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>- Dien-tag den 4. April 1922 Nr. 7». Celle 2 die Gemeinde aber wirten die anderen Gründe. Tas Volk wird irre auch an dcr religiösen Treue von Priestern, die so schnell ihre politische Ucberzeugung zu wechseln vermochten. Nun l>at die Narzelna Naüa Lndowa lOberster polnischer VolkSrat) einen nach Form »nv Inhalt mcr.wnrdigen Vorstoß zngnnsteii des neuen Bistums unternommen. Sie bat nach dem Wortlaute ihres An'r.l'eS ausdrücklich „namens dcr katholischen Bevölkerung" des Abtretungsgebiete» es verlangt. Damit mischt sich eine politische, nicht cinnial ge estlich vorgesehene Behörde in eine rein kirchliche Angelegenheit. ES war austerdem eine grobe Irresübrung und Treistig.eit, von der „katholischen Bevölkerung" schlechthin zu sprechen. Tie deutichen Katholiken gehören doch auch dazu. Sie sind aber durchweg Gegner der kirchlichen Ab reibung von Breslau. Wie kam also die Rada Lndowa dazu, tu ihrem Namen zu sprechen? Niemand hat sie damit beauftragt. Ein entsprechender Protest wurde inzwischen von den Dcut.chen eingelegt. Hoisentlich hat er Erfolg. Tie Polen behaupten nun, dcr Kardinal-Fürstbischof habe selbst in Rom die Errichtung des neuen BiStumS beantragt. Ossenbar sollen damit die deutschen und Polin chen Katholiken tberichleskenS in der Treue zum Oberhirten wankend gemacht werden, indem ihnen vorgcredet wird, dieser selbst gebe sie auf. ES wäre gut, wenn diese geslis'e»tlich verbreitete Nachricht bald von der zuständigen Stelle ans widerlegt würde, da sie sonst ani Ende bei viele» leichtgläubigen Gemütern in Oberschlcsten Un heil anrichten konnte. Ter Verlust von Ost-Oberschlesie» beraubte die Tieze'e Bres lau ihres volkreichsten Testes. Ter Nachwuchs des zweisprachigen Klerus stammt zum grössten Teile ans dem Abtretungsgebiete. Fällt Kiews kirch ich fort, so werden die polni che > sogenannten Each'cugünger, die laudwirt chaftlicheu und Jndusiriearbeit r in der Tiaipora des Westens, im ganzen lmndcrttauseude von Katho liken in der Scelwrge stark vernachläs igt werden müssen, denn a»s dem neuen Bistum werden sie so wenig wie von Gne'en- Po en dazu polnisch prechende Geistliche erhalten. Auch die Polen sollten sich deshalb die Sache etwas überlegen. Sie schädigen ihre Spra.hgcno.se» im Reiche erheblich, wen» ihr Antrag Erfolg haben sollte. ES ist nicht notwendig, die LandeSgrcnzen als mastgebend für Bistümer zu betrachten, wie die Polen behaupten. Ta-s beweist der öslerr.uchiuae Anteil der Tiöze e Breslau und die preusti.chen Anteile von Olmüy und Prag. Ging eS jahrhundertelang und gebt es dort seht noch io, so ist die Z» annncn'egnng der politischen und kirchlichen Grenze auch in Ober chleüen nicht ersordernch. Tem Tentschlum würde ein neuer schwerer Schlag im Ab tretungsgebiete verseht, falls dessen Aöreißnng vom Bistum Breslau doch noch gelänge. Ehrgeizige Pläne von strebenden Geistliche» (Pfarrer Lewek, P'arrer Tr. Kubina, Pfarrer Tlugvjch. Erzvlucstcr Kapiha) sollten hier nicht maßgebend sein, sondern die Wünsche und die wahren religiösen Bedür niste des katho>,snen Volkes beider Zunge». Ihnen wird durch die bisherigen Ver hältnisse am besten Rechnung getragen. Sofien wir. dass eS dabei bleibt und sie nicht auch kirchlich dem polnischen Nationalismus zum Opfer fallen. Rückkehr amerikanischer Truppen nach Amerika London, 3. April. „Neniiork Herold" zusolge werden am 8. April insaesami I>>>0 Mann und lvO Offiziere der amerikani schen Besatziingsirnppen und zwar hauptsächlich Spezialkorps, nach Amerika zurückkehren Es bleiben dann «ur noch 2600 Mann Amerikaner in dem Nheinlanden. Zwan spensionierunaen dcr über 65 Jahre alten preuhiscken Beamten ans Grund des Alters« grrnzgesctzrs vom 15. Dezember 102V Das Reichsgericht hat am 14. März >821 die Gültigkeit des preußische» Allersgrcnzengesetzes vom 15. Dezember 1820. nach welchem die Beamten nach dem 65. bezw. 68. Lebensjahre in den Ruhestand verseht werden, anerkannt uns die Gehalls» klagen einer Anzahl von Richtern des preußischen Lbcrvcnval- tnngegerichteS sowie eines LandacrichlSrates »»ler Aushebung der Entscheidungen der Vorinstanzen iKammergericht Berlin) abgewiesen. Es bleibt dabcr bei dcr Zwangsvennonicrung. In der Begründung des Urteils führte dcr Vorsitzende des dritten Zivilsenats in der Hauptsache auS, daß nach Artikel 129 der Neichc-v-rsajsung die Anstellung der Beamte» zwar ans Le. benS>,eit erfolge, das; aber in Zusammenhang mit Arlikel 104, welcher der Eieschgebnng das Recht einräumt, Altersgrenzen festzusepen. unler Lebenszeit nur die Zeit bis zum »orinalcn Eintritt dcr verminderte» Dicnsttanglichkcit zu verstehen sei. Der Ausdruck „lebenslänglich" bei der Anstellung eines Beam ten dürfe deshalb nicht wörtlich genommen werden. Ter Staat könne auch wohlerworbene Rechte einschränken oder aufheben, und zwar niit oder ohne Entschädigung, denn die Wurzel allen Rechtes ist die Macht des Staates. Es besteht kein wohlerwor benes Recht der Beamten, insbesondere der preußischen samten, darin, das; di- Frage, wonn die Dienstiinsähiakeit eintritt, ledig lich zn beurteilen sei »ach individuellen und persönlichen Ge- fichtSpunklcn. Dcr Sinn des AlterSgrcnzengcsetzcS sei also der: Die Beamten besitzen keine wohlerworbenen Rechte, durch die ste gefeit wären gegen ein Gesetz, da- nach allgemeinen Grundsätzen die Dienstunsiihigkeit scstsctzt. Auch dürfe durch ein allzulangcS Verbleiben im Amte dcr übrigen Beamte» sck'aft das Nachrücken in höhere Stcllrn nicht erschwert werden. Somit verstoße also da- Altersgrciizcngesetz nicht gegen wohlerworbene Rechte. Es ist anzunehmcn. schreibt das Organ der NeichSgewerk- schakt Dclit'cknr Eisenbahnbeamtcr vom 26. März, daß niingjehr auch das Reich ein gleiches Gesetz cinsük-ren wird, wodurch dann die Möglichkeit gegeben ist. die vielen Taiisende Warlegeldemp- jünger schneller wie bisher unterzubringen. Hierzu möchten wir unsererseits folgendes bemerken: Bisher konnten richterliche Beamte gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung ans gesetzlich bestimmten Grün den versetzt, pensioniert und ihres Amtes enthoben werden. Die re'chsgcricbtlich« Entscheidung nimmt ini obengenannten Falle dcr Alterüberschrcitung Bezug ans das Zwangsvensioniernngs- gesetz vom 15. Dezember 1820. Soweit mag alles in Ordnung sein, feblsam ist aber unseres Erachtens d>e Begründung, die das Reichsgericht keiner Entscheidung beifügt, wonnch die Wurzel glkes Nccb'es die Macht des Staates sei. Gegen diese Auf fassung, cm d'e übrigens die ngchgegrdneten Gerichte nicht ge bunden sind, ist zu protestieren. Nicht der Machtanspruch des S'gg'eS st't die Wurzel alles Rechtes, sondern die sittliche Idee des Rechtes. Trotz des Bismorckschen: Macht geht vor Recht dürfen diese Ankchannngen in d'e VeckstSvfleae des deutschen Vol kes nicht eindringen, am wenigsten in dieienige des obersten deutschen Gericht». Die nach prenßi'chen Grundsätzen formu lierte NeichsgcrichtScnlichcidung bedeutet aber einen Fehlspruch. Pack,dem nnleee ne, ehrliisien Le^ee bereits durch ekue ErklSrunq iib r die gewakna« Werte,lernng aller Produktionsmittel im Zeitunqswesen untere chtet wur den, die zu schnellen Maßnahmen führen müssen, um die Zeitungsbetriebe über die nächste Zeit hinweg aufrecht zu erhalten, haben wir ab 1. Avrtt für die Jnsera e eine Erhöhung oorgenommen und zwar stellt sich der Preis m! Mk.s.lill xr« l-riüiürile süi KMiilsmzchkii. »s R!. ?.»>> Pi» kmiArile iür!km!i>?> mi gm!«' «»lchk». klkllkii'««!> Miclzchlht. Verlag der Sächsischen Vollszcilung. Verlag dcr Thüringer Volksmacht. Naa>richren aus Sachsen WahlkreiSpartcitag der Demokratischen Partei in Ostsachscn Der DstihlkreiSverbaiib der Teulschen Demokratischen Par tei für Ostiachsen hielt a»c Sonnabend in Bantze» einen über aus stark be;nchic» Ostiachseniag ob, dem eine besondere Be. denlung dadurch znkam. daß der Vorsitzende dcr Reichspaciei und der Teniokralischen SieichslngSilaklio» Scnalor Tr. Peter- sen-Hambnrg selbst gekommen mar, um zn den brennenden Fra gen der Taget-poluik Siellung zu nehmen und die große» Richt linie» der Panel ieilznlegen. Die Verhandlungen begannen vor- inuiags II Ilbr und wurden vom Wahilreisvorsitzenden Winijle- naldicektcr Geh. Ral Tr. Tchue-Tresdcn mit einem Rejerat über die Landespoliiik crössnet. Tie LandcSpolitik tudeuie nur einen kleinen Ausschnitt ans der Reichspeliiik, und die Bersas- sung von Weimar habe es so gewollt, daß die großen Fragen zentral gelöst werden. Dennoch bleibe die Arbeit der Negierung niiü des Landiages bedcuvungsvoll genug, denn die Äussührung sei oft der Angelpnnkt. um den sich alles dreh«. ES sei rin un- »akürliches Verhältnis, daß die eilizige inchisozialislisck>.'. aber dcvh rcpiiblikoitische Partei, die einzige, die in den Kreisen des Bürgeriiims den Gedanken der Demokratie und dcr Republik anirechtcrha.'te. von der Regierung anSgeichaklet sei. Wen» sie aber auch in d'e Opposition gedrängt sei. so sei eS doch verfehlt, ans dem Zusammengehen mit der Rechten falsche Schlüsse zn ziehen. Für die Demokraten als Vertreter der Individnalwirt- sckmft werde sich inimcr eine gewisse Gemeinsamkeit der Inter essen mit den Rechtsparteien ergeben. Anlaß zur Opposition lag leider vielfach vor in Wirischasis-, Steuer-, Kultur- und Perso» nal'ragcn. Nach vertraillickpr AnSsvrackfe wurde eine Enischlie- ßnng angenommen, welche die von dcr demokratischen Landiags- frakiion verfolgte Politik billigt und ihr kür die tatkräftige »nd planvolle Arbeit im säckchschen Landtacie Dank uno Anerkennung ansspricht. Die Fra» Abgeordnete Salinger sprach über Frcniensragen im sächsische» Landtage und wies daraus hin, daß manche gesetzc-eberische Frage nicht i» der Form, wie takjächlicy geschehen, gelöst worden wäre, wenn nicht die Frauen bei dieser Arbeit milgcwirkt hätten. Von stürmischem Beifall begrüßt, nahm aksdann Senator Dr. Petersen dos Wort zu seinem Referat über die Reichs- politik. Unser politisches Cnstcm brach mit der Niederlage zu. somnien, weil es nicht mit der nidlistriellen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklung des deutschen Volkes Schritt gehalten hatte. Die Rettung des Reiches lag dann in de» Händen der Demokratie, die die zwischen den Extremen von reckns und links zerrissenen Fäden wieder crusnahin und in weitschanender Er kenntnis dcr Tatsachen den Standpunkt vertrat, daß der Bol. schewiSmns nur durch den Menschewismus überwunden werden konnte. Nnr so war es uns möalich, uns ans dein furchtbaren Zusammenbruch z„ retten und Ruhe nnd Ordnnna, Sicherheit und Disziplin wieder hcrznstcllen. Für die auswärtige Politik gilt ebenfalls der Grundsatz, daß eS vorläufig notwendig ist. Schweres in Kauf zn nehmen, »m Schwereres zu verhüten. ES gilt diirchzuhallen. bis sich die Erkenntnis dnrcheingt. das; die in ilnordnnng geratene Wirtschaft eines KO-Milliardcii-Volkes»die ganze Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen muß- Frankreich will Dentsch'nnd kcipntt machen, aber selbst ein Foch hat bereits seine warnende Stimme erhoben »nd an das Sch'ckkal NcipoteonS erinnert, dem die rücksichts'ose Erniedrigung Preußens zum Ver hängnis werden sollte. England, Amerika und Italien rücken schon deutlich von der rückhaltlosen Gewaltposttik Frankreichs ab. sicher ii'cht an? Liebe z» »ns. sondern an? Egoismus. Auch die Stimmung der Neutralen ist schon eine wesentlich andere. Wenn die Frag„ der Revision des FricdenSvorlraacS aufgeworfen wird, dann muß unser Neinl in eine Ntmosvhäre fallen, die ein Echo dcr Verminst und nicht der Gewalt auslöst. Darum darf dieser Ruf nicht einen Tan zn früh erschallen. Die A»stühr"ngcn de- Parteivorsivendcn wurden mit dcmonsirativem Beifall ansge. nommen. Eine einstimmig angenommene Entschließung spricht der Varteile-Inng »oeinaeschränktes V>rlra»en ans »nd billigt die Haltung der st'eichS'aasfraktion. Weiter sprach Reichstaasab» geardneter Oberbüraermeister Dr. Kü'z-Zittn» über den Ent- Wurf einer sächsischen Gemeindenersasiung »nd stell'e eine Reihe van Richtlinien auf. die den Beifall der Versammlung fanden. Abends sprach Sencttar Dr-Meierten vor einer tauseiidköpsigen Versammlung über die politische Lage. S. — Nen-Leuterst-ork. Nacktem da» Be,Irk«lch»samt die Vereinigung der ldartiuldungscch„ie mit d-r Nachbnrgeineinde Leiitecs'or» he'o'cken dal. wurde von bei'en Gemeinden rin Fort- t'ild„ng'lchnkner''nnd g g iindet. Damit verliert die Gemeinde alle Fartluldnn-«tchüler — Der Gemeinde,at be ch'o'''. in Verhandlungen mit dem Don'dOt in Banden einzutreten. nm dos Verhält», « zwischen Kirche uua Sch'iie zn regeln. Der Ein' eurkung de^ Ei endabn- kärpers wurde wit>er prochcn. — Ein Stück Gemeinde eld wird in Sn re''eronr'en veewa"delt. Aus Dresden —* Nene Erhöhung der Ctrastenbahntarife? Dem Ver nehmen ngck, ist am l.',. ?lpril eine neue Erhöhung der Ctraße»- bahnfahevreise zn erwarten. Wenn auch noch kein Beschluß der maßgebenden Stelle» vorliegt, wird wohl doch ein« Hcraus- setzung von '2 «ins 3 Mark In Frage kommen. —* Erliöhu "g des Bicrpr.'isrs. Wie ans Vranerkreisen ge schrieben wird, sind insolge der fort «breitenden sprunghaften Verteuerung der L'erstellnngSmittel glich die Brauereien ge zwungen, de» Bierprei-Z vom l. Avril ab zn erhöhen. —* Durch Ei'atmnng von Blausäure gestorben. TaS Opfer einer großen Fabr.'äsiigkeit wurde der aus Berlin hier zuge reiste Tr. Phil. .Hans Hosimann. Ec war am Tonnerstag hier zn>ie;ogen und hatte In einem der erste» Hotels Wohnung ge nommen. Tas Zimmer, das ihm zngewieien wurde, war am gleichen Tage von einem Kammerjäger verbotswidrig mit Blau säure desiniiziert worden. Tr. Ho'fmann wurde am Freirag morgen tot in seinem Hotelzimmer anige'unden. Es dürfte kaum zweüelhci't lein, daß sein Tod ans Einatmung von Blauiänre znrückznsi'llire» ist. Ter Kammerjäger ist deshalb jestgenominen und dem Gericht ziigeiiihrt worden. Amtlich notierte Devi enkurse Berlin, 3 April. E. D. Der Dollar notie te an der heutigen Vormil tagSbörse bei kürzerer Tendenz 309 bis 310. Devisenkurse mitgcteilt von dcr Commerz- nnd Privatbui'k Dresden, 3 April 22, 12 Ilbr mit'» s Berlin ». Vpril 4 riet Nenyork 1 Dollar 317 - 820.— «»»»»«»» 270'«.— 28 0- Schweden 100 Kr. 7!*n> — »ON — Brno HO Kr- «00 — vno 10 London 1 Psd Sierl. ,4iiO — 1412 — Karolas Leid und Liebe Noma» von E. Grabowski (Nachdruck verboten.) (2. Fortsetzung.) „Der Vater soll sein kleines Mädchen klug »nd brav wicdcr- finden, wenn er heiinkoinmt," sagte Frau Mechthild oft z» Karola und setzte wob! trauernd hinzu: «Ach, ich werde ihn wohl nie mals Wiedersehen." Karola tröstete sie mit starkem Kinderglanben: „Er kommt zn Weihnachten. Mutter; du wirst sehen!" Frau Mechthild lächelte trübe dazu, aber in ihrem Herzen erwachte doch eine zarte Hoffnung. Ihr Mann lieble lleber- laiebiingc», cS war wohl möglich, daß er sich selbst zum Fest«" brachte. ES roch schon weihnachtlich im Hanse. Frau Emma rührte die Pfcsferkiickn'n ein. die tagelang sieben mnßtcn, che sie gc- hacken werde» konnten. Noiincn. Mandeln, Zitronat und Nüsse Nnrden zurecht gemacht. Kurt half dabei mit recht realem Sinn; er wußte sich da'.ei seihst g»t zu versorgen. „Kurt . . .." warnte ihn d.e Mutter, mit «nein leichten Klaps ans die Schulter. Er >ack'te breit: „E sckmieckt so gut . . »Der Klaps oder die Rosinen?" „B-ideS. Mutter." Er küßte die Hand, die den Streich gegen ihn geführt. Die Mutter war völlig gewonnen, sie sah gar nicht mehr nach ihn, hin. desto mehr erboste sich Therese, die Magd, über ihn. „Du frißt wie ein Hamster." »WaS gebkS dich an." Er streckte die Zunge nach ihr auS, sie warf ei» .Hosztcheit nack, ibm. traf ihn aber nicht. In diesen Streit brack' d'e Stimme Frau EmmaS: .Die Milcki ist alle. Theresa." Es kam keine Antwort. Theresa wandte sich schleunigst ihrer Arbeit z». Es dunkelte bereits i»ch an den Fensterscheiben knisterte der Frost. „Ich konn eS dir nicht erst>aren. du mußt Milch holen," be fahl Fia>n Emma. „Jetzt n>-ch? Ich gebe nicht durch den Wald, es geistert drinnen, der Mischa hat am Kreuze das Gespenst gesehen . . ." „Der Misckia ist selber ein Gespenst," rief Kurt dazwischen und tat einen tiefen Griff in die Schüssel, in der sich süßer Pslau- mcnini'S türmle. „Du wirst doch nicht glauben, was der Mischa erzählt, der Idiot," sagte Frau Emma so sanft wie möglich. Sie halte alle Milch verbacken, die eigenen Kübe standen trocken, die Milch mußte aus dcr Försterei geholt werden. „Ich geh aber nicht." Theresa hob den Kopf trotzig und warf d>c Lippen ans, „ich fürchte mich und geh nicht, und niüßt >ch gle'ch den Dienst anskünden." Sie durste diesen Trumpf ansspielen, im Winter fand sich kein Ersatz sür sie. eS wellte niemand in die Jnscleinsamkcit ziehen. Fra» Emma gab jeden Widerstand ans: „So wirst du gehen, Kurt; Tante Mechthild hat keine Milch." „So koch ihr eine Snvve, Mutter; ich bade kein« Lust, jetzt noch durch den Wald zn geben! Ich Hab auch noch zu lernen." „Ich geh »m die Milch," ries Karola mit Hellem Stimmchen. Sie batte a„ einer Tischecke ihren Sckmlanfsak geschrieben, packte rasch die Bnclier zusammen, holte die Hanlre vom Nagel, zog die Fäustlinge über die Hände, nahm die Kanne und bat: „Gib mir Geld, Tante." Frau Emma sab nachdenklich auf das K'nd. das blasse Ge- sickikcheii. doppelt elend erscheinend in dem Nahmen der dicken Wiiiterbüllc. erregte docki ihr Mitleid: „ES wird schon dunkel, du wirst dich fürchten, und dcr Weg ist weit . . ." Ein scheuer Blick floo durch das Knchcnfensier hinaus in den schneeigen Wald, der sich im Hiniergriinde der Insel hinzog: „Gih nur das Geld, ich will mich nicht fürchten, ich geh ja kür die Mutter." Maernd reichte ibr Frau Emma da? Geld. .Gib acht, das; d'eb kein Geist erwischt und dir den Hals umdrcht!" rief Kurt ihr höhnisch nach. Mit raschen Schritten durckmiaß Karota den hartaefrorenen Wiesenwca, der »um Walde führte. ES dämmerte stark. Schwei gend stand der Wald, starr »nd weiß, -mischen den dicken Stäm men huschte Finsternis. Hach taa der Schnee, er funkelte in bun ten Lichtern, knisterte unter ihren Füßen. Ein mühsam Wan dern wars. oft brach sie tief rin in den hartaefrorenen Schnee, der ihre Beine wund rieb trotz der dicken Strüm"se, kalt wchle die Luft sie an und ließ ihren Atem erstarren. Ja, eS war ein mühsames, surchtsame? Wandern. ES lag ein dunkeln im Wanw wie von tausend dunklen Aug«n; eS ging ein Seufzen, ein Stöh nen durch die Lüfte, ein Knarren nnd Klagen. Schatten husch ten bin und her. Des Kindes Kerz zog sich zusammen in scheuer Furcht. Die Augen Maaten keinen weiten Blick, Mir langsam glitten die Fülle vorwärts, scheu taktend. Oft blieb Karola lan. schend stehen, hielt den Atem an. sab voll wachsender Furcht da» Mondlicht an den glatten Baumstämmen heriintcrgleiten, als fingerten Geisterhände daran herum. Durch Theresa wußte sie eS: Die Seelen der Ilnbußferiigen lebten im Walde, ruhelos bi- zum tüngsten Tage! . . . Sie sing an zu beten, betete tief und gläubig, während daS Grauen vor Sünde »ud Tod ihr Herz znsam»ic>>prej;le, daß es sie schmerzte. Eine Brombcerroukc packle sie. hielt sie fest mit »»sichlbaren Händen, sie stand still vor Schreck, kam nur ganz langstu» zum Bewusstsein der Wirklichkeit. Zagbast löste sie die Ranke von ihrem Kleide. AIS Karola ansjah, siel ibr Blick aus einen hell bclenchieten Waldslcck. der frei von Bännien war. Iin reinen Lichte des Mondes stand hier ein Kreuz, ein Süluiekreuz. das gläubiger Sinn errichtet hatte an der Stelle, die blutgetränkt war von ruchlosem Mord. DaS Kreuz glänzte im Walde, pre digte von göttlicher Gnade und Vergebung unserer Schuld. Ta wich auf einmal die beklemmende Furcht von dem Kinde, frei wurde das Herz, erlöst von dem bangen Druck. Tie Nähe de- Kreuzes bannte jede Furcht. „Mein Gott," betete sie ans ticssier Brust, „bleibe bei mir! Für die Mittler gehe ich diesen b)ang, sür die Mutier . . ." Sie erreichte unangefochten die Drücke, die hier über einen alten Oberarm lnnübersührle zu dem festen Latide. Noch ging der Weg durch Tannen und Gestrüpp, aber ein tra-nleS Licht schimmerte ihr entgegen. Es kam ans der Försterei. AIS sie daS HauS erreicht batte, blickte sie noch einmal den Weg zurück» den sie gekommen war Er sah so dunkel ans und weit, aber daS Kreuz leuchtete tröstlich a»S dem Rahmen der starren Wald wand. Ein paar Tränen der Erleichterung rollten über die ka'len Kinderwangcn. Mit de» Fäustlingen wischte sie sie fort, pochte ei.blich a» daS Forstbaiiö »tM^ctt in die hell erleuchleie Küche. Die Forsterfrau sah sie erstau^an: „So spät noch, Kind in dieser Kälte?" Karola hob den ernsten Blick zu der rundlichen Fra» mif. „Die Mutter bat keine Milch. Theresa wollte nicht geben, weil — sie schluchzte ans in dem Gedanken a» die überwundene Furcht —^weil doch die Geister nächtlich durch die Wälder ziehen." A»S dem Nebenzimmer Iraf sie ein Helles, bekanntes Lachen. Johannes saß da mit den Förstcrkindern um den weiß gescheuer ten Tisch. „Hast du dich nicht gefnrch'et?" fragte sie die Förslerssrau. Karola nickte nnr und schielte dabei in das Zimmer hinüber zu Johannes. Er wird wieder lachen, dachte sie nnd wurde rot. Die Magd hatte inzwischen die Milch gebracht. Karola nahm sie in Empfang und wollte gehen. «Warte ein Weilchen, Johannes geht mit dirl" rief di» FrrsterSfra». Da atmete Karola tief auf. im Schutze des furchtlosen Knaben fühlte sie sich sicher. (Fortsetzung folgt.)