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Nr. LS4 LS. Jahrs Mittwoch, deu 9. Juli ISIS abends tdelchäftsstsUe und i» Dresden »A. <0, Holbetnsirutz« Fernsprecher 21 üvr, L'ostfcheckkonto Leipstp »,»«,»»»«»», «»«sab» « mit «Mistr. «rUaa, VIert«ItL»rN« ».88 gn Dresden und -an» Deutsih. «and fre, tz-u» 8.8« 1» in Oesterreich ».«. X. «,«, »» » dtrrtelsLhrU« ».88 In Dresden und -an, Deutschland frei -au» I.— 4» tn Oesterreich 8.8V ic. »tnsel.srmmnn L« 4. »8 «Schach, «olk,,ettur^ erscheint an -Um Sti,j««ne» > Annalime donGrla ',e 1>Ichr, do» Jai»Uie»au»citn» !»» j> »hr r^a«. PretS sür dir Petit kpnit,ri!ert> ».im 8«kla> mctcii l ^r, nainilien stuzrigeu !>V 4- gür undeutlich geichriebeue, sowie durch Fern- iprechcr ausaegebcne Anj> !,ie» tümien wlr di« Peraiiiwurlltchkcit siir die Suchlii-keit de» LezteS nicht übernehme». Sprechstunde der Redaktion, I l —1» Uhr vormittags. Einzige Kachslischs WsgeSzÄARKi >B- G«s Wx z Attssabr ^ miß MrrstttertW MtWtzsMmgsKMas^ Mch MM. WschMbßMKhe UMMviKM. !k- E E WschMchGMg^ Stimmungsbild aus der Natinnal- nersammlung lVon unserem parlaincntarischen Vertreter) .. W e i m a r, 8. Juli. Tie deutsche Nationalversammlung steht heute im Zei- iten großer Erwartung. Neichsfinanzminister Erzber ger hat den Abgeordneten die von seinem Vorgänger Ternbnrg bereits qnsgearbeiteten Steiierentiviirfe zngehen lassen und will sie heute selber vor dem Hanse begründen. Zur Sicherheit des Ministers, der in den kritischen Iuli- tagen nach der Abstimmung über den Friodensvertrag bei nahe Gegenstand eines Attentates geworden war, hat eine starte Polizeitette, ve>stärkt durch zaglreiche Truvvenabte!- lmigen, vor dem Nationaltheater Allsstellung genommen. Alle Besucher des Hauses, sogar die Abgeordneten müssen ibre Ausweise vorzeigen, ehe sie dnrchgelassen werden. Das Hans selber ist üverans stark besucht. Am tzig.ernngsti'che sitzen bereits geraume Zeit vor Beginn der Beratung Mi nisterpräsident Bauer und die Minister E rzbe r g e > , M ü l l e r, N o s k e, B e l l und Mane r. Besonders zahl reich sind auch die Negiernngsbeamten vertreten. Tie Ab geordneten sind fast restlos erschienen. Auf den Tribünen hat eine große Menge Zuschauer Platz genominen. Kurz nach 2 Uhr eröffnet Präsident Fehr e n b a ch die Sitzung. Ein von Frau Agnes und ihren unabhängi gen Kollegen einoebrachter schleuniger Antrag, der die Ein stellung des Verfahrens gegen Eichhorn, den unrühm lichst bekannten Berliner Polizeipräsidenten, fordert, wird auf Antrag des Abg. Wurm von der gleichen Fraktion olmc Debatte an den Ausschuß überwiesen. Einige andere An träge, die gleichfalls noch ans der Tagesordnung stehen, werden nach einstimmigem Beschluß des Hauses auf später verschoben. Fehrenbach erteilt hierauf dem Reichsfinanz- ^ minister Erzberger das Wort. Im Hanfe, in dem bis dahin noch ein starkes Stimmengewirr vernehmbar war. tritt sofort große Stille ein. Nur die Dentschnationalen lömieu nicht umhin, den Minister mit lautem Zischen zu begrüßen, dem aber ans allen Parteien, selbst von oer äußersten Linken her, ein entrüstetes „Ruhe" nach den dentschnationalen Bänken hin folgt. Nachdem es Fehrcn- bach gelungen ist, die Ruhe wieder hcrznftellcn, betritt Erz- iüerger die Rednertribüne, bewappnet mst -unein ziemlich nm- fangreichen Manuskript In über eineinhalbstündiger Rede begründet Erzberger die neuen Steuer-Vorlagen. Wir ver westen ans den nachfolgenden ansführ',üben Bericht. Ohne die Mitarbeit aller Parteien des Hauses sei es ihm nicht möalich. sein Amt so zu führen, wie cs das Wohl Tentsch- lands erfordere. Er müsse daher an das ganze Hans appel liere» und »in treue Mitarbeit ersuchen. Ans allen Par teien schallen ihm zustimmende Zurufe entgegen, nur die dentschnationalen verhalten sich still. Ein lebhaftes Brava ! erbraust durch das Hans, als Erzberger die Versickerung abgibt, daß er ein Fein) des Staatsbankerotis sei und un ter allen Umständen für die Sicherung der Kriegsanleihen eintreten werde. Steuerliche Begünstigungen könne er zwar siir die Kriegsanleihen nicht in Aussicht stellen, wohl aber werde er dafür Sorge tragen, daß die Kriegsanleihe auch in Zukunft bei Zahlung gewisser Stenern und beim Kauf von Hee'-csgnt bevorzugt werde, aber nur für die Zeichner, nicht aber für die Speknlationskänfer. Wiederum braust ein lauter Beifallssturm durch den Saal. Im weiteren I Verlaufe der Rede nennt Erzberger den Vizekanzler der lAcra Bethmann Hollwegs, den damaligen Staatsministci Helfferich, den leichtseistigstcn aller Finanzminister, der jan dein finanziellen Zusammenbruche Tentschlanbs die igrößte Schuld trage. Diese Ausführung entlockt bei den »bürgerlichen Parteien sowohl wie bei der Linken stürmische iBcifallsnifc, während die Dentschnationalen sich entriissst Ivon ihren Plätzen erbeben, drohend ihre Fäuste nach der lAiclstmig der Rednertribüne ansstrecken und immer wieder liu erregte Pfni-Rufe ansbrechen. Eine gewaltige l!n- Irube kommt im Hanse znm Ausbruch. Tie bürgerlichen Imid sozialistischen Parteien brechen von neuem in laute Bei- Isallsrnfe ans und schlendern den Dentschnationalen, die snmner wütender ihre Pfuirufe wiederholen, ein viesttim- Ewiges „Raus" entgegen. Fehrenbach sieht sich veranlaßt, cinzngreifen, doch gelingt es ihm erst nach längerer Zeit, ' die Ruhe wieder her-,»stellen, w daß Erzberger sortiabren kann. In Anbetracht der Notlage d> dent'chen Finanzen bittet der Minister die Abgeordneten, die eingeganaenen Stenerentwürse noch vor den Ferien zu erledigen, damit sie alsbald in Kraft treten tonnen. Ein jeder, ob reust oder arm, trage eine reichgespickte Geldtasche mit Banknoten mit sich herum und im Interesse des ganzen Voltes liege es, wenn die Börse möglststsi bald ans steuerlichem Wege er leichtert würde. Tiefe Ausführung entlock! natürlich im ganzen Haute stürmische Heiterkeit. Für die »ärstsle Zu kunft stellt Erzberger weilere Sienervorlagen in Ansncht. Ein Trost in unseren Finanznölen sei, daß die ganze Welt mit Tentichland mit leiden mistse. Ter oberste Grundsatz für das ganze deutsche Volk sei in Zukunft der: Sparsam keit bis an^s äußerste zu üben. Nur wenn wir alle restlos dieses Gebot erfüllen, iönnen wir der schwierigen Lage, in der wir uns seist befinden, Herr werden. Erzberger ist am Ende seiner Nrde angelangt. Ein vielstimmiger Beifalls ruf schallt durch das Hans, den die Tentschnationalen durch lautes Zischen zu übertönen versuchen. Entrüstet wenden sich die bürgerlichen und sozialistischen Parteien nach ibn.-n um und brechen in lairteS Beifallsklatschen ans. Weimar, 8. Juli. Uni der Tagesordnung steht die erste Beratung den Stcuergesetze in Verbindung niit der Inte'pellation A„er nnd Ge» (Nnabh.) bctr. steuerliche Erfassung der Knegs- gelvinne nste Reiche >,stilisier der Finanzen Erzbcrgcr ergreift das Wart. Ter Krieg ist der Verwüster der Finanzen. Ter hinter nns liegende Weltkrieg ist der erfolgreiche Schrilcma.cher des Weltkanl'iirses. Ta ich die Ehre habe, daß erstemal als Neichsfinanzminister vor Ihnen zu sprechen, lege ich ein offenes Geständnis ab: zweimal nur in meinem polst!'chen Leben bin ich erschrocken, das einemal, als gegen ineine Er wartung und .gegen verherige Verabrwnng der Reichs kanzler am 5. Neven-bcr l!st8 mich mit twr Fübr.mg der Wasfevslillstandsvcihana.in'gen beanftra ge es . a > er- n'ittags l2 ll.br n::d abends 6 Uhr musste ich :ä.--i'e.>> mst nnbetänntem Ziel und mit dem bindenden Auftrag, dem deutschen Volk den Waffenstillstand unter alstn llmnmlen zu bringen. Ten zweiten politischen Schreck erlebte Wb am 21. Juni 1919, als der Reichspräsident zu meiner großen Ueberraschiing mich ansforderte, das Neichssinanzminislerium an übernehmen Tie Bedenkzeit war kurz; ich musste ja aaen. In der schwersten Stunde des Teutschen Reiches habe ich w das schwerste Ressort übernommen. Ich erbitte die Mitarbeit aller derer in diesem Hohen Hanse, ai.>. mit mir darin einig sind, daß es jetzt nur eine Aufgabe gst" anf- zubanen. Eine vesentliche Voranssehnng für den Wieder ausban des sw etlichen Lebens sind g^ardnete Finanzen. TarilN! ist die ?>stc Arbeit beim Wieaeranfban eine grundsitgendc Finnnzr'.svri». Keine Rettung bringt der S t a a t ? b a n k r o l t: den>i Staatsbankrott ist heilte Volksbankrott im Innern und nimmt Tentschland im Auslände jeden Kredit. T > e R a t - s ch l i g e a n s A n n l l i e r n n g de r ,K r iegsanle i li e o d e'- V e r k ü n d i g >! n g des all g e m e i n e n B a n k - rctts m a che ichnicht m i t. Ter Zinsewdienst siir un sere Kriegsanleihe muß aesickert sein. Tie Kstcgsanleihe ist von den breitetest«.'» Volksschichten äusgrbracht worden. Hierüber muß man sich klar sein, wem man von der Ein stellung der Zinicnzahlnng spricht. Solche Maßnahmen würden'diejenigen schädigen, die dem Vaterlande in der höchsten Not geholfen haben. Pflicht ist cs, die ganze Kraft dafür einznsetzen, daß der Zinsendieiist der Kriegsanleihe geleistet werden kann. Steuerliche Begünstigungen kann ich siir die Kriegsanleihe nickt in Aussicht stellen, wohl aber ivird dieselbe auch kiinstig bevorzugt werden bei Zahlungen gewisser Stenern und beim Kauf von Heeresgnt. Gerechtigkeit ii» gesamten Stcncrwescn «zu schaffen, ist mein oberstes Ziel. Gerechte Stenern stellen eine rasch wirkende vorzügliche Soziali sierung dar. Tas Kapitalcinkommen muß dabei eine erhebliche Vorbelastung vor dem Arbeitseinkommen er- fahren. Her damw.ee tszelae nair-mimsirr. Hi- its:n: 'e. b.-g.- r.m. den mmren t' die die wt stiroi ! e des : erngste aller Fi- e - - il- l at die- : a a -.v'v.oelien, ? na.lion.sten Zn- nn'.e:! -sie,!. - -.! '. i-::.e:l;na e/ ,-g e.-wea. l'.erbei jene rüb ist'vlie Winiel e.:' > der da::: Ii-en Regieriii-g zu -:::äbnen. die re u len Hde .'-.Neu des denlicken Polles 'o iebr wst: de: t.. und de;- : säcklichfter Träger er nar. Wir sieben am Arstltist: des Krieges und, wie wir Possen, am Beginn de.- -Wie'e- nst- banes der sikatio». Zsieben wir die innere Bilanz, w l raei^ wir ans -er einen Seite ethische und Plwsische VeW 'w. e en inw Bein'üiu.ngen an Vlenierenlepe» und Men ä -' strast, an plnisiscken und morali'chen Werten, Verarmung n. r : r clendnng der initiieren nna naieeen Sw-ickt'.'» n:i :. - n: die Not des Krieges am drückendsten gelastet ha!, ni'd - lw- senlgewimie, KonioUdierni'.g des Kapitals, Reichtn n. La.:ns, Wohlleben und nngeschmäle'-ter-Besilz des größeren Tei.es der bisher herrichenden .st-laisen ans der anderen -ei!e Ei» gister Finanzminister ist der beste So.ziali--erii.-g>?- minisier. Solche Sozialisierung tut uns bitter na.. E i n. g nles Stück Sozialiiie r n n g ist alle»di - b e -- reitS va11z o g e n worden. Tas Steigen der A s- ts- lölme nnd das Fallen des (ileldivertes s>> d die größte Sozialisierung, die die Welt l-mrst Erbschaftssteuer und große Vermögensabgaben sind der erste einleitende Schritt: andere inerden folgen. Ter große Stenersonverän der Zukunft kann nur da? einige Deutsche Reich sein, das in seiner Ew.deit und Geschlossenheit ans dem Kriegsznsammenbrlw al ten die vornehmste Ausgabe der jetzigen Regierung v a w> ist. Tie E r h a l t n n g des Reiches war der Preis für die Unterzeichnung des entsetzlich harten, i-.ngereck.nm w- dcns. Dieses kostbare Gut unserer Väter, der deutsche Na tionalstaat, muß leben nnd sich entwickeln können, stazw braucht das Reich ein neues Ttzstcm der Stcuervrdliung. Drei Stenerglänbigern ist der deutsche Bürger an..-Vetzl Reich, Gliedstaat, Gemeinde. Tie Einnahmen des Ruches müssen uni Ml vom 100 gesteigert werden, die der Einzel staatcn und Gemeinden um vielleicht lOO vom >00. VsteW Riesenverichiebnngen heischen neue Maßnahmen. Tie Ge- meinsamkeit der Interessen von Reich, Gliedstaaten und! Gemeinden wird es mit sich bringen, daß es günstige Sv- nu- inseln in Tentschland nicht mehr geben wird. Können wir den N i e s e n b c d a r f der Z n k nnsr ansbringen? Wir müssen ihn ansbringen! Ter Bedars des Reiches scheidet sich künftig in a) I n land s beda r i , i>) W jede r g n t m a ch » n g. Tie voraussichtlichen Jahre, - ansgaben werden sich aus rund 17H Milliarden belaufen. Tie Höchstsnmme für die Wiedergnlmackung konnte lrog aller Venu'ihnngen im Friedensvertrage nicht festgeliellt iverden. Ich bin fest entschlossen, de» Wcg der harten Sva- - sanikeil zu gehen. Darum habe ich sofort die von me mau Amtsvorgänger bereits vorbereitete Parole ansgegeben, daß vom 1. Oktober 1010 ab es keine Panscklontcn »na .arieas- sonds mehr gibt, daß die .u rieg s s i n a n z:» irl - s cl, a s l ans b ö r l und daß zur g e r e g e lteu e? l a ! « Wirtschaft znrückackehrt werden muß. Ter erste Ln:> satz ist: Keine improdnktivc» Ansgabe» mebr. Tarnai mnßj auch der sachgemäße Abbau der Arbeitslosennntei'Nitznz,., ins Auge gefaßt werden. Lohnende Arbeit, nicht A.-Heit— losenimtcntützimg ist das Ziel., Wie soll der (öesansta'darf gedeckt iverden, den ich für Reick, Einzelslaaten nnd Gwu.-s den init rund 2si Milliarden stlsiust bezii'ern dari? T>e lausenden steiierlicken Reickseinnalmien vor dem nrie-ge be trugen nicht ganz 2 Milliarde» Marl. Von lOstl bis sisist sliid während des Krieges an den lausenden neuen Ei - nehmen erschlossen morden 1000 Millionen Mark, vue: r treten an einmaligen Abgaben der Ertrag der Kriegsge.auw- stener nebst Zuschlag in Höhe von 0,7 Milliarden Mark und die Kriegssleuer für 1018 „lit etwa 2 Milliarde» Mari. Tie »en vorliegenden Sstnerenuvü! je sollen dem Reicag weitere 1200 Millionen Marl Einnahmen bringen in s ferner einmalige Einnahmen, die eine dauernde Hinzniv ' - ins nur 000 Millionen Mark verwrecken. Es ist also iw.l, die Summe von mehr als 10 Milliarden Mark zu del m. Zwei große neu e. Stener n nähern sick im Finav > miiiistcriniil ihrem Abschlnjse »nd ich beabsichtige, sic nach /st /st/§0 ^S/j§, /6> ^05/>7S/7, - ^//L7/,/77s/7/77/,5, 6/^e^s§ ' st- !!lj n!;-Ws W -rl