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des Mandats vorzunehme» sind, da die Forderung, keinen Wahlkreis im Reichstage länger unvertreten zu sehen, als es die Vorbereitungen für die Ersatzwahl erheiscl)en, de- rechtigt sei. Wenn diese Frist nicht ausreicht, soll die Ersatz wahl nicht über die Frist von höchstens !X) Tagen hinaus geschoben werden. — Ter preußischen Negierung wurde am 19. JuK 1070 von der Negierung des französisck)en Kaiserreiches die Kriegserklärung überreicht. Am gleichen Tage eröffnet»! .König Wilhelm den norddeutschen Reichstag mit einer würdevollen Thronrede, in der es heißt: „In dem gerechten, uns aufgenötigten Kriege wird (Hott mit uns sein, wie er mit unseren Vätern gewesen." Und heute vor -10 Jahren knieten König Wilhelm und sein Sohn Kronprinz Friedrich ani Grabe der geliebten Mutter und Großmutter Königin Luise, die am gleichen Tage vor 00 Jahren heimgegangen war aus Gram über die schweren Leiden, die Napoleon l., der Luke! des Friedensbrechers, einst den Landen zufügte, und beteten daß der Herr der Heerscharen den deutschen Waffen, die zur Abwehr erhoben werden mußten, seinen Segen gebe. Ter 10. Juli wird daher für die deutscl>e Ge schichte stets von großer Bedeutung sein. Tie tiefe Te- müligung, die Königin Luise durch Napoleon I. erfahren hat, mußte sein Enkel Napoleon lll. sühnen. Mit berech tigtem Stolze gedenkt das deutsche Volk heute der großen Zeit von 1070/71. Aber es sollte auch niemals vergessen, daß nur durch die Einigkeit der deutschen E t ä ni »i e die großen Erfolge dieser großen Zeit er rungen worden sind. Tic Abschaffung des Einjährigcnprivilegs wird von ein- r Reihe von Zeitungen gemeldet. Tieje Nachricht ist in allen Teilen unzutreffend. Man geht vielmehr im Kriegsniiuisteriunl nut dem gerade entgegengesetzten Ge danken um und will das Einjährigenprivileg erweitern und zwar zugunsten des Mittelstandes, für Mittelschulen, Kuustgewerbeschuleu uiw. Bisher dienen die 12 000 Ein jährigen nmsoint: ne erscheinen nicht im Etat, man ver schweigt sogar ihr Tasein, wenn es sich um die Berechnung des berühmten einen Prozents der Bevölkerung handelt, das die Friedensstärke unseres Heeres abgeben soll oder wenn man unsere Friedensstärke init der unserer Nachbarn vergleicht. Wenn sie aber hinfort zwei Jahre dienen müssen, so kann man diese Pflicht doch nicht mehr umsonst und auf ihre Kosten verlangen. Ter Etat unseres Heeres wird dann mit einem Schlage um (2mal 12 000) 21000 Mann steigen, was einer Mehrausgabe von über 00 Millionen Mark jährlich entsprechen würde. Woher aber solle» denn die Reserveoffiziere kommen, die man im Ernstfälle absolut nötig braucht':' Man kan» doch nicht von einem Manne fordern, daß er erst zwei Jahre voll dient und daun, falls er zum Oifi-ier tüchtig ist, nochmals -10 Wochen Ofsizicrs- übungen ans seine Kosten inacht: das würde ein Heidengeld kosten. Wir sind daher mit der Heeresverwaltung nicht für eine Beseitigung des Einjährigenprivilegs, sondern für eine Ausdehnung und Erweiterung desselben zugunsten des Mittelstandes. Ncichssinanzrrsorm und Knssechandcl. Ter Hansa- bnnd verbreitet folgende Notiz, wonach die Erhöhung des Kaffee-.olles verheerend gewirkt haben soll: „Allein für die ersten fünf Monate des laufenden Jahres ergibt sich gegenüber de» beide» Vorjahren eine Mindereinsnhr von II020I bezw. I 15071 Tovvelzentnern. Naturgemäß entsprechen auch, wie ja vorausziisehen war, die durch die Kasseezollerhöhnng erzielten Zollerträge in keiner Weile den optimistischen Erwartungen der Schöpfer der Reichsrinanzresorm. Während in den Monaten August bis einschließlich Mai >007/00 der Ertrag aus dem Kaffeezoll 00 Millionen Mark, in den entsprechenden Monate» 1000/00 -rwa 70 Millionen Mark betrug, wurde in der selben Z"i! 1000/10 eine Einnahme von nur 71,0 Millionen Mark erzielt." Tiefe Angaben sind mit der größten Vorsicht aufzn- nehmen. Znnächst kann man die ersten fünf Monate des Vorjahres gar nicht i» Betracht ziehen, denn sie standen unter abnormen Verhältnissen. Ter Großkaiismann wußte, daß der Kasfeezoll erhöht würde: er führte also ein, so viel er konnte. Tie an einigen Lite» begangenen Zolldefrau- dationen zeigen klar, daß ungeheuere Mengen vorher ein geführt worden sind. Ter Käufer hielt es ebenso: in manche» Familien hat man sich auf ein halbes und ei» ganzes Jabr mit Kaffee versorgt: wir kennen Familie», die sich mit Kaffee und Zündhölzern förmlich ver barrikadierten und heute noch von dem Kaffee nehmen, de» sie vor der Zollerhöhnng gekauft haben. Gerade wegen dieser starken Voreinfnhr hat das Jahr 1000 auch mit einem lleberichnß von 00 Millionen Mark abgeschlossen. Es ist daher ganz selbstverständlich, daß nach dem Inkrafttreten des höheren Zollsatzes (l. August 1000) die Einfuhr zurück gehen mußte. Ist es aber so schlimm, wie der Hansabnud es darstellt? Von August bis Tezember 1000 wurde» ein geführt 102 000 Doppelzentner, von Januar bis Mai 1010 (neuere 'Nachweise sind nicht da) 007 000 Toppelzeutuer, zu sammen also in nenn Monaten rund 1 200000 Doppel zentner, das macht in zwölf Monaten insgesamt 1000 000 Toppelzeutuer aus. Von 1000 >000 aber sind im Durch schnitt 100 100 000 Tonnen eingeführt worden: in der Zeit nach der Zollerhöhnng rund >00000 Tonnen. Diese Wenigereinsuhr ist ganz leicht erklärlich, wenn man die Voreinfuhr in Betracht zieht. Von Januar bis August wurden eingeführt im Jahre 1000 107 000 Tonnen, nn Jahre 1000 aber I710l>0 Tonen, d. h. 07 000 Tonnen mehr als das Jahr vorher. Rechnet man diese lediglich auf die Zollerhöhnng znrücksühreude Voreiusuhr dem Jahre 1000/10 zugute, so findet man kein Zurückgehen der Ge samteinfuhr, sondern eine gleichbleibeude Verkaufs»»'»,»'. Tie Folgerungen des Hansablindes sind also i» jeder Hin- sicht falsch: man sollte nicht annehiiien, daß gerade eine Organisation der Banke» so elementare Grundsordernngen der Handelsstatistik außer Betracht lassen könnte. Ter obcrbnhcrische Landtagswahlkreiö Aichach- Dachau wurde von dem Zentrumskandidaten Parteisekretär Melschner behauptet. Trrnbnrg — Ehrendoktor der Münchener Universi tät. Ter frühere Staatssekretär Bernhard Ternburg ist von der staatswirt schaftlici)en Fakultät der Ludwig- Maximilians-Universität in München zum Ehrendoktor er nannt worden. Tie Promotion, von der man erst jetzt er- fährt, ist bereits vor 14 Tagen erfolgt. Ter Text des Diploms lautet in deutscher Uebersetzung: „Bernhard Ternburg, dem erfolgreichen Kaufmann, der als Minister durch die Verbindung richtiger öko nomischer Gesichtspunkte mit humaner Behandlung der Eingeborenen die deutschen Kolonien in Afrika aus einem verlustbringenden in wertvollen Besitz des Vaterlandes zu verwandeln verstanden hat." Sollte die Fakultät die Sache nicht etwas zu sehr durch eine rosenfarbene Brille betrachtet haben? In Hardens „Zukunft" wird an ein Urteil über Bismarck erinnert, das Graf Anton v. P r o k e s ch - O ste n. der gleichzeitig mit dem „Eisernen" Oesterreichs Präsidial gesandter beim Bundestag in Frankfurt gewesen war, ab gefaßt hat, es lautet: „Für Herrn v. Bismarck, der durch und durch nur Preuße ist, existierte kein anderer Standpunkt als der des preußischen Interesses. Er würde, wenn ein Engel vom Himmel herabgestiegen wäre, ihn ohne preußische Kokarde nicht eingelassen, dagegen dem Satan selbst (zwar mit Ver achtung, aber doch) die Hand gereicht haben, wenn dieser dem preußiscl)en Staat ein deutsches Torf zugeschanzt hätte. Klar wie Macchiavelli, war er zu gewandt und zu glatt, um irgend ein Mittel zu verschmähen: und man muß ihm zugestehen, daß ihnv Halbheit nach jeder Richtung fern lag und daß er jedeSmal die ganze wohlgeordnete Phalanx seiner Mittel ins Feld zu führen verstand. Der Beruf Preußens überwältigte ihn so, daß er selbst mit mir die Unerläßlichkeit der Einheit Deutschlands unter Preußen mehrmals besprach. . ." Tiefe Charakteristik des Säkularmenschen wird durch die Taten in de» Jahren 1006 und 1070/71 bestätigt. Von Bismarck selbst stammt das offene Bekenntnis, er würde sich gegen Oesterreich nötigen Falles mit dem Teufel ver bunden haben. Warnung vor Kaligründiingcn. Trotz des neuen Kaligesetzes nut seiner Einengung der Produktion, niit seiner erheblichen Herabsetzung der Preise, mit den Arbeiter- schntzbestiinmungkn und der tatsächlich vorhandenen Ueber- prodnktion zeigt sich ein lustiges Trauflosgründen. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Zeitungen nicht die Gründung eines neuen Kaliwerkes z» verzeichnen haben, etwa 20 Werke sind in letzter Zeit neu gegründet worden. Tie glücklichen .Kalifelderbesitzer werden ihre bis zum Erlaß des Gesetzes unverkäufliche Ware reißend und zu glänzenden Preisen los. Ei» besonders blühendes Geschäft in Felderkäufen und -Verkäufen zu GründKngszwecken unterhält die Ber liner Knreusirma Lanpenmühlen u. Ko., die in der letzten Zeit allein an etlva 0- 7 Transaktionen beteiligt war. Aber auch die alten Werke können dem „Zuge der Zeit" nicht widerstrebe». Jüngst haben die Kaliwerke Aschers- lcben und Schmidtmann die in ihren, gemeinsamen Besitz stehenden Kalifelder „Gebra" an ein Konsortium verkauft, da sie selbst keine neuen Werke bauen wollen. Jetzt hat das unter Führung der Mitteldeutschen Kreditbank stehende Konsortium für die Kalifclder an der Unstrut, das mit der Westeregeln-Grnppe liiert ist, die der Gewerkschaft Richard gehörigen 11 preußischen Normalfeldcr „mit gutem Nutzen" verkauft. Ter Kaufpreis ist bar bezahlt worden. — Tie Mehrheit bei dieser Gewerkschaft ist in denselben Händen wie die der markscheidende» Neichskrone. Es ist beabsichtigt, zwischen den Gewerkscl-aften Neichskrone und Richard Aus tausche zu dem Zwecke vorzunehmeu, die Felder so zu legen, daß von den beiden inzwischen auf zirka 00 Meter nieder- gebrachten Schächten von Neichskrone der eine auf die Ge werkschaft Richard überlegt und die Schächte ausschlägig werden. Wir können nur warnen, sich an solchen Unter nehmungen zu beteiligen: denn der Krack) muß sicher kommen. Oesterretch'Ur»a«r«. — Oesterreich und die Enzyklika. Das Fremdenblatt schreibt: „Dem Beispiele anderer österreichischer kirchlicher Amtsblätter folgend, hat das Wiener Diözesanblatt in seiner jüngsten Nummer die Enzyklika «Oitm! «aap» in lateinischer Sprache Verlautbart. Die Umstände, unter welchen die Einrückung erfolgt ist, beweisen, daß eine aggresive Tendenz gegen die evangelische Kirche und ihre Bekenner in Oesterreich ferngelegen hat und die Ver- öffenllichung wesentlich nur bezweckt, den vielfach Erigen Aurlegungcn. welche eine Stelle dieser Emanation deS Heiligen Stuhles in der öffentlichen Meinung au-gcsetzt ist. entgegenzutreten. Ueberdics wurde auch nach Blätter- Meldungen von der berufensten autoritativen Seite aus drücklich erklärt, daß jedem konfessionellen Streit vorgebeugt scheine. So wertvoll diese letztere Kundgebung auch ist, so muß trotzdem festgestellt werden, daß bedauerlicherweise durch die Verlautbarung des erwähnten Rundschreibens in den Diözesanülätteru zu den zahlreichen Mißdeutungen und Irrungen, welche auS diesem Anlasse entstanden sind, nun mehr neue hinzukommen. Aufgabe aller berufenen Faktoren wird es sein, aufklärend zu wirken, um diese Mißverständnisse zu zerstreuen. Es ist sicher zu gewärtigen, daß dieses Ziel in Bälde erreicht sein wird, denn der konfessionelle Friede ruht in Oesterreich auf festgefügten gesetzlichen Grundlagen und entspricht zu sehr der allgemeinen Ueberzeugung aller Staatsbürger, als daß er durch eine Kundgebung, welcher noch dazu, wie bereits bemerkt, jeder offensive Charakter fehlte, erschüttert werden könnte." Fr««kreich. — Dir Fraktioucn tu der französischen Abgeordneten kammer. Zum ersten Male seit Bestehen des Parlamen tarismus in Frankreich veröffentlicht das „Journal officiel" genaue Angaben über die Stärkeverhältntsss der einzelnen Fraktionen der französischen Abgeordnetenkammer. Dar nach gehören gegenwärtig der französischen Kammer an: >51 radikale Sozialisten (Vorsitzender: Maurice Berteaux), 112 Linki-Radikale (Vors. Jean Cruppi), 75 Sozialisten (Sekretäre: Dejeante, Henri de la Ponto), 75 fortschrittliche Republikaner (Vors. Aynard), 73 LtnkSdemokraten (Bors. D'Jciart, D'Etchepare), 34 Mitglieder der Actton Liberale (Vors. Plou), 30 sozialistische Republikaner (Vors. Violette), 19 Mitglieder der Rechten (Vors, de LanjuinatS), 20 Un- abhängige, 6 Wilde. Zur Opposition gehören die Mit- glieder der Action Liberale und der Rechten. Im UniverS weist Franz-ot» Veutllot daraus hin, daß die Aktion Libe rale allein aus rund 50 Mitgliedern bestehen müßte, wenn nicht etwa 15 Gesinnungsgenossen Ptou» sich aus falschen OpportunitStSrücksichten von ihrem Führer getrennt hätten. A«erik«. — Nach einer Depesche der „Tribüne" au» Washington ist die Lage in Rtcaragna so verzweifelt, daß eS nur eine Frage der Zeit ist. wann die Vereinigten Staaten sich ge zwungen sehen werden, einzuschreiten, um eine dauerhafte Regierung einzurichten. Aus Stadl und Land. Dresden, den IS. Juli 1910. —' „Die Enzyklika und Zwickau." Unter dieser Ueberschrist lesen wir im „Sächs. Kirchenblatt": „Die Enzyklika des Papstes hat überall berechtigten Unwillen und entschiedene Zurückweisung gesunden. Man Protestiert überall lebhaft, und das ist natürlich, obgleich es einen sonderbaren Beigeschmack hat, wenn der „Evangelische Bund" am Schluffe seines Protestes eine freundliche Ein ladung zum Beitritt bringt und somit die ernste Lage zu Partetgeschästen auSzunützen sucht. — oder wenn die Liberalen sich der Situation bemächtigen, um ihre Partetzwecke zu verfolgen. Denn sonst steht der Liberalismus der evangelischen Kirche sehr gleichgültig gegenüber. WaS ist ihm Glaube und was er ihr, daß er um sie sollt weinen?" — Er weint auch nicht, er freut sich über das gute „Geschäft". — Ein Treppenwitz der Weltgeschichte aber ist cs, daß Zwickau so heftig protestiert, und kein Mensch dort an seine eigene Brust schlägt und erkennt, daß die Enzyklika eigentlich nicht» andere» ist, als ein Protest gegen Zwickau. Ein Treppenwitz der Weltgeschichte ist es, daß man in Zwickau so emphatisch auSrust: Gottes Wort und Luthers Lehr vergehen nun und nimmermehr, während gerade hier in Zwickau die Losung ausgegeben worden ist: „Fort mit der Autorität. Gottes Wort und Luthers Lehr, die gelten uns, den Fort geschrittenen. gar nichts mehr." Diese anmaßenden (I) und hochmütigen (!) Menschen, für die eS keine höhere Instanz gibt, als ihr eigenes, liebes Ich, die haben jene Philippika gegen Luther verschuldet. Weil der Papst falsch und einseitig unterrichtet ist, schiebt er diese Entchrist- lichung der Schule und des Lebens, die von Leuten ausgeht, die sich evangelisch nennen, der Reformation und unserem Reformator in die Schuhe, und legt sie dem reformatorischen Prinzip zur Last, während sie doch nicht etwa ausgeht von Männern, die „evangelisch wären bis in die Knochen", sondern von Abgefallenen und Abtrünni gen. aber der Papst weiß das nicht und meint deshalb, evangelisch sei dasselbe wie ungläubig, die Reforma tion sei am Ende nichts weiter als Revolution. Und da diese Bewegung zunächst au» Sachsen, dem Lande der Reformation kommt, so ist ihm diese Verbindung von dort und hier, von einst und jetzt um so sicherer gegeben, und er nimmt berechtigt Kampfesstellung ein. aber er schießt nach der ganz verkehrten Sette seine Pseile. — Ob die Entstehungsgeschichte der Enzyklika wirklich so war, weiß ich nicht, aber eS ist doch ein Versuch. sie psychologisch zu erklären. Denn „ein vollkommener Widerspruch bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Loren". Aber kein Mensch hat sich bis jetzt die Mühe gegeben, das Rundschreiben des Papstes einigermaßen zeit- und situationsgemäß zu er klären. Hier ist wenigstens ein Neminiscere./ X. O." Herrn Geh. Kirchenrat I). Meyer mag diese Fest- stellung nicht angenehm sein. Die Enzyklika ein Protest gegen Zwickau, gegen die Entchristlichung der Schule und des Lebens, ein Protest gegen die vom Glauben Ab gefallenen und Abtrünnigen! Weil der Papst det Meinung sei, der ganze deutsche Protestantismus stehe auf der un gläubigen Stufe der Zwickauer Richtung, daher zielen die scharfen Pfeile besonders nach Sachsen, dem Lande der Reformation. Diese Auffassung des S. K. B. ist eine scharfe Verurteilung der ungläubigen Richtung, die das zer setzende Element des Christentums in der evangelischen Kirche ist. * Tic „Sächs. Evaugel. Korrcsp." (Nr. 16) schreibt: „In einem eigentümlichen, zu ernsten Gedanken an regende» Gegensätze steht die allgemeine Entrüstung unserer protestantische» Kreise über die päpstliche Enzyklika zu dem vereinzelten und ungleich kühleren Widerspruche, den dis bekannten Aenßernngen des Professors Gurlitt bei seinem im vorigen Frühjahre zu Dresden gehaltenen Vorträge in der Oeffentlichkeit erweckt haben. Und doch hat es sich hier bei um eine empörende Schniähnng unseres Heiligsten ge bandelt, auf dem sich die Bedeutung der Reformation und ihrer Träger überhaupt erst aufbaut. Oder ist unsere evangelische Kirche nicht ein Teil der allgemeinen christ- licl-eu Kirche, der Gurlitt das Gewissen absprach? Hätte die Reformation irgendwelchen Wert ohne das Christen tum, das Gurlitt als „furchtbarstes Unglück der Menschheit" bezeichnet«: und ohne den „ewigen Hinweis der Kinder auf (Hott", den er als „süß und sabbrig" zu verspotten wagte? Die Staatsanwaltsclwft hat gewiß ganz korrekt nach dem geltenden Rechte gehandelt, wenn sie das gegen Gurlitt ein- geleitete Verfahren einstellte, „weil seine Aenßernngen zwar gegen die christliche Kirche und deren Gebräuche Miß achtung ansdrücken, dies auch in zum Teil scharfer, znm Teil geschmackloser, nicht aber in roher, das Verletzende be sonders hervorhebender Form tun". Wer sich jedoch aus wirklicher Liebe zum Evangelium den Protesten gegen die Enzyklika angeschlossen hat. der sollte es sich folgerichtiger- weise mit noch viel größerem Eifer angelegen sein lassen, solchen Schmähungen, wie die von Professor Gurlitt vorgebrachten, offen entgegenzutreten und auf dem Wege der Gesetzgebung wirksam vorzubeugen." Vom „Evangelischen Bund" kann das nicht erwartet werden. Dieser sicht nicht in dein religiösen Bekenntnis de» Protestanten, sondern, wie die „Deutsch-Evangelische Korrespondenz" schrieb: „Sage mir, wie du zum Zentrum stehst, und ich sage dir, ob du ein deutscher evan gelischer Christ bist." Zu diesen geradezu unglaub- liclym Satz bemerkt der „Nordhannov. Landesbote": „Das scl-eint also das ganze Glaubens- bekenntnis der „Deutsch-Evangel. Korresp." zu sein.