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Sächsische Volkszeitung : 06.04.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192204063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220406
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220406
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-04
- Tag 1922-04-06
-
Monat
1922-04
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 06.04.1922
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Donnerstag den 8. April 1822 Nr. 81. Teile 2 stellt worden »nd niedrere Sicklungen sind bereits entstanden. Es besteht auch die Absicht, den städtischen Körperschaften die Be- Nillignng weiterer 1t»> Millionen Mark danir zu eiiipsehlcn. Ist, wie gesagt. dock; sür die Monate Mai bis Juni 1022 eben wegen der Ilcbergabe des Abtretnngsgebietes — sür das crnente An- sä-mellen des JlnchllineestroineS und dann einireicnden Vcrhält- nijje Fürsorge zn Ircsicn. Den Anforderungen. die an sie gestellt werden, vermag aber die Siadt Breslau allein nicht zu genügen. Sie muß aus die Ln>fe von Reich und Staat rechnen, gerade mit Rücksicht auf den Zuzug der Optanten. WaS dem Westen recht ist, ist dem Osten billig. Für die Flüchtlinge ans Elsaß-Lothringen ist besser ge sorgt worden als sür die aus Posen und Oberschlesien. Das kann an Beispielen bewiesen werden. So hat die Stadt Freibnrg i. Br. ans Rcichsmitteln bisher 2500 000 Mark erhalten, während sie nach ihrer eigenen Angabe bisher nur 3000 Flüchtlinge aufge» moinmcn hat. Breslau beherbergt deren über viermal so viel. Es hätte also mindestens Anspruch ans 18 Millionen Mark nach dem gleichen Matzstabe. Bekommen bat es aber im ganzen bis her fnber das Note Kreuz) nur 600 000 Mark! Was soll damit angLfangcn werden? Eine fläche ungleiche, ungerechte und unkluge Behandlung des Ostens darf nicht andauern. Noch während der National versammlung war im Winter 1010/20 ein Antrag Löbe-Gotk>ein» Dr. Herscbel ans Gewährung eines Banzuschusses für Kleinwoh nungen von 100 Millionen an die Stadt Breslau gestellt, aber von der Regierung abschlöoig bc^ckicdcn worden. Seitdem ist die Not in Schlesien ungleich grösser geworden. Der Magistrat BreSlan hat sich dabcr unter Hinweis auf das durch FlüchtlingS- zuwanderung ständig verschärfte Wabnungselend erneut an die zicktändioen Reich?- und Staatsbehörden geioandt. Wir wollen hoffen, datz dieser Notschrei offene Obren und Hände finde. Müs sen doch ans? schnellste 100 neue Wohnungen hergestellt werden, um das Schlimmste zu verbäten. Gewiß haben wir das Finanzelend im Reiche. Aber, wo «in Dille ist, ist bekanntlich doch ein Weg. 11. a. könnten beträcht liche Mittel a»S d--n, Ausaleichsfonds zur Verfügung gestellt werden, der nach § 8 des WobnungSabgabengesetzes zu bilden ist. Wir hoffen auf Reichstag und Landesversammliing. S e werden dem bedränglen Schlesien, dieser Halunke! i» der slawi schen Flut, ihre Unterstützung nicht verlogen wollen. Das Schick sal des Ercnzlandes wie der armen Flüchtlinge wird ihnen eben so am Herzen liegen, wie das anderer bedrohter Gebiete. Nicht nur um gerechten Ausgleich und sittliche Pflicht bandelt es sich hier, sondern auch »in ein Gebot w-itschanender Klugheit. Seine Erfüllung würde von Segen sein für das Deutschtum in Schle sien wie im 9,'eiche. Tcmgcge»ül>er müssen finanzielle Rücksichten znrücktrrten. Zu sah der S ch r i f t l e i t u n g. Die Ausführungen des Abgeordneten Tr. Heriche'. dessen sozialpolitischem Vortrag ain Sonntag den 8. Avril in Dresden mit arötzter Aufmerksam keit ei toegengelehen wird, bedürfen einer Ergänzung und zwar bc-üalich der S a a r b e v ö I k e r n n o. Es muh mehr als ver bitternd wirken, wenn trotz aller Bemühungen die ihrer deutschen 1öekin7",ng wencn Vertriebenen beute noch >>.!ch» Familien ohne Obdach l'> d. die während des Streik? der saarländische» Beam ten im Anonst 1820 aus ihrer Saarbcimat vertrieben wurden. Wenn die Gemeinden hier verlaoen, dann müssen Re ch und Län der eingreife», die hierin verpflichtet sind, ^öffentlich haben die Varlamen'e und die Regierungen auch kicrsür Vers, indnis. Es ist wirk! ch l-'chöi..end, das; daran überhaupt noch erinnert ne., den muß. Aus dem Ausland Die graziöse afrikanische Note Aus dem besetzten vlebict schreibt man uns: Um die „llnsinnigleit deS Feldzuges gegen die „Schwarz« Schmach" zn beweisen" — wie in den französischen Propaganda blättern deS besetzten Gebiets zu lesen ist —, bat man zu einem neuen Mittel seine Zuflucht genommen: Man bat mehrere Städte in der Piovinz Lananedre mit schwarzen Reaimentern belegt, e>ne Tatsache, die der Figaro mit dem nötinen Schwung der Welt mittcilt. Allerdings gehr ans seinem Lobgesang ans dir „Noirs", der im besetzten Gebiet verbreitet wird, nur hervor, dah da? 16. Seneaalschntzenregiment in Montan bau eingcrückt ist und von der Bevölkerung „begeistert" begrübt wurde, aber die Wichtigkeit, die man der Sache in den niabaebenden französischen Kreisen beilegt, beweist, das; man diese Belegung französischer Orte mit schwarzen Truppen weidlich zur Propaganda gegen den Feldzug gegen die „Knltnrscbande' ousbeuien wird. Ter Artikel des Figaro ist selbstredend eine schwülstige Ode ans die Tugenden der schwarzen Hilfstrnppen. „Sie lieben Frankreich — betont der Berichterstatter — in dem sie ihr grobes und mächliacS Valcr'and erb'ickcn Und deshalb haben wir ihnen tu der gros;en französischen Familie einen ihrer Tapferkeit wür dige» Platz angewiesen." Tie Bewohner der Stadt Montau- ba n habe», trotzdem sie über die Auflösung ihres 11. Infanterir- reaimeniS nicht gerade erfreut war-n, nach dem Figaro nichts destoweniger den Schwarzen einen ausgezeichneten Empfang be reitet. Die Kinder seien zwar zuerst ein wenig furchtsam beim Anblick der ,.gros;cn schwarze» Teufel" gewesen, aber sie seien bald zutraulicher geworden, nachdem durch die Liebenswürdigkeit der Schwarzen das Eis gebrochen worden lei. Man erwäge des. halb die Möglichlcil, den Senegalesen zu erlauve». ilre „legi timen" Frauen nach Frankreich zu bcorden, eine Aussicht, die den Figaro zu folgenden Sätze» begeistert: „Tie Frau ist die »»entbehrliche Begleiterin des Scnegal- scbütze». Sie folgt den Kolonnen. Mit ihr w>rd die heimall'che Küche erscheinen, die „EogSconS", die der Neger so sehr liebt und die durch die amtliche NeiSration nicht ersetzt werden tönneu. Man wird d e Frame» beobachte» tonnen, wie sie sich mit b!os;en Füs;en durch die Strotzen bewegen; mit behendem Gong, ihr Kind ans dem Rücken, die Kalebasse ans dem Kopf; das würde» höchst pittoreske Szenen sein die an schönen sonnenüberstrablien Tagen der a.ten Stadt in Longucdre eine graziöse afrikanische Note verleihen werden." Für uns im besetzten Gebiet gibt diese Begeisterung einen Hoffnungsschimmer. In die Saubovkcit und den europäischen Ebarakter «»screr^Orte patzt — wie die dreijährige Erfahrung und Beobachtung gelehrt hat — die „afrikanische Note" ganz und gar nickt. Ebensowenig haben wir '» der deutschen Familie Platz für tue braunen »nd schwarze» Kultnrträaer. Ihre An wesenheit »nd die merkwürdigen tierischen Instinkte, die so häufig bei diesen Gesellen znm Durchbruch kommen, lähmen die Lebens- frende der Bewohner, bedrohen tue öffentliche Sicherheit und schaffen eine feindselige Stimmung. So ist die Hoffnung be rechtigt, nachdem im Languedre die Bevölkerung den schwarzen Brüdern einen so beaeistertcn Empfang bereitet bat und Paris so entzückt bei dem Gedanken an die zukünftiae «aeadiöse okrika. nisckie Note" Et. datz man alle diese braunen und schwarzen Reg!» wenter vom Rheine wegnehmcn und dorthin schassen wird, wo hin sie nach dem Artikel des „Figaro" passen: In das Innere Frankreichs! Zum Tode des ft-nhyren Kaisers Karl von Oesterreich Werkln, 8. Ap'll 1022. Ans Ma^esta. wo ko viel? Lungen» kranke H-ilnna suckbn und tanken, mutzte — rrü 8t äbn'a der ehr- matige öllerr tckiKchr K'-r-r an ein?'' Lnnmu-ntzündung herben. Am 17. August 188? nt« Sohn d s lebenslustigen Er'tzeniwS Otko retzoien. 'st er unr 8t I hre alt g-wmdrn. Da er eist titt die Tbrgpso'ae v''cht ''n Frage law, war seine Au b'kdnuu nickt aut den -nknn'i'gen Herriheidenif berechne'. Erst m t der ErworBing Er,, tzrr-og? Fcrwnkwd aing tzs- unm'tt Ibare TtwonsoEerschait auf ihn «her Am 2t. November 1816 best eo er mit tum To r des KuiseiS Franz Io'evb de» babsburg schm Thron; nur zweiJabre war eS ihm vergönnt. Habstznra attehrwürvige La sertrone ,n t>agm. aber es wa'en -wei schwere Iabre. >n deren manche« sich eriiuule. was tue Ausübung ieneS H rricheramteS ievr er'ckw'rie. En sckwer'r Kri-g« e » ansgehnnoerte- und knegSmüde? Land erschwert- ibm dieHmrtcker» pflichten. W>nn da manches geschah von le imr Se>te, d"S wir nicht vergeben NN" pirllrjcht auch N'chi billigen 'önn n. so müssm wir be- rnckstchiia>n. datz Laster Karl sich in e'ner solch ichweren Laae bewnd. die a»ch der b ste »nd tüchtigste H.rr>ckier wakrlcheinl'ch nicht Härte bebenschen können, datz idm tiicht'ge Raweb-r fehlten und vatz »nS auch manches nicht bekannt >st, da« seine Handlungen vielte cht in ander>k L ch' 'etzen könn'e E-ne« ist sicher, al« Famiiien"ater, al« Gälte »iw a S Christ sietzt ernniadethast nar d-r We>t. Si-ben Kinder »ad eine trauernde Goit>». die energische Cita läßt er zurück nls W isen „nd Witwe Mas insbesondere den Sixtus-Brief anaeht, dessent wegen man schwere Beschuldigunnen gegen Karl und Cita erhob, so iü es aan, richtig, wenn dazu die Kölnische VolkSzeitung bemerkt: „Alle Jichinkie ostelbischer Selbstüberschätzmig und l berate» Dünkels schienen anigeru en. um gerade an diesem habsburgischcn und treu- kotbolisch n Kasierpaare sich das Mütchen zu kühlen. Man Halle klüger getan, in der Kritik sich zn mätzigen und abzuwarten. da in den Kreisen Nächstinteieisierter wie de« früheren deutsche» Kaisers, ein wirtlich vornehmes Schweigen über die kläglichen Verhältnisse herrschte. Wie wir wissen, befinden sich noch heute in dem Besitze der österreichüchen Kaiseisamilie Dokumente über jene Vorgänge, welche die ganze Lage nach mancher Richtung h n noch aiuklüren werde»-" Eine ähnliche Andeutung macht das „Berliner Tageblatt" in seiner Montag-A-end-Ausgabe. Auch ibm müssen wir tzeistimmen, wenn e§ sagt: „Es ist nicht nur enischnidbar, sondein eS verdient das höck ste Lob. datz der junge Kaiser den Wunsch hatte, das aus sichtslose Gemetzel zu beenden und darin war er trotz keiner Geistes- tücken erheblich riusichliger, als jene dciilsckicn Wel eroberer, die so lange von Sieg-Frieden iränmten, bis ihnen da« Dach über dem Kopfe zniammenfiel." Auch hier bleibt wahr, das wir nns davor bi'nen müssen, e>n hartes Urteil über Fernstevende zu -allen, da wir uns Io oit dabei üi erraschen, wie wir bei Urieilen über uns ganz Nahestehende und uns sehr bekannte Per>onen zu satjchen Ergeb nissen gelangen. Ueber 16V0 Konqretzteilnehmer in Genna Paris, 5. April. Wie aus Genua gemeldet wird, Hal en die dort angemeloeten Vertreter der europäijchen Länder bereits die Za il 1658 erreicht. , Abreise der russischen Delegation nach Genua Paris, 6 April. Am Dienslag obend hat die russische Delegation sür Genua, mit Tschitscherin, Liwinoff und Joffe an der Spitze, Berlin verlassen. Krassin hat sich nicht mit nach Genua begeben, er ist vielmehr am Dienstag mittag nach London gefahren, wo er Verhandlungen zu lühren hat. Die ^usainmensctzunq der französischcnDelcgatiIn Poris, L. "pril. DiwiStag moigen Hot der französische Ministerrat endaüll!» die Zujammentetzung der sianzvsischen Dele- gasion sar Genua beschlossen Sie wird bestehen aus dem Oriegs- minister Borthn», der die Abordnung teilet, dem uanzösüchen Gesandten in Rom, rt arriere, 'erner Coliot »nd dem S aals > k eine 2 icard. dem D »>-k ne der Bank von Frankreich, Seydonx, Nl>d oem Direktor der Haiicelrabteilu« g des Äuewältigen Amtes. Französische Truppenverschiedungen am Nhcin Frankfurt a. Di-, 5. April E:nö Anzahl marokkanischer Tirailleurregimenter ist in der Pfalz und an der unteren Mosel eingekrissfen und soll demnächst von General Degontle besichtigt werden. Sie werden als farbige Regimenter den weitzen franzö sischen Divisionen angcgliedert. Eine Verwendung geschlossener farbiger Divisionen soll im Rheinlands in Zukunft nicht mehr stattfinden. Auch werden die farbigen Truppen nur noch zusam men mit weißen Truppenteilen in den Garnisonen untergebracht werden. Am 29. März hat ein Kuricroffizier des Pariser Gene» ralstabcS geheime Befehle für das Mainzer französische Oberkom mando der Nheinarmee überbracht, aus Grund deren am 81. März sämtlich-: französische Korps- und Divisionßgeneräle mit ihren Ge neralstabschefs in das französische Hauptquartier znsammcnge» rufen worden sind, woran sich auch der belgisch» Obcrkommandie. rcnde der s. Armeedivision a»S Aachen beteiligt haben soll. I" dieser Besprechung sollen nach der einen Lesart die im Falle von Zwangsmaßnahmen gegen Dentschland zu ergreifenden Matznah men, nach einer anderen Lesart die Verteilung der amerikanischen Besatzuiigszoiie nach dem vollständigen Abzug der Amerikaner: durch die Franzosen und Belgier besprochen worden sein. Französische Ausschreitungen Zu der gestern kurz von uns aemeldeten Nglbrickit über die Ermordung des Bann»lernebmcrs Küster schreibt uns die Ncdak« sson einer rheinischen Zeitung, datz wir den Sachverhalt veröffent lichen möchten, da die Blätter im besetzten Gebiet wobt kaum die Genehmianna zur Veröffentlich»"» erhalten würden. Der Bericht lautet: Wabn lBez. Köln). Der Bauunternehmer Küster a»S Wahn wurde Freitaa abend von einem fran'ösischen Besatznnas- soldatcn erstochen. Küster, der als ein äutzerst beliebter und fried fertiger Mensch bekannt ist. hintcrlätzt eine Frau und sieben Kin der. lieber dcn Heraang konnte bis >et?t folgendes festgestellt wer den: Fran-ösische Soldaten verlangten in der Wirtschaft Baum iw W<chn. Schietzolatzstrasie. Schnaps, den der Wirk bestimmunasge- niätz verweiaerte. Küster, der sich in fran-ösischcr Gefangen schaft befunden und sich einine Svrachkenntnisse anaeeianet hatte, wollte den Soldaten begreiflich machen, datz der Wirt strafbar sei» wenn er den Schnaps anStzchenke. Beim Hinansaeben wurde er dann von einem der Soldaten obne weiteres durch einen Herzstich getötet. Soviel bekannt, konnte der Täter bis jetzt nicht fcstgenom, men werden. Argentinisches Kreditanaebot an Dentschland Zwischen der deutschen und der arieutini-chen Regierung schweben, Blättermeldungen zufolge, Verhgndlungen über ein von der argentinischen Regierung Deutschland übermitteltes Kredit anaebot für Getreide und Fleisch. Im aegenwärtigen Augenblick lässt sich noch nicht übersehen, ob das Angebot von Deutschland! angenommen werden kann. Deutsches Reich Abreise der deutschen Genuadelegation am Sonnabend Wie wir von unterrichteter Seite hören, wird die deutsch« Delegation kür Genna am Sonnabend khre Ausreise antreten. Einige Mitglieder werden am Mittwoch voraus'abren. um In Genua die nötigen Vorbereitungen sür den Aufenthalt der Delegation zu treffen. Das Arbeitszeitgesrtz Das von den gewerkschaftlichen Spitzenorganisatlonen ausge sprochene Verlangen, die Durchführung der Sparerlasse in Bezug auf die Arbeitszeit des Eijenbahnpersonals so lange auszusehen, bis über die Grundzüge der künftigen Arbeitszeit zwischen Mini sterium und Spitzenorganisationen entweder ein Einvcrnehmen erzielt oder eine Verständigung unmöglich geworden sei, hat Neichsverkehrsminister Grüner wie folgt beantworlct: „Die Nach prüfung und etwaige Abänderung der Dienstpläne auf Grund des Erlasses der Zweigstelle Preussen-Hessen vom 9. September 192t soll während der Dauer der zurzeit über die Regelung der Arbeitszeit des Eisenbahnpersonals schwebenden Verhandlungen bis zu einem von mir noch anzuordnenden Zeitpunkt ausgesetzt werden, die bereits nach dem Erlass abgeänderten Dienstpläne bleiben in Krast". Karolas Leid und Liebe Roman von E. Grabowski <4. Fortsetzung.) Sir machte sich sanft loS von der Umklammerung der Kindcrarmc, legte Karola nieder, deckte sie zu, kützte sie mif die Stirn und sagte zu ihr wie einst, da sie noch ganz klein war: »Schlaf jetzt, mach gleich die Guckerln zu." Da lachten beide, und das Kind folgte gehorsam. Bald ging sein Atem ruhig. cL schlief. Frau Mechthild holte ihr Brautgebctbnch Her der und las ein Kapilel a»S: »Der Broutspiegel. Betrachtungen einer inngen Frau." Es waren Worte, die einer unmodernen Zeit angehörten, einer Zeit, die den: Weib« Demut predigte, die Demut echter Liebe. . . Ta kamen sie wiüer zn ihr, di« Stunden grenzen losen Glückes. Im Schlafe dann erlebte sie all die zarten Huldigungen ihres jungen Galten wieder. Sie sah ihn leise ein- trete» in ihr Ekemach, er trug Veilchen und Rosen in dcn Händen, schlich sachte näher und legte ihr die Blumen auj die seidene Decke. Als sie envachte. wirkte der Traum weiter. Sie war heiter, froher als sonst, auch hoffnungsvoller. Sie half Karola beim Ankleiden, kämmte ihr lockiges Haar und durchflocht es mit einem arnnen Bande: »Verlier eS nicht. Es stammt ans Italien, der Vater kaufte eS mir. als wir in Neapel waren. Das Band und schöne Seidentücher, die ni meinem Koffer liegen; hier versteht man eS nicht, so schöne Bänder zu weben, so weich und so leuchtend . . ." Während so Mutter und Kind sich aneinander erfreuten, stapfte ein schwerer Schritt über die Diele, vorbei an Mech thilds Z-inmer. Da sprang ihr ans einmal alles Blnt znm Herzen, die Puls« klopften und flogen wie im Fieber, ihr warS, als sei das Schicksal an ihrer Tür vorbeigeqangen. . „ES war der Hannsseck. Mutter." „Ja. der Brieftrnacr . . ." Atemlos horchte Fra« Mechthild hinaus. Als sie den der ben Schritt ihrer Cchwnacrin vernahm, griff sie vnwillkürlich dach dem Herzen. Mit weit anfacrissenen Angen sah sie ihr ent gegen. Nls sie eintrat, rief sie in nervöser Hast: .Es ist ein Schreiben da an dich, aber die Handschrift ist mir nichekannt?" Zöaernd reichte Fran Emma den Brief ihrer Schwägerin; eine dunkle Ahnung sagte ihr: er bringt nichts Gute?. Die Wangen der jungen Frau glühten auf, als sie dcn Brief enlgcgcnnahm. Mit unruhiger Hast drehte sie ihn um und um, der Brief war nicht von ihrem Manne. Er kam aus Schott land, war in Rußland, in Oesterreich gewesen, überall dort, wo sie vorher mit ihrem Manne geweilt. Von Post zu Post war der offenbar falsch adressierte Brief gegangen und hatte sie schließ lich doch erreicht. Er war sck-on viele Wochen alt. Scheu sah sie ans das Schreiben, deutlich empfand sie eS. es brachte ihr Unheil. ..So mach ihn doch ans!" drängte Emma. Ein feierliches Schweigen entstand, oller Augen fahen nach dem Briefe, den Mechthild umständlich öffnete, als könne sie so das Unheil bannen, daß auf sie lauerte. Sie entfaltete das Schreiben, laS es und brach lautlos zusammen. Erschrocken rief Frau Emma nach der Magd, trug mit ihr die Bewußtlose anf das Bett, schickte nach dem Arzte, HÄte Essig und rieb die Schläfen der Bewußtlosen. Karola wich nicht vom Bett der Mutter. Sie hatte ihr Aermchcn unter den Kopf der Heißgeliebten geschoben und sah ihr unverwandt ins Gesicht. Endlich erwachte Iran Mechthild aus ihrer tiefen Ohnmacht; ein fremder Glanz log in ihren Augen: »Kind," flüstert« sie mit einem Lächeln, dav nicht mehr von dieser Welt war, „rufe mir dcn Priester. Ich möchte die Reise zu meinem Hermann nicht ohne Wegzehrung antreten." Da sah auch Frau Emma den tiefen Ernst der Stunde. Sie sandte Lotte nm den greisen Pfarrer, traf schnell die nötigen Vor- bereitungen zu seinen. Empfange, stellte das Kreuz aus. steckte die Kerzen an. Heiter, mit einem Lackeln auf dcn erblaßte« Lippen, ging Frau Mecktbild ans der irdischen Welt. Tot, die Mutter tot . . . nie im Leben vergaß Karola den Eindruck, dcn dieses Wort auf sie machte. Totl ... sie schrie es gellend heran». Der Schmerz wüblte in ihrem jungen Blute, wollte ihr die Brust zersprengen. Nie. nie mehr sollte sie die geliebten Augen sehen! Sachte zog sie di« Lider über die ge- brochenen Sterne, lief dann hinaus uick schrie es in die Winter» Pracht: »Die Mutter ist tot . . ." Wer schildert die Not. die zurückbleibt auf Erden, wenn eine Mutter stirbtl — Frau Emma zog Karola Trancrkleider an, die groß und schlotterig rvaren, weil sie jahrelang halten sollten. „Die Sachen sind teuer!" sagte sie ihr, während sie das lose Haar auf dem Wirbel fest znsämmenband und in steife Zöpfe stocht. „Du darfst jetzt nicht mehr so liederlich gekämmt herum laufen, mußt ernst und gesittet werden, denn du Haft niemanden» der sür dich sorgt. Ich will dich nicht verlassen; aber zur Prin zessin kann ich dich nicht erziehen." Karola erschreckte der harte Klang ihrer Stimm«. Ihr war bitter weh zumute. Sie war so allein, niemand kümmerte sich unr sie. Traf sie ja ein Blick der Traucrgäste, so sah sie darin nur Neugierde: Das also war die Tochter der schönen Fremden, die ihr Mann verlassen hatte! „Rein, nicht verlassen — verunglückt ist er, in Schottland, bei einer Felssprengung!" hieß es entgegen. „Krau Schmidt weiß es genau. Seiner Frau sst darüber das Herz gebrochen." DaS Herz gebrochen... die Worte allein hafteten in Kc» rolas Gedächtnis. Wie furchtbar mußte das Leid sein, das Herzen brechen ließ! Sie saß in einem Winkel der Trancrstnbr. Sie grübelte darüber nach, wie wohl ein Herz brechen könne, »nd weinte still vor sich hin. Währenddessen schmausten dir Trauergäste au reich be setzter Tafel. Ein Gesurre und Geflüster ging hin und her. Gruselige Geschickten wurde« erzählt, die sich hier oder dort ein mal zngetragen batten; dazwischen wurde die Pächtersfrau be- danicrt: Daß Mädel bleibt ihr nun auf dem Halse... so ein« Last! ES ist gerade kein Vergnügen, fremder Leute Kinder zu erziehen! Und gar die — nicht einmal stricken kann siel . . . Der Nachbarin blieb der Bissen im Mund« stecken, vor Er staunen: „Nicht einmal stricken — was Sic sagen . . .1" «Ja. jo, so ist eS; sie kann beute noch nickt stricken ... so «in großes Mädchen — denken Sie sich " Die Sprecherin, eine sebr beleibte Frau, beladev mit Ketten und Rinnen, pnifte ihre Nabborin in die Seite und sab sie herausfordernd an. Dir führte eben ein großes Stück Kucken in den Mund; sie nickte nur aufmrmternd mit dem Kopfe. Niemand kümmerte sich nm Karola. Völlig tuttassrn fühlte sie fick. Kurt, der sich zwischen den Gästen hek"mschlich und von jedem Teller naschte, entdeckte die Einsame. Mit der rasckien Auffassung der Iuaend batte er eS sofort begriffen, daß Karola durch den Tod der Mutter völlig abbängig geworden war von der Tüte seiner Mutter, daß sie sich nicht wehren durste, wenn er sie kränkte. So sagt« er zu ihr: „Du, setzt hast du uns zu folgen . . . hörst du . . . jetzt mußt du tun, was wir wollen. Mutter kann dich ans dem Hanse iagen. wenn cs ihr paßt." Karola gab ihm keine Ant wort; aber ihre Augen sahen ihn furchtsam an. Dieser Augen blick zeigte es ihr. wie hilflos sie war! lFortsetzung solgß
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