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Geschäftsstelle und Redaktion: Dresden-A. 16, HolLeinsteahe 4H Nr. L21 13. Jahrg. Freitag den 26. Mai 1916 Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S7 ve,ugrpr«t»l An-aab« X mit MuIIr- Beilage Vlerteljüvrllch it.1V In Dresden und ganz Deutsch land srei Haus it.S!t X: m Oesterreich «»«gab» v dlerteljSdrlich 1.8« X, In Dresden und ganz Deutschland frei HauS it.it» tn Oesterreich 4.07 X. Einzel-Nummer 1« H. Di« küchstsche BolkSzeitung erscheint an allen Wochentagen nachmittag». Anzeigern Annahme den OieichiistSmizcigen dis I V Nbr. von Familicnanzelgcn bis 11 Uhr vorm. PreiS für diePetit-EpaUzcile itv l im ReNa- mcteil «v g. Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fern- 'precher ausgegedenc Anzeigen künnen wir die ' erantworllichkeit sürdieRichiiglest deS Lelte»! nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion: 11—1» Uhr vorn,. Organ der Zentrumspariei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsens Ausgabe ^ mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe U nur mit der Wochenbeilage. jj l Die großen Fortschritte in Südtirol Die Entwickelung der südtiroler Kämpfe Nachdem die Kämpfe unserer Verbündeten mit den Italienern nunmehr 10 Tage gedauert haben, erscheint es angebracht, einen kurzen Rückblick auf diese Kämpfe zu wer- sen, die bisher für unsere österreichisch-ungarischen Freunde so erfolgreich gewesen sind und die es hoffentlich auch für die Zukunft so bleiben werden. Die Kämpfe begannen be- tanntlich am 16. Mai und zwar kamen sie nicht nur für die Italiener überraschend. Nach überwältigender Artillerievorbereitung, welche die feindlichen Stellungen im Gebirgslande zwischen dem Bruntatal und dem Etschtal zermürbte und seine Wirkung selbst bis zu dem entfernten Asiago geltend machte, gingen die österreichisch-ungarischen Truppen mit derartiger Wucht und Kraft gegen die feindliche Front am Armenterra- rücken, am Plateau von Vielgereuth und südlich Rovreit vor, daß sie die ersten feindlichen Stellungen überrennen, gleich am ersten Tage eine Beute von 2666 Gefangenen, 7 Geschützen und 11 Maschinengewehre heimzubringen ver mochten. Am Tage darauf breiteten sie sich am Armen- terrarücken aus und ihre Mittelgruppe unter der Führung des Thronfolgers Feldmarschall-Leutnants Erzherzog.Karl Franz Josef nahm die feindliche Stellung Soglia d'Aspio— Eoston—Costa d'Agra— Maronia im Sturme. Am gleichen Tage erfolgte die Besetzung von Valduga und Piazza im Laintal und von Moschen südöstlich Rovreit im Brandtal. Den wichtigsten Erfolg auf diesen: rechten Flügel der Vor rückung bildete jedoch die Erstürmung der Zugna Torta, mit welcher die österreichisch-ungarischen Truppen die Be- tzerrschung des Etschtales bei Mori und Marco gewannen, welche Orte nach vergeblichen Wiedercroberungsversuchcn dieser Bergspitze im Laufe des 17. Mai, am folgenden Tage, dem 18. Mai, auch geräumt wurden. Inzwischen war der Vormarsch zwischen dem Asbach und Laintal unaufhaltsam weiter vor sich gegangen. Der Grenzrücken Maggio und südöstlich Psatzer (Piazza) die Costa Bella werden ge nommen (17. Mai). Am Armenterrarücken werden sechs Gegenangriffe abgewiesen, die Werke Torraro und Carpo Molon erstürmt und schließlich auch der Nordrand des Col Santo erreicht. (18. Mai.) Immer wuchtiger wird der Vorstoß, immer schwerer die Niederlage des Feindes. Waren in diesen vier ersten Tagen der Offensive 10106 Gefangene, 61 Geschütze und 51 Maschinengewehre in die Hände unserer Verbündeten gefallen, so sollte sich diese Beute in den nächsten drei Tagen mehr als verdoppeln. Da betrug sie nämlich 23 886 Gefangene, 172 Geschütze und etwa 80 Maschinengewehre. Vergebens war das Bemühen des Feindes durch eiligst zusammengeraffte Verstärkungen, gestützt auf die Werke von Arsiero nnd das jedem rascheren Vormarsche abholde Gebirgsgclände den Vormarsch zum Stillstände zu bringen. Am 19. Mai nahm der linke Flügel Nonccigno und den Sarso Alto am Armenterra rücken. Die Gruppe des Thronfolgers bemächtigte sich der Tonezzaspitzen, des Passo della Vena nnd des Monte Melig- none, auf welch letzterem ein verzweifelter Gegenangriff abgeschlagen wurde. Auch der Gebirgsrücken des Vol Santo wurde am gleichen Tage vom Feinde gesäubert. Am 20. Mai nahmen die Kämpfe dadurch an Ausdehnung zu, daß sich dem Vormarsch nunmehr auch das auf der Hochfläche von Lafraun stehende Grazer Korps anschloß, welches noch am selben Tage die erste feindliche Linie ans der Hochfläche überrannte, während die Thronfolgcrgruppc. die ans Tiroler Kaiserjägern und der Linzer Jnfanterietrnppen- division besteht, die Cima di Laghi nnd die Cima di Mesole, sowie den Borcolapaß besetzt. Der rechte Flügel dringt gegen den Nt Pasubio vor nnd erreicht im Brandtal die Ortschaft Langeben (Anghebeni). Der 21. Mat vervoll ständigt die Niederlage der Italiener auf der Hochfläche von Lafraun, die bis zur Cima Mandcriolo und den Höhen westlich der Grenze bis zum Asbachtal vom Feinde gesäu- bert wird, während die Mitte die Linie Mt Tormeno—Mt Majo erreicht und damit bereits in den inneren Befesti gungsbereich der feindlichen Befestigungsgruppe von Ar- sicro eingedrnngen ist, welchem Orte sie sich hierdurch auf 6 bis 6 Kilometer genähert hat. Damit haben unsere Ver bündeten in dem Raume zwischen dem Brentatal bei Ro- ccigno und dem Etschtale bei Marco mit einer tiefen Aus buchtung gegen Arsiero nicht nur das Gebiet Tiidtirols vom Feinde gesäubert, sondern auch nicht unbeträchtliche Teile des italienischen Grenzgebietes beseht. Vergeblich versucht Cadorna in seinen Berichten die Erfolge unserer Freunde zu vcrfäschen oder dadurch zu verkleinern, daß er die er oberten Stellungen als Vorstellungen untergeordneter Na tur bezeichnet, die angeblich nur von zwei feindlichen Tivi- sioncn verteidigt wurden, während in der Tat Gefangene von mindestens 6 feindlichen Divisionen gemacht wurden Das Neueste vom Tage Ikl MW KllW MMU (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 26. Mai 1916. Westlicher Kriegsschauplatz Links der Maas wurde ein von Tnrkos ausgesührter Handgranatenangriff westlich der Höhe 304 abgeschlagen. Auf dem östlichen Maasufer setzten wir die Angriffe erfolgreich fort. Unsere Stellungen westlich des „Stein" bruches" wurden erweitert, die Douaumont-Schlucht über schritten und der Gegner südlich des Forts Douaumont weiter zurückgeworfen. Bei diesen Kämpfen wurden weitere 600 Gefangene gemacht, 12 Maschinengewehre erbeutet. In Gegend von Loivre (nordwestlich von Reims) machten die Franzosen einen ergebnislosen Gasangriff. Das im Tagesberichte vom 21. Mai erwähnte südlich von CHLteau-Salins abgeschossene feindliche Flugzeug ist das fünfte von Leut. Wintgens im Lustkampfe außer Ge fecht gesetzte. Oestlicher und Balkan-Kriegsschauplatz Keine besonderen Ereignisse. Oberste Heeresleitung. Asquith über die militärische Lage London. 26. Mai. (W. T. B.) Im Unterhaus«: sagte der Premierminister Asquith in einer Erklärung über die militärische Lage, es sei mit voller Sicherheit zutage getreten, daß die große Masse des irischen Volkes mit dem Aufstande nicht sympathisierte. Das .Kriegsgesetz sei anf- rechterhalten geblieben, doch hoffe die Regierung, seine Aufhebung werde bald vollständig erfolgen. Er habe den Eindruck, daß in Irland die Stimmung herrsche, daß eine vorzügliche Gelegenheit jetzt gebvten sei, um die Beilegung der irischen Frage zu erreichen. Die Negierung habe Lloyd George beauftragt, dies ins Werk zu setzen. Das Haus möge die irische Angelegenheit nicht erörtern, um die Rege lung der Frage nicht zu gefährden. Es fand infolgedessen keine Erörterung statt. Die englische Friedcnsdebatte Rotterdam, 26. Mai. (W. T. B.) Der „Nottcrd. Courant" meldet aus London: Bei der gestrigen Frie den sdcbatte im Unterhause sagte der liberale Abgeordnete Ponsonby, man wisse nicht, müsse es aber wissen, ob Deutschland sich geweigert habe, Belgien wiedcr- herzustellen, Frankreich nnd Serbien zu räumen, ein unab hängiges Königreich Polen aufznrichten und an der Er- nennnng einer internationalen Kommission zur Erhaltung des europäischen Friedens mitzuwirken. Man wisse auch nicht, ob etwa ein anderes geheimes Abkommen England daran hindere, Friedensverhandlungen anzubahnen. Nam- sey Macdonald (Arbeiterpartei) sagte, England dürfe keinen Frieden annehmen, der den V e r l n st d e r belgischen Souveränität mit sich bringe. Das Gerücht müsse in Abrede gestellt werden, daß England mit Rußland ein Abkommen getroffen habe, wonach das Nationalitäten- Prinzip nicht in Anwendung gebracht werden könne; der Krieg müsse mit der Vernichtung des Militaris - m usinEnropa enden. Der Redner schilderte dann die furchtbaren Leiden der neutralen Länder nnd sagte, Grey nnd das Unterhaus seien nur dann wert, den tapferen Männern, die für England ihr Leben aufopferten, in die Augen zu sehen, wenn sic dafür Sorge trügen, daß keine Gelegenheit zu diplomatischen Verhandlungen versäumt werde. und die Zahl derselben allein die Stärke von zwei feind lichen Divisionen samt deren Artillcriematerial beträgt. Schließlich teilt der österreichisch-ungarische Heeresberickit noch unter dem 26. Mai die Einnahme von Chiesa mit. Wir sehen also, daß in den ersten zehn Tagen des Kampfes in Südtirol der Erfolg von unseren Verbündeten nicht ge wichen ist. Sie befinden sich zum großen Teile aus italie nischem Boden und haben die besten Aussichten. Der große Geschützverlust der Italiener und der mangelhafte Kampses- mut in ihren Reihen werden den allerdings noch großen Rest schon erledigen. X Der Schauplatz der Kämpfe in Tirol Ohne die Bedeutung des deutschen Heeresberichtes zu unterschätzen, darf man wohl ruhig sagen, daß man in den letzten 8 Tagen dem österreichisch-ungarischen Heeresbericht mit der allergrößten Spannung entgegensicht. Tie un aufhaltsamen Fortschritte unserer treuen Verbündeten und die schier übermenschlichen Leistungen der tapferen Truppen nötigen uns die allergrößte Achtung nnd Bewunderung ab. Die ununterbrochenen Erfolge auf österreichisch-ungarischer Seite lassen es angebracht erscheinen, das jetzige Kampf gebiet etwas näher zu betrachten. Jni ganzen Grenzgebiete zwischen Tirol nnd Italien dürste es kaum eine zweite Stelle geben, die sich für mili tärische Operationen so besonders eignet und auch keine, wo diese größere Bedeutung erlangen können, als die zwischen dem Laintale und dem Brentatale. Vier wichtige Ver bindungslinien führen durch dieses Gebiet in die gegen seitigen Sammelräume; eine Straße von Rovreit durch das Laintal über den 1208 Meter hoch gelegenen Borcolapatz nach Arsiero, eine Straße aus dem Hochplateau von Lafraun-Vielgcrenth ins Asticotal nach Arsiero, die dritte aus dem Becken von Levico über Hochleiten-Vezena ins Valassatal direkt nach Asiago und die vierte aus dem Tale der Brenta über Primolano nach Bassano. Alle diese An näherungslinien sind an den Einbruchsstellen, mit zahl reichen gutarmierten Forts und Sperrwerken versehen, da hinter an den Sammelpunkten der einzelnen Straßen und Wegbündel, die befestigten Stellungen von Arsiero und Asiago. Ersteres ist an und für sich ein kleiner Ort, an der Mündung des Val Posina ins Val Astico gelegen und End punkt der Eisenbahn Vicenza—Schio—Arsiero. Zur Sperrung dieser Einbruchslinie bestehen an Befestigungen je eine Gruppe von mehreren kleineren Werten im Val Astico, 3,6 Kilometer nördlich des Ortes, wie eine vorge schobene Gruppe 1 Kilometer südlich der Vereinigung des Asticotales mit dem von Val Assa. Das am rechten Astico- nfer errichtete Panzerwerk beherrscht die in vielen Ser pentinen von Tonezza nach Barearola sich über einen steilen Hang herabschwingende Straße, deren Ausgangspunkt die Tonezzahöhe, seit 19. bereits im Besitze unserer Truppen ist. Ein zweites Panzcrwerk am linken Asticonfer be herrscht wieder die über das Plateau von Monte Erico sich in Serpentinen herabschlängelnde Straße, die aus dein Valassatale kommt. Ter Oberlauf dieses Tales wird be reits von den Werken bei Asiago beherrscht. Das Städtchen selbst zählt etwa 6000 Einwohner. Es liegt auf dem rauhen 900 Meter hohen Plateau ^>er „neuen Gemeinden". Asiago bildet den Mittelpunkt für eine Gruppe von Be festigungen , die im Verein mit den vorerwähnten von Arsiero die über den nördlichen Abschnitt der lessinischen Alpen führenden Einbrnchswegc zu sperren haben. Tie Befestigungsgrnppe besteht aus vier größeren nnd einigen kleineren Werken, teils auf der Sohle, teils aus den Hän gen des Valassa 4 Kilometer vom Orte entfernt im lebten Jahrzehnt erbaut. Hinter diesen beiden befestigten Orten breitet sich eine ziemlich stark bewaldete, von vielen Wegen niederer Ordnung durchzogene Hochfläche aus. deren mittlere Durchschnittshöhe 1100 Meter beträgt. Die höchsten Erhebungen sind der Col Echer. 1368 Meter, der Monte Newva, 1320 Meter, und der Monte Bertiago. 1368 Meter, die im östlichen Teile des Plateaus gelegen, sozusagen das Reduit dieses Sammelranmes bilden. — Das Charakte ristische dieser zum Truppensammelramn ansgenübten. mik zahlreichen Weilern und kleinen Ortschaften gespickten 14 Kilometer breiten (Arsiero-Asiago) und 26 Kilometer tiefen (vom Asticotal bis Bassano) Hochfläche sind deren ungemein steilen, oft 600 Meter steil aufstcigenden Rän der. Tie Beschaffenheit dieses Hochlandes läßt sich in mancher Beziehung mit der des Doberdoplateaus ver gleichen nnd dürften sich auch hier noch hartnäckige Kämpfe abspielen. Jedenfalls ersieht der Leser schon an der kleinen Skizze die Schwierigkeit des Kampfgebietes und die Be deutung der Erfolge unserer Verbündeten. X