiflich, denn bei einen: näheren Eingehen aus die Sache wäre doch vielleicht sogar den von ihrer Presse belämmerten „Genossen" allmählich ein Seifensieder aufgegangen, welch ungeheuren Schwin del über die Preisbildungsvorgänge auf dem Lebensmittel markte ihre Agitatoren tagtäglrch auftischen. Und viel leicht wäre sogar manchem auch was aufgedämmert davon, wie sehr gerade dieses blindwütige Lebensmittelwucheragi- tationSgeschrei der roten Partei und Presse selbst daran mitwirkt, den Massen höhere Preise aufzubürden, selbst noch dann, »nenn die Großhandelspreise sinken. Kirche und Unterricht. Ic Was der Liberalismus mit der Schule Vorhut, zeigt eine Meldung des Stuttgarter „Deutschen Volksblattes" 1911 Nr. 1. Dort wird berichtet: „Am Mittwoch den 28. v. M. fand (in Heilbronn) eine Wahlversammlung des linksliberalen Kandidaten Arbeiter sekretär Fischer (Heilbronu) statt. Trotzdem nur 15 Zu hörer sich eingefunden hatten, hielt Fischer seine Programm rede. Aus der Mitte der Zuhörer wurde er über die Schul frage interpelliert: die Antwort gab nicht er selbst, sondern der Vorsitzende Gewerbelehrer Frank (Heilbronn), der offen erklärte, seine Partei strebe danach, den Religionsunterricht ganz vom Schulunterrichte zu trennen und ihn in die Kirche zu verweisen." Die Kirche soll also, wenn es nach den Wünschen der Linksliberalen geht, ganz aus der Schule verdrängt werden, und die Jugend soll ohne Religionsunterricht aufwachsen. Das fordern dieselben Leute, die immer wieder die Stirn haben, zu behaupten, sie seien keine Feinde der Religion! Ir Welchen Wert hat die Religion? In Mannheim hat jüngst ein Geistlicher als Religiouslehrer an einer dortigen evangelischen Schule vor der Schulentlassung den von ihn? unterrichteten Schülern die Frage zur schriftlichen Beant wortung vorgelegt: Welchen Wert hat die Religion? Das Ergebnis war recht betrübend. Die Mehrzahl der Schüler schrieb der Religion gar keinen Wert zu, andere legten ihr eine gewisse, aber doch eine sehr beschränkte Bedeutung bei, wieder andere erklärten die Religion für „dummes Zeug" und nur wenige erblickten in der Religion ein wertvolles und notwendiges Gut für den Menschen. Nun hat ein ka tholischer Geistlicher in Gelsenkirchen dieselbe Frage seinen Schülern vorgelegt. Seine sämtlichen 53 Schüler betonten in ihren Antworten den großen Nutzen der Religion: Ohne Religion gibt es keine Zufriedenheit und keinen Halt im Leben, keinen Trost im Sterben und keine Glückseligkeit nach dem Tode: ohne Religion läßt sich auch kein Volk regie ren. Einige Antworten lauten: „Ein Familienvater, der Religion hat, gibt nicht sein verdientes Geld für Brannt wein aus, sondern er verwendet es für die Familie, und er hat eine glückliche Ehe," „Tie Ungläubigen sind auch nicht zufrieden. Verdienen die Leute mal 0 bis 7 Mark, so wollen sie auch gleich wieder inehr verdienen. Wenn sie ein schön S Geld verdienen, geben sie auch gleich mehr aus. Sie ver stehen dann kein Sparen mehr." „Die Religion macht uns zu ordentlichen Bürgern. Au die Religion knüpfen sich auch viele bürgerliche Tugenden. Sie lehrt uns das Sparen. Darum ist es gut, wenn man in einen katholischen Verein ciutritt. Tenn hier lernt man doch, was zum menschlichen Leben erforderlich ist." Mit diesen Antworten ist der „Vor wärts" sehr unzufrieden: leicht erklärlich, denn Kinder mit diesen Antworten füllen nicht die roten Kassen. Aus der Frauenwelt. k Ein bekannter Dozent der Nationalökonomie erwähnt in seinem Kolleg die Tatsache, daß in einigen Gebieten Amerikas die Zahl der Männer die der Frauen weit über steigt, und meint scherzhaft: „Ich kann also den Damen nur empfehlen, dorthin auszuwauderu." Entrüstet erhebt sich eine Hörerin in der achten Reihe des amphitheatralisch an steigenden Auditoriums und verläßt geräuschvoll den Saal. Darauf der Dozent: „Na, so eilig war's eigentlich nicht." k Oesterreich hat amtlich einen bedeutungsvollen Schritt nach vorwärts in der Gleichberechtigung der Frauen getan, indem eine Frau als Ministerialbeamtin augestell! wurde. Das Eisenbahnministerium hat nämlich der Frau Tr. Marie Baronin Possauer das Amt eines Bibliothekars im Ministerium übergeben. Eine Schwester dieser Be amtin ist die erste österreichische Aerztin Dr. Gabriele Ba ronin Possauer. Kunst, Wissenschaft und Vorträge. Ter blamierte Hackel. In der Korrespondenz des Kep lerbundes wird folgendes veröffentlicht: „Angesichts der neuesten Streitschrift Häckels, in der er den Versuch macht, sein mit den Embryonenbildern geübtes Verfahren durch die bekannte Erklärung von -16 seiner Kol legen zu decken, obgleich darin ein „Nichtgutheißen" ausge sprochen war, gewinnt das nachfolgende Schreiben eines der ä6 Unterzeichner, nämlich des Ordinarius für Anatomie an der Universität Breslau, des Herrn Geheimrat Professor E. Hasse, hohes Interesse. Das Schreiben lautet: „Die Erklärung der 40 gegen das Häckelsche Verfahren hätte ich schärfer abgefaßt, habe sie aber trotzdem unterzeichnet, weil mir die Sache höher steht, als die Person. Ich bin der An sicht, daß Häckel sich ein wesentliches Verdienst dadurch er worben hat, daß er den Grundgedanken Darwins zum schnellen Durchbruche gebracht und Freund und Feind schneller auf den Kampfplatz gebracht hat, als cs ohne sein fanatisches Vorgehen der Fall gewesen wäre. Ich billige ihm daher mildernde Umstände zu, und meine nach wie vor. daß die Schärfe, mit der der Keplerbnnd gegen ihn auf getreten ist, sich nicht vollauf rechtfertigen läßt. Weniger wäre mehr gewesen. Dagegen weise ich, wie Sie, die mir erst nachträglich bekannt gewordene und ohne Nennung von Namen ausgesprochene Verdächtigung Häckels, daß die große Mehrzahl von allen morphologische», anatomischen, histologischen und embrhologischen Figuren den Vorwurf der Fälschung im gleichen Maße verdiene, weit von mir und betrachte sie als ein Zeichen eines der Person Häckels anhaftenden Mangels' an Moral und NechtSbewntztsein. Eine schwere Beschuldigung, wie diese, erfordert stets den strengen Beweis der Wahrheit, sonst ist es eine gemeine Verleumdung: und den Wahrheitsbeweis ist er meines Wissens schuldig geblieben. Wollen Sie von dieser Er klärung Gebrauch machen, so habe ich nichts dagegen. Ihr C. Hasse. Breslau, den 6. April 1909." Ter Brief ist an einen hervorragenden Physiologen an einer deutschen Universität gerichtet und dem Kepler- buude zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Ihn noch länger znrückzuhalten, hat Häckel selbst durch seine Broschüre „Sandalion" unmöglich gemacht. Vermischtes. V Von der Dampfturbine zurück zur Kolbeni» a s ch i n e! In maßgebenden technischen Kreisen erregt die Vergebung der neuesten Schlachtschiffe der Ver einigten Staaten von Nordamerika großes Aufsehen, da an Stelle der in den letzten Neubauten zur Verwendung gekommenen Turbinen wieder Kolbenmaschinen vorgeschrie ben sind. Die Turbinen bieten nach Ansicht der amerikani schen Negierung bei gleichbleibenden hohen Geschwindigkei ten allerdings große Vorteile: bei geringeren Geschwindig keiten übertreffe aber der Kohleuverbrauch so weit den der Kolbenmaschinen, daß der TnrchschuittSverbranch bedeutend ungünstiger sei als bei Kolbenmaschinen. Alle Versuche mit den verschiedenen Systemen, darunter vor ollem denen von ParsonS und Eurtis, hätten in dieser Richtung gleichartige Ergebnisse gezeigt. Tie Hamburg-Amerika-Linie hat, wie das „Berl Tagebl." mitteilt, von vornherein auf einem ähn lichen Standpunkte hinsichtlich der Verwendung von Dampfturbinen gestanden, wie ihn nunmehr die Fachleute der amerikanischen Regierung nach ausgedehnten Versuchen einnelunen. Tie Hambnrg-Ämerika-Linie hat infolgedessen ancb ihre sämtlichen Schiffe ohne Rücksicht auf die Turbi- nenmode mit Kolbenmaschinen ausgerüstet. v Der neue Bahnhof in Nürnberg wurde nach neunjährigem, unter den größten Schwierigkeiten durchgeführten Umbau in Betrieb gesetzt. Der Gesamtum- ban einschließlich der Herstellung eines Nangierbahnhofes, des Baues einer -10 Kilometer langen Ringbahn erforderte 30 Millionen Mark. v In Sevilla rissen sich in dem Augenblicke, wo aus dem Bahnhofe San Bernardo in Sevilla die Verladung von Stieren erfolgte, drei der Tiere los und rasten durch die Straßen der Stadt, wo sie eine furchtbare Panik ver ursachten. Ein Manu wurde zweimal iu die Luft geschleu dert, ei» Pikkador wurde von einem der Stiere aufgespießt, sünf Personen wurde» schwer, 15 leicht verletzt. v Das O b e rhanpt der Heilsarmee, Ge n e- r alBooth , der sich jetzt im 82. Lebensjahre befindet, will sich demnächst einer neuen Staroperation unterziehen, nach dem er im Vorjahre eine solche am rechten Augen bereits überstanden. Er ist fast ganz erblindet. Upiclpla« der Theater i« Dresden. KSrckgl. Overirhr'ni'. Sonntag: Der Musikant. Anfang >/„8 Uhr. Montag: Der Freischüp. Anfang >/z8 Uhr, Sonntag, nachm. (^8 Uhr: Aschenbrödel: abends >/,8 Uhr: Die Kind>r. Montag: Flachimann als Erzieher. Anfang >/z8 Uhr, Nestdrnzkhrater. Sonntag, nachm. >/„4 Uhr: Das Sonntagskind; abends >/j8 U r: Tmfnn, Montag: Taifun, Anfang >/z8 Uhr. Zentral-Theater. Sonntag und Montag, nachm. >/»4 Ohr: Zeppelinchens Reise zum Chnjikind; abends 8 Ubr: Der Graf von Luxenburg. rronzerrr. Tivoli-Prunksaal Ans. VrO Uhr, eön'gl. Beweo?»--.- Ans, >/zS Ubr, Köntgshck <StrMe») Ans 8 Gewerbehaus (Olsen) 8 r'm. Tymians Thalia-Th, >/z4 u.'/.S 11. tÄaritEA. ! Deutscher Kaiser (Pieschen) 8 uhr Bitrorig-Salon Ans. 8 Uhr. ! Musenhalte Löbtau Auf. 3 Uhr. 'KNi-kLy;:-?, ss,, Th-e«!-'-.' i» .e-r- §hka'.:r, Sonntag: Die Zauberflöte. Montag: Goldfische. — Lltes Thearsr. Sonntag nachm.: Die goldene Gans; abends: Zigruuerliebe. Montag: Der Rastclbinder. — ha.- - Sonntag vorm.: Die goldene Märchenwelt; nachm.: Simson und Delila; avendö: Das kleine Schokoladenmädchen. Montag: Das klebe Schokolaoenmädchen. — neue» OurreN««» < - ent r < eut al-Tör er). Bis Montag abends: Das Puppen» mädel. Sonntag nachm.: Lord Piccolo. Stimmen aus dem Publikum. lOhne Verantwortung der Redaktion.) „Mehr MutI" soll das Losungswort der Katholiken der Jetztzeit sein. Und diesen Mut müssen sie auch be tätigen. Katholische Zeitungen, insbesondere unsere tüch tige „Sachs. Volkszcitung", müssen in die Hände Anders- gläubiger gelangen (Elektrische, Eisenbahn, Gasthäuser usw.). Anders läßt sich gegen die Verlogenheit und Unverschämt heit der gegnerischen Presse nicht ankämpfcn, als deren Leser überzeugen, daß sie von dieser Sorte Blätter schändlich belogen werden. Einer, der es probiert hat. KrtthMjches Ardeitersekretariat Dresden-Altstadt, Florastrahe 17, 1. Fernsprecher Unentgeltliche Auskunft und Arbeitsnachweis. Sprechstunden vo > 11—1 Uhr und von 2—*/„7 Uhr Karhojijcher Frauenbund, Dresden jeden Mittwoch (außer an Feiertagen) nachm, von 4 bis S Uhr Sprechstunde in allen Angelegenheiten des Frauenbundes in der Geschäftsstelle, Käufferstrasje 4, l. Abonnenten der Sächsischen Volkszeitung Dresden «A., Dillnitzer Strasie HS werbet weitere Mnehmer, verlanget Probenummern oder sendet Adressen von Mitbürgern ein, von denen Ihr annehint, -atz sie auf christ« liehen, Boden stehen und «in christliche» Blatt beziehen können. Inserenten haben an der Sächsischen Volkszeitung Dresden-A., Z)illnitzer Strasie HS ein nicht zu unterschätzendes Insertionsorgan. Die weite Verbreitung, sowie der Umstand, daß die Zeitung in vielen Vereinen von Hand zu Hand geht, wodurch der Leserkreis bedeutend größer als die Auflage ist, verspricht sicheren Erfolg. — Da schwindelhafte Anpreisungen streng ferugehalten werden, genießen unsere Inserenten das Vertrauen der Leser. — Inserate werden billigst berechnet, bei öfteren Einschaltuugen entsprechenden Rabatt.