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Die Ketteler-Gedächtrüsrede. Auf der Mainzer Katholikenversammlung hielt Reichs tagsabgeordneter Dr. Freiherr v. Hertling zum An- denken an den großen Bischof Ketteler folgende Gedächt nisrede: Ich habe ihn mit erstaunten Kinderaugen angeschaut, als er an das Sterbebett meines Vaters in Darmstadt ge eilt war, er hat mir die Hand im heiligen Sakrament der Firmung aufgelegt, ich bin jahrelang aus nächster Nähe Zeuge seines Wirkens gewesen und habe im späteren Leben manchen Beweis seiner Güte empfangen. Selten hat auf einen Kirchenmann der Neuzeit das Wort „apostolisch" so gepaßt, wie auf ihn. Als 1837 der Erzbischof von Köln nach Minden abgeführt wurde, da gab Emanuel seine Ent lassung als Referendar in Münster. Bald entschied er sich für den Priesterstand, wurde Kaplan in Beckum, Pfarrer in Hopsten. 1848 schon sehen wir ihn im Frankfurter Par lamente, wo er berühmt wird durch seine Leichenrede, die er auf zwei Männer hielt, die vom revolutionären Pöbel grausam ermordet waren. Am Ende dieses Jahres hielt er seine großen Predigten über die sozialen Fragen der Gegenwart. 18-19 sehen wir ihn als Propst von St. Hed- img in Berlin. 1850 wird er Bischof von Mainz. Alles, waS er tat, war ein Kampf für die Freiheit der Kirche. Unermüdlich war seine Arbeitskraft. Es ist wahr, er hatte ein leidenschaftliches Temperament, er konnte durch harte Worte verletzen, er hat aber zeitlebens mit Erfolg da gegen angekämpft und wir sehen den starken Mann wei nen, als ein Priester vom Glauben abfällt, den er geweiht. Unermüdlich ist er für seine Diözese beschäftigt. Mit gleich- gesinnten Männern belebt er das katholische Wirken in Mainz, tritt er für die Belebung der Ordenstätigkeit ein. Er war ein ungekünstelter Redner von durchschlagender Wirkung. Als die wichtigste Aufgabe erkannte er die Kirche von den Fesseln einer feindlichen Gesetzgebung und eines hureaukratischsn Absolutismus frei zu machen. Mit Mi nister Dalwigk schloß er die Konvention, durch die er der Regierung entgegenkam und die Interessen der Kirche wahrte. Als der Kulturkampf ausbrach, hielt er an dem Standpunkte der Defensive fest. In Wort und Schrift nahm er Stellung zu den fra gen der Zeit, 1864 erschien die epochemachende Schrift über die Arbeiterfrage. Er hatte Bedenken gegen die Formulie rung des Unfehlbarkeitsdogmas, er wollte gegen die vor- gefchlagene Fassung in Rom nicht stimmen, wollte aber auch bei seinen Bedenken nicht für sie stimmen uird so verließ er Rom vor der feierlichen Sitzung des Konzils. Aber seiner Entscheidung unterwarf er sich voll und ganz. Während des Krieges von 1870 schreibt er an Bismarck für die Frei heit der Kirche. Er erhielt keine Antwort. Kurze Zeit ist er Mitglied des Reichstages, aber, zurückgestoßen von der Rücksichtslosigkeit der nationalliberalen Herrschaft, legt er bald sein Mandat nieder. Bischof v. Ketteler hat das große Verdienst, daß er zuerst die sozialen Wunden der Zeit auf deckte und zu ihrer Heilung aufforderte. Die Fragen, die sich uns heute auf sozialpolitisckMl (Aebiete sofort aufdrängen, waren damals noch nicht an die Oberfläche gedrungen. Ketteler behandelt in seinen Predigten die katholische Lehre vom Eigentum, von der Freiheit des Menschen, von Ehe lind Familie, und es be wegen ihn Gedanken, aus welchen sich später programm mäßige Forderungen des Sozialpolitikers entwickelten. Damit sie zur Reife gelangen konnten, mußte erst der Libe ralismus seine Herrschaft allsgedehnt, und die liberale Ge setzgebung ihre Unfähigkeit, Abhilfe für die Notlage der Arbeiter zu schaffen, erwiesen haben. Im Frühjahre 1871 arbeitete er das politische Programm für die deutschen Ka tholiken aus, welches er erst zwei Jahre später veröffent lichte. Mit überraschender Klarheit entwickelt er die Grundsätze für eine staatliche Intervention und die nächsten Angriffspunkte einer sozialen Gesetzgebung. Schuh des Arbeiters und seiner Familie gegen ungerechte Ausbeutung und Förderung der genossenschaftlichen Verbindungen zum Zwecke einer Reorganisation des Arbeiter» und Handwer kerstandes sind die beiden Richtungen, in denen die Inter vention des Staates gefordert wurde. Er verlangt gesetz lichen Schutz ker Arbeiterfrauen und Arbeiterkinder, Ver bot der Arbeit verheirateter Frauen m Fabriken usw., Schutz der Arbeitskraft durch Gesetze über Arbeitszeit und die Sonntagsruhe, Schutz der Gesundheit und Sittlichkeit der Arbeiter und Aufstellung von Inspektoren zur Kontrolle der Ausführung der zum Schlitze des Arbeiterstairdes er lassenen Gesetze. Große Hoffnungen setzte er auf die Errichtung von Produktionsgenossenschaften, wenn er auch den von Lassalle verlangten Staatszuschuß ablehnt. Zu einem großen Teile hat die deutsche Gesetzgebung der letzten drei Jahrzehnte die Forderungen Kcttelers erfüllt. Das Interesse Bismarcks galt nicht so sehr der Arbeiterschutzgcsetzgebung, als der Arbciterversichcrung, weil er hoffte, die Arbeiterschaft und ganz allgemein die Minderbegütertcn Volksklassen dadurch an den Staat zu fesseln, daß ihnen auf gesetzlichem Wege aus den Mitteln der Gesamtheit Wohltaten zugewiesen würden. Aber mit dem von Ketteler eingenommenen Standpunkte verträgt sich weder der damit verbundene weit gehende Zwang, noch der Zuschuß aus Reichsmitteln. Ob er sich dem Drange der Verhältnisse gefügt und eingewilligt hätte, den Staat mit neuen Kompetenzen auszustatten, wer möchte das entscheiden? Es bleibt ihm das Verdienst, auf die klaffende Wunde der Zeit als einer der ersten die Hand gelegt zu haben. 1875 beging er sein 25jähriges Bischofsjubiläum. Zlvei Jahre später reiste er nach Nom. Seine Abreise ge staltete sich zu einer spontanen Ovation für ihn. Krank kam er zurück von Nom und starb nach einmonatlichem Krankenlager in Burghausen in Bayern, wo er einen Ju gendfreund hatte aufsuchen wollen. Das war der Mann, dessen sich heute die deutschen Katholiken in dankbarer Ver ehrung erinnern — ein Apostel der Deutschen im 19. Jahr hundert. Was uns die Zukunft bringt, vielleicht eine nahe wir wissen es nicht. Es fehlt nicht an warnenden Zeichen. Mächte.der Finsternis sind an der Arbeit, den Glauben an Gott und das Jenseits aus dem Herzen der Menschen zu reißen, aber mit dem Pfarrer von Hopften sage ich: Zwei Tinge stehen fest: die Kirche Christi, die noch kein Sturm niedcrgeworfen hat, und die Männer, die niit ihr zusani- menstehen, die ihr Leben in dem Felsen der Kirche ver ankert haben. Aus Stadt und Land. (Fortsetzuaa ao« dem tzanptvlat« - —* Ucbrr die Vetrrancnfürsorge hat das Präsidial- mitglicd des Königlich Sächsischen MilitärverejnsbundeS Stabsarzt d. R. Stadtrat Dr. med. Hopf- Dresden soeben einen ausführlichen Bericht erscheinen lassen, aus dem her vorgeht, in welcher Weise Gemeinden oder Körperschaften bis jetzt für die Veteranen eingetreten sind. In Dresden waren von 1895 bis 1905 1176 Veteranen um die Ver leihung von Ehrenrenten beim Rate cingckonimen. Von diesen Veteranen waren 330 noch ohne Renten und zwar darunter 103 mit einem jährlichen Einkommen von 400 bis 600 Mark, 99 mit 600 bis 900 Mark und 128 mit über 900 Mark. Die Stadtverordneten beschlossen in dieser Sitzung, allen Kriegsveteranen mit 1100 Mark Einkommen und darunter auf Ansuchen die Gemeindeeinkoinmensteuer zu erlassen. Die Gewährung von Ehrenrenten, für die 1907 nn ganzen 12 400 Mark ausgesetzt wurden, machten die städtischen Körperschaften von einem fünfjährigen ununter brochenen Wohnsitze in Dresden abhängig. In Leipzig stimmten im November 1910 die Stadtverordneten einer Ratsvorlage zu, nach we her alljährlich, zunächst für die Jahre 1910/11 je 20 000 Mark für bedürftige Kriegsteil nehmer der Feldzüge von 1864, 1866 und 1870/71 sowie deren Witwen als Beilni'.n gewährt werden sollen. Auch der Rat zu Dresden erhi ! te später wiederum die Summe für die Ehrenrcnten, indem er beschloß, den Betrag von 20 000 Mark für Ehrenrenten in den Haushaltplan für 1811: einznstellen. AuS der vorhandenen Summe solllen Rente« in der Höhe von 40 bis 80 Mark gebildet werden. Weiter folgen in dem Berichte eine Liste zahlreicher sächsischer Städte, welche ihre Veteranen teils durch Renten unter stützen, teils ihnen die Steuern erlassen haben, sowie die neuen Ausführungsbestimmungen des Bundesrates übe« die Gewährung von Kriegsteilnehmerbeihstfen von* 24. März 1911. Die Schrift kann allen denen zur Durch sicht empfohlen werden, die sich für die Fürsorge für unsere Veteranen interessieren. Lollenbrrg. 17. August. Die Weihe des neuen Rat hauses findet am 31. August statt. Aus diesem Anlasse sind von zahlreichen Veieinen und Privatpersonen Geschenke im Werte von 3650 Mark zur Verfügung gestellt worden. Grimma, 17. August. Der Elektriz'täirvcrban!» Borna—Grimma—Rochlitz ist nunmehr gesichert, da da» Ministerium des Innern den Satzungen die erforderliche Genehmigung erteilt hat. Loschwitz, 17. August. Die Errichtung einer Vier- häuseigruppe zur Beschaffung von Kleinwohnungen fand in der letzten Gemeinderatssitzung prinzipielle Zustimmung. Oberluugwitz, 17. August. Ein D-sertcur wurde in der Person eines Soldaten vom 133 Infanterie-Regiment verhaftet und an seinen Truppenlest wieder abgeliefert. Der Soldat hatte sich schon eine Woche lang in einem hiesigen Gehölze Herumgetrieben. Oberwtrsenthal, 17. August. Die Einführung elektrischen Lichtes ist in der letzten Sitzung des Stadtgemeinderates beschlossen worden. Otlsuitz t. V-, 17. August. Die rechte Hand ab- getrennt wurde in einer hiesigen Fleischerei dem Fleischer- lehrling Doelling uuS Voglsberg bet der Bedienung der elektrischen Fleischschneidemaschine. Reitzenhain, 17. August. Die Erbauung einer Wasser- leitung hat sich hier als ein immer dringender werdendes Bedürfnis herausgestellt. Infolgedessen hat der Gemeinde rat beschlossen, die notwendigen Vorarbeiten einleiten zu lassen. Zeitz, 16. August. Ein schwere- Unglück ereignete sich heute früh gegen '/,lO Uhr beim Abbrechen der Buden auf dem Schützenplatze. Durch eine einstürzende Budenwand wurden einer 65jährigen Frau Krug aus Aue die Beine zerschmettert. Auch an der Brust erhielt die Frau Ver- letzungen. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Eisenach, 16. August. Vorgestern nachmittag ist aus der hiesigen Korrektionsanstalt der 42 Jahre alte Sträfling Richard Thümmler aus Zwickau, ein viel vorbestrafter Mensch, entwichen. Er trägt Anstaltskleidung. Qnrdlinburg. 16. August. In dem Herrenartikek- zweiggeschäft von Hochmuth aus Aschersleben ist gestern vormittag die Verkäuferin von einem unbekannten Mann überfallen worden, worauf der Betreffende die Ladenkaffe raubte. Der Fremde ließ sich Schlipse vorlegen und er kundigte sich, ob der Prinzipal anwesend sei. Als die Verkäuferin dies verneinte, trat er ihr plötzlich so heftig vor den Leib, daß sie hinstürzte. Diesen Augenblick benutzte der Räuber zum Stehlen der Ladenkasse und ergriff dann die Flucht. Das nicht unerheblich verletzte Mädchen mutzt« nach dem städtischen Krankenhause übergeführt werden. Gemeinde- und Vereinsuachrichten. 8 Chemnitz. Trotz enormer Hitze waren rund 206 Mitglieder deS Katholischen Arbeitervereins und des Vereins erwerbstätiger Frauen und Mädchen am 13. d. M. der Einladung zur Ver sammlung gefolgt und hielten auch bis zum Ende deS reich haltigen Programms aus. Nach Verlesung des Protokolls erhielt zunächst die Bezirkssekretärin des VcrbandeS kathol, erwerbstätiger Frauen und Mädchen das Wort zu ihrem Vortrage über: „Was bedeutet der Verband katholischer er werbstätiger Frauen und Mädchen für den katholische« Kunst und Voltserziehung. Bon S minarlehrer Hermann Rolle. In unserer Zeit gehört die Unbegrenztheit der Wissen schaft und die Unbeschränktheit der Kunst zu den ausgemach testen. klarsten und selbstverständlichsten Dingen der Welt. Wer an der Omnipotenz der Wissenschaft zu zweifeln wagt, betveist damit ebenso eine lächerliche Rückständigkeit wie derjenige, der der Kunst eine Rücksichtnahme auf andere Kulturgüter zumutet. Daß die Wissenscl-aft ihr Korrektiv an der Offenbarung hat und daß die Kunst vom Geiste der Moral sich erfüllen lassen muß, daS sind heute gar selten ge predigte Wahrheiten. Um so freudiger begrüßt man unter solchen Verhält nissen Stimmen, die, den Schein der Rückständigkeit und Engherzigkeit nicht scheuend, es laut in die Welt hinein- rufen, wie töricht solch blindes Vertrauen, ja w:e gefährlich eine derartige Ueberschätzung zweifellos hoher Lebens- güter ist. Für daS Gebiet der Kunst ist der Gegenwart ein ernster Mahner und Warner erstanden in der Person eines Gelehrten, der über den Vorwurf der Engherzigkeit und deS Banausentums absolut erhaben ist. Es ist dies der Leipzi ger Professor der Philosophie Dr. Johannes Volkelt. Vor zwei Jahren benutzte der namentlich als Ästhe tiker hohen Ruf genießende Gelehrte die Einrichtung der Leipziger Volkshochschulkurse, uni vor einem großen Zu- börerkreise bei der Behandlung des Themas: „Kunst und Volkserzichung" vor allem auf die Gefahren der mo dernen Kunst für die geistige und sittliche Bildung deS Volkes hinzuweisen. Luch in seinem sehr lesenswerten Buche: „Zwischen Philosophie und Dichtung"') kommt Volkelt aus Di« Buch ist erschienen im Verlage von 6. H. Beck in «Kuchen (8 ^)r e« enlhätt nutzer Aufsätzen über Goethe. Schiller, Sou« Pauk. Grillparzer und Friedrich Theodor Bischer die zwei «dsihuitte: Kunst, Moral und Kultur — Bühne und Publikum. das zeitgemäße Thema der Gefährdung der Sittlichkeit durch die neue Kunst zu sprechen. Was dort mündlich, hier »christlich nur mehr andeutungsweise gegeben wurde, das hat Volkelt nun ausgebaut zu einem Buche, daS ich allen Volkserziehern, sowie allen denen, die es »nt der sittlichen Gesundung unseres Volkes ernst meinen, angelegentlichst und dringend zu liebevoller Lektüre empfehlen möchte. Der Titel lautet: „Kunst und V o l k S e c zi e h u n g, Be- trachtunqen über Kulturfragen der Gegen- w a r t." °) Was Volkelts Darlegungen so überaus wertvoll macht, ist die Tatsache, daß hier ein für Kunstfragen im höchsten Maße urteilsfähiger und -berechtigter Gelehrter spricht, der Begründer eines Systems der Aesthetik, der in lebendigster Vertrautheit mit der Kunst der Jahrtausende wie der unmittelbaren Gegenwart steht. Nichts liegt ihm ferner, als der Kunst das LebenSge- biet zn verengern, ihr Schranken uni» Fesseln anzulegen, — er steht weitherzig und freimütig ihren Ansprüchen und Rechten gegenüber. Und doch, in wie vielfacher Hinsicht muß er Gebiets- Überschreitungen, Entartungen, Erniedrigungeil, Perversi- täten. Gemeinheiten der neuzeitlichen Kirnst tadeln und voll Entrüstung zurückn»ersen! Entgegen der Nietzschefchen Weisheit, daß der Künstler in seinem Tun und Schaffen jenseits von Gut und Böse steht, stellt Volkelt die alte Wahrheit an die Spitze seiner Erörterungen: „Die Forderuirg deS Sittlichen muß, wenn eS überhaupt ein Sittliches gibt, wie für jeden an- deren, so auch für den Künstler gelten. Soll sich das Sitt liche nicht selbst aufheben, soll es nicht zu Schein und Schot- tcn werden, dann muß auch daS Leben, Schaffen. Genießen deS Künstlers von dem Streben nach dem Guten durchdrun- gen sein. DaS wäre eine Sittlichkeit kläglicher Art. die 1 Im gleichen Verlage, 2.80 ') System der «esthrttk, 2 vde.. je 12 im selben Verlage. vor den(Künstlern Halt machte nnd sich für ungültig erklärte." So haben die großen Meister unserer klassischen Zeil (der Verfasser nennt besonders Herder, Goethe, Schiller, Wilhelni v. Humboldt) daS Wesen der Kunst verstanden, daß der Künstler aus vollmenschlichem, Len sittlichen Höhen- drcmg iu sich tragendem Geiste heraus schaffen solle. Die Kunst der Gegenwart aber sagt sich nicht nur lock von der herrschenden strengen und reinen Sittlichkeit, son dern sie lvird ihrerseits selbst zur Künderin einer neuen, wie sie sagt, „freieren" Moral. Wenn wir daher fragen: In welchem Umfsngq gehen von der heutigen Kunst gute und schlimme Wirkungen auS? so sagt unö Volkelt. datz das Uebergewicht ganz unzweifelhaft auf Seite der verderb lichen Wirkungen liege. Sehen wir zu, welches Bild er von den letzt in Geltung stehenden oder nach Anerkennung ringenden morali schen Anschauungen entwirft: „Unsere Zeit kennzeichnet sich durch eine moralische Aufwllhlung. wie sie bisher kaum irgendwann zu finde« war. durch ein Jnfragestellen und Verwerfen aller, selbst der eingewurzeltste», anerkanntesten sittlichen Werte. Noch niemals waren so viel Theoretiker, Kritiker, überhaupt Schriftsteller an der Arbeit, um den moralischen Boden zu untergraben. Ich denke dabei nicht ettva nur an Nietzsche« Um- und Falschwertungen, sondern auch von anderen Vor aussetzungen ans kommt eS vielfach zu immoralischen und widermoralischen Folgerungen. Für viele b'.etet der Dar winismus und die sogenannte naturwissenschaftliche Welt anschauung die theoretische Rechtfertigung ihrer Un moral . . . „Don denen, die da beanspruchen, ethische Werte z« prägen, wurde daS Bezweifeln und Wegwerfen moralischer Normen wohl noch nie in solchem Umfange wie heute geübt« Es gibt kaum eine moralische Ungeheuer lichkeit, die heute nicht von dem einen odep