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und Kartenspielen verbracht. Er wagt sogar zn behaupten, die ganze Be sitzung sei sein Eigentum. In Bälde soll er heiraten; das Studierzimmer der Kinder ist für seine zukünftige Iran bestimmt." Pepas Widerwillen gegen diesen Menscheil konnte sich kaum vergrößern, aber sie wurde mir umso ungeduldiger, von ihm befreit zu werden. Allein Herr Johannes lies; sich durch kein Bitten bestimmen, etwas zn übereilen. 13. Kapitel. Wir wissen, wieviel Maria Angela ansznstehen hatte. Und doch stand ihr noch eine schwere Prüfung bevor, eine Sorge und Angst, die ihr bisher erspart geblieben. Man braucht wohl nicht hervorznheben, das; von allen Geschisteru der kleine Peter ihr am meisten ans Herz gewachsen war, wie er durch sein artiges Wesen die Liebe aller zn erringen verstanden hatte. Eines Abends, als sie ihn zn Bett brachte, hatte er ein Heikes Köpfchen und glühende Hände, auch fing er an zn husten. Da die Familie sich den ganzen Tag in demselben kleinen Raum anfhielt, dessen Luft außerdem durch den Kohlendnnst verunreinigt wurde, so war es unerläßlich, von Zeit zu Zeit ein Femter zn öffnen. Am vorhergehenden Tage hatte Ponpee nach dem Mittagessen — das ans einem großen Krautkopf bestanden — ein wenig Zugluft gemacht, um den nnangenehmen Geruch zu vertreiben, ehe sie sich an die Nachmittagsarbeit begaben. Da es bitter kalt war, wies sie die Kinder so lange in das Nebengelaß, Hier war freilich kein Ofen, lind dem Knaben behagte es nicht. Er entschlüpfte und stellte sich mit bloszem Kopfe an das offene Fenster. Maria Angela fand ihn dort, als sie "in der Küche aufgeräumt hatte. Natürlich bekam er eine gelinde Rüge — doch das Un glück war geschehen. Er hatte sich erkältet. Heftige Hnstenanfälle schüttelten ihn. und je mehr die Nacht vorrückte, umso rauher wurde die Siinme. Ponpee, die an seinem Bettchen wachte, wickelte ihn in Decken und nahm ihn ans den Schos;. nachdem sie den Ofen ein wenig geschürt. Dann und wann flößte sie ihm heißes Znckerwasser ein — sic hatte leider kein besseres Mittel zn ihrer Verfügung. Gegen Mitternacht schien der Knabe nicht mehr ordentlich atmen zn können, seine Angen verdrehten sich. Maria Angela war außer sich vor Schrecken. Den Vater mochte sie nicht wecken, denn welche Hilfe hätte der arme Blinde ihr leisten können? Ed wäre eine unnütze Grausamkeit gewesen, ihn dem Schlafe, dem milden Tröster, zn entreißen. Aber Ponpee fühlte ihre Ohnmacht, ihre Unerfahrenheit. Wie? wenn sie ihre Nachbarin, Iran Radin, die so viele Kinder gehabt, um Rat fragte? Sie nahm ihre kostbare Bürde auf und klopfte an die nächste Tür. Aber müde Arbeiter haben einen festen Schlaf. Es dauerte lange, eye das Paar Poupecs wiederholtes Pochen bemerkte. Endlich rief Radin: „Wer ist da?" „Ich, Maria Angela, der kleine Peter ist krank und ich weiß nicht, was ihm fehlt. Frau Radin kann mir vielleicht helfen?" „Wir kommen schon," hörte man JustinenS Stimme. Gleich darauf öffnete sich die Tür und Frau Radin erschien, notdürftig bekleidet. Sie nahm den Kleinen in die Arme und kehrte in die Stube zurück, wo jemand die Lampe angezündet hatte. In diesem Augenblicke hustete Peterchen. „Um Gottes willen," ries die erschreckte Frau, „das Kind hat den Eronp." „Den Eronp?" rief Ponpee. „Ja, und zwar im höchsten Grade." „O! was können wir tun?" „Zuerst ein Brechmittel eingeben und dann schnell den Doktor holen!" Im Nu waren alle auf den Beinen. Jeder bot seine Dienste an ohne Rücksicht auf eigene Müdigkeit. So sind die Armen. „Ich laufe auf die Polizeiwache." sagte Radin, der seiner Frau gefolgt war. „während Justine in die Apotheke gehen kann." Während letztere sich die Arznei verabfolgen ließ, hatte Radin große Mühe, auf dem Posten den wachehabenden Doktor zu wecken. Frau Radin versuchte derweil, ohne sich um die Ansteckungsgefahr zu kümmern, ihre Finger, so weit es anging, in den Rachen des Kindes einzusühren. Es ge lang ihr, einige falsche Häutchen zu entfernen und dem kleinen etwas Linde- rung zu verschaffen; er atmete wieder schwach. Da kam der Arzt. Er erklärte den Fall für äußerst gefährlich — es gäbe uur Rettung durch den Luftröhrenschnitt, und dieser könne nur im Hospital gemacht werden. Damit war Poupee jede Bemerkung abgeschnitten, es hieß sich fügen. Vor Tagesanbruch konnte man iin Krankenhause „Zum Kinde Jesu" keinen Einlaß finden, und es war fraglich, ob Peterchen so lange lebte. Das Brechmittel indessen übte seine Wirkung, schien dem Kleinen sogar etwas Ruhe zu geben, so daß Maria Angela wieder Hoffnung schöpfte. Auf ihre Bitte ging Radin noch in der Nacht zum Vikar Preval und zum Doktor Mange. Die beiden Irenen Freunde erschienen gleichzeitig. Aber zu Poupees großem Leidwesen bestätigte Doktor Mange die Aus sage seines Kollegen. „Sie haben kein Recht." sagteer. „Ihren Herrn Vater. Ihre Geschwister und sich selbst der Ansteckungsgefahr auszusetzen. Auch verbietet dies die Polizeivorschrift. Hoffentlich hat diese Nacht keine schlimmen Folgen für Sie!" Er verordnete einige Vorbeugnngsmittel. Der Tag graute, und Klein- Peter bekam wieder einen Erstickungsanfall. Der Wagen des Arztes wartete vor dem Hause. Doktor Mange gab Poupee ein Zeichen, dann nahm er das Kind in die Arme und stieg, gefolgt von dem jungen Mädchen, die Treppe hinunter. Vikar Preval blieb bei Herrn Mareskat, dessen Schmerz herzzer reißend war. „Mein Gott!" jammerte er, „laß' mir den Knaben! Was würde seine Mutter, meine geliebte Pepa, sagen, wenn bei ihrer Rückkehr der blonde Cherubim fehlte! Nach allem Schmerz noch diesen Verlust!" „Nur Mut!" tröstete der Priester. „Gott wird Ihnen dieses Opfer nicht auferlegen .... und wenn es sein sollte, dann nehmen Sie die Prü fung in Demut an und denken: es ist für sein und unser Bestes. Man MWWWWWWM